Anliegergrundstück – schon einmal von diesem Begriff gehört? Kennen Sie Ihre Rechte und Pflichten als Anlieger? Sind Sie sich sicher, dass Sie alle wichtigen Gesetze und Verordnungen kennen, die Ihr Grundstück betreffen? In diesem Beitrag wird Ihnen alles Wissenswerte zum Thema Anliegergrundstück und den damit verbundenen rechtlichen Belangen erläutert, sodass Sie gut informiert sind und Ihre Rechte und Pflichten souverän wahrnehmen können.

Anliegergrundstück: Was ist das überhaupt?

Ein Anliegergrundstück ist ein Grundstück, das direkt an eine öffentliche Straße, einen Weg oder eine sonstige Verkehrsfläche angrenzt. Als Anlieger besitzen Sie somit diverse Rechte und Pflichten, um die es in diesem Beitrag näher gehen soll. Das deutsche Straßenrecht unterscheidet dabei zwei Grundtypen von Anliegergrundstücken:

  • Anliegergrundstück im engeren Sinne: Hierbei handelt es sich um ein Grundstück, das unmittelbar an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenzt. Dies ist der häufigste Fall und umfasst beispielsweise Wohnhäuser, Geschäftsgrundstücke oder ähnliche.
  • Hinterliegergrundstück: Hier grenzt das Grundstück an ein Anliegergrundstück im engeren Sinne, jedoch nicht unmittelbar an die öffentliche Verkehrsfläche. Solche Grundstücke sind beispielsweise durch eine gemeinsame private Zufahrt oder einen gemeinsamen Innenhof mit anderen Grundstücken verbunden.

Im Folgenden werden wir uns näher mit den rechtlichen Bestimmungen und Pflichten von Anliegern auseinandersetzen.

Rechtliche Grundlagen für Anliegergrundstücke

Die rechtlichen Grundlagen für Anliegergrundstücke finden sich in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen. Hierzu zählen insbesondere das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), das Baugesetzbuch (BauGB), das Straßen- und Wegegesetz (StrWG) sowie das Kommunalabgabengesetz (KAG). Diese Gesetze regeln die Rechte und Pflichten von Anliegern und der zuständigen Behörden, wie zum Beispiel folgende:

  • Zufahrt und Zugang zum Grundstück
  • Verkehrssicherungspflicht
  • Baurechtliche Belange
  • Erhebung von Gebühren und Beiträgen
  • Umweltschutz und Immissionsschutz
  • Erschließung und Versorgung

Im Folgenden wollen wir uns die einzelnen Bereiche näher betrachten.

Zufahrt und Zugang zum Grundstück

Als Anlieger haben Sie das Recht, Ihr Grundstück jederzeit über die angrenzende öffentliche Verkehrsfläche zu erreichen. Die Zufahrt und der Zugang zu Ihrem Grundstück dürfen nicht durch parkende Fahrzeuge oder sonstige Hindernisse blockiert werden. Sollten Sie einmal Probleme mit falsch parkenden Fahrzeugen haben, können Sie diese bei der zuständigen Behörde oder der Polizei melden.

Einschränkungen sind jedoch zulässig, wenn sie im Rahmen von Verkehrsregelungen, Baustellen oder sonstigen temporären Einschränkungen getroffen werden. In solchen Fällen ist die zuständige Behörde verpflichtet, frühzeitig und umfassend über die Einschränkungen zu informieren und gegebenenfalls für Ersatzparkmöglichkeiten zu sorgen.

Verkehrssicherungspflicht

Als Anlieger eines Grundstücks sind Sie verpflichtet, für die Sicherheit auf Ihrem Grundstück und auf angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen zu sorgen. Dies betrifft vor allem die Räum- und Streupflicht im Winter. Sollten Sie dieser Pflicht nicht nachkommen, können Sie bei Unfällen aufgrund von Schnee und Eis haftbar gemacht werden.

Einige Beispiele, die unter die Verkehrssicherungspflicht fallen, sind:

  • Schneeräumen und Streuen auf Gehwegen vor Ihrem Grundstück
  • Beseitigung von Laub und sonstigem Unrat
  • Instandhaltung und -setzung von Zäunen und Mauern
  • Sicherung von Baustellen und Baugeräten

Beachten Sie, dass je nach örtlicher Satzung auch weitere Pflichten für Anlieger bestehen können.

Baurechtliche Belange

Bei der Planung und Umsetzung von Bauvorhaben auf Ihrem Anliegergrundstück müssen Sie diverse baurechtliche Vorschriften berücksichtigen. So sind beispielsweise bestimmte Abstandsflächen zu Nachbargrundstücken oder zur Straße einzuhalten. Zudem können Vorgaben zum Erscheinungsbild Ihres Gebäudes, zum Beispiel in Bezug auf Dachform oder Farbgebung, gemacht werden.

Weitere wichtige Aspekte im Baurecht sind:

Es empfiehlt sich, frühzeitig mit der zuständigen Baubehörde in Kontakt zu treten, um eventuelle Unstimmigkeiten noch vor Baubeginn klären zu können.

Erhebung von Gebühren und Beiträgen

Für Anliegergrundstücke können verschiedene Gebühren und Beiträge erhoben werden, die von den örtlichen Gegebenheiten und den damit verbundenen Kosten abhängen. Hierzu zählen unter anderem:

  • Grundsteuer
  • Erschließungsbeiträge für neu erschlossenes oder vollständig erneuertes Bauland
  • Ausbaubeiträge für die grundhafte Erneuerung von Verkehrsflächen und Versorgungsleitungen
  • Wiederkehrende Beiträge für die Unterhaltung und Instandsetzung von Straßen und Wegen
  • Gebühren für die Entsorgung von Abwasser und Müll

Die genauen Regelungen und die Höhe der Gebühren und Beiträge variieren von Kommune zu Kommune. Sie sollten sich daher frühzeitig über die anfallenden Kosten informieren, um finanzielle Überraschungen zu vermeiden.

Umweltschutz und Immissionsschutz

Anlieger sind verpflichtet, die öffentliche Verkehrsfläche nicht durch unzulässige Umweltbeeinträchtigungen zu belasten. Hierzu zählen insbesondere Lärm, Abgase, Staub, Gerüche oder ähnliches. Bei Verstößen gegen diese Bestimmungen können Bußgelder oder sonstige Sanktionen drohen.

Auch für bauliche Anlagen und sonstige Vorhaben auf Ihrem Grundstück gelten zwingende Umwelt- und Immissionsschutzvorschriften. Hierzu zählen unter anderem:

  • Schallschutzmaßnahmen, insbesondere bei gewerblicher Nutzung
  • Abstandsflächen zu Nachbargrundstücken und zur Straße
  • Einhaltung von Emissionsgrenzwerten und Lärmrichtwerten
  • Verbot von umweltschädlichen Baustoffen und -verfahren

Zur Sicherstellung der Einhaltung dieser Vorschriften sind sowohl die zuständige Baubehörde als auch das Umweltamt befugt, Kontrollen durchzuführen und gegebenenfalls Sanktionen zu verhängen.

Erschließung und Versorgung

Als Anlieger sind Sie verpflichtet, Ihr Grundstück an die öffentlichen Versorgungsnetze (Strom, Wasser, Gas, Abwasser etc.) anzuschließen. Hierfür müssen Sie mit den zuständigen Versorgungsunternehmen Verträge abschließen und entsprechende Anschlusskosten tragen. Die genauen Regelungen und die Höhe der Anschlusskosten variieren je nach Versorgungsgebiet und Anbieter.

Im Rahmen der Erschließung Ihres Anliegergrundstücks können auch Beiträge für den Bau und die Unterhaltung von Verkehrsflächen und Versorgungsleitungen anfallen, wie unter Punkt 4 erläutert.

FAQs: Häufige Fragen zum Thema Anliegergrundstück

In diesem Abschnitt beantworten wir häufige Fragen zum Thema Anliegergrundstück und den damit verbundenen Rechten und Pflichten.

Kann ich als Anlieger die Nutzung einer öffentlichen Verkehrsfläche einschränken?

Als Anlieger haben Sie grundsätzlich keinen Anspruch darauf, die Nutzung einer öffentlichen Verkehrsfläche über das gesetzlich zulässige Maß hinaus einzuschränken. Sollten Ihnen jedoch erhebliche Beeinträchtigungen, beispielsweise durch Lärm oder Schmutz, entstehen, können Sie diese bei der zuständigen Behörde melden und um Abhilfe bitten. Letztlich liegt es jedoch im Ermessen der Behörde, ob und wie sie auf solche Beschwerden reagiert.

Was passiert, wenn ich meiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachkomme?

Werden Sie Ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht gerecht – beispielsweise weil Sie den Gehweg nicht räumen oder streuen – und kommt es daraufhin zu einem Unfall, können Sie möglicherweise dafür haftbar gemacht werden. Dies kann Schadensersatzansprüche oder möglicherweise strafrechtliche Konsequenzen zur Folge haben.

Wann muss ich Erschließungsbeiträge zahlen?

Erschließungsbeiträge müssen Sie grundsätzlich dann zahlen, wenn Ihr Grundstück neu erschlossen oder vollständig erneuert wurde und dadurch erst eine Bebauung bzw. Nutzung ermöglicht wurde. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach den tatsächlich angefallenen Kosten und kann je nach Umfang und Qualität der Erschließungsmaßnahmen variieren.

Darf ich als Anlieger mein Anliegergrundstück verkaufen?

Selbstverständlich dürfen Sie als Anlieger Ihr Anliegergrundstück verkaufen. Bei Verkauf geht jedoch auch die Verantwortung für die Erfüllung der Anliegerpflichten auf den neuen Eigentümer über. Im Kaufvertrag sollten daher alle relevanten Aspekte, wie z.B. die Bereitschaft zum Winterdienst oder die Erstellung eines Pflanzplans, geklärt und festgehalten werden.

Praxisbeispiel: Anliegergrundstück und Bebauung

In diesem Abschnitt wollen wir Ihnen ein praxisnahes Beispiel vorstellen, das einige wichtige Aspekte rund um das Thema Anliegergrundstück verdeutlicht.

Familie Müller hat vor kurzem ein Anliegergrundstück in einem Neubaugebiet erworben. Sie planen, dort ein Einfamilienhaus zu errichten und haben bereits erste Entwürfe erstellt. Doch bevor sie die Baugenehmigung beantragen können, müssen sie noch einige Fragen klären:

  • Entspricht ihr Bauvorhaben den Vorgaben des Bebauungsplans?
  • Sind die erforderlichen Abstandsflächen zu Nachbargrundstücken und zur Straße eingehalten?
  • Welche Erschließungs- und Anschlusskosten kommen auf sie zu?
  • Müssen sie bei der Gestaltung ihres Gartens und der Außenanlagen besondere Vorschriften beachten?

Zur Klärung dieser und weitere Fragen nehmen Familie Müller Kontakt mit einem Architekten und der zuständigen Baubehörde vor Ort auf. So können sie sicherstellen, dass ihr Bauvorhaben reibungslos und im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen abläuft.

Checkliste: Anliegergrundstück – Worauf ist zu achten?

Um Ihnen einen schnellen Überblick über die wichtigsten Aspekte im Zusammenhang mit Anliegergrundstücken zu geben, haben wir Ihnen eine Checkliste zusammengestellt:

1. Rechtsgrundlagen

Informieren Sie sich über die für Anliegergrundstücke relevanten rechtlichen Grundlagen, wie zum Beispiel BImSchG, BauGB, StrWG oder KAG.

2. Zufahrt und Zugang

Stellen Sie sicher, dass Ihr Grundstück jederzeit über die angrenzende öffentliche Verkehrsfläche erreichbar ist und achten Sie auf mögliche Einschränkungen.

3. Verkehrssicherungspflicht

Kümmern Sie sich um die Sicherheit auf Ihrem Grundstück und der angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche, indem Sie z.B. Gehwege räumen, Zäune reparieren oder Baustellen absichern.

4. Baurechtliche Belange

Beachten Sie bei Bauvorhaben oder baulichen Veränderungen auf Ihrem Grundstück alle relevanten baurechtlichen Vorschriften, wie Abstandsflächen, Schallschutz oder Emissionsgrenzwerte.

5. Gebühren und Beiträge

Informieren Sie sich über die verschiedenen Gebühren und Beiträge, die für Ihr Anliegergrundstück anfallen können, wie z.B. Erschließungs- oder Ausbaubeiträge.

6. Umweltschutz und Immissionsschutz

Achten Sie darauf, dass Ihr Grundstück keine unzulässigen Umweltbeeinträchtigungen verursacht und dass alle umweltrechtlichen Vorschriften eingehalten werden.

7. Erschließung und Versorgung

Stellen Sie sicher, dass Ihr Grundstück an die öffentlichen Versorgungsnetze angeschlossen ist und zahlen Sie gegebenenfalls die entsprechenden Beiträge.

Fazit: Das Anliegergrundstück – Rechte und Pflichten im Blick behalten

Ein Anliegergrundstück bringt verschiedene Rechte und Pflichten mit sich, die Sie als Eigentümer unbedingt kennen sollten. Von der Verkehrssicherungspflicht über baurechtliche Vorschriften bis hin zu Gebühren und Beiträgen – es gibt viele Aspekte, die beachtet werden müssen. Informieren Sie sich frühzeitig über die relevanten Gesetze und Verordnungen und ziehen Sie gegebenenfalls Anwälte hinzu, um sicherzustellen, dass Sie alle Anforderungen korrekt erfüllen.

So können Sie Ihr Anliegergrundstück optimal nutzen und unangenehme Überraschungen vermeiden.

Sollten Sie bei der Klärung von rechtlichen Fragen oder dem Umgang mit den zuständigen Behörden Unsicherheiten haben oder eine kompetente Beratung wünschen, zögern Sie nicht, einen Anwalt zu Rate zu ziehen. Ein erfahrener Rechtsanwalt kann Ihnen dabei helfen, Ihre Rechte und Pflichten als Anlieger optimal wahrzunehmen und Ihnen den Rücken für ein unbeschwertes Leben auf Ihrem Anliegergrundstück freihalten.

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