Assistenzhunde sind mehr als nur Haustiere; sie sind speziell ausgebildete Helfer, die Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen im täglichen Leben unterstützen. Doch welche gesetzlichen Regelungen gibt es rund um Assistenzhunde? Dieser umfassende Blogbeitrag erläutert die rechtlichen Vorgaben, die Halter von Assistenzhunden kennen sollten, um sich sicher im Alltag zu bewegen. Dabei werden gesetzliche Bestimmungen, aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen behandelt, um Ihnen einen umfassenden Überblick über Assistenzhunde und Ihre Rechte als Mensch mit einem solchen Helfer an Ihrer Seite zu geben.

Was ist ein Assistenzhund?

Ein Assistenzhund ist ein speziell ausgebildeter Hund, der eine Person mit einer Behinderung im Alltag begleitet und unterstützt. Es gibt verschiedene Typen von Assistenzhunden, die für unterschiedliche Bedürfnisse ausgebildet werden:

  • Blindenführhunde: Sie ermöglichen Menschen mit Sehbehinderungen oder Blindheit, sich sicher und eigenständig fortzubewegen. Sie sind speziell darauf trainiert, Hindernisse zu erkennen und ihren Halter sicher zu führen.
  • Servicehunde: Diese Hunde unterstützen Menschen mit körperlichen Behinderungen bei täglichen Aufgaben wie dem Öffnen von Türen, Aufheben von Gegenständen, Ziehen eines Rollstuhls oder Drücken von Knöpfen.
  • Signalhunde: Sie sind speziell für Menschen mit Hörbehinderungen ausgebildet und machen ihren Halter auf bestimmte Geräusche wie Türklingeln, Telefone oder Alarmanlagen aufmerksam.
  • Begleithunde: Sie unterstützen Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Angststörungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) und bieten ihnen Sicherheit und Orientierung im Alltag.

Rechtliche Grundlagen für Assistenzhunde

Um die Rechte von Menschen mit Assistenzhunden zu schützen, gibt es sowohl nationale als auch internationale Gesetze und Vorschriften. Im Folgenden stelle ich Ihnen die wichtigsten Regelungen und Gesetze vor, die für Assistenzhunde und ihre Halter gelten:

Grundgesetz (GG) und Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Das Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland schützt die Würde und Rechte von Menschen mit Behinderungen durch Artikel 1 (Menschenwürde) und Artikel 3 (Gleichheit vor dem Gesetz). Als Folge dieser Grundrechte müssen Menschen mit Behinderungen, die einen Assistenzhund benötigen, gleichberechtigt behandelt werden.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet Diskriminierung aufgrund von Behinderungen und schützt Menschen mit Assistenzhunden vor Diskriminierung in den Bereichen Arbeit, Bildung und öffentlich zugänglichen Orten oder Veranstaltungen. Es gilt auch für das Mietrecht und die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben.

Sozialgesetzbuch (SGB)

Das Sozialgesetzbuch (SGB) regelt in Deutschland die Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Im SGB IX – Teilhabe und Rehabilitation – sind die Vorschriften für die Förderung von Assistenzhunden und die Unterstützung von Menschen mit Behinderungen, die einen solchen Hund benötigen, zusammengefasst. Hier sind vor allem folgende Regelungen wichtig:

  • § 55 Abs. 1 SGB IX: Leistungsträger haben die Kosten für die Beschaffung, die Haltung oder den notwendigen Ersatz von Blindenführhunden zu übernehmen, wenn die einschlägigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
  • § 56 Abs. 1 SGB IX: Menschen mit Behinderungen, die ihren Arbeitsplatz durch einen Assistenzhund erreichen können, haben Anspruch auf Unterstützung bei der Organisation der Arbeitsassistenz.

Situation in der Europäischen Union

Die Gesetzgebung innerhalb der Europäischen Union (EU) variiert von Land zu Land, aber durch Richtlinien und Verordnungen werden Mindeststandards für den Schutz von Menschen mit Behinderungen und Assistenzhunden in den Mitgliedstaaten festgelegt. Die EU-Richtlinie 2000/78/EG, die als Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie bekannt ist, verbietet Diskriminierung aufgrund von Behinderungen und stellt sicher, dass Menschen mit Assistenzhunden Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Gebäuden, Einrichtungen und Veranstaltungen haben.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Assistenzhunde

Gerichtsurteile sind eine wichtige Informationsquelle, um die aktuelle Rechtsprechung und die damit verbundenen Entwicklungen im Zusammenhang mit Assistenzhunden nachzuvollziehen. Im Folgenden stellen wir Ihnen bedeutsame Entscheidungen vor, die zu verschiedenen Themen im Zusammenhang mit Assistenzhunden ergangen sind:

Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln

Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil vom 25. März 2015 (Az. B 8 SO 25/13 R) entschieden, dass die zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende („Jobcenter“) die zusätzlichen Kosten für die Beförderung eines blinden Menschen, der seinen Blindenführhund im öffentlichen Nahverkehr mitführen muss, auch dann übernehmen müssen, wenn die Begleitung des Hundes in den Beförderungsbedingungen der Nahverkehrsbetriebe kostenfrei vorgesehen ist. Begründet wurde dies damit, dass im konkreten Fall der Kläger zu Unrecht von der Nutzung des Nahverkehrs abgehalten wurde, weil die Verkehrsbetriebe die Mitnahme des Blindenführhundes untersagten. Die daraus resultierenden zusätzlichen Taxikosten sind folglich vom Jobcenter zu übernehmen.

Haus- und Grundstücksrecht

Ein Assistenzhund darf in der Regel nicht ohne triftigen Grund von gemeinschaftlichen Flächen eines Wohngebäudes ausgeschlossen werden. Dies entschied das Amtsgericht München im Urteil vom 14. November 2014 (Az. 485 C 2676/14). Die Klägerin, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist und von einem Servicehund unterstützt wird, wurde von der Wohnungseigentümergemeinschaft verklagt, da ihr Servicehund die Grünflächen der Wohnanlage nutzte. Die Ablehnung der Assistenzhundehaltung auf gemeinschaftlichen Flächen war jedoch nicht gerechtfertigt, da die Klägerin auf ihren Assistenzhund angewiesen ist und dessen Mitnahme einen gewichtigen Vorteil darstellt.

Mietrecht und Assistenzhunde

In einem Urteil des Landgerichts Hannover vom 11. Juli 2013 (Az. 1 S 45/12) wurde festgestellt, dass ein Vermieter einem Mieter mit Behinderung, der einen Assistenzhund hat, grundsätzlich keine höhere Miete oder Kaution aufgrund der Hundehaltung verlangen darf. Eine solche Diskriminierung würde gegen das AGG verstoßen. Daher entschied das Gericht, dass eine im Mietvertrag festgehaltene Klausel, die eine höhere Miete oder Kaution für Mieter mit Hunden vorsah, unwirksam ist.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Die komplexe rechtliche Materie im Zusammenhang mit Assistenzhunden kann bei Betroffenen, aber auch Vermietern, Arztpraxen und Dienstleistungsbetrieben Fragen aufwerfen. Im Folgenden finden Sie Antworten auf häufige Fragen im Zusammenhang mit Assistenzhunden und ihren rechtlichen Regelungen:

Darf ein Vermieter die Haltung eines Assistenzhundes verbieten?

Grundsätzlich darf ein Vermieter die Haltung eines Assistenzhundes bei berechtigter Notwendigkeit für den Mieter nicht verbieten. Eine entsprechende Klausel im Mietvertrag wäre nach dem AGG diskriminierend und somit unwirksam (siehe LG Hannover, Urteil vom 11. Juli 2013, Az. 1 S 45/12).

Darf ein Restaurantbesitzer einen Gast mit Assistenzhund abweisen?

Nein, dies wäre eine Form der Diskriminierung eines behinderten Menschen gemäß AGG. Assistenzhunde sind speziell trainiert und verhalten sich in Alltagssituationen ruhig und unauffällig. Daher besteht kein Grund, einen Gast mit Assistenzhund aus Rücksicht auf andere Gäste oder die Hygiene abzuweisen.

Gibt es spezielle Ausweise oder Kennzeichnungen für Assistenzhunde?

Es gibt keinen gesetzlich vorgeschriebenen, einheitlichen Ausweis oder eine Kennzeichnung für Assistenzhunde in Deutschland. Allerdings stellen einige Verbände und Ausbildungsorganisationen für Assistenzhunde entsprechende Ausweise oder Kennzeichnungen (z. B. in Form einer farbigen Weste) für den Hund zur Verfügung. Ein solcher Ausweis oder eine Weste kann dabei helfen, Missverständnisse zu vermeiden und den Zugang zu öffentlichem Verkehr, Einrichtungen und Veranstaltungen zu erleichtern.

Unterliegen Assistenzhunde Einreise- oder Quarantänebeschränkungen?

Assistenzhunde müssen die gleichen Einreise- und Quarantänebestimmungen beachten wie andere Hunde auch. Dies variiert je nach Herkunfts- und Zielland und kann die Vorlage eines gültigen EU-Heimtierausweises, Nachweise über Schutzimpfungen, Identifikation durch Mikrochip oder Tätowierung sowie gegebenenfalls eine Blutuntersuchung bedeuten. Reisen innerhalb der EU sind für Assistenzhunde und ihre Halter in der Regel unproblematisch, sofern die erforderlichen Dokumente und Impfungen vorliegen. Hinsichtlich der Einreise in Drittstaaten oder bei besonderen Quarantäne- oder Einfuhrbestimmungen empfiehlt es sich, im Vorfeld die jeweiligen Bestimmungen zu recherchieren und sich bei Bedarf bei einer Botschaft oder einem Konsulat über die Regelungen zu informieren.

Fazit

Assistenzhunde sind für viele Menschen mit Behinderungen unverzichtbare Helfer im Alltag, die ihnen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Um diese Menschen und ihre Helfer zu schützen, gibt es zahlreiche gesetzliche Regelungen, die jedoch nicht immer einfach und übersichtlich sind. Kenntnisse über die wichtigsten Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen helfen Betroffenen dabei, sich über ihre Rechte im Klaren zu sein und entsprechend zu handeln. Gleichzeitig sind Vermieter, Dienstleister, öffentliche Einrichtungen und Arbeitgeber angehalten, sich mit den entsprechenden Regelungen vertraut zu machen, um Diskriminierung zu vermeiden und das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Assistenzhunde zu erleichtern.

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