Das Aufteilungsverbot ist ein grundlegendes Prinzip im Vergaberecht, das in zahlreichen Rechtsvorschriften verankert ist und weitreichende Auswirkungen auf Unternehmer und Gewerbetreibende haben kann. In diesem umfassenden Blog-Beitrag werden wir das Aufteilungsverbot im Detail untersuchen, seine rechtlichen Grundlagen und Anwendungsfälle erörtern, aktuelle Gerichtsurteile betrachten und häufig gestellte Fragen beantworten.

Dieser Beitrag ist als Ressource für alle gedacht, die sich ein grundlegendes Verständnis des Aufteilungsverbots aneignen möchten oder sich auf eine Rechtsstreitigkeit in dieser Angelegenheit vorbereiten. Um Ihnen den Einstieg zu erleichtern, haben wir den Beitrag in die folgenden Abschnitte gegliedert:

  1. Grundlagen des Aufteilungsverbots
  2. Rechtliche Grundlagen des Aufteilungsverbots
  3. Anwendungsbereiche und Ausnahmen
  4. Aspekte der Wertung
  5. Aktuelle Gerichtsurteile und Auswirkungen auf die Praxis
  6. Häufig gestellte Fragen und Antworten

Wir beginnen mit den Grundlagen des Aufteilungsverbots und erläutern, was es ist und warum es für Unternehmer und Gewerbetreibende von Bedeutung ist.

Grundlagen des Aufteilungsverbots

In der Welt des öffentlichen Vergaberechts ist das Aufteilungsverbot ein essentielles Prinzip, das die Integrität und Fairness des Ausschreibungsprozesses gewährleistet. Einfach ausgedrückt, besteht das Aufteilungsverbot darin, dass öffentliche Auftraggeber einen Auftrag nicht in kleinere Einheiten aufteilen dürfen, um so die Anwendung vergaberechtlicher Regelungen zu umgehen oder den Wettbewerb unzulässig zu beeinflussen.

Für einen besseren Überblick über die verschiedenen Aspekte des Aufteilungsverbots sind hier die wichtigsten Säulen dieses Grundsatzes aufgelistet:

  • Transparenz: Das Aufteilungsverbot fördert die Transparenz im Ausschreibungsverfahren, indem es sicherstellt, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge in einer offenen und nachvollziehbaren Weise erfolgt.
  • Wettbewerbsanreize: Die Hauptfunktion des Aufteilungsverbots besteht darin, einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, indem mögliche Umgehungsstrategien verhindert werden. Durch die Einhaltung des Aufteilungsverbots können alle interessierten Parteien (Unternehmen) gleichermaßen an dem Ausschreibungsverfahren teilnehmen und eine reelle Chance auf den Gewinn des Auftrags haben.
  • Vergaberechtliche Regelungen: Das Aufteilungsverbot stellt eine wichtige Regel dar, die dazu beiträgt, die Anwendung und Einhaltung vergaberechtlicher Regelungen sicherzustellen. Ohne eine solche Vorschrift könnten Unternehmen den Wettbewerb und die Vergaberichtlinien mittels Umgehung der Ausschreibungsvorschriften manipulieren.

Nachdem wir nun die Grundlagen des Aufteilungsverbots etabliert haben, wollen wir uns die rechtlichen Grundlagen anschauen, die dieses Konzept unterstützen und durchsetzen.

Rechtliche Grundlagen des Aufteilungsverbots

Das Aufteilungsverbot ist in einer Vielzahl von Rechtsvorschriften auf nationaler und europäischer Ebene verankert. Wir konzentrieren uns hier auf das deutsche Vergaberecht, das in den §§ 97 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) festgeschrieben ist. Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen, die das Aufteilungsverbot definieren und implementieren, sind:

  • § 97 Abs. 4 GWB: Diese Vorschrift legt das grundlegende Prinzip des Aufteilungsverbots fest, indem sie klarstellt, dass öffentliche Auftraggeber einen Auftrag nicht in mehrere Lose aufteilen dürfen, um die Anwendung der Vergabevorschriften zu umgehen.
  • §§ 130 Abs. 1, 131 Abs. 1 GWB: Diese Bestimmungen regeln das Verhältnis zwischen unterschiedlichen Vergabeverfahren und legen fest, dass Auftraggeber bei Wahl eines bestimmten Vergabeverfahrens das Aufteilungsverbot beachten müssen.
  • Europäische Richtlinien: Die EU-Richtlinie 2014/24/EU (in Deutschland umgesetzt durch die Vergabeverordnung (VgV)) und die EU-Richtlinie 2014/25/EU (in Deutschland umgesetzt durch die Sektorenverordnung (SektVO)) enthalten ebenfalls Bestimmungen, die das Aufteilungsverbot zum Teil konkreter ausgestalten.

Da es sich bei diesen gesetzlichen Vorgaben um ein komplexes System handelt, das verschiedene Regelungsebenen berücksichtigt, ist es wichtig, die relevanten Gesetze und Verordnungen gemeinsam zu betrachten, um eine kohärente und praktikable Interpretation des Aufteilungsverbots zu erhalten.

Anwendungsbereiche und Ausnahmen

Obwohl das Aufteilungsverbot im Vergaberecht eine zentrale Rolle spielt, gibt es bestimmte Anwendungsbereiche und Ausnahmen, die unter bestimmten Voraussetzungen gelten. Im Folgenden werden wir diese Anwendungsbereiche und Ausnahmen untersuchen, um einen klareren Überblick über das Aufteilungsverbot in der Praxis zu geben.

  • Unterschiedliche Schwellenwerte: Das Aufteilungsverbot gilt in erster Linie für Aufträge, die einen bestimmten Schwellenwert überschreiten. Für EU-weite Ausschreibungen gelten die in den EU-Richtlinien festgelegten Schwellenwerte, während für nationale Ausschreibungen die in § 106 GWB festgelegten Schwellenwerte gelten. Aufträge unterhalb dieser Schwellenwerte sind grundsätzlich vom Aufteilungsverbot ausgenommen, jedoch sollte beachtet werden, dass national unterschiedliche Regelungen gelten können.
  • Freiwillige Aufteilung in Lose: Die Aufteilung eines Auftrags in Lose ist nicht grundsätzlich verboten, solange die Aufteilung nicht dazu dient, die Anwendung vergaberechtlicher Regelungen auszuhebeln. Eine solche Aufteilung kann sogar erwünscht sein, um die Chancen kleinerer Unternehmen auf den Zuschlag zu erhöhen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Lose insgesamt einen wirtschaftlichen Zusammenhang aufweisen und die Gesamtwirtschaftlichkeit des Auftrags gewährleistet ist.
  • Leistungstechnisch begründete Aufteilung: Eine Aufteilung des Auftrags kann auch aufgrund leistungstechnischer Gründe erforderlich sein – etwa wenn bestimmte Teile der Leistung nur von spezialisierten Unternehmen ausgeführt werden können. In diesem Fall fällt die Aufteilung nicht unter das Aufteilungsverbot, sofern sie auf sachlichen Gründen beruht und nicht zur Umgehung vergaberechtlicher Vorschriften dient.

Aspekte der Wertung

Im Kontext des Aufteilungsverbots spielt auch die Frage der Bewertung, also der Kriterien, nach denen die Vergabe eines öffentlichen Auftrags erfolgt, eine wichtige Rolle. Um die Korrektheit und Vergleichbarkeit der Angebote zu gewährleisten, müssen die Bewertungskriterien im Einklang mit dem Vergaberecht stehen und die Einhaltung des Aufteilungsverbots sicherstellen. Hier sind einige der häufigsten Wertungsaspekte, die im Zusammenhang mit dem Aufteilungsverbot berücksichtigt werden sollten:

Wertung nach dem niedrigsten Preis: Bei der Bewertung der Angebote nach dem niedrigsten Preis hat der Auftraggeber darauf zu achten, dass die Aufteilung des Auftrags sich nicht negativ auf den Vergleich der Angebote auswirkt.

Wertung nach der wirtschaftlichsten Vergabe: Im Falle der Bewertung nach der wirtschaftlichsten Vergabe sollten die Kriterien für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit transparent und objektiv sein. Eine Aufteilung des Auftrags darf nicht dazu führen, dass das Angebot mit der höchsten Wirtschaftlichkeit begünstigt wird.

Wertung von Preisen und Nebenangeboten: Bei der Bewertung von Haupt- und Nebenangeboten sollten die Auftraggeber darauf achten, dass die Bewertungskriterien dem Aufteilungsverbot und den Vergabegrundsätzen gerecht werden. Die Kriterien müssen für alle Bieter gleichermaßen objektiv, transparent und nachvollziehbar sein.

Aktuelle Gerichtsurteile und Auswirkungen auf die Praxis

Die Rechtsprechung zu Aufteilungsverbot ist reichhaltig und entwickelt sich stetig weiter. Im Folgenden werden einige aktuelle und bedeutsame Gerichtsurteile skizziert, die für das Verständnis des Aufteilungsverbots in der Praxis von besonderer Relevanz sind:

  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.06.2019, Az. X ZR 115/16: In diesem Fall entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass die Aufteilung eines Auftrags in Lose grundsätzlich zulässig ist, wenn sie der Wirtschaftlichkeit des Auftrags dient und ohne Missachtung vergaberechtlicher Bestimmungen erfolgt.
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 21.09.2016, Az. Verg 28/15 – „Kennzeichenerkennung“: Das OLG Düsseldorf urteilte, dass eine Aufteilung eines Auftrags in Lose nicht zu einer unzulässigen Beschränkung des Wettbewerbs führen darf und dass die Auftraggeber bei der Aufteilung von Losgruppen über den grundlegenden Gegenstand einer Leistung hinausgehen sollten.

Diese und ähnliche Urteile unterstreichen die Bedeutung des Aufteilungsverbots im Vergaberecht und zeigen, dass es für Unternehmer und Gewerbetreibende unerlässlich ist, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, um rechtliche Schwierigkeiten zu vermeiden.

Häufig gestellte Fragen und Antworten

Zum Abschluss dieses Beitrags beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zum Thema Aufteilungsverbot:

  1. Wie kann ich sicherstellen, dass ich das Aufteilungsverbot korrekt einhalte? Die Einhaltung des Aufteilungsverbots hängt von zahlreichen Faktoren ab, wie z.B. der richtigen Anwendung der gesetzlichen Grundlagen, dem korrekten Verhältnis zwischen den verschiedenen Vergabeverfahren und der Bewertung auf Grundlage angemessener Kriterien. Im Zweifelsfall sollten Sie eine fachkundige Rechtsberatung in Anspruch nehmen.
  2. In welchen Fällen ist das Aufteilungsverbot nicht anwendbar? Das Aufteilungsverbot ist grundsätzlich nicht anwendbar, wenn der Schwellenwert für die Anwendung der Vergabevorschriften nicht erreicht wird, wenn die Aufteilung des Auftrags in Lose freiwillig und nicht zur Umgehung vergaberechtlicher Bestimmungen erfolgt oder wenn die Aufteilung leistungstechnisch begründet ist.
  3. Was sind die möglichen rechtlichen Konsequenzen, wenn das Aufteilungsverbot missachtet wird? Bei Missachtung des Aufteilungsverbots können sowohl die Vergabeentscheidung als auch der abgeschlossene Vertrag unter Umständen aufgehoben werden. Zudem können Schadensersatzansprüche von unterlegenen Bietern geltend gemacht werden, und es besteht die Gefahr von Sanktionen seitens der zuständigen Vergabekammer oder des EU-Gerichtshofs.

Wir hoffen, dass dieser umfassende Blog-Beitrag Ihnen ein solides Verständnis des Aufteilungsverbots und seiner Bedeutung im Vergaberecht vermittelt hat. Wenn Sie Fragen zum Thema haben oder eine persönliche Beratung in diesem Bereich benötigen, zögern Sie nicht, sich an einen erfahrenen Vergaberechtsexperten oder Rechtsanwalt zu wenden. Es ist immer besser, im Vergaberecht auf der sicheren Seite zu sein, um potenzielle rechtliche Risiken und Schwierigkeiten zu vermeiden. Mit dem hier vermittelten Wissen sind Sie jedoch bereits gut gerüstet, um das Aufteilungsverbot erfolgreich in die Praxis umzusetzen und bei Vergabeverfahren eine rechtskonforme und faire Wettbewerbssituation sicherzustellen.

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