Die Bauabrechnung ist ein wesentlicher Bestandteil jedes Bauvorhabens und hat erhebliche finanzielle und rechtliche Auswirkungen auf alle beteiligten Parteien. In diesem umfassenden Leitfaden erfahren Sie alles, was Sie über die rechtlichen Aspekte von Bauabrechnungen wissen müssen, einschließlich der gesetzlichen Grundlagen, aktueller Gerichtsurteile und Antworten auf häufig gestellte Fragen.

Inhaltsverzeichnis

Gesetzliche Grundlagen der Bauabrechnung

Die rechtlichen Grundlagen für Bauabrechnungen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und in der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) geregelt. Insbesondere sind folgende Gesetzesstellen relevant:

  • BGB § 631 ff. – Werkvertrag
  • BGB § 650a ff. – Bauvertrag
  • HOAI § 6 – Grundsätze der Honorarberechnung
  • HOAI § 7 – Honorarzonen
  • HOAI § 8 – Leistungsbilder

Die gesetzlichen Regelungen stellen die Grundlage für die Erstellung, Prüfung und Durchsetzung von Bauabrechnungen dar. Die Bestimmungen des BGB definieren die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, während die HOAI die Honorierung von Architekten- und Ingenieurleistungen regelt.

Vertragsformen im Baurecht

Die verschiedenen Vertragsformen im Baurecht haben unterschiedliche Auswirkungen auf die Bauabrechnung. Die wichtigsten Vertragsformen sind:

Bei einem Pauschalvertrag vereinbaren die Parteien einen Festpreis für das gesamte Bauvorhaben. Die Bauabrechnung umfasst in diesem Fall die vereinbarte Pauschalsumme sowie eventuelle Nachträge, die aufgrund von Änderungswünschen oder unvorhergesehenen Umständen entstehen.

Ein Einzelleistungsvertrag sieht die Abrechnung einzelner Leistungen vor, die nach tatsächlichem Aufwand berechnet werden. Hierbei ist eine detaillierte Aufstellung aller erbrachten Leistungen und deren Kosten erforderlich. Dies ermöglicht eine genaue Kontrolle der Baukosten, erfordert jedoch einen höheren Verwaltungsaufwand.

Bei einem Generalunternehmervertrag verpflichtet sich der Generalunternehmer, das gesamte Bauvorhaben oder wesentliche Teile davon zu realisieren. Die Bauabrechnung erfolgt in der Regel auf Basis eines Pauschalvertrages oder eines Einzelleistungsvertrages. Der Generalunternehmer ist für die Koordination und Abrechnung der einzelnen Gewerke verantwortlich.

Ein Generalübernehmervertrag ist eine besondere Form des Generalunternehmervertrages, bei dem der Generalübernehmer auch für die Planungsleistungen verantwortlich ist. Die Bauabrechnung erfolgt hier ebenfalls auf Basis eines Pauschalvertrages oder eines Einzelleistungsvertrages, wobei auch die Planungskosten berücksichtigt werden.

Abrechnungsarten in der Bauabrechnung

Die Bauabrechnung kann auf verschiedene Arten erfolgen, je nach den vertraglichen Vereinbarungen und den tatsächlichen Gegebenheiten. Die wichtigsten Abrechnungsarten sind:

  • Angebots- und Vertragsbasis
  • Regiearbeiten
  • Bedarfs- und Mengenermittlung

Die Abrechnung auf Angebots- und Vertragsbasis erfolgt auf Grundlage der im Bauvertrag vereinbarten Leistungen und Preise. Dies ist die häufigste Abrechnungsart, insbesondere bei Pauschalverträgen. Die Bauabrechnung wird auf Basis der im Angebot und im Vertrag festgelegten Positionen erstellt und enthält die vereinbarten Preise sowie eventuelle Nachträge.

Die Abrechnung von Regiearbeiten erfolgt nach tatsächlichem Aufwand. Hierbei werden die eingesetzten Arbeitsstunden, Materialien und Maschinen dokumentiert und nach den vereinbarten Einheitspreisen abgerechnet. Diese Abrechnungsart kommt häufig bei Einzelleistungsverträgen oder bei unvorhergesehenen Zusatzleistungen zum Einsatz.

Die Bedarfs- und Mengenermittlung ist eine Abrechnungsart, bei der die tatsächlich benötigten Mengen und Materialien auf Basis von Plänen, Leistungsverzeichnissen und Baustellenermittlungen festgestellt werden. Diese Abrechnungsart ist besonders geeignet für komplexe Bauvorhaben, bei denen die tatsächlichen Mengen und Materialien im Vorfeld schwer einzuschätzen sind.

Die Prüfung der Bauabrechnung durch einen Anwalt

Die rechtliche Prüfung einer Bauabrechnung durch einen erfahrenen Baurecht Anwalt kann sowohl für Auftraggeber als auch für Auftragnehmer von großer Bedeutung sein. Die Prüfung umfasst insbesondere:

  • Die Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen
  • Die Überprüfung der korrekten Anwendung von Gesetzen und Verordnungen
  • Die Kontrolle der Leistungsbeschreibungen und Mengenangaben
  • Die Prüfung von Nachträgen und deren Begründung
  • Die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit von Regiearbeiten

Durch die rechtliche Prüfung der Bauabrechnung können mögliche Fehler, Unklarheiten und Streitigkeiten frühzeitig erkannt und geklärt werden. Dies kann sowohl Zeit als auch Kosten sparen und trägt dazu bei, das Bauvorhaben erfolgreich abzuschließen.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Bauabrechnung

In den letzten Jahren gab es einige bedeutende Gerichtsentscheidungen, die die rechtlichen Rahmenbedingungen für Bauabrechnungen beeinflusst haben. Im Folgenden werden drei aktuelle Urteile vorgestellt, die für die Praxis von besonderem Interesse sind:

  1. Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.02.2019 – VII ZR 71/18: In diesem Urteil hat der BGH entschieden, dass eine Schlussrechnung auch dann prüfbar sein muss, wenn sie auf einer zuvor erteilten Abschlagsrechnung aufbaut und sich lediglich auf die Differenz zwischen der Abschlagsrechnung und der vereinbarten Vergütung bezieht. Das bedeutet, dass auch bei einer solchen Schlussrechnung alle Anforderungen an eine prüfbare Rechnung erfüllt sein müssen, damit die Fristen für die Prüfung und die Erhebung von Einwendungen beginnen.
  2. Oberlandesgericht München, Urteil vom 12.07.2018 – 9 U 3371/17 Bau: Das OLG München hat in diesem Urteil klargestellt, dass der Auftraggeber bei einer einseitig veranlassten Kündigung des Bauvertrages grundsätzlich verpflichtet ist, dem Auftragnehmer die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen zu vergüten. Die Abrechnung der erbrachten Leistungen muss dabei auf der Grundlage der ursprünglichen Vertragskonditionen erfolgen. Einwendungen gegen die Höhe der Vergütung sind nur dann zulässig, wenn sie innerhalb der gesetzlichen Fristen erhoben werden.
  3. Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.02.2018 – VII ZR 46/17: Der BGH hat in diesem Urteil entschieden, dass ein Auftraggeber, der eine zusätzliche Leistung beauftragt, ohne vorher eine verbindliche Vereinbarung über die Vergütung der Leistung zu treffen, grundsätzlich den üblichen Preis für die Leistung schuldet. Dies gilt auch dann, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer auf die fehlende verbindliche Vergütungsvereinbarung hingewiesen hat. Der Auftragnehmer kann in diesem Fall seine Leistung auf der Grundlage der ortsüblichen Vergütungssätze abrechnen.

Diese Urteile zeigen, dass die Rechtsprechung zur Bauabrechnung ständig weiterentwickelt wird und sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer stets auf dem Laufenden bleiben sollten, um ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit Bauabrechnungen korrekt zu beurteilen.

Häufig gestellte Fragen zur Bauabrechnung

Im Folgenden finden Sie Antworten auf einige häufig gestellte Fragen im Zusammenhang mit Bauabrechnungen:

Wie lange hat der Auftraggeber Zeit, um die Bauabrechnung zu prüfen?

Die Prüffrist für Bauabrechnungen beträgt gemäß § 641 Abs. 3 BGB grundsätzlich 30 Tage ab Zugang der Rechnung. Innerhalb dieser Frist kann der Auftraggeber Einwendungen gegen die Abrechnung erheben. Nach Ablauf der Prüffrist gilt die Abrechnung als genehmigt, sofern keine Einwendungen erhoben wurden.

Was passiert, wenn der Auftraggeber Einwendungen gegen die Bauabrechnung erhebt?

Erhebt der Auftraggeber innerhalb der Prüffrist Einwendungen gegen die Bauabrechnung, muss der Auftragnehmer diese prüfen und gegebenenfalls korrigieren. Der Auftraggeber ist in diesem Fall berechtigt, die Zahlung der strittigen Beträge zurückzuhalten, bis die Unstimmigkeiten geklärt sind. Eine Einigung sollte im besten Fall einvernehmlich zwischen den Vertragsparteien erfolgen. Andernfalls kann der Rechtsstreit vor Gericht landen.

Kann der Auftragnehmer Nachträge zur Bauabrechnung geltend machen?

Der Auftragnehmer kann grundsätzlich Nachträge zur Bauabrechnung geltend machen, wenn zusätzliche Leistungen erbracht wurden, die nicht im ursprünglichen Leistungsverzeichnis enthalten waren oder wenn es zu unvorhergesehenen Umständen gekommen ist, die eine Anpassung der Bauabrechnung erforderlich machen. Nachträge müssen jedoch nachvollziehbar begründet und belegt werden, um vom Auftraggeber anerkannt zu werden.

Was ist eine Schlussrechnung und welche Besonderheiten gelten hierbei?

Die Schlussrechnung ist die abschließende Bauabrechnung, die nach Fertigstellung des Bauvorhabens erstellt wird. Sie umfasst alle erbrachten Leistungen, einschließlich eventueller Nachträge und Regiearbeiten. Die Schlussrechnung muss prüffähig sein und alle Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung erfüllen. Sie dient als Grundlage für die Abnahme des Bauwerks und den Übergang der Gewährleistungsfristen.

Kann der Auftraggeber Mängelansprüche gegen den Auftragnehmer geltend machen, wenn die Bauabrechnung bereits bezahlt wurde?

Die Zahlung der Bauabrechnung hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Geltendmachung von Mängelansprüchen durch den Auftraggeber. Die Gewährleistungsfristen beginnen mit der Abnahme des Bauwerks und sind unabhängig von der Zahlung der Bauabrechnung. Allerdings sollte der Auftraggeber auf die fristgerechte Geltendmachung von Mängelansprüchen achten, um seine Rechte nicht zu verlieren.

Bauabrechnung: das Fazit

Die Bauabrechnung ist ein wesentlicher Bestandteil jedes Bauvorhabens und sollte sowohl von Auftraggebern als auch von Auftragnehmern sorgfältig geprüft und behandelt werden. Die Kenntnis der gesetzlichen Grundlagen, Vertragsformen und aktueller Rechtsprechung ist für alle Beteiligten unerlässlich, um ihre Rechte und Pflichten korrekt einzuschätzen und mögliche Streitigkeiten zu vermeiden.

Die Unterstützung durch einen erfahrenen Baurecht Anwalt kann dabei eine wertvolle Hilfe sein, um die rechtlichen Aspekte der Bauabrechnung zu klären und das Bauvorhaben erfolgreich abzuschließen.

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