Das Bauamt ist eine wichtige Anlaufstelle für Bauherren und Bauwillige, die im Rahmen ihrer Bauprojekte mit zahlreichen rechtlichen Fragestellungen konfrontiert werden. Als erfahrener Rechtsanwalt im Baurecht möchte ich in diesem umfangreichen Beitrag die Zuständigkeiten und Aufgaben des Bauamts erläutern und dabei auf Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und FAQs eingehen. So erhalten Sie einen umfassenden Überblick über die Rolle des Bauamts im Baurecht und können gut informiert Ihre Bauprojekte vorantreiben.

Was ist das Bauamt und welche Zuständigkeiten hat es?

Das Bauamt, auch Bauaufsichtsbehörde oder Baubehörde genannt, ist eine staatliche oder kommunale Behörde, die für die Überwachung und Steuerung von Bauvorhaben zuständig ist. Je nach Bundesland und Gemeindestruktur können die Zuständigkeiten und Aufgaben des Bauamts variieren. Grundsätzlich ist das Bauamt jedoch für folgende Bereiche zuständig:

Darüber hinaus kann das Bauamt auch als Anlaufstelle für Bauherren und Bauwillige dienen, die Fragen zu ihrem Bauprojekt haben oder Unterstützung bei der Umsetzung benötigen.

Gesetzliche Grundlagen und Regelungen

Die Zuständigkeiten und Aufgaben des Bauamts sind in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen geregelt. Dazu zählen unter anderem:

Das Baugesetzbuch (BauGB) bildet die Grundlage des Bauplanungsrechts und regelt unter anderem die Zulässigkeit von Bauvorhaben, die Aufstellung von Bebauungsplänen und die Beteiligung der Öffentlichkeit an Planungsverfahren. Die Landesbauordnungen (LBO) konkretisieren die Vorgaben des Baugesetzbuches und legen die baulichen Anforderungen an Bauwerke sowie die Verfahren für die Erteilung von Baugenehmigungen fest. Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) wiederum regelt die zulässige Nutzung von Grundstücken und Bauwerken in den verschiedenen Baugebieten.

Bauantrag, Baugenehmigung und Bauüberwachung

Ein wesentlicher Aufgabenbereich des Bauamts ist die Prüfung von Bauanträgen und die Erteilung von Baugenehmigungen. Dabei sind verschiedene Verfahrensschritte und Voraussetzungen zu beachten:

Bauantrag

Wer ein Bauvorhaben realisieren möchte, muss in der Regel einen Bauantrag bei der zuständigen Baubehörde einreichen. Der Bauantrag muss bestimmte formelle und inhaltliche Anforderungen erfüllen und in der Regel von einem Bauvorlageberechtigten (z.B. Architekt oder Bauingenieur) erstellt werden. Zu den erforderlichen Unterlagen gehören unter anderem:

  • Bauzeichnungen
  • Baubeschreibung
  • Nachweise zur Standsicherheit und zum Brandschutz
  • Lageplan
  • Berechnungen zur Grundfläche und Geschossfläche
  • Nachweis über die Einhaltung von Abstandsflächen und Grenzabständen

Baugenehmigung

Nach der Prüfung des Bauantrags entscheidet das Bauamt über die Erteilung der Baugenehmigung. Dabei wird geprüft, ob das Bauvorhaben den Anforderungen des öffentlichen Baurechts entspricht. Dazu zählen unter anderem:

  • Einhaltung der Baugrenzen und Baulinien
  • Einhaltung der Abstandsflächen und Grenzabstände
  • Standsicherheit und Brandschutz
  • Übereinstimmung mit dem Bebauungsplan oder der Baunutzungsverordnung
  • Einhaltung von Schallschutz- und Energieeinsparverordnungen

Wird die Baugenehmigung erteilt, darf das Bauvorhaben entsprechend der genehmigten Bauvorlagen realisiert werden. In einigen Fällen kann auch eine Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren oder eine Bauvoranfrage zur Klärung einzelner Fragen vor der Einreichung des eigentlichen Bauantrags sinnvoll sein.

Bauüberwachung

Während der Bauausführung ist das Bauamt für die Bauüberwachung zuständig. Dabei wird kontrolliert, ob die Bauausführung den genehmigten Bauvorlagen und den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht. Dazu können Baukontrollen und Baubesichtigungen durchgeführt werden. Bei Abweichungen von der Baugenehmigung oder Mängeln kann das Bauamt Maßnahmen zur Beseitigung anordnen oder im schlimmsten Fall den Baustopp verhängen.

Aktuelle Gerichtsurteile und ihre Bedeutung für das Baurecht

Im Folgenden möchte ich einige aktuelle Gerichtsurteile vorstellen, die für das Baurecht und die Zuständigkeiten des Bauamts von Bedeutung sind:

BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2019 – 4 C 4.17

In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Baubehörde auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in der Landesbauordnung berechtigt ist, die Beseitigung von Bauteilen anzuordnen, die gegen baurechtliche Vorschriften verstoßen. Damit wurde eine einheitliche Rechtsprechung zur Beseitigungsanordnung von Schwarzbauten geschaffen.

BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – 4 CN 6.17

Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Urteil klargestellt, dass ein Bebauungsplan, der eine festgesetzte Grundflächenzahl (GFZ) enthält, auch die Höhe der zulässigen Geschossflächen im Sinne des § 19 Abs. 2 BauNVO regelt. Damit wurde eine wichtige Frage zur Auslegung von Bebauungsplänen im Zusammenhang mit der zulässigen Geschossfläche geklärt.

BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2018 – 4 C 7.17

In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass eine Baugenehmigung auch dann erteilt werden kann, wenn das Bauvorhaben gegenüber einem Nachbarn eine unzumutbare Lärmbelästigung verursacht, sofern der Nachbar seine Zustimmung zu dem Bauvorhaben erteilt hat. Damit wurde die Bedeutung von nachbarlichen Zustimmungserklärungen im Baugenehmigungsverfahren gestärkt.

FAQs: Häufig gestellte Fragen zum Bauamt und Baurecht

Im Folgenden beantworte ich einige häufig gestellte Fragen zum Bauamt und Baurecht:

Kann ich einen Bauantrag auch ohne Architekten einreichen?

Grundsätzlich müssen Bauanträge von einem Bauvorlageberechtigten, also in der Regel einem Architekten oder Bauingenieur, erstellt und unterschrieben werden. In einigen Bundesländern gibt es jedoch Ausnahmeregelungen für bestimmte Bauvorhaben oder Bauherren, die es ermöglichen, einen Bauantrag ohne Architekten einzureichen. Die genauen Regelungen sind in den jeweiligen Landesbauordnungen festgelegt.

Wie lange dauert es, bis eine Baugenehmigung erteilt wird?

Die Bearbeitungszeit für Bauanträge und die Erteilung von Baugenehmigungen hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa der Komplexität des Bauvorhabens, der Auslastung des Bauamts und den jeweiligen gesetzlichen Fristen. In der Regel sollte man mit einer Bearbeitungszeit von mehreren Wochen bis zu mehreren Monaten rechnen.

Wann ist ein Bauvorhaben genehmigungsfrei?

In einigen Bundesländern gibt es Regelungen, die bestimmte Bauvorhaben von der Baugenehmigungspflicht befreien. Dazu zählen zum Beispiel kleinere Gebäude und Anlagen, die keine Wohn- oder Aufenthaltsräume enthalten, oder bestimmte bauliche Veränderungen an bestehenden Gebäuden. Die genauen Regelungen und Voraussetzungen für eine Genehmigungsfreiheit sind in den jeweiligen Landesbauordnungen festgelegt.

Was passiert, wenn ich ohne Baugenehmigung baue?

Wer ohne Baugenehmigung baut, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Bußgeld belegt werden. Zudem kann das Bauamt die Beseitigung des illegalen Bauwerks anordnen, wenn es gegen baurechtliche Vorschriften verstößt. In einigen Fällen kann auch ein nachträglicher Bauantrag gestellt und eine Baugenehmigung erteilt werden, wenn das Bauvorhaben den baurechtlichen Vorschriften entspricht. Dies sollte jedoch nicht als selbstverständlich angesehen werden und im Zweifel vorab mit dem Bauamt geklärt werden.

Welche Rolle spielt der Bebauungsplan für mein Bauvorhaben?

Der Bebauungsplan legt für bestimmte Gebiete fest, welche Art und Weise der Bebauung zulässig ist. Dazu zählen unter anderem die zulässige Nutzung, die Bauweise, die Geschossflächenzahl und die Anzahl der Vollgeschosse. Wenn ein Bauvorhaben gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans verstößt, kann es in der Regel nicht genehmigt werden. In einigen Fällen können jedoch Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans beantragt werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und keine öffentlichen Belange entgegenstehen.

Fazit

Das Bauamt ist eine zentrale Anlaufstelle für Bauherren und Bauwillige, die sich mit den rechtlichen Fragestellungen rund um ihr Bauprojekt auseinandersetzen müssen. Die Zuständigkeiten und Aufgaben des Bauamts sind vielfältig und reichen von der Genehmigung von Bauvorhaben über die Bauüberwachung bis hin zur Stadtentwicklung und Raumordnung. Dabei sind zahlreiche Gesetze, Verordnungen und Gerichtsurteile zu beachten, die das Baurecht und die Rolle des Bauamts prägen. Umfassende Informationen und rechtliche Beratung sind daher für alle Bauherren und Bauwilligen unerlässlich, um ihr Bauprojekt erfolgreich und rechtskonform umzusetzen.

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