Bauliche Anlage – ein Begriff, der vielen Menschen im Zusammenhang mit Bau- und Rechtsfragen begegnet und doch oft für Verwirrung sorgt. Die Definition von baulichen Anlagen ist nicht nur wichtig für Baugenehmigungen, sondern auch für rechtliche Fragestellungen.
In diesem Blog-Beitrag unserer Anwaltskanzlei erklären wir Ihnen, was zu einer baulichen Anlage gehört, wie diese im Baurecht behandelt werden und worauf Sie in diesem Kontext achten müssen.
Was ist eine bauliche Anlage?
Zunächst wollen wir Ihnen eine allgemeine Definition des Begriffs „bauliche Anlage“ geben. Eine bauliche Anlage ist ein Bauwerk, das auf oder unterhalb der Erdoberfläche errichtet oder angelegt wird. Bauliche Anlagen umfassen dabei nicht nur Gebäude, sondern auch andere bauliche Einrichtungen wie Zäune, Mauern, Pflasterungen oder technische Anlagen und Installationen.
Wichtig ist dabei, dass eine bauliche Anlage stets in Verbindung mit dem Grund und Boden steht. Das bedeutet, sie ist fest mit dem Grundstück verbunden und kann nicht ohne weiteres entfernt oder versetzt werden.
Zu baulichen Anlagen gehören unter anderem:
- Gebäude (Wohnhäuser, Bürogebäude, Fabriken, Lagerhallen etc.)
- Räumliche Anlagen (öffentliche Plätze, Parkanlagen, Friedhöfe)
- Technische Anlagen und Einrichtungen (Heizungs- und Lüftungsanlagen, Aufzüge, Antennenanlagen, Solaranlagen)
- Verkehrsanlagen (Straßen, Wege, Brücken, Tunnel)
- Werbeträger (Werbetafeln, Leuchtreklame)
- Versorgungsanlagen (Wasserleitungen, Kanalisation, Stromleitungen)
- Zäune, Mauern, Pergolen, Carports
- Schwimmbäder, Garagen, Gartenteiche, Gewächshäuser
Weitere mögliche bauliche Anlagen:
-
Stellplätze und Zufahrten
(z. B. befestigte Parkflächen, Garagenzufahrten, gepflasterte Höfe) -
Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge
(z. B. Wallboxen, Ladesäulen – besonders relevant im urbanen Kontext) -
Einfriedungen und Sichtschutzwände
(auch wenn aus Holz oder Kunststoff – nicht nur „klassische“ Mauern oder Zäune) -
Lichtmasten, Straßenlaternen, Beleuchtungsanlagen
(insbesondere auf Privatgrundstücken oder öffentlichen Verkehrsflächen) -
Funk- und Mobilfunkanlagen / Sendemasten
(z. B. Mobilfunkstationen, Amateurfunkanlagen – häufig genehmigungspflichtig) -
Windkraft- und Photovoltaikanlagen
(z. B. Freiflächenanlagen oder große Dachanlagen) -
Silos, Tanks und Behälter
(z. B. in der Landwirtschaft oder Industrie – Güllebehälter, Getreidesilos) -
Spielgeräte und Sportanlagen
(z. B. Klettergerüste, Trampoline, Basketballkörbe, sofern fest installiert) -
Terrassenüberdachungen und Wintergärten
(fest verbunden = bauliche Anlage) -
Lagerplätze mit fester Einfassung oder Überdachung
(z. B. Holzlager, Kompostierungsplätze, Containerunterstände)
Ob ein Objekt als bauliche Anlage gilt, hängt nicht nur von seinem äußeren Erscheinungsbild, sondern vor allem von der Verbindung zum Boden, der Dauerhaftigkeit und der Funktion ab. Daher können auch weniger offensichtliche Strukturen wie Spielgeräte, Sichtschutzwände oder Solaranlagen unter diesen Begriff fallen.
Praxisbeispiel: Überdachter Holzstapel – bauliche Anlage oder nicht?
Ein häufig übersehener Fall in der Praxis ist ein dauerhaft aufgestellter Holzstapel, der mit Holzbalken gebaut, mit Erdhülsen im Boden verankert und mit einer stabilen Dachabdeckung (z. B. schwere Holzplatten, beschwert mit Steinen) versehen ist.
Auch wenn eine solche Konstruktion nicht wie ein klassisches Gebäude wirkt, kann sie dennoch als bauliche Anlage im Sinne der Landesbauordnung NRW (§ 2 BauO NRW) eingestuft werden. Die maßgeblichen Kriterien dafür sind:
-
feste Verbindung mit dem Boden (z. B. durch Erdhülsen),
-
Verwendung baulicher Materialien (z. B. Holz, Dachplatten),
-
Dauerhaftigkeit der Errichtung – also keine nur vorübergehende Aufstellung.
Ist diese Einstufung gegeben, gelten auch die entsprechenden Abstandsflächenregelungen nach § 6 BauO NRW sowie ggf. die Begrenzungen für zulässige Grenzbebauung.
Welche Abstandsflächen gelten?
In Nordrhein-Westfalen beträgt der Mindestabstand zur Grundstücksgrenze 3 Meter, sofern das Bauvorhaben nicht als zulässige Grenzbebauung anerkannt ist. Zusätzlich regelt § 6 Abs. 8 BauO NRW:
-
Maximal 9 Meter Bebauung entlang einer Grundstücksgrenze,
-
Insgesamt maximal 15 Meter Grenzbebauung auf mehreren Seiten eines Grundstücks.
Ein überdachter Holzstapel kann unter bestimmten Voraussetzungen als Nebenanlage mit untergeordneter Nutzung in diese Grenzbebauung eingerechnet werden. Das ist jedoch keine automatische Einstufung, sondern bedarf einer Einzelfallbewertung durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde.
Gerichtsurteil: Holzstapel als bauliche Anlage?
Ein aufschlussreiches Urteil hierzu stammt vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (Urteil vom 26.11.1996 – 2 R 20/95):
Ein Brennholzstapel mit einer Höhe von bis zu 1,35 m und einer Länge von 6,45 m wurde direkt an der Grundstücksgrenze errichtet. Das Gericht entschied, dass dieser keine gebäudegleiche Wirkung entfaltet und keine Abstandsflächen erforderlich sind, da:
-
die Höhe unter 2 Metern lag und
-
keine unzumutbaren Beeinträchtigungen für Nachbarn gegeben waren.
Solche Entscheidungen sind zwar landesrechtlich unterschiedlich zu bewerten, bieten aber eine wertvolle Orientierung für vergleichbare Fälle in NRW.
Empfehlung bei Unsicherheiten
Da es sich um einen rechtlich nicht eindeutig geregelten Fall handelt, ist es ratsam:
-
sich frühzeitig mit der örtlichen Bauaufsichtsbehörde in Verbindung zu setzen,
-
und gegebenenfalls rechtlichen Rat (z. B. durch einen Anwalt für öffentliches Baurecht) einzuholen.
Was sagt die Rechtsordnung zu baulichen Anlagen?
Die Rechtsordnung regelt verschiedene Aspekte im Zusammenhang mit baulichen Anlagen. Dazu gehören unter anderem das Bauplanungsrecht und das Bauordnungsrecht. Grundlage für diese Regelungen sind bundesweit geltende Gesetze wie das Baugesetzbuch (BauGB) oder spezielle Landesbauordnungen (LBO), die den Bau von baulichen Anlagen und die fachgerechte Ausführung gewährleisten sollen.
Bauplanungsrecht
Das Bauplanungsrecht gehört zum öffentlichen Baurecht und legt fest, welche baulichen Anlagen an welchen Orten zulässig sind. Dabei werden sowohl die Art als auch das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die Grundstücksflächen geregelt. Hauptinstrumente des Bauplanungsrechts sind der Flächennutzungsplan (FNP) und der Bebauungsplan (B-Plan).
Bauordnungsrecht
Das Bauordnungsrecht sorgt dafür, dass bauliche Anlagen den rechtlichen Anforderungen entsprechen, insbesondere hinsichtlich der Standsicherheit, Brandschutz, Barrierefreiheit und Energieeinsparung. Zudem soll das Bauordnungsrecht die Gestaltung von baulichen Anlagen regeln, um ein harmonisches und ästhetisches Erscheinungsbild der Umgebung zu gewährleisten.
Grundlage des Bauordnungsrechts sind die Landesbauordnungen (LBO), die vor allem den Bauherrn und die Bauausführenden betreffen.
Was bedeutet das für Bauherrn?
Für Bauherrn ist es essenziell, sich mit den gesetzlichen Regelungen zu baulichen Anlagen auseinanderzusetzen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, vor Baubeginn die notwendigen Genehmigungen einzuholen und sich insbesondere an die Vorgaben des Bebauungsplans und der Landesbauordnung zu halten.
Folgende Aspekte sind für Bauherrn besonders relevant:
- Baugenehmigung: Vor Beginn der Baumaßnahme muss eine Baugenehmigung bei der zuständigen Baubehörde beantragt und erteilt werden. Die Baugenehmigung stellt sicher, dass alle baurechtlichen Anforderungen erfüllt sind und das Bauvorhaben rechtmäßig durchgeführt werden darf.
- Bauanzeige: In manchen Bundesländern kann auch die Bauanzeige genügen, wenn das Bauvorhaben im Einklang mit dem geltenden Bebauungsplan steht. Dabei reicht es aus, das Bauvorhaben der Baubehörde anzuzeigen, ohne die ausführliche Prüfung einer Baugenehmigung abzuwarten.
- Berechnungen und Nachweise: Im Rahmen des Genehmigungs- oder Anzeigeverfahrens müssen Bauherrn verschiedene Berechnungen und Nachweise vorlegen, etwa zur Standsicherheit, zum Brandschutz oder zur Energiebilanz des geplanten Gebäudes.
- Baubestimmungen und -vorschriften: Als Bauherr ist es unerlässlich, die örtlichen Baubestimmungen und -vorschriften zu kennen und einzuhalten. Dazu gehören unter anderem Abstandsflächen, Höhen- und Längenbegrenzungen oder Regelungen zur Gestaltung von baulichen Anlagen.
Bei Nichtbeachtung dieser Regelungen kann es zu rechtlichen Konsequenzen kommen, etwa in Form von Bußgeldern oder gar der Stilllegung oder dem Abriss der baulichen Anlage. Um solche unangenehmen Folgen zu vermeiden, empfehlen wir Ihnen, sich frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen und sich umfassend zu informieren.
Nachbarschaftsrecht und bauliche Anlagen
Bei Bauprojekten sind häufig auch die Interessen von Nachbarn betroffen. Dabei geht es insbesondere um Themen wie Abstandsflächen, Schallschutz, Sichtschutz und den Verlauf von Grundstücksgrenzen. Das Nachbarschaftsrecht regelt, welche Rechte und Pflichten die beteiligten Parteien haben und wie etwaige Konflikte gelöst werden können.
Als Bauherr ist es wichtig, die Rechte und Anliegen der Nachbarn zu respektieren und bei der Planung und Ausführung des Bauvorhabens entsprechend zu berücksichtigen. Im Umkehrschluss haben Nachbarn das Recht, gegen Baugenehmigungen Widerspruch einzulegen oder in bestimmten Fällen sogar den Rückbau oder die Änderung von baulichen Anlagen zu verlangen.
Die Rolle von Architekten und Ingenieuren
Architekten und Bauingenieure sind wichtige Experten bei der Planung, Durchführung und Kontrolle von Bauprojekten. Sie helfen dabei, die baurechtlichen Vorgaben sowie die individuellen Wünsche und Anforderungen des Bauherrn miteinander in Einklang zu bringen und den gesamten Prozess der Errichtung von baulichen Anlagen effizient und erfolgreich zu gestalten.
Als Bauherr sollten Sie wissen, welche Leistungen Sie von einem Architekten oder Bauingenieur erwarten können und wie diese Experten im Bauprozess involviert sind. Dazu gehört zum Beispiel das Erstellen von Bauplänen und Bauanträgen, die teilweise oder vollständige Übernahme der Bauüberwachung sowie die Prüfung und Abnahme von Bauleistungen.
Denkmalschutz und bauliche Anlagen
Bei baulichen Anlagen, die unter Denkmalschutz stehen oder sich in einem denkmalgeschützten Gebiet befinden, gelten besondere gesetzliche Regelungen. Diese dienen dem Ziel, das historische und kulturelle Erbe zu erhalten und vor unzulässigen Veränderungen zu schützen.
Bauherrn, die denkmalgeschützte Gebäude sanieren, umbauen oder erweitern möchten, müssen sich an strenge Vorgaben halten und oft zusätzliche Genehmigungen einholen. Dabei kann es sinnvoll sein, sich von einem Anwalt für Denkmalschutzrecht beraten zu lassen, um mögliche Fallstricke zu vermeiden und rechtskonform zu handeln.
Barrierefreies Bauen und gesetzliche Regelungen
Barrierefreies Bauen bezeichnet die Errichtung von baulichen Anlagen, die für Menschen mit Behinderungen und eingeschränkter Mobilität zugänglich und nutzbar sind. Neben gesellschaftlichen Aspekten sind auch gesetzliche Regelungen für barrierefreies Bauen von Bedeutung. So gibt es in den Landesbauordnungen Vorgaben für öffentliche und zum Teil auch private Gebäude, die barrierefrei gestaltet werden müssen.
Bauherrn sollten sich frühzeitig mit den Anforderungen des barrierefreien Bauens auseinandersetzen und entsprechende Maßnahmen in die Planung und Ausführung von baulichen Anlagen integrieren. Dazu gehören zum Beispiel Rampen und Aufzüge, breitere Türen und Flure sowie unterfahrbare Waschtische in Bädern.
Fragen und Antworten zu baulichen Anlagen
Wir präsentieren Ihnen die meistgefragten Themen in diesem FAQ-Bereich.
Welche Genehmigungen sind für eine bauliche Anlage notwendig?
Je nach Art der baulichen Anlage und dem Bundesland, in dem sie errichtet werden soll, unterscheiden sich die notwendigen Genehmigungen. In der Regel benötigen Sie eine Baugenehmigung, die von der zuständigen Baubehörde erteilt wird. Für kleinere Anlagen oder solche, die im Einklang mit dem Bebauungsplan stehen, kann auch eine Bauanzeige ausreichen. Informieren Sie sich in jedem Fall frühzeitig bei der Baubehörde über die erforderlichen Genehmigungen.
Wie ist die Rechtslage bei baulichen Anlagen ohne Genehmigung?
Bauliche Anlagen, die ohne die notwendige Genehmigung errichtet wurden, gelten in der Regel als Schwarzbauten und können somit rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dazu gehören unter anderem Geldbußen, der Rückbau oder die Stilllegung der baulichen Anlage. In vielen Fällen können Bauherrn, die eine Anlage ohne Genehmigung errichtet haben, jedoch einen Antrag auf nachträgliche Legalisierung stellen.
Wann benötige ich einen Anwalt für das Baurecht?
Bei komplexen Bauvorhaben oder wenn es zu Problemen mit der Baubehörde, den Bauausführenden oder Anwohnern kommt, ist die Unterstützung eines Anwalts für Baurecht sinnvoll. Auch bei rechtlichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit baulichen Anlagen, etwa bei Mängelansprüchen oder Baumängeln, ist ein erfahrener Anwalt im Baurecht der richtige Ansprechpartner.
Abschließende Gedanken
Die Thematik der baulichen Anlagen ist in vielen Bereichen des Lebens präsent: ob beim Träumen vom Eigenheim oder bei der Errichtung eines Firmengebäudes. Dabei ist es wichtig, sich mit den gesetzlichen Regelungen im Baurecht auseinanderzusetzen und sich umfassend zu informieren.
Unsere Anwaltskanzlei steht Ihnen bei allen Fragen rund um das Thema „Bauliche Anlage“ zur Verfügung. Wir unterstützen Sie bei der Einholung von Genehmigungen, beraten Sie zu Ihren Rechten und Pflichten als Bauherr und vertreten Ihre Interessen kompetent und professionell.
Kontaktieren Sie uns gerne für eine ausführliche Beratung oder bei Fragen zum Baurecht.
„Unsere Kanzlei setzt auf Künstliche Intelligenz, um Ihnen hochwertige Rechtsberatung zu deutlich reduzierten Kosten anzubieten.
Mandanten profitieren in Einzelfällen von Kosteneinsparungen bis zu 90% – ohne Abstriche bei Qualität und individueller Betreuung.
Vertrauen Sie auf eine zukunftsweisende Kombination aus Innovation und juristischer Exzellenz.“
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
Folgen Sie Rechtsanwalt Wolfgang Herfurtner
Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Immobilienrecht
Typische Fehler bei der Kautionsabrechnung und wie Vermieter sie vermeiden
Erfahren Sie, welche Kautionsabrechnung Fehler oft unterlaufen und wie Sie diese vermeiden können, um Ihre Mietsicherheit korrekt abzurechnen.
Nutzungsart eines Grundstücks ändern? Was bau- und planungsrechtlich zu beachten ist
Entdecken Sie die verschiedenen Varianten der Nutzungsart Grundstück und erfahren Sie, welche Behörden über die Nutzung und Bebaubarkeit entscheiden.
Wie erfolgt die Berechnung eines Bodenrichtwerts?
Erfahren Sie, wie die Bodenrichtwert Berechnung in Deutschland erfolgt und welche Faktoren bei der Ermittlung des Grundstückswertes entscheidend sind.
Vom Flächennutzungsplan zum Bebauungsplan: wie das Verfahren der Bauleitplanung abläuft
Erfahren Sie, wie das Bauleitplanung Verfahren in Deutschland funktioniert, von der ersten Planung bis zur rechtlichen Umsetzung.
Verkaufsverbot bei landwirtschaftlicher Fläche – Welche Einschränkungen gelten?
Erfahren Sie über gesetzliche Regelungen und Einschränkungen, die beim Verkaufsverbot Landwirtschaft auf landwirtschaftliche Flächen zutreffen.