Die Baustellenverordnung ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Arbeitsschutzrechts und legt grundlegende Anforderungen an die Sicherheit und den Gesundheitsschutz auf Baustellen fest. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist für alle Arbeitgeber und Beschäftigten auf Baustellen von großer Bedeutung.

In diesem Beitrag werden die wichtigsten Aspekte der Baustellenverordnung erläutert, einschließlich rechtlicher Grundlagen, aktueller Gerichtsurteile und häufig gestellter Fragen.

Rechtliche Grundlagen der Baustellenverordnung

Die Baustellenverordnung, auch bekannt als BaustellV, ist eine deutsche Verordnung, die auf Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) erlassen wurde. Sie dient der Umsetzung europäischer Richtlinien in nationales Recht, insbesondere der Richtlinie 92/57/EWG über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen.

Die BaustellV enthält Regelungen zur Planung, Ausführung und Überwachung von Bauarbeiten, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten zu gewährleisten. Sie umfasst unter anderem:

  • Bestellung eines oder mehrerer Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatoren (SiGeKo)
  • Erstellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans (SiGePlan) für die Baustelle
  • Unterrichtung der Arbeitnehmer über Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen
  • Anwendung geeigneter Arbeitsverfahren und -mittel
  • Koordinierung der Tätigkeiten mehrerer Arbeitgeber auf der Baustelle

Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

Die Baustellenverordnung gilt für Baustellen, auf denen Bauarbeiten im Sinne des § 2 Abs. 1 BaustellV ausgeführt werden. Bauarbeiten sind dabei alle Arbeiten, die im Rahmen von Hoch- und Tiefbauarbeiten anfallen, beispielsweise Errichtung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken.

Die Verordnung gilt unabhängig von der Größe der Baustelle und der Dauer der Bauarbeiten. Ausnahmen können jedoch für kleinere Baustellen gelten, auf denen nur geringfügige Bauarbeiten durchgeführt werden (vgl. § 1 Abs. 2 BaustellV).

Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SiGeKo)

Der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator ist eine Person, die vom Bauherrn oder der Bauleitung bestellt wird, um die Umsetzung der Baustellenverordnung zu überwachen und zu koordinieren. Der SiGeKo muss über bestimmte Qualifikationen und Erfahrungen verfügen, die in der Regel durch eine entsprechende Ausbildung und Berufserfahrung nachgewiesen werden können (vgl. § 3 BaustellV).

Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGePlan)

Der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan ist ein schriftliches Dokument, das die wesentlichen Maßnahmen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz der Beschäftigten auf der Baustelle enthält. Der SiGePlan muss vor Beginn der Bauarbeiten erstellt werden und fortlaufend aktualisiert werden, um neuen Gefährdungen und Risiken Rechnung zu tragen (vgl. § 4 BaustellV).

Pflichten des Bauherrn, der Bauleitung und der Arbeitgeber

Die Baustellenverordnung legt verschiedene Pflichten für die am Bau beteiligten Parteien fest, insbesondere den Bauherrn, die Bauleitung und die Arbeitgeber. Diese Pflichten umfassen unter anderem:

  • Bestellung eines oder mehrerer SiGeKo (vgl. § 3 BaustellV)
  • Erstellung und Aktualisierung des SiGePlans (vgl. § 4 BaustellV)
  • Unterrichtung der Arbeitnehmer über Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen (vgl. § 8 BaustellV)
  • Koordinierung der Tätigkeiten mehrerer Arbeitgeber auf der Baustelle (vgl. § 6 und § 7 BaustellV)
  • Anwendung geeigneter Arbeitsverfahren und -mittel (vgl. § 5 BaustellV)

Die Nichteinhaltung dieser Pflichten kann zu empfindlichen Bußgeldern und im Falle von schweren Verstößen sogar zu strafrechtlichen Sanktionen führen (vgl. § 12 BaustellV).

Aktuelle Gerichtsurteile zur Baustellenverordnung

Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die wichtige Aspekte der Baustellenverordnung betreffen und die Rechtsprechung in diesem Bereich verdeutlichen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Januar 2019 – VII ZR 79/13

In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Bauherr grundsätzlich nicht für Schäden haftet, die durch die Verletzung von Bauvorschriften entstehen, wenn er die Bauleitung an einen qualifizierten Architekten oder Ingenieur übertragen hat. Die Haftung des Bauherrn kann jedoch gegeben sein, wenn er die Pflichtverletzung des Architekten oder Ingenieurs kannte oder kennen musste und diese nicht verhindert hat.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. Februar 2019 – 23 U 121/18

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in diesem Urteil klargestellt, dass ein Bauherr, der die Bauleitung an einen Architekten oder Ingenieur übertragen hat, auch dann für Sicherheitsmängel auf der Baustelle haften kann, wenn er diese Mängel selbst entdeckt und nicht unverzüglich für deren Beseitigung sorgt.

Häufig gestellte Fragen (FAQs) zur Baustellenverordnung

Im Folgenden werden einige häufig gestellte Fragen zur Baustellenverordnung und den damit verbundenen rechtlichen Grundlagen beantwortet.

Gilt die Baustellenverordnung auch für private Bauvorhaben?

Ja, die Baustellenverordnung gilt grundsätzlich auch für private Bauvorhaben, wenn Bauarbeiten im Sinne des § 2 Abs. 1 BaustellV ausgeführt werden. Allerdings können für kleinere Baustellen, auf denen nur geringfügige Bauarbeiten durchgeführt werden, Ausnahmen gelten (vgl. § 1 Abs. 2 BaustellV).

In welchen Fällen muss ein SiGeKo bestellt werden?

Ein SiGeKo muss gemäß § 3 BaustellV bestellt werden, wenn auf einer Baustelle mehrere Arbeitgeber tätig werden und somit eine Koordinierung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen erforderlich ist. Dies ist unabhängig von der Größe der Baustelle oder der Dauer der Bauarbeiten.

Was passiert, wenn die Baustellenverordnung nicht eingehalten wird?

Die Nichteinhaltung der Baustellenverordnung kann zu empfindlichen Bußgeldern und im Falle von schweren Verstößen sogar zu strafrechtlichen Sanktionen führen (vgl. § 12 BaustellV). Darüber hinaus kann die zuständige Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Bauarbeiten anordnen, bis die erforderlichen Sicherheits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen getroffen wurden.

Wer haftet bei Unfällen auf einer Baustelle?

Die Haftung bei Unfällen auf einer Baustelle richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des deutschen Haftungsrechts. In Betracht kommen insbesondere die Haftung des Arbeitgebers, der Bauleitung, des Bauherrn oder des SiGeKo. Die Haftung hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere davon, inwieweit die betreffende Partei ihre Pflichten aus der Baustellenverordnung verletzt hat.

Sind Bauarbeiter verpflichtet, persönliche Schutzausrüstung (PSA) zu tragen?

Ja, gemäß § 5 Abs. 1 BaustellV sind Arbeitgeber verpflichtet, ihren Beschäftigten geeignete persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen, wenn dies zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten erforderlich ist.

Die Beschäftigten sind ihrerseits verpflichtet, die bereitgestellte Schutzausrüstung entsprechend den Anweisungen des Arbeitgebers zu verwenden (vgl. § 8 Abs. 2 BaustellV).

Baustellenverordnung: Informationen vom Anwalt einholen

Die Baustellenverordnung ist ein zentrales Instrument zur Gewährleistung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes auf Baustellen. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist für alle am Bau beteiligten Parteien von großer Bedeutung, um Unfälle und Haftungsrisiken zu minimieren.

Die Kenntnis der rechtlichen Grundlagen, aktueller Gerichtsurteile und häufig gestellter Fragen kann dazu beitragen, ein besseres Verständnis für die Anforderungen der Baustellenverordnung zu entwickeln und die Sicherheit auf Baustellen nachhaltig zu verbessern.

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