In der Baubranche gibt es zahlreiche Risiken, die die erfolgreiche Durchführung eines Bauprojekts gefährden können. Unfälle, Naturkatastrophen, Diebstahl oder Vandalismus sind nur einige der möglichen Gefahren, die während der Bauzeit auftreten können. Um diese Risiken abzusichern und finanzielle Schäden zu vermeiden, ist eine Baustellenversicherung unerlässlich. In diesem umfassenden Blog-Beitrag erfahren Sie alles, was Sie über die Baustellenversicherung wissen müssen, einschließlich der verschiedenen Versicherungsoptionen, gesetzlichen Grundlagen, Gerichtsurteile und FAQs.
Was ist eine Baustellenversicherung?
Eine Baustellenversicherung ist eine spezielle Versicherung, die Bauherren und Bauunternehmen dabei hilft, ihre Bauprojekte vor verschiedenen Risiken zu schützen. Sie deckt finanzielle Schäden, die durch Unfälle, Naturkatastrophen oder kriminelle Handlungen während der Bauzeit entstehen können. Die Baustellenversicherung umfasst in der Regel mehrere Versicherungsarten, wie zum Beispiel:
- Bauwesenversicherung (auch Bauversicherung genannt)
- Bauleistungsversicherung
- Bauherrenhaftpflichtversicherung
- Bauunternehmerhaftpflichtversicherung
- Feuerrohbauversicherung
Warum ist eine Baustellenversicherung wichtig?
Eine Baustellenversicherung ist wichtig, weil sie:
- finanzielle Sicherheit für Bauherren und Bauunternehmen bietet
- den Bauherren vor Schadenersatzansprüchen Dritter schützt
- den Fortbestand von Bauprojekten sicherstellt
- Rechtsstreitigkeiten und Haftungsfragen klärt
- Naturkatastrophen und höhere Gewalt abdeckt
Ohne eine Baustellenversicherung können sich Bauherren und Bauunternehmen erheblichen finanziellen Risiken aussetzen, die im schlimmsten Fall zum finanziellen Ruin führen können.
Gesetzliche Grundlagen und Vertragsrecht
Die gesetzlichen Grundlagen für die Baustellenversicherung sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und in der Verordnung über die Versicherungspflicht in der Bauwirtschaft (BauVersV) geregelt. Im BGB sind unter anderem folgende Regelungen relevant:
- § 633 BGB: Mängelhaftung des Unternehmers
- § 634a BGB: Verjährung von Mängelansprüchen
- § 645 BGB: Vergütungsanspruch bei unwirksamer Kündigung des Bauvertrags
Die BauVersV regelt die Versicherungspflicht für Bauunternehmen und die Versicherungspflicht für Bauherren. In § 3 BauVersV ist festgelegt, dass Bauunternehmen verpflichtet sind, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, die Schäden aus der Bauausführung abdeckt. Bauherren sind gemäß § 4 BauVersV verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung für Schäden abzuschließen, die durch die Errichtung eines Bauwerks entstehen.
Im Vertragsrecht sind insbesondere die Regelungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) von Bedeutung. Die VOB ist ein privatrechtliches Regelwerk, das im Bauvertrag zwischen Bauherr und Bauunternehmen vereinbart werden kann. Die VOB enthält unter anderem Regelungen zur Bauausführung, Abnahme, Mängelhaftung und Kündigung des Bauvertrags.
Aktuelle Gerichtsurteile zur Baustellenversicherung
In den folgenden Abschnitten werden einige aktuelle Gerichtsurteile zur Baustellenversicherung dargestellt, die für Bauherren und Bauunternehmen von Interesse sein könnten.
OLG Hamm, Urteil vom 23.01.2018, Az. 24 U 12/17
In diesem Urteil hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden, dass ein Bauherr, der eine Bauleistungsversicherung für das gesamte Bauvorhaben abgeschlossen hat, grundsätzlich auch für Schäden haftet, die von einem beauftragten Subunternehmer verursacht wurden. Das OLG Hamm hat dabei klargestellt, dass die vertragliche Vereinbarung einer Bauleistungsversicherung eine Kostentragungsvereinbarung darstellt und keine Haftungsfreistellung des Schädigers.
BGH, Urteil vom 22.02.2018, Az. VII ZR 46/17
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass ein Bauherr, der einen Bauvertrag mit einem Generalunternehmer abschließt, gegenüber den Subunternehmern des Generalunternehmers nicht für deren Versicherungsschutz verantwortlich ist. Der Bauherr ist nur verpflichtet, für den Versicherungsschutz des Generalunternehmers zu sorgen.
OLG München, Urteil vom 24.01.2019, Az. 9 U 834/18
Das OLG München hat entschieden, dass die Bauwesenversicherung eines Bauherrn nicht für Schäden haftet, die durch einen von ihm beauftragten Architekten verursacht wurden. In dem konkreten Fall hatte der Architekt fehlerhafte Planungen erstellt, die zu erheblichen Mehrkosten führten. Das OLG München stellte fest, dass eine Bauwesenversicherung nur für Schäden eintritt, die im Zusammenhang mit der Bauausführung stehen, nicht jedoch für solche, die auf Planungsfehler zurückzuführen sind.
Versicherungsoptionen für Bauherren und Bauunternehmen
Es gibt verschiedene Versicherungsoptionen für Bauherren und Bauunternehmen, um ihre Bauprojekte abzusichern. Im Folgenden sind die wichtigsten Versicherungsarten im Überblick dargestellt:
Bauwesenversicherung
Die Bauwesenversicherung, auch Bauversicherung genannt, deckt Schäden ab, die während der Bauzeit durch Unfälle, höhere Gewalt oder menschliches Versagen entstehen können. Sie bietet Schutz vor finanziellen Verlusten durch:
- Feuer
- Sturm, Hagel, Blitzschlag
- Überschwemmung, Rückstau, Erdrutsch
- Vandalismus, Diebstahl
- Baumängel, fehlerhafte Bauausführung
- Unfälle auf der Baustelle
Bauleistungsversicherung
Die Bauleistungsversicherung schützt vor unvorhersehbaren Schäden, die während der Bauzeit entstehen können. Sie kommt zum Beispiel für Schäden aufgrund von:
- höherer Gewalt (z.B. Naturkatastrophen)
- unvorhersehbaren Material- oder Konstruktionsfehlern
- unvorhergesehenen Baugrundschäden
- Diebstahl oder Vandalismus
Die Bauleistungsversicherung deckt in der Regel die Kosten für die Wiederherstellung oder den Ersatz beschädigter Bauteile und Materialien.
Bauherrenhaftpflichtversicherung
Die Bauherrenhaftpflichtversicherung schützt den Bauherrn vor Schadenersatzansprüchen Dritter, die durch die Errichtung des Bauwerks entstehen können. Sie kommt zum Beispiel für Schäden aufgrund von:
- Personenschäden (z.B. Unfälle auf der Baustelle)
- Sachschäden (z.B. Beschädigung von Nachbargrundstücken)
- Vermögensschäden (z.B. entgangener Gewinn)
Die Bauherrenhaftpflichtversicherung übernimmt in der Regel die Kosten für die Regulierung berechtigter Schadenersatzansprüche und wehrt unberechtigte Ansprüche ab.
Bauunternehmerhaftpflichtversicherung
Die Bauunternehmerhaftpflichtversicherung schützt Bauunternehmen vor Schadenersatzansprüchen Dritter, die aus der Bauausführung resultieren können. Sie deckt Schäden wie:
- Personenschäden (z.B. Verletzung von Arbeitnehmern oder Dritten)
- Sachschäden (z.B. Beschädigung von Bauwerken oder Materialien)
- Vermögensschäden (z.B. entgangener Gewinn)
Die Bauunternehmerhaftpflichtversicherung übernimmt in der Regel die Kosten für die Regulierung berechtigter Schadenersatzansprüche und wehrt unberechtigte Ansprüche ab.
Feuerrohbauversicherung
Die Feuerrohbauversicherung schützt den Bauherrn vor Schäden durch Brand, Blitzschlag oder Explosion während der Bauphase. Sie deckt in der Regel die Kosten für die Wiederherstellung oder den Ersatz beschädigter Bauteile und Materialien. Die Feuerrohbauversicherung ist in der Regel in der Wohngebäudeversicherung enthalten und gilt bis zur Fertigstellung des Bauwerks.
FAQs zur Baustellenversicherung
Ist eine Baustellenversicherung gesetzlich vorgeschrieben?
Die gesetzlichen Vorschriften zur Baustellenversicherung sind in der BauVersV geregelt. Demnach sind Bauunternehmen verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, die Schäden aus der Bauausführung abdeckt. Bauherren sind ebenfalls verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung für Schäden abzuschließen, die durch die Errichtung eines Bauwerks entstehen.
Wer sollte eine Baustellenversicherung abschließen?
Grundsätzlich sollten sowohl Bauherren als auch Bauunternehmen eine Baustellenversicherung abschließen, um ihre Bauprojekte vor finanziellen Risiken zu schützen. Die Baustellenversicherung kann individuell an die Bedürfnisse des Bauherrn oder Bauunternehmens angepasst werden und verschiedene Versicherungsarten umfassen.
Wie hoch sollte die Versicherungssumme sein?
Die Versicherungssumme sollte so gewählt werden, dass sie die voraussichtlichen Gesamtkosten des Bauprojekts abdeckt. Dabei sollte auch ein möglicher Wertzuwachs durch Baufortschritte berücksichtigt werden. Es ist empfehlenswert, die Versicherungssumme regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um eine ausreichende Absicherung zu gewährleisten.
Wie lange gilt die Baustellenversicherung?
Die Laufzeit der Baustellenversicherung ist in der Regel auf die Dauer der Bauzeit begrenzt. Nach der Fertigstellung des Bauwerks und der Abnahme durch den Bauherrn endet die Baustellenversicherung. Für das fertiggestellte Gebäude sollte dann eine separate Gebäudeversicherung abgeschlossen werden.
Was kostet eine Baustellenversicherung?
Die Kosten für eine Baustellenversicherung hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Größe und Art des Bauprojekts, der gewählten Versicherungssumme und den individuellen Risikofaktoren. Die Prämien für Baustellenversicherungen können daher stark variieren. Es empfiehlt sich, mehrere Angebote von verschiedenen Versicherungsanbietern einzuholen und diese hinsichtlich Leistungsumfang und Preis zu vergleichen.
Fazit
Die Baustellenversicherung ist ein unverzichtbarer Schutz für Bauherren und Bauunternehmen, um ihre Bauprojekte vor finanziellen Risiken zu schützen. Sie deckt eine Vielzahl von möglichen Schäden ab, die während der Bauzeit entstehen können, und bietet so eine wichtige Absicherung für den erfolgreichen Abschluss des Bauprojekts. Bei der Auswahl der passenden Baustellenversicherung sollten Bauherren und Bauunternehmen auf eine ausreichende Versicherungssumme, eine angemessene Laufzeit und einen umfassenden Leistungsumfang achten. Durch den Vergleich mehrerer Angebote können sie eine Baustellenversicherung finden, die ihren individuellen Bedürfnissen entspricht und ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis bietet.
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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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