Der begleitete Umgang, auch betreuter Umgang genannt, ist ein wichtiges Rechtsinstrument im Familienrecht, das minderjährigen Kindern und ihren Eltern den Umgang ermöglicht, auch wenn das Kind bei einem Elternteil in Obhut ist. In diesem umfangreichen Blog-Beitrag werden wir die verschiedenen Aspekte des begleiteten Umgangs untersuchen und dabei auf relevante Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen eingehen.
Inhaltsverzeichnis
- Warum ist der Umgang wichtig?
- Rechtliche Grundlagen: BGB und FamFG
- Umgangspfleger und ihre Aufgaben
- Gerichtliche Entscheidung und Aktuelles Urteil
- Häufig gestellte Fragen (FAQs)
Warum ist der Umgang wichtig?
Der Umgang zwischen Kindern und ihren Eltern zählt zu den grundlegendsten und wichtigsten Rechten der Beteiligten. Eltern haben ein Recht auf Umgang mit ihren Kindern, aber zugleich auch eine Pflicht, regelmäßig mit ihnen in Kontakt zu bleiben, um eine dauerhafte Beziehung zu gewährleisten. Für das Kind ist der Kontakt zu beiden Elternteilen essenziell für seine emotionale, soziale und kognitive Entwicklung. Aus diesem Grund haben Kinder ebenso das Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen und ggf. auch anderen wichtigen Bezugspersonen wie Geschwistern oder Großeltern, unabhängig von einer möglichen Trennung oder Scheidung ihrer Eltern.
Rechtliche Grundlagen: BGB und FamFG
Die rechtlichen Grundlagen für den begleiteten Umgang finden sich sowohl im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) als auch im Familienverfahrensgesetz (FamFG). Im Folgenden werden die wichtigsten Regelungen kurz dargestellt:
BGB – §§ 1634 und 1684
Nach §§ 1634 und 1684 BGB haben Eltern und Kinder jeweils das Recht auf Umgang miteinander, und es besteht eine entsprechende Pflicht, den Umgang zu ermöglichen und zu fördern. In dieser Regelung ist auch vorgesehen, dass das Familiengericht in Angelegenheiten des Umgangs einzugreifen berechtigt ist, wenn die Eltern sich nicht einigen können oder das Kindeswohl gefährdet ist.
FamFG – §§ 159 und 1685
Die Regelungen zur Durchführung von Umgangsverfahren sind zu einem Großteil im FamFG enthalten. Danach kann das Familiengericht gemäß §§ 159 und 1685 FamFG verschiedenste Maßnahmen anordnen, um den Umgang zu sichern und zu gestalten. Dazu zählt unter anderem der begleitete Umgang.
Umgangspfleger und ihre Aufgaben
Umgangspfleger sind in Deutschland speziell ausgebildete Personen, die im Rahmen eines begleiteten Umgangs eingesetzt werden, um das Kind, den betreuenden Elternteil und den umgangsberechtigten Elternteil während der Umgangskontakte zu begleiten und zu unterstützen. Die Aufgaben einer Umgangspflegerin oder eines Umgangspflegers können unterschiedlich ausfallen, je nach konkretem Einzelfall und gerichtlicher Anordnung. In der Regel umfassen sie jedoch folgende Aspekte:
- Sicherung und Gestaltung des Umgangs
- Herstellung und Förderung einer tragfähigen Beziehung zwischen Kind und umgangsberechtigtem Elternteil
- Einhaltung der vereinbarten Regeln und Absprachen während des Umgangs
- Beobachtung und Dokumentation des Umgangsablaufs
- Berichterstattung und Empfehlung in Bezug auf die Weiterentwicklung des Umgangs
Umgangspfleger arbeiten unabhängig, neutral und im besten Interesse des Kindes. Sie sind keine Therapeuten oder Vermittler, sondern stellen sicher, dass das Kind während des begleiteten Umgangs emotional und physisch geschützt ist und eine positive Umgangserfahrung mit dem umgangsberechtigten Elternteil machen kann.
Gerichtliche Entscheidung und Aktuelles Urteil
Die Entscheidung über den begleiteten Umgang liegt im Ermessen des zuständigen Familiengerichts. Dabei muss es sich immer an dem Grundsatz orientieren, dass das Wohl des Kindes im Mittelpunkt steht. In einem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 2215/18) wurde klargestellt, dass der begleitete Umgang nur unter bestimmten Voraussetzungen angeordnet werden darf:
- Es muss konkrete Anhaltspunkte dafür geben, dass das Kindeswohl im Rahmen eines unbegleiteten Umgangs gefährdet wäre.
- Der begleitete Umgang ist verhältnismäßig und erfüllt seinen Zweck.
- Die Entscheidung für den begleiteten Umgang muss auf einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung beruhen.
Gerade bei Trennungen oder Scheidungen mit hochstrittigem Verlauf ist der begleitete Umgang ein wichtiges Instrument, um den Umgang zwischen Kindern und ihren Eltern zu ermöglichen und gleichzeitig das Kindeswohl zu schützen. Die Gerichte sind allerdings angehalten, die Notwendigkeit des begleiteten Umgangs genau zu prüfen und keine unnötigen Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der Eltern vorzunehmen.
Häufig gestellte Fragen (FAQs)
Was sind die Voraussetzungen für einen begleiteten Umgang?
Die Voraussetzungen für einen begleiteten Umgang sind von Fall zu Fall unterschiedlich, grundsätzlich ist jedoch stets das Kindeswohl als oberste Maxime zu betrachten. Bei konkreten Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung kann das Familiengericht einen begleiteten Umgang anordnen. Ein weiterer Grund kann beispielsweise die fehlende Kommunikationsbereitschaft der Eltern sein.
Wer trägt die Kosten für den begleiteten Umgang?
Die Kosten für den begleiteten Umgang werden in der Regel vom umgangsberechtigten Elternteil getragen. In Einzelfällen kann jedoch auch das Jugendamt die Kosten übernehmen, wenn die finanziellen Möglichkeiten des umgangsberechtigten Elternteils nicht ausreichen.
Wie lange dauert der begleitete Umgang?
Die Dauer der Begleitung ist abhängig von den individuellen Umständen und der gerichtlichen Entscheidung. Gegebenenfalls kann der begleitete Umgang auch befristet oder auf Probe angeordnet werden.
Kann ich gegen einen gerichtlichen Beschluss zum begleiteten Umgang Beschwerde einlegen?
Ja, gegen einen Beschluss zum begleiteten Umgang kann unter bestimmten Voraussetzungen Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerde muss innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses schriftlich beim zuständigen Familiengericht eingereicht werden. Es ist empfehlenswert, einen Rechtsanwalt für Familienrecht hinzuzuziehen, um die Erfolgsaussichten der Beschwerde abzuwägen und das weitere Vorgehen abzustimmen.
Wie finde ich einen geeigneten Umgangspfleger?
Das zuständige Familiengericht wird in der Regel geeignete Umgangspfleger benennen. In manchen Fällen kann es jedoch auch sinnvoll sein, eigene Vorschläge für einen geeigneten Umgangspfleger einzubringen. Hierfür können lokale oder überregionale Listen von qualifizierten Umgangspflegern herangezogen werden, auch der Austausch mit anderen Betroffenen oder Anwälten kann hilfreich sein. Letztlich entscheidet jedoch das Gericht über die Auswahl des Umgangspflegers.
Was passiert, wenn der begleitende Umgang nicht funktioniert?
Sollte der begleitete Umgang nicht die erhoffte Wirkung zeigen oder zu einer Verschlechterung der Situation führen, kann das Familiengericht erneut eingeschaltet werden, um eine Anpassung oder eine Neubewertung der Umgangsregelung vorzunehmen. Es ist wichtig, in solchen Fällen frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um eine Eskalation zu vermeiden und im Sinne des Kindeswohls eine tragfähige Lösung zu finden.
Welche Rolle spielt das Jugendamt beim begleiteten Umgang?
Das Jugendamt hat eine unterstützende Funktion im Rahmen der Gestaltung von Umgangsregelungen und bietet oft selbst Umgangsbegleitungen an. Zudem kann es Fachdienste oder Umgangspfleger empfehlen und unter Umständen auch die Kosten für den begleitenden Umgang übernehmen. Zudem wirkt das Jugendamt regelmäßig in familiengerichtlichen Verfahren mit und gibt Stellungnahmen ab, die für die gerichtliche Entscheidungsfindung von Bedeutung sein können.
Kann der begleitete Umgang auch außerhalb von Räumlichkeiten des Jugendamtes stattfinden?
Ja, der begleitete Umgang kann grundsätzlich auch außerhalb von Räumlichkeiten des Jugendamtes stattfinden. Dafür gibt es in vielen Städten sogenannte Umgangsstellen oder Umgangszentren, die auf diese speziellen Bedarfe ausgerichtet sind. Auch hier kann das Jugendamt oder der eingesetzte Umgangspfleger bei der Vermittlung entsprechender Angebote unterstützen.
Kann der begleitete Umgang auch bei Großeltern oder Geschwistern angeordnet werden?
Ja, der begleitete Umgang kann grundsätzlich auch im Umgang mit anderen nahestehenden Bezugspersonen, wie etwa Großeltern oder Geschwistern, angeordnet werden, wenn dies aus Sicht des Kindeswohls geboten erscheint. Die Regelungen des BGB und FamFG beziehen sich ausdrücklich nicht allein auf den Umgang der Eltern mit dem Kind, sondern gelten auch für den Umgang mit anderen Personen, zu denen das Kind eine enge Beziehung hat und die für seine Entwicklung von Bedeutung sind.
Kann ich als betreuender Elternteil während des begleiteten Umgangs anwesend sein?
Die Anwesenheit des betreuenden Elternteils während des begleiteten Umgangs hängt von den individuellen Umständen und der gerichtlichen Anordnung ab. In manchen Fällen kann die Anwesenheit des betreuenden Elternteils sinnvoll sein, um das Kind in der Anfangsphase des begleiteten Umgangs zu unterstützen. In anderen Fällen kann die Abwesenheit des betreuenden Elternteils dazu beitragen, dass das Kind eine ungestörte und störungsfreie Beziehung zum umgangsberechtigten Elternteil entwickeln kann. Die Entscheidung darüber trifft das Gericht in Abstimmung mit dem Umgangspfleger.
Fazit
Der begleitete Umgang ist ein komplexes und oftmals schwieriges Thema, dessen korrekte Handhabung entscheidend für das Wohl des betroffenen Kindes ist. Eine umfassende Vertrautheit mit den rechtlichen Grundlagen und eine profunde Kenntnis der jeweiligen Einzelfallumstände sind unerlässlich, um eine optimale Lösung im Sinne des Kindeswohls zu erreichen. Die Beauftragung eines spezialisierten Rechtsanwalts empfiehlt sich, um Ihre Rechte und Interessen bestmöglich zu wahren und den Umgang mit Ihrem Kind nachhaltig und zielführend zu gestalten.
Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.
Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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