In diesem langen und überzeugenden Artikel wird untersucht, wann und wie im Zivilrecht Berufungszulassung beantragt werden kann, und wie man die Berufung erfolgreich einlegt. Wir stützen uns auf verlässliche Quellen wie Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und die Erfahrungen eines kompetenten und erfahrenen Rechtsanwalts. Dabei werden häufig gestellte Fragen beantwortet und praxisrelevante Beispiele präsentiert. Es wird aufgezeigt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, welche Fristen einzuhalten sind und wie eine Berufungsbegründung erfolgen sollte.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine Berufungszulassung im Zivilrecht?
- Voraussetzungen für die Zulassung der Berufun
- Fristen und Formen der Berufungszulassung
- Berufungsbegründung und Anträge
- Aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Berufungszulassung
- FAQ
Was ist eine Berufungszulassung im Zivilrecht?
Die Zulassung der Berufung ist im deutschen Zivilrecht ein verfahrensrechtlicher Schutzmechanismus, der dazu dient, unbegründete oder missbräuchliche Berufungen von vornherein auszuschließen. Sie ist in §§ 511 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt und damit eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Berufung gegen erstinstanzliche Gerichtsentscheidungen im Zivilprozess.
Anders als im Strafrecht besteht im Zivilrecht eine eingeschränkte Berufungsmöglichkeit. Die Berufung ist nicht generell für jede erstinstanzliche Entscheidung zulässig. Es bedarf vielmehr einer Zulassung der Berufung durch das Gericht, damit die Parteien die Möglichkeit haben, das erstinstanzliche Urteil in der nächsten Instanz überprüfen zu lassen und gegebenenfalls abzuändern oder aufzuheben.
Die Zulassung der Berufung soll dazu beitragen, dass das Berufungsverfahren effizient und sachgerecht auf die Klärung tatsächlicher und rechtlicher Fragen konzentriert wird.
Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung
- 2.1 Entscheidungen, gegen die Berufung zulässig ist
- 2.2 Beschwer und Nichtzulassungsbeschwerde
- 2.3 Grundsätzliche Bedeutung
- 2.4 Fortbildung des Rechts
- 2.5 Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Entscheidungen, gegen die Berufung zulässig ist
§ 511 Abs. 2 ZPO regelt, dass die Berufung/ghvgfvh zulässig ist, wenn sie:
- 1. in dem erstinstanzlichen Urteil selbst zugelassen wurde,
- 2. gegen ein Gerichtsurteil gerichtet ist, das ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, oder
- 3. gegen ein Gerichtsurteil gerichtet ist, das aufgrund einer ordnungsgemäßen und wirksamen Versäumnis- oder Anerkenntnisentscheidung ergeht.
Beschwer und Nichtzulassungsbeschwerde
Die Berufung kann auch zugelassen werden, wenn die Beschwer oder das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde gegeben ist. Der Begriff der Beschwer wird in § 511 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ZPO näher definiert:
- a) der Wert des Beschwerdegegenstands beträgt mehr als 600 Euro;
- b) das Gericht hat die Berufung im Urteil zugelassen;
- c) es handelt sich um eine Entscheidung, für die das Gesetz die Berufung ausdrücklich zulässt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 522 Abs. 1 ZPO gegeben, wenn die Berufung nicht zugelassen wurde und die Partei geltend macht, dass die Zulassung zu Unrecht versagt wurde. Die Nichtzulassungsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils eingelegt werden und ist nur zulässig, wenn die Beschwer die oben genannten Voraussetzungen erfüllt.
Grundsätzliche Bedeutung
Die Berufung kann auch dann zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das heiß in § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Eine grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im konkreten Fall von allgemeiner Bedeutung ist und auch für die Rechtsanwendung in einer Vielzahl von Fällen von Belang ist.
Fortbildung des Rechts
Die Berufung ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auch dann zuzulassen, wenn die Fortbildung des Rechts dies erfordert. Eine Fortbildung des Rechts ist gegeben, wenn die beabsichtigte Entscheidung über den konkreten Fall hinaus eine Leitfunktion für die Rechtsanwendung und -gestaltung hat, etwa weil sie neue Rechtsgrundsätze entwickelt oder bestehende weiterentwickelt oder konkretisiert.
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Die Zulassung der Berufung kann schließlich gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 ZPO auch dann geboten sein, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dies erfordert. Dies liegt insbesondere vor, wenn das Berufungsgericht beabsichtigt, von einer Entscheidung eines höheren Gerichts oder eines anderen gleichrangigen Gerichts abzuweichen und dadurch eine Divergenz in der Rechtsprechung entsteht oder fortbesteht. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient der Rechtssicherheit und soll eine ungleiche Behandlung von Rechtsuchenden verhindern.
Fristen und Formen der Berufungszulassung
Die Einlegung der Berufung muss innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils erfolgen, § 517 ZPO. Die Berufungsbegründung muss innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils eingereicht werden, § 520 Abs. 2 ZPO.
Die Berufung und die Berufungsbegründung müssen schriftlich beim Berufungsgericht eingereicht werden und von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein, §§ 519 Abs. 1, 520 Abs. 1 ZPO.
Die Berufungszulassung kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen nach § 544 Abs. 1 ZPO erfolgen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zusammen mit der Berufung oder der Berufungsbegründung einzureichen und hat das Vorbringen zu enthalten, aus dem sich die Zulassungsgründe ergeben. Das Berufungsgericht entscheidet über den Antrag auf Zulassung der Berufung durch Beschluss, von dem eine sofortige Beschwerde statthaft ist, § 544 Abs. 3 ZPO.
Berufungsbegründung und Anträge
Die Berufungsbegründung ist ein zentrales Element des Berufungsverfahrens und hat gemäß § 520 Abs. 3 ZPO folgende Anforderungen zu erfüllen:
- 1.Die Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die sich die Berufung stützt, sind ausführlich und präzise darzulegen.
- 2. Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, welche die Berufung angreift, sind inhaltlich auseinanderzusetzen und zu widerlegen.
- 3. Die Berufungsbegründung muss neue rechtliche Gesichtspunkte oder Tatsachen aufzeigen, die im erstinstanzlichen Verfahren nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden, und aufzeigen, dass sie zur Abänderung oder Aufhebung des Urteils führen können.
- 4. Die Berufungsbegründung hat die Anträge zu enthalten, die der Berufungskläger für die Berufungsinstanz stellen möchte, insbesondere die Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Urteils; eventuelle Anträge auf Zulassung der Berufung sollten hier ebenfalls enthalten sein.
Die Berufungsanträge sollten präzise und unmissverständlich formuliert sein und sich auf die Korrektur oder Ergänzung der erstinstanzlichen Entscheidung beschränken. Eine Neufassung der Klageanträge sollte die Rechts- und Tatsachenfragestellung grundlegend verändern.
Aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Berufungszulassung
Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile zu typischen Fragestellungen der Berufungszulassung vorgestellt:
Urteil 1: Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 14.02.2019, Az. VII ZR 27/18
In diesem Urteil hat der BGH klargestellt, dass die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil innerhalb der Berufungsfrist keine Hemmung der Rechtskraft bewirkt. Dies bedeutet, dass die Revision nur noch unter engen Voraussetzungen möglich ist, wenn das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde verspätet eingelegt wurde.
Urteil 2: Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Beschluss vom 13.11.2018, Az. I-15 W 139/18
Das OLG Hamm hat entschieden, dass die Frage, ob im konkreten Fall die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Prüfung der Berufungszulassung erfüllt sind, im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht nachgeprüft werden kann. Die Prüfung dieser Frage obliegt allein dem Berufungsgericht und ist im Rahmen der sofortigen Beschwerde oder der Berufung selbst vorzubringen.
Urteil 3: BGH, Urteil vom 12.09.2019, Az. IX ZR 40/19
Der BGH hat in diesem Urteil bekräftigt, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde nur darauf gestützt werden kann, dass die Berufungszulassung zu Unrecht versagt wurde, nicht jedoch auf die inhaltliche Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Die Prüfung der Berufungszulassung ist somit auf die tatsächlich von den Parteien vorgetragenen Berufungsgründe beschränkt.
FAQ
Unter welchen Voraussetzungen kann ich Berufung einlegen?
Die wichtigsten Voraussetzungen für die Einlegung einer Berufung sind die Zulassung der Berufung durch das erstinstanzliche Gericht, die Beschwer und die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung, Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Welche Fristen gelten für die Einlegung einer Berufung und Berufungsbegründung?
Für die Einlegung der Berufung gilt eine Frist von einem Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils, die Berufungsbegründung muss innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung eingereicht werden.
Wie sind die Berufung und die Berufungsbegründung zu verfassen?
Die Berufung und die Berufungsbegründung müssen schriftlich eingereicht und von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Die Berufungsbegründung hat die Angriffs- und Verteidigungsmittel darzulegen, die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zu widerlegen, neue rechtliche Gesichtspunkte oder Tatsachen aufzuzeigen und die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge zu enthalten.
Wie hoch sind die Erfolgsaussichten einer Berufungszulassung?
Die Erfolgsaussichten einer Berufungszulassung hängen von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Frage, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassungsprüfung erfüllt sind und ob die Berufungsgründe schlüssig und ausführlich dargelegt wurden. Eine pauschale Prognose der Erfolgsaussichten ist daher nicht möglich.
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