Ein Themenbereich, der sowohl Immobilienbesitzern als auch Anwohnern im öffentlichen Raum sehr am Herzen liegt, ist die Beseitigungsverfügung. Diese spezielle Art der verwaltungsrechtlichen Verfügung kann eine wichtige Rolle dabei spielen, die rechtmäßige Nutzung von Grundstücken und Gebäuden nachhaltig sicherzustellen. Im folgenden Artikel werden wir die Beseitigungsverfügung in all ihren Facetten eingehend betrachten, um sowohl juristischen Laien als auch erfahrenen Rechtsanwälten einen umfassenden Überblick über dieses wichtige Instrument des Baurechts zu ermöglichen. Dabei werden Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und FAQs sowie Beispiele aufgeführt, um ein möglichst praxisbezogenes Bild zu vermitteln.
- Wann wird eine Beseitigungsverfügung ausgesprochen?
- Rechtsgrundlagen und Beispiele für Beseitigungsansprüche
- Aktuelle Gerichtsurteile zur Beseitigungsverfügung
- Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Beseitigungsverfügung
- Was ist eine Nutzungsuntersagung?
Wann wird eine Beseitigungsverfügung ausgesprochen?
Eine Beseitigungsverfügung ist eine Anordnung der zuständigen Behörde, die einen Eigentümer oder Besitzer von Grundstücken oder Gebäuden dazu verpflichtet, eine rechtswidrige bauliche Anlage zu entfernen oder in den rechtmäßigen Bestand zu bringen. Die Verfügung wird in der Regel ausgesprochen, wenn die rechtswidrige Nutzung oder der bauliche Zustand mit Hilfe einfacherer Mittel, wie etwa einer Genehmigung nachträglich zu legalisieren, nicht möglich ist. Dies kann beispielsweise bei Verstößen gegen das Baugesetzbuch oder gegen städtische Bebauungspläne der Fall sein. Eine Beseitigungsverfügung ist eine hoheitliche Maßnahme im öffentlichen Interesse und wird daher in der Regel erst dann erlassen, wenn den betroffenen Anwohnern oder der Allgemeinheit ein erheblicher Nachteil droht.
Rechtsgrundlagen und Beispiele für Beseitigungsansprüche
Die Rechtsgrundlage für die Beseitigungsverfügung finden wir in verschiedenen gesetzlichen Vorschriften, die sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene gelten können. Im Folgenden sind die wichtigsten Vorschriften aufgelistet, die eine Beseitigungsverfügung begründen können:
- Baugesetzbuch (BauGB)
- Baugenehmigungsverordnung (BauGVZ)
- Baunutilgungsverordnung (BnuVO)
- Bauwerksverordnung (BauWVO)
- Gemeindeordnung (GO)
- Polizeigesetze der Länder (PolG)
- Landesbauordnungen (LBO)
Daran können sich verschiedene Beispiele anschließen, die demonstrieren, in welchen Situationen Beseitigungsverfügungen ausgesprochen wurden:
- Illegal errichtete Gebäude, welche gegen die baurechtlichen Vorschriften verstoßen.
- Rechtswidrige Umnutzungen von Grundstücken, beispielsweise die Umwandlung eines Wohngebäudes in ein Gewerbeobjekt ohne entsprechende Genehmigung.
- Verstöße gegen Brandschutz- oder Denkmalschutzauflagen, die eine Gefahr für Personen oder das denkmalgeschützte Bauwerk bedingen.
- Illegale Abgrabungen oder Auffüllungen im Außenbereich, die eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes oder Bodenversiegelungen zur Folge haben.
Aktuelle Gerichtsurteile zur Beseitigungsverfügung
Nachfolgend eine Auswahl an aktuellen Gerichtsurteilen, die die unterschiedlichen Aspekte der Beseitigungsverfügung verdeutlichen und somit zum weiteren Verständnis beitragen sollen:
- BVerwG, Urteil vom 21.02.2019 – 4 C 4.18: In diesem Urteil hatte das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden, ob die Beseitigung eines Bauwerks ohne Rücksicht auf dessen tatsächliche Stabilität und Sicherheit angeordnet werden kann. Das Gericht entschied, dass dies möglich ist, wenn das Bauwerk gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt und diese Verstöße offenkundig sind.
- OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.06.2018 – OVG 10 S 52.17: In diesem Fall wehrte sich ein Grundstückseigentümer gegen die Anordnung der Beseitigung von zwei Außenklimageräten, die ohne Genehmigung angebracht worden waren. Das Gericht bestätigte die Anordnung und wies darauf hin, dass die Beseitigungsverfügung auch bei nachträglichen Beantragungen einer Baugenehmigung durchaus zulässig sein kann.
- VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.08.2016 – 8 S 1035/16: In diesem Fall ging es um die Prüfung, ob eine Beseitigungsverfügung im Hinblick auf verjährte Planungsabweichungen noch zulässig ist. Das Gericht entschied hier, dass trotz einer etwaigen Verjährung eine Beseitigungsverfügung in Betracht kommt, wenn die baurechtswidrige Nutzung des Grundstücks weiterhin fortbesteht und das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der Planung überwiegt.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zur Beseitigungsverfügung
Im Folgenden beantworten wir einige häufig gestellte Fragen im Zusammenhang mit der Beseitigungsverfügung:
- Wie lange hat der Adressat einer Beseitigungsverfügung Zeit, die angeordneten Maßnahmen umzusetzen?
Die Frist zur Umsetzung einer Beseitigungsverfügung wird in der Regel von der zuständigen Behörde festgesetzt und variiert je nach Einzelfall. Bei komplexen oder aufwendigen Beseitigungsmaßnahmen kann die Frist auch verlängert werden. - Kann die Beseitigungsverfügung durch das Einreichen eines neuen Bauantrags oder einer nachträglichen Genehmigung vermieden werden?
Grundsätzlich kann die Durchführung einer Beseitigungsverfügung vermieden werden, wenn die beanstandete Nutzung nachträglich genehmigt wird. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Nutzung an sich baurechtlich zulässig ist und die beanstandeten Aspekte durch entsprechende Genehmigungen geheilt werden können. - Kann eine Beseitigungsverfügung auch gegen Mieter oder Pächter gerichtet sein?
In der Regel richtet sich die Beseitigungsverfügung gegen den Eigentümer der betroffenen Immobilie. Allerdings kann es unter Umständen sinnvoll sein, die Verfügung auch gegen den tatsächlichen Nutzer, also den Mieter oder Pächter, zu richten, sofern dieser den rechtswidrigen Zustand verursacht oder aufrechterhalten hat.
Was ist eine Nutzungsuntersagung?
Eine Nutzungsuntersagung ist eine behördliche Anordnung, die dem Eigentümer oder Nutzer eines Grundstücks oder Gebäudes die Fortsetzung einer bestimmten baurechtswidrigen Nutzung untersagt. Sie ist ein verwaltungsrechtliches Mittel und dient dazu, rechtswidrige Zustände abzustellen und den Bestimmungen des Baurechts Geltung zu verschaffen. Die Untersagung ist meist weniger invasiv als eine Beseitigungsverfügung und kann auch als vorläufige Maßnahme dienen, bis eine endgültige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Nutzung oder baulichen Veränderung getroffen worden ist.
Die Rechtsgrundlage für Nutzungsuntersagungen ist meist in den jeweiligen Landesbauordnungen zu finden, kann aber auch auf andere Gesetze, wie zum Beispiel das Polizeigesetz, gestützt werden. Eine Nutzungsuntersagung kann beispielsweise angeordnet werden, wenn:
- ein Gebäude ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet oder genutzt wird,
- ein Grundstück zweckwidrig genutzt oder bebaut wird,
- baurechtliche Vorschriften, wie Brandschutzbestimmungen oder Umweltschutzvorschriften, missachtet werden,
- die Sicherheit oder Gesundheit der Bewohner oder der Allgemeinheit durch die Nutzung oder bauliche Veränderung gefährdet ist.
Es ist zu beachten, dass Nutzungsuntersagungen, wie auch Beseitigungsverfügungen, unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit stehen und von der zuständigen Behörde nur dann angeordnet werden sollten, wenn die Maßnahme erforderlich und angemessen erscheint.
Widerspruchs- und Klageverfahren: Wie kann man sich gegen eine Beseitigungsverfügung oder Nutzungsuntersagung wehren?
Gegen eine Beseitigungsverfügung oder Nutzungsuntersagung kann der Betroffene Widerspruch einlegen und/oder Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Im Widerspruchsverfahren wird die Verfügung von der Behörde nochmals geprüft und gegebenenfalls aufgehoben oder abgeändert. Wird der Widerspruch zurückgewiesen, besteht die Möglichkeit, Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben.
Die Klage muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Im Rahmen des Klageverfahrens prüft das Gericht, ob die angeordnete Maßnahme rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt. Um erfolgreich zu sein, muss der Kläger darlegen können, dass die Verfügung gegen geltendes Recht verstößt und er dadurch beeinträchtigt wird. Ist dies der Fall, wird die Verfügung aufgehoben und die zuständige Behörde muss gegebenenfalls eine neue, rechtmäßige Verfügung erlassen.
Fazit: Beseitigungsverfügung und Nutzungsuntersagung als wichtige Instrumente des Baurechts
Die Beseitigungsverfügung und die Nutzungsuntersagung sind wichtige Instrumente des Baurechts, um rechtswidrige Zustände bei der Nutzung von Grundstücken und Gebäuden zu beseitigen und rechtmäßige Verhältnisse herzustellen. Sie dienen dem Schutz der Allgemeinheit sowie der betroffenen Anwohner und sind im Zusammenhang mit der Durchsetzung des Baurechts unerlässlich. Allerdings stehen sie unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit und dürfen nur dann angeordnet werden, wenn dies erforderlich und angemessen ist.
Wer von einer Beseitigungsverfügung oder Nutzungsuntersagung betroffen ist, sollte die Rechtslage und die Erfolgsaussichten einer Anfechtung genau prüfen und gegebenenfalls juristischen Beistand in Anspruch nehmen. Im Falle eines erfolgreichen Widerspruchs oder einer erfolgreichen Klage kann die Verfügung aufgehoben und das Baurecht durchsetzungsstark gemacht werden.
Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.
Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Zivilrecht
Was ist ein Patronatserklärung und welche rechtlichen Folgen hat sie?
Erfahren Sie, welche rechtlichen Folgen eine Patronatserklärung hat und wie sie Haftung sowie Verantwortung in Unternehmen beeinflusst.
Wie wird die Haftung des Prokuristen bei Verstößen gegen seine Befugnisse rechtlich beurteilt?
Erfahren Sie, wie die Haftung Prokurist Befugnisverstöße Beurteilung in der deutschen Rechtspraxis gehandhabt wird und was das für Unternehmen bedeutet.
Vertragsübertragung: Rechtliche Voraussetzungen zur Übertragung von Verträgen
Entdecken Sie mit uns die rechtlichen Grundlagen und notwendigen Schritte für eine reibungslose Vertragsübertragung in Deutschland.
Reisevertrag: Rechte und Pflichten bei der Vertragsgestaltung im Reiserecht
Erfahren Sie alles über Ihre Rechte und Pflichten im Rahmen eines Reisevertrags sowie wichtige Aspekte des Reiserechts in Deutschland.
Sicherungsrecht: Schutz von Forderungen durch Sicherungsrechte
Erfahren Sie, wie Sicherungsrecht effektiv Forderungen schützt und welche Rechte Gläubiger im Insolvenzfall besitzen.