In diesem umfangreichen Artikel werfen wir einen detaillierten Blick darauf, wann und unter welchen Voraussetzungen das Betreten des nachbarlichen Grundstücks rechtmäßig oder unzulässig ist. Dabei berücksichtigen wir wichtige Gesetze, diskutieren aktuelle Gerichtsurteile, beleuchten häufige Fragestellungen (FAQs) und skizzieren Anwendungsbeispiele.

Gesetzliche Regelungen zum Betreten des nachbarlichen Grundstücks

Das Betreten des nachbarlichen Grundstücks unterliegt verschiedenen gesetzlichen Vorschriften. Grundsätzlich ist das Betreten einer fremden Parzelle ohne Zustimmung des Eigentümers gemäß § 123 StGB (Hausfriedensbruch) strafbar. Allerdings gibt es Ausnahmen und Regelungen, die dazu führen, dass das Betreten des Nachbargrundstücks in bestimmten Fällen erlaubt ist.

  • § 905 BGB (Zuführung unwägbarer Stoffe): Wenn durch äußere Umstände (z.B. Sturm) Gegenstände auf das Nachbargrundstück gelangen, dürfen diese zurückerlangt werden, solange kein fester Bestandteil des Grundstücks besteht.
  • § 910 BGB (Wurzeleinwuchs): Der Eigentümer des betroffenen Grundstücks hat das Recht, den Wurzeleinwuchs von Bäumen oder Sträuchern des Nachbarn zu beseitigen, wenn dieser unzumutbar ist.
  • § 911 BGB (Überhang): Ebenso darf der Eigentümer des betroffenen Grundstücks den Überhang von Bäumen oder Sträuchern des Nachbarn abschneiden und dessen Entfernung verlangen.
  • § 912 BGB (Überbau): Bei einer versehentlich oder wissentlichen Errichtung eines Teils eines Gebäudes (Überbau) auf ein Grundstück des Nachbarn sind Duldung oder Entschädigung möglich, solange der Eigentümer dies rechtzeitig vorwirft.
  • § 917 BGB (Notwegrecht): In bestimmten Fällen hat der Eigentümer eines Grundstücks, dass keine ausreichende Verbindung zur öffentlichen Straße hat, das Recht, einen Notweg über das Nachbargrundstück zu nutzen.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Betreten des nachbarlichen Grundstücks

Im Folgenden werden aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die das Betreten des Nachbargrundstücks tangieren:

Urteil: Das Betreten des Nachbargrundstücks zur Beseitigung von Unkraut

Das Amtsgericht München entschied mit Urteil vom 13. März 2020 (Az. 131 C 17805/19), dass das Betreten des Nachbargrundstücks zum Entfernen von Unkraut grundsätzlich nicht erlaubt ist. Insbesondere stellt das Gericht fest, dass das bloße Entfernen von Unkraut keine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung begründet, die das Betreten des Nachbargrundstücks erlaubt. Einer Ausnahme hiervon greift etwa dann, wenn durch das Unkrautwachstum eine erhebliche Beeinträchtigung des Grundstücks zu befürchten ist.

Urteil: Das Betreten des Nachbargrundstücks für Reparaturarbeiten an einer Garage

Das Amtsgericht Lüneburg (Az. 53 C 21/10) entschied am 5. August 2010, dass ein Anspruch auf Betreten des Nachbargrundstücks für Reparaturarbeiten an einer gemeinsamen Garage wegen einer besonderen rechtlichen Vereinbarung (dingliches Nutzungsrecht) besteht. Diese Vereinbarung kann auch ohne Zustimmung des benachbarten Grundstückseigentümers durchgesetzt werden.

Beispiele für das Betreten des nachbarlichen Grundstücks

Hier finden Sie einige Beispiele, die mögliche Situationen aufzeigen, in denen das Betreten des Nachbargrundstücks erlaubt oder verboten ist:

Beispiel 1: Betreten des Nachbargrundstücks zum Spielen mit Hunden

Das Betreten des Nachbargrundstücks zum Spielen, wie zum Beispiel mit Hunden, ist nicht erlaubt. Hierfür müsste eine ausdrückliche Zustimmung des Nachbarn vorliegen.

Beispiel 2: Betreten des Nachbargrundstücks zur Beseitigung von Schnee und Eis

Aufgrund gesetzlicher Regelungen kann zwar eine Räum- und Streupflicht im Winter bestehen, jedoch muss die Zusammenarbeit zwischen den Nachbarn so gestaltet sein, dass sie keine gesetzlichen Regelungen verletzt. Eine ausdrückliche Zustimmung des Nachbarn könnte herein jedoch ein erlaubtes Betreten begründen.

Frequently Asked Questions (FAQs)

Wann darf ich das Nachbargrundstück betreten?

Das Betreten des Nachbargrundstücks ist nur erlaubt, wenn es eine gesetzliche Regelung vorsieht, ein vertragliches Recht besteht oder der Nachbar seine Zustimmung erteilt hat.

Wie kann ich mein Recht zur Durchführung von Arbeiten auf dem Nachbargrundstück durchsetzen?

Sollten Sie rechtlich dazu befugt sein, das Nachbargrundstück zu betreten und auf diesem Arbeiten durchzuführen, aber der Nachbar verweigert den Zugang, könnte eine gerichtliche Verfügung beantragt werden. Es empfiehlt sich jedoch zuerst das Gespräch mit dem Nachbarn oder die Beratung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt zu suchen.

Welche rechtlichen Konsequenzen können sich ergeben, wenn ich unberechtigterweise das Nachbargrundstück betrete?

Je nach Einzelfall kann unbefugtes Betreten des Nachbargrundstücks eine strafrechtliche Verfolgung nach § 123 StGB (Hausfriedensbruch) oder Schadensersatzansprüche begründen.

Abschließende Worte zum Betreten des nachbarlichen Grundstücks

In diesem Artikel haben wir Ihnen einen umfassenden Überblick zum Thema Betreten des nachbarlichen Grundstücks vermittelt. Allerdings sind viele Aspekte einzelfallabhängig und erfordern eine genaue rechtliche Prüfung. Bei Fragen oder Unklarheiten empfehlen wir Ihnen, eine juristische Beratung durch einen auf Immobilien- und Nachbarrecht spezialisierten Anwalt in Anspruch zu nehmen.

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