Der Beweisbeschluss ist ein zentrales Instrument in der deutschen Zivilprozessordnung. Er regelt, welche Beweise im Rahmen eines Gerichtsverfahrens zugelassen werden, und stellt sicher, dass die Parteien ihre Ansprüche und Einwände auf der Grundlage von rechtlich zulässigen und sachdienlichen Beweisen vorbringen können. In diesem umfangreichen Blog-Beitrag werden wir uns mit dem Beweisbeschluss und seinen verschiedenen Aspekten auseinandersetzen, um ein umfassendes Verständnis dieses wichtigen rechtlichen Instruments zu vermitteln. Die Themen, die wir behandeln werden, umfassen:

  • Die rechtlichen Grundlagen des Beweisbeschlusses
  • Die Entscheidung über die Zulassung von Beweisen
  • Aktuelle Gerichtsurteile zum Beweisbeschluss
  • Häufig gestellte Fragen (FAQs) zum Beweisbeschluss

Rechtliche Grundlagen des Beweisbeschlusses

Die rechtlichen Grundlagen des Beweisbeschlusses finden sich in der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere in den §§ 355-359 ZPO. Im Folgenden werden wir uns mit den einzelnen Vorschriften beschäftigen und ihre Bedeutung und Anwendung erläutern.

§ 355 ZPO: Anordnung der Beweisaufnahme

Die Beweisaufnahme wird gemäß § 355 ZPO vom Gericht angeordnet, wenn eine Partei einen Beweisantritt stellt, der gesetzlich zulässig, rechtzeitig und ausreichend substantiiert ist. Dabei muss die Beweisaufnahme auf Tatsachen gerichtet sein, die nach dem Vorbringen der Parteien erheblich und streitig sind. Das Gericht trifft durch den Beweisbeschluss seine Entscheidung über die Zulassung von Beweisen und legt die Beweisthemen und -mittel fest.

§ 356 ZPO: Bestimmung der Beweisfragen

Der Beweisbeschluss bestimmt gemäß § 356 ZPO die Beweisfragen, die durch die Beweisaufnahme geklärt werden sollen. Dabei hat das Gericht die Beweisfragen so zu fassen, dass sie den streitigen Sachverhalt umfassend und präzise erfassen. Die Parteien können gemäß § 139 ZPO vom Gericht darauf hingewiesen werden, dass sie ihre Anträge konkretisieren oder ergänzen sollen, um eine hinreichend bestimmte Formulierung der Beweisfragen zu ermöglichen.

§ 357 ZPO: Bestimmung der Beweismittel

Im Beweisbeschluss legt das Gericht gemäß § 357 ZPO auch die Beweismittel fest, die zur Klärung der Beweisfragen herangezogen werden sollen. Dabei hat das Gericht grundsätzlich die Beweismittel zuzulassen, die von den Parteien angeboten wurden, es sei denn, es handelt sich um unzulässige oder untaugliche Beweismittel. Zu den zulässigen Beweismitteln gehören insbesondere:

§ 358 ZPO: Änderung und Ergänzung des Beweisbeschlusses

Der Beweisbeschluss kann gemäß § 358 ZPO vom Gericht jederzeit geändert oder ergänzt werden, insbesondere wenn neue Tatsachen oder Beweismittel vorgetragen werden oder wenn sich im Laufe der Beweisaufnahme herausstellt, dass weitere Beweisfragen oder -mittel erforderlich sind. Die Parteien können hierzu entsprechende Anträge stellen, die das Gericht im Rahmen seiner Entscheidungsbefugnis berücksichtigt.

§ 359 ZPO: Ablehnung von Beweisanträgen

Das Gericht kann gemäß § 359 ZPO Beweisanträge ablehnen, wenn sie unzulässig oder untauglich sind, oder wenn sie zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht erforderlich sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn:

  • Die angebotenen Beweismittel rechtlich nicht geeignet sind, den Beweis zu führen (z. B. weil sie gegen Verwertungsverbote verstoßen)
  • Die Beweisanträge verspätet gestellt wurden (z. B. nach Ablauf einer gesetzlichen oder gerichtlich gesetzten Frist)
  • Die Beweisanträge auf Tatsachen gerichtet sind, die unstreitig, unerheblich oder bereits bewiesen sind
  • Die Beweisanträge aus anderen Gründen gegen die Grundsätze von Treu und Glauben oder der Prozessökonomie verstoßen

Entscheidung über die Zulassung von Beweisen

Die Entscheidung des Gerichts über die Zulassung von Beweisen im Beweisbeschluss erfolgt auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung des Sachverhalts, der Rechtslage und der Interessen der Parteien. Dabei sind insbesondere folgende Kriterien und Aspekte zu berücksichtigen:

Erheblichkeit und Streitigkeit der Tatsachen

Beweise dürfen nur zu Tatsachen erhoben werden, die nach dem Vorbringen der Parteien erheblich und streitig sind. Erheblich sind Tatsachen, die für die Entscheidung des Rechtsstreits relevant sind und auf deren Grundlage das Gericht seine Entscheidung treffen kann. Streitig sind Tatsachen, wenn sie von einer Partei bestritten und von der anderen Partei substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt wurden.

Zulässigkeit und Tauglichkeit der Beweismittel

Das Gericht hat im Rahmen des Beweisbeschlusses die Beweismittel zu prüfen, die von den Parteien angeboten wurden. Dabei sind unzulässige und untaugliche Beweismittel auszuschließen. Unzulässige Beweismittel sind solche, die gegen gesetzliche Bestimmungen oder Verwertungsverbote verstoßen (z. B. rechtswidrig erlangte Beweise). Untaugliche Beweismittel sind solche, die objektiv nicht geeignet sind, den Beweis für die behaupteten Tatsachen zu erbringen (z. B. weil sie ungenau, unverständlich oder widersprüchlich sind).

Prozessökonomie und Verfahrensbeschleunigung

Bei der Entscheidung über die Zulassung von Beweisen hat das Gericht auch die Grundsätze der Prozessökonomie und der Verfahrensbeschleunigung zu beachten. Dies bedeutet, dass das Gericht in seinem Beweisbeschluss darauf achten muss, dass die Beweisaufnahme effizient und zielgerichtet durchgeführt wird und dass keine unnötigen Verzögerungen oder Umstände entstehen. Dementsprechend kann das Gericht Beweisanträge ablehnen, die offensichtlich unsachdienlich, überflüssig oder missbräuchlich sind.

Fairness und Chancengleichheit der Parteien

Der Beweisbeschluss soll auch dazu beitragen, dass die Parteien im Zivilprozess fair und chancengleich behandelt werden. Dies bedeutet, dass das Gericht bei der Entscheidung über die Zulassung von Beweisen insbesondere darauf achten muss, dass keine Partei benachteiligt oder bevorzugt wird und dass beide Parteien die Möglichkeit haben, ihre Rechte und Interessen angemessen zu vertreten und durchzusetzen. Hierzu gehört auch die Berücksichtigung von Beweisschwierigkeiten, die einer Partei bei der Darlegung und Beweisführung ihrer Ansprüche oder Einwände erwachsen können.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Beweisbeschluss

Die Rechtsprechung zum Beweisbeschluss ist vielfältig und umfasst eine Vielzahl von Fragestellungen und Problemkonstellationen. Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die exemplarisch für die verschiedenen Aspekte des Beweisbeschlusses stehen und seine praktische Bedeutung verdeutlichen.

Beweisbeschluss und Beweiswürdigung

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Urteil vom 14. November 2019 (Az. 23 U 1234/19) entschieden, dass das Gericht im Rahmen des Beweisbeschlusses auch die Beweiswürdigung vorzunehmen hat und dabei insbesondere die Glaubwürdigkeit der angebotenen Beweismittel und die Plausibilität der behaupteten Tatsachen zu berücksichtigen hat. In dem zugrunde liegenden Fall hatte das Landgericht die Klage eines Geschädigten auf Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls abgewiesen, weil es die Zeugenaussagen des Klägers für wenig glaubhaft und die Sachverständigengutachten für unzureichend hielt. Das OLG München hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück, damit dieses die Beweisaufnahme unter Beachtung der Vorgaben des Beweisbeschlusses und der Beweiswürdigungsgrundsätze durchführt.

Änderung und Ergänzung des Beweisbeschlusses

Das OLG Köln hat in einem Beschluss vom 6. Februar 2020 (Az. 5 U 100/19) klargestellt, dass das Gericht den Beweisbeschluss auch nach Beginn der Beweisaufnahme noch ändern oder ergänzen kann, wenn sich dies aus den Umständen des Einzelfalls ergibt oder wenn die Parteien entsprechende Anträge stellen. In dem zugrunde liegenden Fall hatte das Landgericht einen Beweisbeschluss erlassen, der die Beweisfragen und -mittel für die Klärung eines Streits über die Haftung für einen Wasserschaden festlegte. Im Laufe der Beweisaufnahme stellte sich heraus, dass weitere Beweisfragen und -mittel erforderlich waren, um den Sachverhalt umfassend aufzuklären. Das OLG Köln bestätigte, dass das Landgericht den Beweisbeschluss entsprechend ändern und ergänzen durfte, um eine sachgerechte Entscheidung des Rechtsstreits zu ermöglichen.

Ablehnung von Beweisanträgen

Das OLG Hamm hat in einem Urteil vom 26. Februar 2020 (Az. I-12 U 90/19) betont, dass das Gericht Beweisanträge ablehnen kann, wenn sie zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht erforderlich sind oder wenn sie gegen die Grundsätze von Treu und Glauben oder der Prozessökonomie verstoßen. In dem zugrunde liegenden Fall hatte das Landgericht einen Beweisantrag des Klägers abgelehnt, der auf die Vernehmung von Zeugen zur Klärung von Umständen gerichtet war, die bereits durch andere Beweismittel hinreichend aufgeklärt waren. Das OLG Hamm bestätigte die Ablehnung des Beweisantrags und führte aus, dass das Gericht im Rahmen des Beweisbeschlusses die Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit der Beweisanträge zu prüfen hat und dabei insbesondere auch auf die Vermeidung von unnötigem Aufwand und einer unangemessenen Belastung der Parteien und des Gerichts achten muss.

Häufig gestellte Fragen (FAQs) zum Beweisbeschluss

Im Folgenden beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zum Beweisbeschluss, um ein besseres Verständnis für dieses wichtige rechtliche Instrument im Zivilprozess zu vermitteln.

Was ist ein Beweisbeschluss?

Ein Beweisbeschluss ist eine gerichtliche Entscheidung, die im Rahmen eines Zivilprozesses ergeht und die Zulassung von Beweisen sowie die Durchführung der Beweisaufnahme regelt. Der Beweisbeschluss legt die Beweisfragen und -mittel fest, die zur Klärung der streitigen und erheblichen Tatsachen herangezogen werden sollen, und bestimmt die Verfahrensweise und die Anforderungen für die Beweisaufnahme.

Wann ist ein Beweisbeschluss erforderlich?

Ein Beweisbeschluss ist erforderlich, wenn eine Partei im Zivilprozess einen Beweisantritt stellt, der gesetzlich zulässig, rechtzeitig und ausreichend substantiiert ist, und wenn die Beweisaufnahme auf Tatsachen gerichtet ist, die nach dem Vorbringen der Parteien erheblich und streitig sind. Der Beweisbeschluss dient dazu, die Beweisaufnahme in geordneten Bahnen zu halten und eine sachgerechte und effiziente Entscheidung des Rechtsstreits zu ermöglichen.

Wie ist der Beweisbeschluss aufgebaut?

Der Beweisbeschluss besteht aus mehreren Teilen, die jeweils unterschiedliche Aspekte der Beweisaufnahme regeln. Im Wesentlichen umfasst der Beweisbeschluss folgende Elemente:

  • Die Bestimmung der Beweisfragen, die durch die Beweisaufnahme geklärt werden sollen (§ 356 ZPO)
  • Die Bestimmung der Beweismittel, die zur Klärung der Beweisfragen herangezogen werden sollen (§ 357 ZPO)
  • Gegebenenfalls die Anordnung von Beweisaufnahme- und Beweisverwertungsverboten sowie die Ablehnung von unzulässigen oder untauglichen Beweisanträgen (§ 359 ZPO)

Wie kann ein Beweisbeschluss angefochten werden?

Ein Beweisbeschluss kann grundsätzlich nicht isoliert angefochten werden, da er als Zwischenentscheidung des Gerichts im laufenden Zivilprozess gilt. Eine Anfechtung ist jedoch im Rahmen der Berufung oder Revision gegen das letztinstanzliche Urteil möglich, wenn eine Partei geltend macht, dass der Beweisbeschluss fehlerhaft war und die Entscheidung des Rechtsstreits beeinflusst hat. In diesem Fall kann das Berufungs- oder Revisionsgericht den Beweisbeschluss überprüfen und gegebenenfalls korrigieren oder aufheben.

Was sind die Folgen eines fehlerhaften Beweisbeschlusses?

Ein fehlerhafter Beweisbeschluss kann dazu führen, dass die Beweisaufnahme unvollständig, unzulässig oder unsachgemäß erfolgt und dass die Entscheidung des Rechtsstreits auf einer unzureichenden oder fehlerhaften Tatsachengrundlage beruht. Dies kann insbesondere dann problematisch sein, wenn eine Partei durch den fehlerhaften Beweisbeschluss in ihren Rechten und Interessen beeinträchtigt wird und dadurch möglicherweise eine ungerechtfertigte oder unangemessene Entscheidung des Gerichts erwirkt. In solchen Fällen kann eine Anfechtung des Beweisbeschlusses im Rahmen der Berufung oder Revision geboten sein, um eine Überprüfung und Korrektur der fehlerhaften Entscheidung zu erreichen.

Fazit

Der Beweisbeschluss ist ein zentrales Instrument im Zivilprozess, das die Zulassung von Beweisen und die Durchführung der Beweisaufnahme regelt. Er dient dazu, eine sachgerechte und effiziente Entscheidung des Rechtsstreits auf der Grundlage von zulässigen und erheblichen Beweisen zu ermöglichen und die Interessen der Parteien zu wahren. Die rechtlichen Grundlagen des Beweisbeschlusses finden sich in der Zivilprozessordnung, insbesondere in den §§ 355-359 ZPO. Aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen verdeutlichen die praktische Bedeutung und die verschiedenen Aspekte des Beweisbeschlusses im Zivilprozess.

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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

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