Der Urlaub ist für die meisten Arbeitnehmer die schönste Zeit des Jahres. Er dient der Erholung, der Regeneration und bietet die Möglichkeit, Zeit mit der Familie und Freunden zu verbringen oder neue Länder und Kulturen kennenzulernen. Doch welche rechtlichen Grundlagen gibt es für den Urlaubsanspruch, welche Pflichten haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber, und welche aktuellen Gerichtsurteile sind für das Thema relevant? In diesem Blogbeitrag erfahren Sie alles Wissenswerte rund um das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) im Zivilrecht und erhalten Antworten auf häufig gestellte Fragen.
Inhalt:
- Allgemeines zum Bundesurlaubsgesetz
- Urlaubsanspruch und Mindesturlaub
- Teilzeitbeschäftigte und Urlaubsanspruch
- Urlaub und Krankheit
- Urlaubsübertragung und Verfall
- Urlaubsabgeltung und Urlaubsgeld
- Aktuelle Gerichtsurteile und Rechtsprechung
- Häufige Fragen zum Bundesurlaubsgesetz
Allgemeines zum Bundesurlaubsgesetz
Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ist die zentrale gesetzliche Regelung in Deutschland, die den Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern regelt. Es trat am 1. Januar 1963 in Kraft und hat das Ziel, den Arbeitnehmern eine angemessene Erholung und Freizeit zu gewährleisten. Das Gesetz gilt für alle Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, unabhängig von Alter, Geschlecht, Nationalität oder Art der Beschäftigung. Ausgenommen sind Beamte, Richter, Soldaten und Selbstständige.
Das BUrlG enthält Regelungen zur Dauer des Urlaubs, zum Zeitpunkt der Gewährung, zur Übertragung und zum Verfall von Urlaub, zur Urlaubsabgeltung und zum Urlaubsgeld. Darüber hinaus gibt es weitere gesetzliche Regelungen und Tarifverträge, die den Urlaubsanspruch betreffen, zum Beispiel das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) oder das Mutterschutzgesetz (MuSchG).
Urlaubsanspruch und Mindesturlaub
Der Urlaubsanspruch ergibt sich aus dem BUrlG, aus dem Arbeitsvertrag, aus Tarifverträgen oder aus Betriebsvereinbarungen. Das BUrlG gewährt jedem Arbeitnehmer einen gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen pro Kalenderjahr, wobei als Werktage alle Tage gelten, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind. Bei einer 5-Tage-Woche entspricht dies einem Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen, bei einer 6-Tage-Woche von 24 Arbeitstagen.
Der Urlaubsanspruch entsteht grundsätzlich nach einer Wartezeit von sechs Monaten, das heißt, der Arbeitnehmer hat nach sechs Monaten ununterbrochener Beschäftigung Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindesturlaub für das laufende Kalenderjahr. Bei einer kürzeren Beschäftigungsdauer hat der Arbeitnehmer einen anteiligen Urlaubsanspruch von 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Beschäftigungsmonat.
Der Arbeitgeber kann den Urlaubsanspruch über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus erhöhen, indem er im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung eine höhere Urlaubsdauer vereinbart. Eine Kürzung des gesetzlichen Mindesturlaubs ist jedoch grundsätzlich unzulässig.
Teilzeitbeschäftigte und Urlaubsanspruch
Teilzeitbeschäftigte haben grundsätzlich denselben Urlaubsanspruch wie Vollzeitbeschäftigte. Das bedeutet, dass auch Teilzeitkräfte Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen pro Kalenderjahr haben. Bei einer Teilzeittätigkeit mit weniger Arbeitstagen pro Woche als bei Vollzeit ergibt sich jedoch eine anteilig reduzierte Anzahl von Urlaubstagen, um eine Gleichbehandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten zu gewährleisten.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer arbeitet in Vollzeit fünf Tage pro Woche und hat einen gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen. Ein anderer Arbeitnehmer arbeitet in Teilzeit nur drei Tage pro Woche. Sein Urlaubsanspruch beträgt dann 12 Arbeitstage (20 x 3/5).
Wichtig ist, dass der Urlaubsanspruch von Teilzeitbeschäftigten in der gleichen Weise berechnet wird wie der von Vollzeitbeschäftigten, um Diskriminierungen zu vermeiden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in mehreren Entscheidungen betont, dass Teilzeitbeschäftigte nicht schlechter behandelt werden dürfen als Vollzeitbeschäftigte.
Urlaub und Krankheit
Ein häufiges Thema im Zusammenhang mit dem Urlaubsanspruch ist die Frage, was passiert, wenn ein Arbeitnehmer während des Urlaubs erkrankt. Grundsätzlich gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), dass Urlaub, der aufgrund von Krankheit nicht genommen werden konnte, nicht verfällt und nachgeholt werden darf.
Wenn ein Arbeitnehmer während des Urlaubs arbeitsunfähig erkrankt, werden die Krankheitstage nicht auf den Urlaub angerechnet, vorausgesetzt, der Arbeitnehmer legt dem Arbeitgeber ein ärztliches Attest vor. Die erkrankten Urlaubstage können dann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.
Wird ein Arbeitnehmer langfristig krank und ist dadurch nicht in der Lage, seinen Urlaub innerhalb des Kalenderjahres oder des Übertragungszeitraums zu nehmen, verfällt der Urlaub nicht automatisch. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BAG besteht der Urlaubsanspruch auch während der Krankheit fort und kann nach der Genesung nachgeholt werden, auch wenn dies erst in einem späteren Kalenderjahr erfolgt.
Urlaubsübertragung und Verfall
Grundsätzlich ist der Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu gewähren und zu nehmen. Eine Übertragung des Urlaubs in das nächste Kalenderjahr ist nur in bestimmten Fällen zulässig, zum Beispiel wenn dringende betriebliche oder persönliche Gründe des Arbeitnehmers eine Urlaubsgewährung im laufenden Kalenderjahr unmöglich machen. In diesen Fällen muss der Urlaub innerhalb der ersten drei Monate des folgenden Kalenderjahres nachgeholt werden.
Verfällt der Urlaub, wenn er nicht innerhalb des Kalenderjahres oder des Übertragungszeitraums genommen wird? Nach der Rechtsprechung des BAG und des EuGH verfällt der Urlaubsanspruch grundsätzlich nicht automatisch, wenn er nicht innerhalb des Kalenderjahres oder des Übertragungszeitraums genommen wurde. Voraussetzung für den Fortbestand des Urlaubsanspruchs ist jedoch, dass der Arbeitnehmer den Urlaub rechtzeitig beantragt hat und der Arbeitgeber diesen Antrag ohne sachlichen Grund abgelehnt hat. Hat der Arbeitnehmer den Urlaub hingegen nicht beantragt oder nicht rechtzeitig beantragt, verfällt der Urlaubsanspruch in der Regel am Ende des Kalenderjahres oder des Übertragungszeitraums.
Urlaubsabgeltung und Urlaubsgeld
Endet das Arbeitsverhältnis und konnte der Arbeitnehmer den ihm zustehenden Urlaub bis zu diesem Zeitpunkt nicht oder nur teilweise nehmen, hat er Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung. Die Urlaubsabgeltung ist eine finanzielle Entschädigung für den nicht genommenen Urlaub und wird auf der Grundlage des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes des Arbeitnehmers berechnet.
Das Urlaubsgeld ist eine zusätzliche finanzielle Leistung des Arbeitgebers, die in der Regel tarifvertraglich oder im Arbeitsvertrag geregelt ist. Es handelt sich dabei um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers, die über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgeht. Das Urlaubsgeld ist nicht mit der Urlaubsabgeltung zu verwechseln, die nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nicht genommenem Urlaub gezahlt wird.
Aktuelle Gerichtsurteile und Rechtsprechung
Im Folgenden möchten wir Ihnen einige wichtige Gerichtsurteile und Entscheidungen der letzten Jahre zum Thema Urlaubsanspruch und Bundesurlaubsgesetz vorstellen:
- EuGH, Urteil vom 29. November 2017 (C-214/16): Der EuGH hat entschieden, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub eines Arbeitnehmers nicht automatisch verfällt, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub nicht beantragt hat, es sei denn, der Arbeitgeber hat ihn ausdrücklich und rechtzeitig auf seinen Urlaubsanspruch hingewiesen.
- BAG, Urteil vom 19. März 2019 (9 AZR 315/17): Das BAG hat in Anlehnung an die EuGH-Rechtsprechung entschieden, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres oder des Übertragungszeitraums verfällt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in geeigneter Weise über seinen Urlaubsanspruch informiert und ihn aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen.
- EuGH, Urteil vom 6. November 2018 (C-684/16): Der EuGH hat entschieden, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nach dem Tod des Arbeitnehmers nicht automatisch verfällt, sondern auf die Erben übergeht. Die Erben haben in diesem Fall Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung.
Häufige Fragen zum Bundesurlaubsgesetz
Kann der Arbeitgeber den Urlaub verweigern?
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers zu entsprechen. Allerdings können betriebliche Gründe dazu führen, dass der Arbeitgeber den Urlaub verweigert oder einschränkt. Solche Gründe können zum Beispiel eine hohe Arbeitsbelastung, wichtige Projekte oder eine unzureichende Vertretungsregelung sein. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber jedoch die Interessen des Arbeitnehmers an der Urlaubsgewährung gegen die betrieblichen Erfordernisse abwägen und eine gerechte Entscheidung treffen.
Kann der Arbeitgeber den Urlaub widerrufen?
Ein bereits genehmigter Urlaub kann vom Arbeitgeber nur in Ausnahmefällen widerrufen werden, zum Beispiel wenn unvorhersehbare betriebliche Notfälle eintreten oder wenn eine dringende Vertretung erforderlich ist. Der Arbeitgeber muss jedoch auch in diesen Fällen die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen und gegebenenfalls Schadensersatz oder eine alternative Urlaubsgewährung anbieten.
Verfällt der Urlaubsanspruch bei Elternzeit oder Mutterschutz?
Während der Elternzeit besteht grundsätzlich kein Urlaubsanspruch, da der Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht befreit ist. Allerdings kann der Arbeitgeber im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer Urlaub gewähren. Der Urlaubsanspruch aus der Zeit vor der Elternzeit verfällt nicht automatisch, sondern kann nach der Elternzeit nachgeholt werden.
Im Mutterschutz besteht hingegen weiterhin ein Urlaubsanspruch, da der Mutterschutz als Arbeitszeit gilt. Der Urlaubsanspruch kann jedoch nach dem Mutterschutz gekürzt werden, wenn die Arbeitnehmerin während des Mutterschutzes nicht arbeitsfähig war.
Wie ist der Urlaubsanspruch bei befristeten Arbeitsverträgen geregelt?
Bei befristeten Arbeitsverträgen besteht grundsätzlich derselbe Urlaubsanspruch wie bei unbefristeten Arbeitsverträgen. Allerdings kann der Urlaubsanspruch anteilig gekürzt werden, wenn das Arbeitsverhältnis weniger als ein Kalenderjahr dauert. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer einen anteiligen Urlaubsanspruch von 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Beschäftigungsmonat. Bei Beendigung des befristeten Arbeitsvertrages und nicht genommenem Urlaub hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
Darf der Arbeitgeber während des Urlaubs Kontakt zum Arbeitnehmer aufnehmen?
Während des Urlaubs ist der Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht befreit und hat das Recht auf Erholung und Freizeit. Der Arbeitgeber darf daher grundsätzlich keinen Kontakt zum Arbeitnehmer aufnehmen, um ihn zum Beispiel zur Arbeit zurückzurufen oder um Informationen einzuholen. Ausnahmen können in dringenden Notfällen gelten, in denen eine Kontaktaufnahme unvermeidbar ist. In solchen Fällen sollte der Arbeitgeber jedoch die Belastung für den Arbeitnehmer so gering wie möglich halten und gegebenenfalls einen Ausgleich für die Beeinträchtigung der Erholung anbieten.
Was passiert mit dem Urlaubsanspruch bei einem Arbeitgeberwechsel?
Bei einem Arbeitgeberwechsel hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindesturlaub, wenn er das Arbeitsverhältnis bei beiden Arbeitgebern insgesamt mindestens sechs Monate fortsetzt. Hat der Arbeitnehmer bei seinem bisherigen Arbeitgeber bereits Urlaub genommen, wird dieser auf den Urlaubsanspruch beim neuen Arbeitgeber angerechnet. Hat der Arbeitnehmer hingegen bei seinem bisherigen Arbeitgeber noch keinen Urlaub genommen, obwohl er dazu berechtigt war, hat er Anspruch auf Urlaubsabgeltung für den nicht genommenen Urlaub.
Besteht ein Anspruch auf Sonderurlaub bei besonderen Anlässen?
Ein Anspruch auf Sonderurlaub besteht grundsätzlich nur, wenn er im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung ausdrücklich geregelt ist. Solche Regelungen können zum Beispiel Sonderurlaub für die Hochzeit, die Geburt eines Kindes, den Tod eines nahen Angehörigen oder den Umzug vorsehen. In der Regel handelt es sich dabei um bezahlten Sonderurlaub, der nicht auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch angerechnet wird. In einzelnen Fällen kann der Arbeitgeber jedoch auch aus Kulanz Sonderurlaub gewähren, auch wenn keine gesetzliche oder vertragliche Regelung besteht.
Kann der Arbeitnehmer den Zeitpunkt des Urlaubs frei wählen?
Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer das Recht, den Zeitpunkt seines Urlaubs frei zu wählen. Allerdings kann der Arbeitgeber den Urlaubswunsch des Arbeitnehmers aus betrieblichen Gründen ablehnen oder einschränken, zum Beispiel wenn eine hohe Arbeitsbelastung besteht oder bereits viele andere Arbeitnehmer zur gleichen Zeit Urlaub beantragt haben. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber jedoch eine gerechte Urlaubsplanung gewährleisten und die Interessen aller Arbeitnehmer berücksichtigen.
Wir hoffen, dass dieser Blogbeitrag Ihnen einen umfassenden Überblick über das Bundesurlaubsgesetz und Ihre Rechte und Pflichten als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber gegeben hat. Bei weiteren Fragen oder rechtlichen Problemen im Zusammenhang mit dem Urlaubsanspruch empfehlen wir Ihnen, sich an einen erfahrenen und kompetenten Rechtsanwalt zu wenden, der Sie individuell und umfassend beraten kann.
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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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