In den letzten Jahren haben immer mehr Autofahrer Dashcams in ihren Fahrzeugen installiert, um im Falle eines Verkehrsunfalls Beweismaterial zur Hand zu haben. Je nach Hersteller und Preis bieten Dashcams unterschiedliche Funktionen, wie etwa GPS-Tracking, Loop-Aufnahme oder Nachtsicht. Obwohl die Verwendung solcher Kameras in bestimmten Situationen sinnvoll sein kann, gibt es zahlreiche rechtliche Aspekte zu beachten.

In diesem Blog-Beitrag werden wir die Nutzung von Dashcams in Deutschland aus anwaltlicher Perspektive untersuchen, einschließlich der geltenden Gesetze, datenschutzrechtlicher Fragestellungen und der Beweiskraft von Dashcam-Aufnahmen in Gerichtsverfahren.

Inhaltsverzeichnis

  1. Gesetzliche Grundlagen
  2. Datenschutz
  3. Beweiswert von Dashcam-Aufnahmen
  4. Aktuelle Gerichtsurteile
  5. Häufig gestellte Fragen (FAQs)
  6. Dashcam und Rechte – das müssen Sie wissen

Gesetzliche Grundlagen

Die Nutzung von Dashcams in Deutschland stößt auf einige gesetzliche Bedenken, die insbesondere auf das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und das Kunsturhebergesetz (KUG) zurückzuführen sind. Beide Gesetzestexte enthalten Vorschriften, die die Verwendung von Dashcams betreffen könnten:

Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)

Das BDSG regelt den Schutz personenbezogener Daten, die bei der Verarbeitung und Nutzung durch öffentliche Stellen und nichtöffentliche Stellen erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Gemäß § 1 Abs. 1 BDSG soll dieses Gesetz den Einzelnen davor schützen, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird. Dashcam-Aufnahmen, die Kennzeichen, Fahrer oder Passanten zeigen, können als solche personenbezogenen Daten angesehen werden.

In vielen Fällen verstößt die permanente Aufzeichnung des öffentlichen Straßenverkehrs gegen § 4 Abs. 1 BDSG, der besagt, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten grundsätzlich nur zulässig ist, wenn das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift es erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat.

Um den Anforderungen des BDSG gerecht zu werden, müssten Dashcam-Nutzer theoretisch die Einwilligung aller aufgezeichneten Verkehrsteilnehmer einholen – was in der Praxis häufig unmöglich ist.

Kunsturhebergesetz (KUG)

Auch das Kunsturhebergesetz (KUG) enthält Bestimmungen, die für die Nutzung von Dashcams relevant sind – insbesondere § 22 KUG, der das Recht am eigenen Bild schützt. Nach dieser Vorschrift dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Bei Dashcam-Aufnahmen können Personen zufällig ins Bild geraten und deren Persönlichkeitsrecht durch die Veröffentlichung oder Verbreitung dieser Aufnahmen verletzt werden.

Es gibt jedoch einige Ausnahmen von dieser Regel. Gemäß § 23 Abs. 1 KUG dürfen Bildnisse ausnahmsweise auch ohne Einwilligung verbreitet oder zur Schau gestellt werden, etwa wenn die abgebildeten Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen. In der Praxis bedeutet dies, dass Dashcam-Aufnahmen, in denen Personen im Hintergrund erscheinen oder lediglich am Rande in Erscheinung treten, möglicherweise nicht gegen das KUG verstoßen.

Ebenso erlaubt das KUG unter bestimmten Voraussetzungen die Veröffentlichung von Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Das bedeutet, dass unter Umständen auch Bilder von Personen, die in einem aktuellen Geschehen (z. B. einem Verkehrsunfall) involviert sind, zulässig sein können. Allerdings besteht hier eine Abwägungspflicht zwischen dem Interesse an der Veröffentlichung und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen.

Datenschutz

Die datenschutzrechtliche Beurteilung der Dashcam-Nutzung hängt wesentlich von der Art der Aufnahmen und ihrer Verwendung ab. Grundsätzlich gilt, dass die permanente Aufzeichnung und Speicherung von Aufnahmen des öffentlichen Straßenverkehrs den Datenschutzbestimmungen in Deutschland widerspricht. Dennoch können Dashcams unter bestimmten Bedingungen datenschutzkonform betrieben werden.

Datensparsamkeit

Ein wichtiger Grundsatz des Datenschutzrechts ist die Datensparsamkeit. Daher sollten Dashcam-Nutzer darauf achten, dass ihre Aufnahmen nur so lange wie unbedingt erforderlich gespeichert werden. Dashcams, die mit einer Loop-Funktion ausgestattet sind, können diesem Grundsatz gerecht werden, indem sie ältere Aufnahmen automatisch überschreiben, wenn der Speicherplatz erschöpft ist.

Zweckgebundenheit

Ein weiterer datenschutzrechtlicher Grundsatz ist die Zweckbindung. Das bedeutet, dass personenbezogene Daten nur für denjenigen Zweck verarbeitet werden dürfen, für den sie erhoben wurden. Im Falle von Dashcam-Aufnahmen bedeutet dies, dass sie nur zur Beweissicherung im Falle eines Verkehrsunfalls verwendet werden dürfen. Die Aufnahmen dürfen nicht ohne Einwilligung der Betroffenen zu anderen Zwecken (z. B. zur Überwachung oder als Hobby) verwendet werden.

Diese Zweckbindung kann durch einen angemessenen Hinweis auf die Nutzung der Dashcam im Fahrzeug (z. B. durch einen Aufkleber) unterstützt werden.

Standortdaten und Metadaten

Dashcams können neben Bild- und Tondaten auch Standortinformationen oder andere Metadaten aufzeichnen. Diese Daten fallen ebenfalls unter den Begriff der personenbezogenen Daten und sind daher datenschutzrechtlich relevant. Dashcam-Nutzer sollten sich also derartiger Metadaten bewusst sein und sicherstellen, dass diese Daten nur für den vorgesehenen Zweck verwendet werden.

Beweiswert von Dashcam-Aufnahmen

Die Frage, ob Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel in einem Gerichtsverfahren verwendet werden dürfen, ist nicht eindeutig zu beantworten. Grundsätzlich sind deutsche Gerichte an keine bestimmten Beweismittel gebunden – auch nicht im Bereich des Zivilrechts (§ 428 ZPO). Jedoch muss ein Gericht bei der Beurteilung eines Beweismittels dessen Zulässigkeit und Beweiskraft abwägen.

Beweisverwertung trotz rechtswidriger Aufnahmen

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass die Zulassung eines rechtswidrig beschafften Beweismittels im Zivilprozess grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, wenn das Interesse an der Wahrheitsfindung und der Rechtsverfolgung schwerer wiegt als das Interesse am Schutz des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen (BVerfG, Beschluss vom 11.02.2010, Az. 1 BvR 1706/09).

In Bezug auf Dashcam-Aufnahmen bedeutet dies, dass auch wenn die Aufnahmen gegen Datenschutzgesetze verstoßen, sie trotzdem als Beweismittel in einem Gerichtsverfahren zugelassen werden können, wenn das Interesse an der Wahrheitsfindung überwiegt. In diesem Zusammenhang muss das Gericht im Einzelfall eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und dem Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts vornehmen.

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in mehreren Entscheidungen mit der Frage auseinandergesetzt, ob Dashcam-Aufnahmen im Zivilprozess verwertbar sind. In einem Urteil aus dem Jahr 2018 (BGH, Urteil vom 15.05.2018, Az. VI ZR 233/17) entschied der BGH, dass Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Zivilprozess grundsätzlich verwertbar sind, wenn die Interessenabwägung im Einzelfall zugunsten der Verwertung ausfällt.

Der BGH führte aus, dass die permanente Aufzeichnung des Straßenverkehrs zwar gegen das BDSG verstoße, dies jedoch nicht zwangsläufig zur Unverwertbarkeit der Aufnahmen im Zivilprozess führe. Vielmehr könnten Dashcam-Aufnahmen – trotz des Verstoßes gegen das Datenschutzrecht – berücksichtigt werden, wenn das Interesse an der Wahrheitsfindung und der Rechtsverfolgung schwerer wiegt als das Interesse am Schutz des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen.

Dabei spielen die Umstände des Einzelfalls, wie etwa das Verhalten der Beteiligten oder die Schwere des Unfalls, eine Rolle.

Beweiswert im Schadensersatzprozess

Aufgrund der genannten Rechtsprechung können Dashcam-Aufnahmen im Schadensersatzprozess nach einem Verkehrsunfall durchaus eine wichtige Rolle spielen. So kann etwa die Dashcam-Aufnahme eines Unfalls dazu beitragen, den Unfallhergang und die Schuldfrage zu klären und dadurch maßgeblich zur Begründung von Schadensersatzansprüchen beitragen.

Dennoch sollte beachtet werden, dass die Beweiskraft einer Dashcam-Aufnahme im Einzelfall von verschiedenen Faktoren abhängen kann, wie z. B. der Qualität der Aufnahme, dem Blickwinkel der Kamera oder der Frage, ob die abgebildeten Verkehrsteilnehmer identifizierbar sind.

Aktuelle Gerichtsurteile

In den letzten Jahren gab es in Deutschland einige bemerkenswerte Gerichtsurteile zur rechtlichen Zulässigkeit und Verwertung von Dashcam-Aufnahmen. Einige dieser Entscheidungen sind im Folgenden zusammengefasst:

Urteil des Amtsgerichts München (AG München, Urteil vom 13.08.2014, Az. 345 C 5551/14)

In diesem Fall ging es um die Frage, ob ein Dashcam-Video als Beweis in einem Verfahren wegen Sachbeschädigung verwendet werden darf. Das Amtsgericht München entschied, dass die Aufnahme als Beweismittel zulässig ist, da das Interesse an der Wahrheitsfindung das Interesse der Betroffenen am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte überwog.

Dies wurde insbesondere darauf zurückgeführt, dass die Beschuldigte zunächst die Tat bestritten hatte und ohne die Dashcam-Aufnahme keine Möglichkeit zur Sachverhaltsaufklärung bestanden hätte.

Urteil des Amtsgerichts Nienburg (AG Nienburg, Urteil vom 20.06.2016, Az. 4 Ds 155/16)

In diesem Fall entschied das Amtsgericht Nienburg, dass eine Dashcam-Aufnahme im Strafverfahren gegen einen Verkehrsteilnehmer wegen Nötigung verwertbar ist. Auch hier führte das Gericht aus, dass das Interesse an der Aufklärung der Tat das Interesse der Betroffenen am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte überwiege und daher die Aufnahme als Beweismittel verwertet werden könne.

Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart (OLG Stuttgart, Urteil vom 04.05.2016, Az. 4 Ss 543/15)

Das Oberlandesgericht Stuttgart entschied 2016, dass eine Dashcam-Aufnahme, die einen schweren Unfall zeigt, im Strafverfahren gegen den Unfallverursacher verwertet werden kann. In diesem Fall hatte der Beschuldigte den Unfall mit einem Fahrradfahrer bewusst herbeigeführt.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass das Interesse an der Aufklärung der Tat und der Ahndung des schweren Unfallverlaufs das Interesse der Betroffenen am Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte überwiege. Daher sei die Dashcam-Aufnahme als Beweismittel verwertungsfähig.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Im folgenden Abschnitt beantworten wir häufige Fragen:

Ist der Einsatz von Dashcams in Deutschland grundsätzlich erlaubt oder verboten?

Es gibt kein grundsätzliches Verbot von Dashcams in Deutschland. Jedoch müssen Dashcam-Nutzer einige rechtliche und datenschutzrechtliche Vorgaben beachten, um sicherzustellen, dass ihre Aufnahmen den geltenden Gesetzen entsprechen und im Falle eines Verkehrsunfalls als Beweismittel verwendet werden können.

Dürfen Dashcam-Aufnahmen im Internet veröffentlicht werden?

Die Veröffentlichung von Dashcam-Aufnahmen im Internet – beispielsweise auf YouTube oder sozialen Netzwerken – ist riskant, da hierdurch Persönlichkeitsrechte und Datenschutzbestimmungen verletzt werden können. Im Zweifel sollten Sie die Einwilligung aller erkennbaren Personen einholen, bevor Sie die Aufnahmen veröffentlichen, oder die Personen unkenntlich machen.

Kann mich die Verwendung einer Dashcam strafrechtlich verfolgt werden?

Unter bestimmten Umständen kann die Verwendung einer Dashcam strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, etwa wenn die Aufnahmen Persönlichkeitsrechte verletzen oder gegen das Kunsturhebergesetz verstoßen. Zudem können Datenschutzverstöße mit Bußgeldern belegt werden.

Lohnt sich die Anschaffung einer Dashcam, um mich im Falle eines Unfalls rechtlich abzusichern?

Eine Dashcam kann im Einzelfall durchaus hilfreich sein, um nach einem Verkehrsunfall den Unfallhergang und die Schuldfrage zu klären. Allerdings sollte die Anschaffung einer Dashcam gut überlegt sein, da es auch rechtliche und datenschutzrechtliche Fragen zu beachten gilt, die die Verwendung und Verwertung von Dashcam-Aufnahmen erschweren können.

Welche Anforderungen sollten Dashcams erfüllen, um datenschutzkonform eingesetzt zu werden?

Datenschutzkonforme Dashcams sollten unter anderem über eine Loop-Funktion verfügen, damit ältere Aufnahmen automatisch überschrieben werden. Zudem sollte die Dashcam nur zur Beweissicherung im Falle eines Verkehrsunfalls eingesetzt und nicht dauerhaft betrieben werden. Schließlich sollten das Fahrzeug mit einem Hinweis auf die Nutzung der Dashcam versehen und die Aufnahmen nicht ohne Einwilligung der Betroffenen zu anderen Zwecken verwendet werden.

Welche Alternativen gibt es zur Verwendung einer Dashcam?

Statt einer Dashcam können Autofahrer auch andere Wege zur Beweissicherung nutzen, wie etwa Zeugenaussagen, Unfallskizzen, Fotos oder Gutachten. Zudem gibt es inzwischen auch Apps für Smartphones, die ähnliche Funktionen wie Dashcams bieten.

Wie sollte ich mich verhalten, wenn ich als Auto- oder Motorradfahrer das Gefühl habe, dass meine Rechte durch die Nutzung einer Dashcam verletzt werden?

Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Rechte durch die Nutzung einer Dashcam verletzt werden – beispielsweise wenn Aufnahmen von Ihnen ohne Ihre Zustimmung ins Internet gestellt werden – sollten Sie rechtlichen Rat einholen und gegebenenfalls rechtliche Schritte gegen den Verantwortlichen in Betracht ziehen.

Was sollte ich tun, wenn ich glaube, dass eine Dashcam-Aufnahme für mich im Verkehrsunfall nützlich sein könnte?

Wenn Sie glauben, dass eine Dashcam-Aufnahme für Sie im Verkehrsunfall nützlich sein könnte, sollten Sie zunächst sicherstellen, dass Sie die rechtlichen und datenschutzrechtlichen Anforderungen beachtet haben. Anschließend können Sie die Aufnahme im Rahmen eines Gerichtsverfahrens oder gegenüber der Versicherung geltend machen. Ein erfahrener Anwalt kann Sie dabei unterstützen, die Aufnahme bei der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs optimal einzusetzen.

Dashcam und Rechte – das müssen Sie wissen

Die rechtliche Situation rund um die Nutzung von Dashcams in Deutschland ist komplex und teilweise nicht eindeutig geklärt. Während Dashcams im Falle eines Verkehrsunfalls durchaus hilfreiche Beweismittel sein können, stehen sie auch im Konflikt mit dem Datenschutz und dem Schutz des Persönlichkeitsrechts. Dashcam-Nutzer sollten daher sorgfältig abwägen, welche Vorteile und Nachteile die Verwendung solcher Kameras im Straßenverkehr mit sich bringt und sichere und datenschutzkonforme Technologien bevorzugen.

Das vorliegende Artikel beantwortet viele der am häufigsten gestellten Fragen rund um das Thema Dashcams in Deutschland und zeigt verschiedene Gerichtsurteile auf, die die Entwicklung der Rechtsprechung in diesem Bereich verdeutlichen. Dennoch ist eine individuelle rechtliche Beratung durch einen Anwalt unerlässlich, um im Einzelfall detaillierte Informationen und Empfehlungen zu erhalten.

Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.

Rechtsanwalt Arthur Wilms - Kanzlei Herfurtner

Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate

Philipp Franz Rechtsanwalt

Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate

Anwalt Wolfgang Herfurtner Hamburg - Wirtschaftsrecht

Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Herfurtner Rechtsanwälte. Mehr Infos anzeigen.

Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Zivilrecht