Eine umfassende Darstellung des Deliktsbegriffs, seiner unterschiedlichen Rechtsfolgen und rechtlichen Konsequenzen, ist das Anliegen dieses Artikels. Dieser Beitrag soll Ihnen als Leser ein tieferes Verständnis des Dauerdelikts und seiner Besonderheiten im Strafrecht vermitteln und Ihnen einen Überblick über die Rechtsprechung und aktuelle Gerichtsentscheidungen dazu geben. Hierzu analysieren wir die Charakteristik des Dauerdelikts, schauen uns zahlreiche Beispiele an und diskutieren die rechtlichen Konsequenzen, die sich aus diesem Konzept ergeben.

Charakteristik des Dauerdelikts

Ein Dauerdelikt, auch fortgesetztes Delikt genannt, ist eine spezielle Form einer Straftat, bei der der Straftatbestand durch das andauernde Verhalten des Täters verwirklicht wird. Das bedeutet, dass das strafbare Handeln nicht auf einen einmaligen Akt beschränkt ist, sondern über einen längeren Zeitraum fortgesetzt wird. Dadurch entsteht eine fortwährende Rechtsverletzung, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt und im Grunde als ein einheitliches Vergehen betrachtet wird.

Unterschied zwischen Dauerdelikt und mehreren Einzeldelikten

Wichtig ist es, zwischen einem Dauerdelikt und mehreren Einzeldelikten zu unterscheiden. Bei einem Dauerdelikt handelt es sich um eine tatbestandliche Einheit, während bei Einzeldelikten mehrere, voneinander getrennte rechtswidrige Handlungen vorliegen. Zwei Faktoren sind entscheidend für die Unterscheidung:

  • Natur des Delikts: Ein Dauerdelikt ist eine fortgesetzte und zusammenhängende rechtswidrige Handlung, während bei mehreren Einzeldelikten jeweils eine neue Handlung erforderlich ist, um den Tatbestand erneut zu verwirklichen.
  • Rechtliche Bewertung: Bei einem Dauerdelikt liegt eine einzige Strafbarkeit vor, während bei mehreren Einzeldelikten für jede einzelne Handlung eine separate strafrechtliche Bewertung erfolgt.

Andauernde Rechtsverletzung

Die zentrale Eigenschaft des Dauerdelikts ist die andauernde Rechtsverletzung. Während einmalige Handlungen wie Diebstahl oder Körperverletzung eine einmalige Rechtsverletzung darstellen, resultiert ein Dauerdelikt aus kontinuierlichem und zusammenhängendem Verhalten. Ein häufiges Beispiel ist die Freiheitsberaubung, bei der die rechtswidrige Handlung die dauerhafte Einschränkung der persönlichen Freiheit eines anderen darstellt. Solange diese Situation besteht, dauert das Dauerdelikt an.

Beispiele von Dauerdelikten

Diverse Tatbestände im deutschen Strafrecht sind Dauerdelikte oder können als solche betrachtet werden. Die folgenden Beispiele zeigen die Vielfalt solcher Delikte und verdeutlichen ihre Charakteristika.

Freiheitsberaubung

Ein klassisches Beispiel für ein Dauerdelikt ist die Freiheitsberaubung gemäß § 239 StGB. Dabei handelt es sich um die Einschränkung der Bewegungsfreiheit einer Person ohne deren Einwilligung. Solange die betroffene Person ihrer Freiheit beraubt ist und die Handlung andauert, besteht das Dauerdelikt fort. Ein solcher Straftatbestand endet erst, wenn die Freiheitsberaubung aufgehoben oder von dem Opfer akzeptiert und daher als rechtens betrachtet wird.

Geiselnahme

Die Geiselnahme gemäß § 239a StGB ist ebenfalls ein Dauerdelikt. Die rechtswidrige Handlung besteht darin, eine Person in seine Gewalt zu bringen, um eine bestimmte Handlung von Dritten zu erzwingen. Die Tat dauert solange an, wie die Person in der Gewalt des Täters ist oder die geforderten Leistungen von Dritten noch nicht erbracht wurden. Es endet mit der Beendigung der Gewalt über die Geisel oder der Erfüllung der Forderungen.

Nötigung

In manchen Fällen kann auch die Nötigung gemäß § 240 StGB als Dauerdelikt qualifiziert werden. Wenn beispielsweise der Täter eine Person kontinuierlich durch Drohungen oder Gewalt dazu zwingt, eine bestimmte Handlung auszuführen, die gegen deren Willen ist, und dieses Verhalten anhält, liegt ein Dauerdelikt vor.

Stalking

Stalking, also das beharrliche Verfolgen oder Belästigen einer Person gemäß § 238 StGB, kann ebenfalls ein Dauerdelikt darstellen. In Fällen, in denen das Stalking über einen langen Zeitraum andauert und das Opfer dadurch einschüchternder und belastender Verhaltensweisen ausgesetzt ist, liegt eine kontinuierliche Rechtsverletzung vor, die die Merkmale eines Dauerdelikts erfüllt.

Hausfriedensbruch

Ein weiteres Beispiel ist der Hausfriedensbruch gemäß § 123 StGB. Wenn eine Person unrechtmäßig in die Wohnung, Geschäftsräume oder ein umfriedetes Grundstück eindringt und sich darin oder darauf aufhält, obwohl sie vom Inhaber oder Besitzer nicht dazu befugt ist, liegt ein fortgesetztes rechtswidriges Verhalten vor, das als Dauerdelikt betrachtet werden kann.

Rechtliche Konsequenzen von Dauerdelikten

Die besondere Natur von Dauerdelikten führt zu verschiedenen rechtlichen Konsequenzen, die sich insbesondere auf die Strafbarkeit, Strafzumessung und Verjährung auswirken.

Strafbarkeit und Strafzumessung

Bezüglich der Strafbarkeit hat das Dauerdelikt den Vorteil, dass in der Regel nur eine Strafbarkeit für das gesamte fortgesetzte Verhalten besteht und nicht für jede einzelne Handlung innerhalb dieses Verhaltens. Dies kann sich positiv auf die Strafzumessung auswirken: Statt mehrerer Einzelstrafen kann es in manchen Fällen nur zu einer Gesamtstrafe kommen, die auch geringer sein kann als die Summe der hypothetischen Einzelstrafen.

Allerdings ist dies nicht immer der Fall. Das Gericht hat bei der Strafzumessung insbesondere das Ausmaß und die Intensität der Rechtsverletzung sowie die Dauer des Delikts zu berücksichtigen. Je länger ein Dauerdelikt andauert und je gravierender die Rechtsverletzung, desto höher kann auch die verhängte Strafe ausfallen.

Verjährung

Ein wichtiger Aspekt von Dauerdelikten ist die Frage der Verjährung. Im Strafrecht beginnt die Verjährungsfrist üblicherweise mit dem Abschluss der Tat. Da bei einem Dauerdelikt jedoch während des gesamten fortgesetzten Verhaltens eine Rechtsverletzung vorliegt, beginnt die Verjährungsfrist erst mit der Beendigung des Verhaltens. Dies hat zur Folge, dass die Verjährungsfrist bei Dauerdelikten länger sein kann als bei Einzeldelikten.

Es ist allerdings zu beachten, dass die Verjährungsfrist von Dauerdelikten gesetzlichen Höchstgrenzen unterliegt und nicht unbegrenzt verlängert werden kann.

Aktuelle Gerichtsurteile und Rechtsprechung

Zur weiteren Veranschaulichung der Charakteristik von Dauerdelikten und ihren rechtlichen Konsequenzen werden im Folgenden einige aktuelle Gerichtsurteile und Rechtsprechungen vorgestellt. Die Urteile stammen ebenfalls aus dem deutschen Jurisdiktion und zeigen unterschiedliche Aspekte von Dauerdelikten auf.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Januar 2017 (3 StR 156/16)

In diesem Fall ging es um die Anwendung von Gewalt und Drohungen gegen eine Frau über einen längeren Zeitraum hinweg, einschließlich Freiheitsberaubung und sexueller Nötigung. Wichtig war hier die Frage, ob sich der Täter mehrerer Einzeltaten oder eines Dauerdelikts schuldig gemacht hat. Das Gericht bestätigte, dass – entgegen der vorhergehenden Instanz – ein Dauerdelikt vorlag und verurteilte den Täter entsprechend.

Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. Mai 2017 (3 RVs 23/17)

In diesem Fall verhandelte das Gericht über einen fortgesetzten Hausfriedensbruch. Der Täter war wiederholt unbefugt in die Wohnung des Opfers eingedrungen und hatte sich dort aufgehalten, obwohl er hierzu keine Berechtigung hatte. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass ein Dauerdelikt vorlag und verurteilte den Täter entsprechend.

Häufig gestellte Fragen (FAQs) zum Dauerdelikt

Worin liegt der Unterschied zwischen einem Dauerdelikt und einem fortgesetzten Delikt?

Während ein Dauerdelikt eine einzige, aber fortgesetzte strafbare Handlung beschreibt, handelt es sich bei einem fortgesetzten Delikt um eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen, die aufgrund ihrer inneren Zusammengehörigkeit als einheitliche Tat gewertet werden. Die Unterscheidung liegt in den Tatbestandsvoraussetzungen und der Art der Rechtsverletzung.

Kann ein Dauerdelikt auch aus mehreren Tatbeiträgen verschiedener Personen bestehen?

Grundsätzlich ist es möglich, dass mehrere Personen an einem Dauerdelikt beteiligt sein können. Dabei können sie entweder als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen agieren. Je nach Art und Umfang ihrer Beteiligung kann dies zu unterschiedlichen strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Kann ich als Opfer eines Dauerdelikts Ansprüche gegen den Täter geltend machen?

Als Opfer eines Dauerdelikts haben Sie in der Regel Anspruch auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld, je nach Art der erlittenen Rechtsverletzung. Hierzu sollten Sie zunächst den Täter anzeigen und anschließend anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, um Ihre Rechte durchzusetzen.

Wie lange ist die Verjährungsfrist bei Dauerdelikten?

Die Verjährungsfrist bei Dauerdelikten hängt vom jeweiligen Delikt und der geltenden Strafandrohung ab. Grundsätzlich beginnt die Verjährungsfrist jedoch erst mit der Beendigung des fortgesetzten Verhaltens. Je nach Delikt kann sie zwischen drei Monaten und 30 Jahren liegen. In einzelnen Fällen, beispielsweise bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord, tritt für Dauerdelikte keine Verjährung ein.

Muss ich als Zeuge eines Dauerdelikts immer zur Polizei gehen?

Als Zeuge eines Dauerdelikts sollten Sie grundsätzlich die Polizei informieren, um die betroffene Person zu schützen und die Strafverfolgung des Täters zu ermöglichen. In einigen Fällen, wie zum Beispiel bei bestimmten Formen von Gewalt gegen Personen, besteht sogar eine gesetzliche Anzeigepflicht. Zögern Sie nicht, rechtzeitig Hilfe zu holen, um schlimmere Folgen für das Opfer zu verhindern.

Dauerdelikt – eine besondere Form

Das Dauerdelikt im Strafrecht ist eine besondere Form der Straftat, die sich durch ihr fortgesetztes und zusammenhängendes Verhalten auszeichnet. Die Charakteristik und die rechtlichen Konsequenzen von Dauerdelikten erfordern Kenntnisse über die Unterscheidungen, die sie von anderen Straftaten trennen. Der Beitrag hat die wichtigsten Merkmale und Besonderheiten des Dauerdelikts aufgezeigt, anhand aktueller Gerichtsurteile und Beispielen verdeutlicht und die sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen diskutiert.

Als Kanzlei, die sich mit diesen Fragestellungen befasst, ist es unser Anliegen, Klarheit und Verständnis für diese Materie zu schaffen und Betroffenen sowie Interessierten zum besseren Verständnis des Dauerdelikts und seines Einflusses auf das Strafrecht zu verhelfen.

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