In diesem Blog-Beitrag beleuchten wir die Thematik der Drittanfechtungsklage und liefern eine umfassende Übersicht über die rechtlichen Voraussetzungen und den Ablauf einer solchen Klage. Es wird erläutert, unter welchen Umständen eine Drittanfechtungsklage zulässig ist, welche Fallkonstellationen typischerweise auftreten und welche Gerichtsurteile zur Orientierung herangezogen werden können. Darüber hinaus bietet dieser Beitrag FAQs für eine schnelle und informierte Entscheidungsfindung.
Einführung: Was ist eine Drittanfechtungsklage?
Die Drittanfechtungsklage stellt ein zentrales Instrument im deutschen Verwaltungsrecht dar und ermöglicht es Dritten, gegen Verwaltungsakte vorzugehen, wenn sie in ihren Rechten verletzt wurden. Im Rahmen einer solchen Klage prüft das zuständige Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts und kann diesen gegebenenfalls aufheben oder ändern.
Verwaltungsakt
Ein Verwaltungsakt ist eine hoheitliche Maßnahme einer Behörde, die auf der Grundlage des öffentlichen Rechts ergeht und eine Regelung trifft. Sie kann Rechte begründen, ändern oder aufheben und ist in der Regel gegenüber einer bestimmten Person oder einer bestimmten Sache gerichtet.
Drittanfechtungsklage im Überblick
Die Drittanfechtungsklage wird in den §§ 42, 45 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) geregelt und beruht auf folgenden Voraussetzungen:
- Anfechtung eines Verwaltungsakts
- Mögliche Verletzung eigener Rechte durch den Verwaltungsakt
- Widerspruchsverfahren (in bestimmten Bundesländern)
- Fristerfüllung
Ein erfolgreicher Ausgang der Drittanfechtungsklage führt zur Aufhebung oder Änderung des angegriffenen Verwaltungsakts und stellt damit für den Dritten Rechtsschutz gegenüber der öffentlichen Gewalt dar. Dabei wird das Gericht in seiner Prüfung auf das Vorliegen rechtswidriger und anfechtbarer Entscheidungen achten.
Rechtliche Voraussetzungen der Drittanfechtungsklage
Um eine Drittanfechtungsklage erfolgreich bei Gericht einreichen zu können, müssen eine ganze Reihe rechtlicher Voraussetzungen erfüllt sein. Diese Voraussetzungen betreffen sowohl die Zulässigkeit als auch die Begründetheit der Klage.
Zulässigkeit der Klage
Die Zulässigkeit einer Drittanfechtungsklage bezieht sich auf formelle Aspekte, die vorliegen müssen, um eine Klage wirksam erheben zu können. Hierzu zählen insbesondere:
- Statthafte Klageart
- Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
- Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts
- Fristerfüllung
- Formelle Beteiligtenfähigkeit
Begründetheit der Klage
Die Begründetheit einer Drittanfechtungsklage bezieht sich auf materielle rechtliche Prüfungen, die auf das Vorliegen einer eigenen Rechtsverletzung abzielen. Wesentlich sind dabei folgende Kriterien:
- Rechtswidriger Verwaltungsakt
- Verletzung eigener (subjektiver) Rechte
Die Begründetheit der Klage muss vom Kläger bewiesen werden, wobei sich bei der Prüfung des Vorliegens einer Rechtsverletzung die Frage der materiellen (mangelnden) Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts ergibt.
Ablauf einer Drittanfechtungsklage
Der Ablauf einer Drittanfechtungsklage gliedert sich in mehrere Phasen. Im Folgenden werden die einzelnen Schritte einer solchen Klage systematisch dargestellt:
Anfechtung eines Verwaltungsakts
Eine Drittanfechtungsklage beginnt regelmäßig mit der Anfechtung eines Verwaltungsakts. Hierfür ist in vielen Bundesländern zunächst ein Widerspruchsverfahren zu durchlaufen, in dessen Rahmen der Kläger Form und Frist einzuhalten hat. Eine Anmeldung ist beim zuständigen Verwaltungsgericht einzureichen.
Beteiligung der weiteren Verfahrensbeteiligten
Neben dem Kläger sind in einem Drittanfechtungsklageverfahren weitere Verfahrensbeteiligte zu berücksichtigen, insbesondere der Adressat des angefochtenen Verwaltungsakts sowie die zuständige Behörde. Beide Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme, wobei sie dem Kläger entweder beitreten oder entgegentreten können.
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Nachdem die Klage eingereicht und die weiteren Verfahrensbeteiligten beteiligt wurden, wird das Verfahren vor dem zuständigen Verwaltungsgericht eröffnet. Im Rahmen dieses Verfahrens prüft das Gericht sowohl die Zulässigkeit als auch die Begründetheit der Klage. Dabei steht insbesondere die Frage im Mittelpunkt, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Kläger in seinen eigenen Rechten verletzt wurde.
Entscheidung des Verwaltungsgerichts
Das Verwaltungsgericht entscheidet abschließend über die Drittanfechtungsklage. Hierbei gibt es grundsätzlich drei mögliche Entscheidungen:
- Zurückweisung der Klage als unzulässig, falls die Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht erfüllt sind
- Abweisung der Klage als unbegründet, falls keine Rechtsverletzung vorliegt
- Stattgabe der Klage, d. h., Aufhebung oder Änderung des Verwaltungsakts, wenn die Begründetheit der Klage gegeben ist
Beispiele für Drittanfechtungsklagen
Die Drittanfechtungsklage kommt in verschiedensten Lebensbereichen zur Anwendung. Im Folgenden sollen einige typische Fallkonstellationen dargestellt werden, in denen eine Drittanfechtungsklage relevant sein kann:
Baugenehmigung für Nachbarn
Ein Eigentümer eines benachbarten Grundstücks möchte dagegen vorgehen, dass die zuständige Behörde dem Grundstücksnachbarn eine Baugenehmigung erteilt hat, die seiner Meinung nach gegen bauplanungsrechtliche Vorgaben verstößt (z. B. Abstandsflächen, Nutzungszweck). Die Drittanfechtungsklage bietet dem Eigentümer die Möglichkeit, gegen diese Baugenehmigung vorzugehen und somit seine eigenen Rechte zu wahren.
Gewerbeerlaubnis
Ein Bürger fühlt sich durch eine neu erteilte Gewerbeerlaubnis für einen Betrieb in der näheren Umgebung in seinen Rechten verletzt, weil er Lärm- oder Geruchsbelästigungen befürchtet. Mit einer Drittanfechtungsklage kann er versuchen, die Gewerbeerlaubnis aufheben zu lassen, sofern er nachweisen kann, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig war und seine eigenen subjektiven Rechte verletzt wurden.
Umweltrechtliche Genehmigungen
Umweltverbände und Bürgerinitiativen können unter bestimmten Voraussetzungen und in gegebenen Grenzen gegen erteilte Genehmigungen im Umweltbereich, wie etwa immissionsschutzrechtliche oder wasserrechtliche Erlaubnisse, vorgehen. Hierbei kann die Drittanfechtungsklage ein probates Mittel sein, um eine mögliche Verletzung von Umweltschutzbelangen vor Gericht zu bringen.
Aktuelle Gerichtsurteile zur Drittanfechtungsklage
Für eine fundierte Einschätzung, ob eine Drittanfechtungsklage Aussicht auf Erfolg hat, sind aktuelle Gerichtsentscheidungen von großer Bedeutung. Im Folgenden werden einige prägnante Urteile vorgestellt, die die Rechtsprechung in diesem Bereich prägen:
Bundesverwaltungsgericht: Erweiterung der Klagebefugnis bei konkurrierenden öffentlichen Belangen (BVerwG, Urteil vom 11.11.2015 – 4 C 9.14)
In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen für eine Klagebefugnis von Dritten erweitert, indem es konkurrierende öffentliche Belange (z. B. Naturschutz vs. wirtschaftliche Interessen) in die Prüfung einbezieht. Dadurch erhalten Dritte unter gewissen Umständen ein erweitertes Klagerecht.
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen: Nachbarschutz bei Betriebsausbau trotz fehlender Immissionsschutz-Prognose (OVG NRW, Beschluss vom 17.09.2019 – 12 A 1879/19)
In dem hier zugrunde liegenden Fall entschied das OVG Nordrhein-Westfalen, dass ein Nachbar gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vorgehen kann, wenn der Betrieb des Nachbarn erhebliche Lärmimmissionen verursacht und die zuständige Behörde vor der Genehmigung keine Prognose über die Lärmbelästigung erstellt hat.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg: Keine Drittanfechtungsklage bei fehlendem Rechtsschutzbedürfnis (VGH BW, Urteil vom 16.08.2018 – 5 S 2495/17)
In diesem Fall stellte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg klar, dass eine Drittanfechtungsklage nur dann zielführend sein kann, wenn dem Kläger auch tatsächlich ein Rechtsschutzbedürfnis zugebilligt wird – und zwar aus objektiven, nachprüfbaren Gründen. Im konkreten Fall war ein Nachbar gegen die Baugenehmigung eines Geschäftshauses vorgegangen, konnte jedoch keine legitimen Interessen vorbringen, die durch die Baugenehmigung berührt worden wären.
FAQ zur Drittanfechtungsklage
In diesem Abschnitt werden häufig gestellte Fragen zur Drittanfechtungsklage beantwortet.
Wann ist eine Drittanfechtungsklage zulässig?
Eine Drittanfechtungsklage ist zulässig, wenn formelle Anforderungen (z. B. statthafte Klageart, Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts, Fristerfüllung, formelle Beteiligtenfähigkeit) erfüllt sind und der Kläger in eigenen Rechten verletzt ist.
Wann ist eine Drittanfechtungsklage begründet?
Eine Drittanfechtungsklage ist begründet, wenn der angegriffene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Kläger in seinen eigenen Rechten verletzt wurde. Dies muss vor Gericht bewiesen und belegt werden.
Kann eine bestimmte Form oder Frist eingehalten werden?
Für das Widerspruchsverfahren und die Klageeinreichung bei einem Verwaltungsgericht gelten gesetzliche Form- und Fristvorgaben, die zwingend einzuhalten sind. Verpasst der Kläger diese Fristen oder hält er die vorgeschriebene Form nicht ein, kann dies zur Unzulässigkeit der Klage führen. Im Allgemeinen beträgt die Frist für das Einlegen von Widersprüchen oder Klagen einen Monat ab Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Die genauen Fristen und Formalien sind in den jeweiligen Gesetzen und Verordnungen der Länder geregelt.
In welchen Bereichen kommt die Drittanfechtungsklage am häufigsten vor?
Die Drittanfechtungsklage kommt am häufigsten im Baurecht (z. B. bei Baugenehmigungen), Immissionsschutzrecht (z. B. bei gewerblichen Anlagen) und Umweltrecht (z. B. bei Umweltverträglichkeitsprüfungen) zur Anwendung. Aber auch in vielen anderen Bereichen des Verwaltungsrechts kann sie zur Geltendmachung von Rechtsverletzungen von Bedeutung sein.
Kann eine Drittanfechtungsklage gegen jeden Verwaltungsakt eingelegt werden?
Grundsätzlich kann eine Drittanfechtungsklage gegen jeden Verwaltungsakt eingelegt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass der Dritte in seinen eigenen subjektiven Rechten verletzt ist und die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind.
Drittanfechtungsklage: Das müssen Sie wissen
Die Drittanfechtungsklage stellt ein wichtiges rechtliches Instrument im deutschen Verwaltungsrecht dar, das es Dritten ermöglicht, gegen Verwaltungsakte vorzugehen, wenn sie in ihren Rechten verletzt wurden. Die rechtlichen Voraussetzungen und der Ablauf einer solchen Klage sind vielschichtig und komplex, jedoch kann sie in bestimmten Fällen zu einer effektiven Durchsetzung der eigenen Rechte beitragen.
Es empfiehlt sich, bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Drittanfechtungsklage den Rat eines erfahrenen Rechtsanwalts einzuholen. Ein solcher Experte kann die Chancen und Risiken auf Basis des jeweiligen Einzelfalls sowie unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung einschätzen und somit eine fundierte Entscheidungsgrundlage bieten.
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