Das deutsche Arbeitsrecht steht für ein hohes Maß an Arbeitnehmerschutz und grundsätzlich für ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine besondere Regelung, die auf dieses harmonische Verhältnis abzielt, ist das Drittelbeteiligungsgesetz. In diesem umfangreichen Blog-Beitrag möchten wir Ihnen als Anwaltskanzlei das Drittelbeteiligungsgesetz näherbringen, Ihnen die Grundlagen sowie die Anwendung in der Praxis erläutern und auf einige Probleme und Fragen hinweisen, die in diesem Zusammenhang auftauchen können. Inhaltlich gliedern wir den Beitrag in folgende Themenbereiche:

  • Einleitung zum Drittelbeteiligungsgesetz
  • Gesetzliche Grundlagen und Voraussetzungen
  • Das Wahlverfahren
  • Rechte und Pflichten der gewählten Arbeitnehmervertreter
  • Rechtsprechung und typische Problemfelder
  • FAQs zu häufigen Fragen

Einleitung zum Drittelbeteiligungsgesetz

Das Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) ist ein Bundesgesetz, das die aktive Teilnahme von Arbeitnehmern an der Unternehmensführung vorsieht. Konkret geht es darum, dass Arbeitnehmer in kleinen und mittleren Unternehmen ab einer bestimmten Unternehmensgröße im Aufsichts-, Verwaltungs- oder Beirat mit mindestens einem Drittel vertreten sind. Das Gesetz gilt für Kapitalgesellschaften und gesellschaftsrechtlich vergleichbare Arbeitgeber. Es handelt sich dabei um eine weitreichende Regelung, die eine wichtige Säule der betrieblichen Mitbestimmung darstellt und die Interessen der Arbeitnehmer auf höchster Ebene einbringt.

Gesetzliche Grundlagen und Voraussetzungen

Das Recht zur Wahl von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat ergibt sich aus dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG), das in Verbindung mit weiteren Gesetzen, wie beispielsweise dem Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer bei der Besetzung des Aufsichtsrats (MitbestG), zu beachten ist.

Die grundlegenden Voraussetzungen für die Anwendung des DrittelbG sind:

Von der Regelung des DrittelbG ausgenommen sind insbesondere Personengesellschaften wie GbR, OHG oder KG, die keinen eigenen Aufsichtsrat haben, sowie Aktiengesellschaften, auf die das Mitbestimmungsgesetz Anwendung findet (z.B. wegen einer entsprechenden Anzahl an Arbeitnehmern).

Das Wahlverfahren

Das Wahlverfahren für Arbeitnehmervertreter im Rahmen des DrittelbG ist in den §§ 4-8 des Gesetzes genauer geregelt. Im Wesentlichen sieht das Gesetz folgende Schritte vor:

  1. Bestellung eines Wahlvorstands durch die Arbeitnehmer, der das Wahlausschreiben vorbereitet und die Wahl durchführt
  2. Erstellung einer Liste der wahlberechtigten Arbeitnehmer
  3. Abhalten der Wahl durch den Wahlvorstand, aufgrund einer Vorschlagsliste, die von den Arbeitnehmern eingereicht wird
  4. Auswertung der Stimmen und Feststellung des Ergebnisses durch den Wahlvorstand
  5. Benachrichtigung der gewählten Arbeitnehmervertreter und Einberufung einer konstituierenden Sitzung

Das Wahlverfahren ist grundsätzlich durch das Betriebsverfassungsgesetz geregelt, sodass die entsprechenden Regelungen und Fristen im Einzelnen zu beachten sind. Bei Unsicherheiten im Wahlverfahren sollten sich Arbeitnehmer und Wahlvorstand an eine im Arbeitsrecht erfahrene Anwaltskanzlei wenden, um mögliche Fehler und deren rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Rechte und Pflichten der gewählten Arbeitnehmervertreter

Die nach dem DrittelbG gewählten Arbeitnehmervertreter haben sowohl Rechte als auch Pflichten, wenn sie im Aufsichts-, Verwaltungs- oder Beirat tätig werden:

Rechte der Arbeitnehmervertreter

  • Teilnahme an den Sitzungen des Aufsichts-, Verwaltungs- oder Beirats
  • Stimmrecht wie alle anderen Mitglieder im Gremium
  • Informationen über wirtschaftliche, finanzielle und soziale Angelegenheiten des Unternehmens erhalten
  • Anhörungsrecht bei bestimmten unternehmerischen Entscheidungen

Pflichten der Arbeitnehmervertreter

  • Wahrung der Interessen der Arbeitnehmer im Unternehmen
  • Pflicht zur Verschwiegenheit über vertrauliche Informationen
  • Fortbildung in arbeitsrechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten

Die gewählten Arbeitnehmervertreter genießen einen besonderen Kündigungsschutz, der sie vor arbeitgeberseitigen Kündigungen während ihrer Amtszeit und auch darüber hinaus absichern soll. Dieser Kündigungsschutz besteht bereits während des Wahlverfahrens und erstreckt sich noch für weitere zwölf Monate über das Ende der Amtszeit hinaus.

Rechtsprechung und typische Problemfelder zum Drittelbeteiligungsgesetz

Die Umsetzung des Drittelbeteiligungsgesetzes in der Praxis wirft immer wieder rechtliche Fragen und Probleme auf. Im Folgenden möchten wir auf einige typische Problemfelder eingehen und dabei einige grundlegende Entscheidungen der Rechtsprechung vorstellen:

Unternehmensgröße und Anwendungsbereich

  • Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil vom 28. April 2004 (1 ABR 24/03) entschieden, dass das DrittelbG ab einer entsprechenden Anzahl an Arbeitnehmern in der Regel auch dann greift, wenn die Tätigkeit dieser Arbeitnehmer direkt und ausschließlich für Tochterunternehmen erfolgt. Im konkreten Fall hatte ein Unternehmen versucht, sich durch Zwischenschaltung von Tochterunternehmen der Anwendung des DrittelbG zu entziehen.
  • Die Ermittlung der Arbeitnehmerzahl hat eine geschäftliche Realität zu sein. Wenn diese Zahl beispielsweise aufgrund von Saisonarbeit oder Arbeitsverträgen schwankt, dann ist vom Betrieb, der die Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt, auszugehen.

Diskriminierung und Auswahl der Arbeitnehmervertreter

  • In einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Juli 2007 (7 ABR 7/06) wurde entschieden, dass das Wahlverfahren zwar grundsätzlich diskriminierungsfrei ablaufen muss, aber das Gremium insgesamt keine „abgebildete Abbildung“ der Arbeitnehmer sein muss. Daher ist es zulässig, wenn zum Beispiel mehr Vertreter einer bestimmten Berufsgruppe oder Geschlechts gewählt werden.
  • Arbeitnehmervertreter können aufgrund ihrer Größe oder Vermögenslage im Unternehmen gemäß § 9 DrittelbG aus genanntem Grund abberufen werden. Eine entsprechende Entscheidung im konkreten Fall ist jedoch immer mit Blick auf die konkreten Umstände und den Schutz der betroffenen Person zu treffen.

Kündigungsschutz und Sonstiges

Der Kündigungsschutz der gewählten Arbeitnehmervertreter spielt eine zentrale Rolle im Rahmen des DrittelbG und hat in der Rechtsprechung bereits für einige Entscheidungen gesorgt. Einige Beispiele hierzu sind:

  • In einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Mai 1996 (2 AZR 180/95) wurde klargestellt, dass der besondere Kündigungsschutz nach § 15 KSchG für die gesamte Dauer der Amtszeit sowie für die Dauer von zwölf Monaten nach dem Ausscheiden aus dem Amt gilt. Eine Einigung oder Kündigungsschutzklage des betroffenen Arbeitnehmers ist nicht erforderlich.
  • Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 26. Juni 2008 (2 AZR 501/06) die Anforderungen an den Kündigungsschutz konkretisiert: Eine Kündigung ist nur zulässig, wenn die Tätigkeitsverhinderung in einem persönlichen oder betrieblichen Grund auf Seiten des Arbeitgebers liegt und eine Weiterbeschäftigung nicht möglich ist, oder wenn der betroffene Arbeitnehmer eine schwerwiegende Pflichtverletzung gegenüber dem Arbeitgeber begangen hat.

Besondere Themen im Rahmen des DrittelbG sind zudem etwa die Auslandsentsendung von Arbeitnehmervertretern oder die Auswirkungen dieses Gesetzes auf die Unternehmensstrukturen insgesamt. Bei Fragen zu diesen oder anderen arbeitsrechtlichen Themen empfiehlt es sich stets, eine auf das Arbeitsrecht spezialisierte Anwaltskanzlei zu Rate zu ziehen, um Klarheit und Sicherheit zu schaffen.

FAQs zum Drittelbeteiligungsgesetz

Im Folgenden möchten wir auf einige häufige Fragen aus der Praxis zum Thema Drittelbeteiligungsgesetz eingehen, um Ihnen zusätzliche Orientierung zu bieten:

Gilt das Drittelbeteiligungsgesetz auch für ausländische Unternehmen?

Grundsätzlich gilt das Drittelbeteiligungsgesetz auch für ausländische Unternehmen, sofern sie in Deutschland eine Kapitalgesellschaft oder eine vergleichbare Arbeitgeberform betreiben und mindestens 500 Arbeitnehmer dauerhaft beschäftigen, sowie über einen Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat verfügen.

Was passiert, wenn der Arbeitgeber gegen das Drittelbeteiligungsgesetz verstößt oder die Arbeitnehmer an der Wahl der Arbeitnehmervertreter hindert?

Bei Verstößen gegen das Drittelbeteiligungsgesetz oder einer Behinderung der Arbeitnehmer bei der Wahl ihrer Vertreter kann das Arbeitsgericht auf Antrag der betroffenen Arbeitnehmer oder des Betriebsrats die Einhaltung des Gesetzes anordnen und gegebenenfalls Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung ergreifen. Zudem kann eine solche Handlung als Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gewertet werden, was schwere Schadenersatzansprüche zur Folge haben kann.

Können Arbeitnehmervertreter wegen ihrer Tätigkeit im Gremium abgemahnt oder gekündigt werden?

Arbeitnehmervertreter sind grundsätzlich gegen Abmahnungen und Kündigungen geschützt, solange sie ihr Amt ausüben und noch zwölf Monate darüber hinaus. Eine Abmahnung oder Kündigung ist nur in besonders schwerwiegenden Fällen einer Pflichtverletzung, bei einer Tätigkeitsverhinderung aus persönlichen Gründen oder bei Vorliegen eines betrieblichen Grunds möglich, der eine Weiterbeschäftigung unzumutbar macht. In jedem Fall sollte bei Unsicherheit eine arbeitsrechtlich spezialisierte Kanzlei konsultiert werden.

Welche Rolle spielt der Betriebsrat im Rahmen des Drittelbeteiligungsgesetzes?

Der Betriebsrat hat im Rahmen des Drittelbeteiligungsgesetzes eine wichtige Rolle, da er die Wahl der Arbeitnehmervertreter aktiv begleitet und unterstützt. Die Durchführung der Wahl liegt jedoch in den Händen des Wahlvorstands, der von den Arbeitnehmern bestellt wird. Auch der Betriebsrat und die gewählten Arbeitnehmervertreter sind in ihren Rechten und Pflichten grundsätzlich unabhängig voneinander und vertreten die Interessen ihrer jeweiligen Wählerschaft.

Was passiert, wenn gewählte Arbeitnehmervertreter ihr Amt niederlegen oder ausscheiden?

Sollte ein gewählter Arbeitnehmervertreter sein Amt niederlegen oder aus sonstigen Gründen ausscheiden, so ist eine Nachwahl durchzuführen, um die entsprechenden Sitze im Gremium wieder zu besetzen. Die Amtszeit der gewählten Nachfolger entspricht dabei der verbleibenden Amtszeit der ausgeschiedenen Vertreter.

Wir hoffen, Ihnen mit diesem detaillierten Überblick zum Drittelbeteiligungsgesetz eine hilfreiche Einführung und Orientierung gegeben zu haben. Bei rechtlichen Fragen oder Unsicherheiten empfiehlt es sich immer, eine im Arbeitsrecht spezialisierte Anwaltskanzlei um Rat zu fragen, um Ihre Rechte und Pflichten bestmöglich wahrnehmen und durchsetzen zu können.

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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

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