Ein Vertrag bildet häufig den rechtlichen Rahmen für geschäftliche oder persönliche Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Parteien und ist essenziell für das Funktionieren unserer modernen Gesellschaft. Die Grundlage für das Zustandekommen eines jeden Vertrages liegt in der Übereinstimmung von Angebot und Annahme, kurz: der Einigung. In manchen Fällen kann jedoch ein Einigungsmangel auftreten, der das Zustandekommen des beabsichtigten Vertrages verhindert oder zumindest problematisch gestaltet. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, welche rechtlichen Folgen diese Mängel nach sich ziehen.

Dieser Blogbeitrag, verfasst von einer erfahrenen Anwaltskanzlei, setzt sich daher ausführlich mit dem Thema Einigungsmangel auseinander. Anhand von Aufzählungen, Beispielen, Gesetzen und FAQs erklären wir diesen für jeden leicht verständlichen Begriff und behandeln seine verschiedenen Ursachen, Rechtsfolgen sowie praxisrelevante Fragestellungen.

Inhaltsübersicht

  • Was ist ein Einigungsmangel?
  • Ursachen für Einigungsmängel
  • Rechtliche Folgen von Einigungsmängeln
  • Beispiele für Einigungsmängel
  • FAQs zum Thema Einigungsmangel

Was ist ein Einigungsmangel?

Ein Einigungsmangel liegt vor, wenn die Willenserklärungen der Parteien inhaltlich nicht übereinstimmend sind. Dies kann der Fall sein, wenn es den Parteien nicht gelingt, einen Konsens hinsichtlich einer oder mehrerer vertragsrelevanten Sachverhalte herzustellen. In solchen Fällen lassen sich die Willenserklärungen nicht hinreichend aufeinander beziehen und es kommt nicht zu einer Einigung. Im deutschen Recht sind Einigungsmängel im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert, insbesondere in § 154, § 155 und § 164.

Ursachen für Einigungsmängel

Es gibt eine Vielzahl von Ursachen, die zu einem Einigungsmangel führen können. Im Folgenden werden die Hauptursachen dargestellt:

  • Dissens
  • Falsa demonstratio
  • Simulation/Blindes Vertrauen
  • Willenserklärungen inhaltlich nicht hinreichend bestimmbar

Dissens

Ein Dissens ist der klassische Einigungsmangel. Hier sind sich die Parteien einfach nicht einig, weil sie ihre Willenserklärungen inhaltlich unterschiedlich gestalten. Ein Vertrag kommt in diesem Fall nicht zustande. Man unterscheidet dabei zwischen offenem und verstecktem Dissens:

  • Offener Dissens: Die Parteien haben unterschiedliche Vorstellungen, die sie offen artikulieren. Ein Beispiel: Person A bietet Person B seinen PKW für 15.000 Euro an, Person B erklärt jedoch, sie könne nur 12.000 Euro zahlen. Hier liegt ein offener Dissens vor, weil sich die Parteien der fehlenden Übereinstimmung bewusst sind.
  • Versteckter Dissens: Die Parteien haben unterschiedliche Vorstellungen, die sie nicht klar zum Ausdruck bringen oder die aufgrund von Kommunikationsschwierigkeiten zu Missverständnissen führen. Ein Beispiel: Person A bietet Person B seinen PKW für 15.000 Euro an, Person B versteht jedoch 13.000 Euro und erklärt, den Preis akzeptieren zu können. Die Parteien sind sich möglicherweise der fehlenden Übereinstimmung nicht bewusst.

Falsa demonstratio

Eine falsa demonstratio liegt vor, wenn eine vertragsrelevante Eigenschaft oder ein vertragsrelevanter Sachverhalt falsch bezeichnet oder dargestellt wird, jedoch beide Seiten das Richtige meinen. Hier kommt trotz des scheinbaren Einigungsmangels ein Vertrag zustande, weil sich die Parteien in Wahrheit einig sind, was sie wollen. Ein Beispiel: Person A bietet Person B seinen roten PKW an und bezeichnet diesen als Modell X, obwohl es sich tatsächlich um Modell Y handelt. Person B erklärt, den PKW kaufen zu wollen. Beide Parteien kennen das Fahrzeug und sind sich einig, welches Fahrzeug tatsächlich gemeint ist, sodass die falsche Bezeichnung irrelevant wird.

Simulation/Blindes Vertrauen

Bei der Simulation handelt es sich um einen besonders schwerwiegenden Einigungsmangel. Hier liegt eine Täuschung darüber vor, dass die Parteien einen Vertrag abschließen wollen. Die scheinbare Einigung ist in Wahrheit keine echte Willenserklärung, sondern soll lediglich den Anschein einer Einigung erwecken, ohne rechtliche Bindungswirkung herbeizuführen. Ein Beispiel: Person A und Person B erklären, sie wollten einen Kaufvertrag über einen PKW abschließen, wollen jedoch in Wahrheit gar keinen Vertrag eingehen, sondern lediglich Dritte täuschen. Ein solcher Vertrag ist nichtig.

Ein ähnlicher Fall liegt beim sogenannten „blinden Vertrauen“ vor. Hier geben die Parteien einseitig und bewusst unbestimmte oder flexible Vertragserklärungen ab, um möglichst offen für spätere Nachverhandlungen zu sein. Beispiel: Person A und Person B vereinbaren die Lieferung von Waren „zu einem später zu vereinbarenden Preis“. Auch hier liegt ein schwerwiegender Einigungsmangel vor, der zur Nichtigkeit des Vertrags führt.

Willenserklärungen inhaltlich nicht hinreichend bestimmbar

Schließlich kann ein Einigungsmangel auch darin bestehen, dass die Willenserklärungen der Parteien inhaltlich nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar sind. Ein Vertrag kommt in diesem Fall nicht zustande, weil sich die Willenserklärungen nicht auf einen bestimmten Vertragsgegenstand oder eine bestimmte Leistung beziehen lassen. Beispiel: Person A möchte einen Mobilfunkvertrag abschließen und gibt an: „Ich möchte den billigsten Tarif.“ Da nicht feststeht, welche Leistungen genau gewünscht sind, ist die Willenserklärung inhaltlich nicht hinreichend bestimmt.

Rechtliche Folgen von Einigungsmängeln

Die rechtlichen Folgen von Einigungsmängeln können je nach Art des Einigungsmangels unterschiedlich ausfallen:

  • Dissens: Ein Dissens führt dazu, dass ein Vertrag nicht zustande kommt. Es gelten die allgemeinen Regeln des BGB zur Unwirksamkeit von Verträgen (§§ 125 ff.).
  • Falsa demonstratio: Eine falsa demonstratio führt trotz des äußerlichen Anscheins eines Einigungsmangels zu einem wirksamen Vertrag. Hier gelten die Regeln zur Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB), wonach die wahre, übereinstimmende Absicht der Parteien den Vorrang vor der äußeren Form hat.
  • Simulation/Blindes Vertrauen: Beide Fälle führen zur Nichtigkeit des Vertrags. Im Falle der Simulation liegt eine Täuschung vor, die zur Anfechtung bzw. Nichtigkeit führt (§ 123 BGB). Beim sogenannten „blinden Vertrauen“ liegt ein Einigungsmangel im Sinne von § 155 BGB vor.
  • Willenserklärungen inhaltlich nicht hinreichend bestimmbar: Liegt ein solcher Einigungsmangel vor, kommt kein Vertrag zustande. Es gelten ebenfalls die allgemeinen Regeln des BGB zur Unwirksamkeit von Verträgen (§§ 125 ff.).

Beispiele für Einigungsmängel

Das Thema Einigungsmangel ist sehr abstrakt. Um Ihnen den Sachverhalt noch besser zu verdeutlichen, geben wir Ihnen noch weitere Beispiele, die diesen Rechtsbegriff illustrieren:

Beispiel: Missverständliche Willenserklärungen Person A gibt eine Zeitungsannonce auf, in der sie ihren PKW für 12.000 Euro verkauft. Person B ruft bei Person A an und fragt, ob sie den Wagen für 10.000 Euro bekommt. Person A versteht die Frage als Verhandlungsvorschlag und antwortet: „Dann bekommen Sie aber nur die Sommerreifen dazu.“ Person B denkt, sie hat den Wagen zu ihren Konditionen erworben, während Person A glaubt, es handelt sich nur um eine Einigung auf den Verkauf der Reifen. In diesem Fall liegt ein versteckter Dissens vor, der dazu führt, dass ein Kaufvertrag über den PKW nicht zustande kommt.

Beispiel: Unklarer Vertragsgegenstand Person A wendet sich an einen Architekten und beauftragt ihn mit der Vorbereitung eines Bauvorhabens. Die Parteien vereinbaren jedoch nicht konkret, welche Leistungen (z. B. Bauplanung, Statik, Bauüberwachung) der Architekt genau erbringen soll. In diesem Fall könnte ein Einigungsmangel in Form von inhaltlich nicht hinreichend bestimmbarem Vertragsgegenstand vorliegen, der zur Unwirksamkeit des Vertrags führt.

Beispiel: Simulierte Vertragsbeziehung Person A und Person B sind Geschäftspartner und möchten einen Investor für ihr Unternehmen gewinnen. Um den Investor von ihrer Seriosität zu überzeugen, erstellen sie einen Scheinvertrag, der lediglich dazu dienen soll, den Investor zu täuschen. Hier liegt eine Simulation vor, die zur Nichtigkeit des Scheinvertrags führt.

FAQs zum Thema Einigungsmangel

Die gängigsten Fragen und Antworten haben wir im Folgenden für Sie aufgeführt.

Was ist ein Einigungsmangel?

Ein Einigungsmangel liegt vor, wenn die Willenserklärungen der Vertragsparteien inhaltlich nicht übereinstimmend sind und dadurch eine Einigung nicht zustande kommt. Die verschiedenen Arten von Einigungsmängeln können aufgrund unterschiedlicher Ursachen auftreten.

Welche Ursachen können zu einem Einigungsmangel führen?

Einigungsmängel können aufgrund unterschiedlicher Ursachen entstehen, wie zum Beispiel Dissens, falsa demonstratio, Simulation/blindes Vertrauen oder inhaltlich nicht hinreichend bestimmte Willenserklärungen.

Welche rechtlichen Folgen haben Einigungsmängel?

Die rechtlichen Folgen von Einigungsmängeln können unterschiedlich ausfallen. So kann ein Dissens zum Nichtzustandekommen des Vertrags führen, während eine falsa demonstratio die Wirksamkeit des Vertrags nicht beeinträchtigt. Simulation und blindes Vertrauen führen zur Nichtigkeit des Vertrags.

Was passiert, wenn ein Einigungsmangel vorliegt?

Je nach Art des Einigungsmangels sind verschiedene rechtliche Konsequenzen möglich, wie zum Beispiel das Nichtzustandekommen des Vertrags, die Nichtigkeit des Vertrags oder die (Un)wirksamkeit der Willenserklärung.

Wie kann man einen Einigungsmangel feststellen?

Um einen Einigungsmangel festzustellen, müssen die Willenserklärungen der Parteien und ihre tatsächliche Absicht sorgfältig geprüft werden. Dabei sind insbesondere die Gesetzesvorschriften des BGB, die Gerichtsurteile und die rechtswissenschaftliche Literatur zu beachten. In Zweifelsfällen kann die Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwalts in Anspruch genommen werden.

Abschluss

Der Einigungsmangel spielt im Vertragsrecht eine wichtige Rolle, da er das Zustandekommen eines Vertrags verhindern oder zumindest problematisch gestalten kann. Daher ist es entscheidend, ein fundiertes Verständnis von den verschiedenen Formen und rechtlichen Folgen von Einigungsmängeln zu haben. Dieser Blogbeitrag hat dazu beigetragen, die verschiedenen Aspekte und Fragestellungen rund um das Thema Einigungsmängel ausführlich und praxisnah darzustellen und zu erörtern. Wir hoffen, dass wir Ihnen damit eine wertvolle Ressource zur Verfügung gestellt haben, mit der Sie sowohl persönliche als auch professionelle rechtliche Fragestellungen besser einschätzen und lösen können.

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