Erbe bei Scheidung – Bei Scheidungen gibt es viele rechtliche Aspekte, die zu beachten sind, insbesondere wenn es um Vermögensverteilung, Versorgungsausgleich und Erbschaftsfragen geht. In diesem Blog-Beitrag werden wir uns eingehend mit der Frage des Erbes bei Scheidung beschäftigen, insbesondere, ob das deutsche Recht grundsätzlich vorsieht, dass der geschiedene Ehepartner erben kann oder nicht. Es werden relevante rechtliche Aspekte, Gesetzestexte und praktische Beispiele erörtert, um Ihnen ein umfassendes Verständnis der Frage zu vermitteln: „Erbt der Ex-Partner bei einer Scheidung? Wovon hängt das ab?“

Inhaltsverzeichnis:

  • Rechtsgrundlagen – Was sind die gesetzlichen Bestimmungen für das Erben bei Scheidung?
  • Was bedeutet § 2077 BGB und wie wirkt es sich auf das Erben bei Scheidung aus?
  • Die Auswirkungen einer Trennung auf das Erbrecht
  • Der gesetzliche Güterstand und seine Rolle beim Erben bei Scheidung
  • Fallstudien und Praxisbeispiele zum Erben bei Scheidung
  • FAQs zum Thema Erben bei Scheidung

Rechtsgrundlagen – Was sind die gesetzlichen Bestimmungen für das Erben bei Scheidung?

Um das Erbe bei Scheidung angemessen zu beurteilen, müssen wir uns zunächst einen Überblick über die relevanten gesetzlichen Bestimmungen verschaffen. Das deutsche Erbrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt, insbesondere in den §§ 1922 bis 2385 BGB. Besonders relevant für das Erben bei Scheidung ist § 2077 BGB, der die Auswirkungen einer rechtskräftigen Scheidung auf das Erbrecht regelt.

Was bedeutet § 2077 BGB und wie wirkt es sich auf das Erben bei Scheidung aus?

§ 2077 BGB sieht Folgendes vor:

Ein geschiedener Ehegatte erbt nicht, wenn sich zur Zeit des Todes des Erblassers das Scheidungsverfahren gegenüber einem Ehegatten in einem solchen Stadium befindet, dass der andere Ehegatte auf seinen Antrag geschieden oder die Scheidung bei Rechtskraft der Entscheidung gegen ihn ausgesprochen werden könnte.

Das bedeutet, dass der geschiedene Ehepartner grundsätzlich kein Erbrecht mehr hat, wenn die Scheidung zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers rechtskräftig ist oder das Scheidungsverfahren einen Stand erreicht hat, bei dem die Scheidung bei einem entsprechenden Antrag erfolgen könnte. Nur wenn das Scheidungsverfahren noch nicht diesen Stand erreicht hat oder die Ehepartner nur voneinander getrennt leben, hat der (noch nicht geschiedene) Ehepartner ein gesetzliches Erbrecht.

Die Auswirkungen einer Trennung auf das Erbrecht

Grundsätzlich entfällt das Erbrecht des Ehepartners nicht automatisch bei einer Trennung. Vielmehr bleibt das gesetzliche Erbrecht des getrennt lebenden Ehepartners bestehen, solange die Scheidung nicht rechtskräftig ist oder das Scheidungsverfahren noch nicht den obigen Stand erreicht hat. In Fällen, in denen die Ehepartner ohne Scheidungsabsicht getrennt leben, kann es daher ratsam sein, ein Testament oder einen Erbvertrag zu errichten, um den getrennt lebenden Ex-Partner als Erben auszuschließen oder um eine bestimmte Regelung für das Erbe zu treffen.

Der gesetzliche Güterstand und seine Rolle beim Erben bei Scheidung

Bei der Beurteilung, ob der geschiedene Ex-Partner erben kann, spielt auch der gesetzliche Güterstand in der Ehe eine wichtige Rolle. Wird der geschiedene Ex-Partner ausdrücklich in einem Testament oder Erbvertrag bedacht oder handelt es sich um eine gemeinschaftliche Verfügung des verblichenen Ehepartners zusammen mit dem geschiedenen Ehepartner, wird dieser trotz der Scheidung als Erbe berücksichtigt.

  • Bei der Zugewinngemeinschaft, die der gesetzliche Güterstand ist, besteht keine gemeinsame Eigentumshälfte an den Vermögenswerten, die während der Ehe hinzugewonnen wurden. Dies bedeutet, dass im Falle einer Scheidung der geschiedene Ehepartner grundsätzlich keinen Zugriff auf die Vermögenswerte des anderen erhält. Allerdings gibt es den sogenannten Zugewinnausgleich, der eine gerechte Aufteilung des während der Ehezeit erworbenen Vermögens gewährleisten soll. Dabei handelt es sich jedoch um eine vermögensrechtliche Regelung und nicht um eine erbrechtliche.
  • Im Falle der Gütertrennung hat jeder Ehepartner sein eigenes Vermögen und es gibt keinen Zugewinnausgleich im Falle einer Scheidung. Das gesetzliche Erbrecht ist hierdurch nicht berührt, jedoch wird der geschiedene Ehepartner in aller Regel von vornherein ausgeschlossen, da während der Ehe schon klar getrennte Vermögensmassen bestanden.

Fallstudien und Praxisbeispiele zum Erben bei Scheidung

Zur besseren Veranschaulichung des Themas „Erben bei Scheidung“ werden hier einige ausführlichere anonymisierte Fallstudien und Praxisbeispiele vorgestellt:

Fall 1 – Laura und Tim: Getrennte Eheleute und gesetzliches Erbrecht bei Tod

Laura und Tim waren 15 Jahre lang verheiratet und haben zwei gemeinsame Kinder. Aufgrund von unüberbrückbaren Differenzen trennten sie sich vor drei Jahren und leben seitdem getrennt. Laura reichte die Scheidung ein, das Verfahren dauert jedoch an. Zum Zeitpunkt von Tims plötzlichem Tod war die Scheidung noch nicht rechtskräftig.

In diesem Fall hat Laura als (noch nicht geschiedene) Ehefrau ein gesetzliches Erbrecht. Laura könnte hier grundsätzlich neben den gemeinsamen Kindern erben. Das Zusammenspiel zwischen gesetzlichem Erbrecht und Sorgerecht der Kinder wäre hier ein wichtiger Aspekt, der bei der Erbauseinandersetzung zu berücksichtigen ist. Laura hätte in diesem Fall Anspruch auf einen Erbteil (z.B. 1/4), während die gemeinsamen Kinder den weiteren Erbanteil (z.B. jeweils 3/8) erhalten würden.

Fall 2 – Eva und Max: Die Wirkung eines gemeinsamen Testaments nach der Scheidung

Eva und Max waren 20 Jahre lang glücklich verheiratet und hatten keine Kinder. In dieser Zeit erstellten sie gemeinsam ein Berliner Testament, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten und festlegten, dass ihr gesamtes Vermögen an den Überlebenden geht. Zehn Jahre nach dieser Regelung kam es jedoch zur Trennung, und die beiden ließen sich scheiden.

Fünf Jahre nach der Scheidung verstirbt Eva. Da Max im gemeinsamen Testament ausdrücklich als Alleinerbe benannt wurde, bleibt sein Erbrecht trotz der Scheidung bestehen. Max erbt also Evas gesamtes Vermögen. Hier wäre es relevant, ob im Testament eine Klausel enthalten ist, die besagt, dass das Testament nur Gültigkeit hat, solange die Ehe besteht. Falls eine solche Klausel existiert, hätte die Scheidung zur Ungültigkeit des Testaments geführt und Max würde nicht erben.

Fall 3 – Sarah und Julian: Zugewinngemeinschaft und Erbe bei Scheidung

Sarah und Julian lebten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft und waren sieben Jahre lang verheiratet. Sie hatten keine Kinder, und während ihrer Ehe haben sie beide Vermögen angesammelt. Nach der Scheidung verschlechtert sich Sarahs Gesundheit rapide, und sie stirbt wenige Monate später.

Da Julian und Sarah geschieden sind und das gesetzliche Erbrecht gemäß § 2077 BGB erloschen ist, erhält Julian keinen Erbteil aus Sarahs Vermögen. Stattdessen würde Sarahs Erbe nach der gesetzlichen Erbfolge an ihre nächsten Verwandten fallen, beispielsweise ihre Eltern oder Geschwister. Sollte Sarah ein Testament oder einen Erbvertrag erstellt haben, in dem Julian als Erbe eingesetzt ist, würde dieser allerdings dennoch erben können.

FAQs zum Thema Erben bei Scheidung

Lassen Sie uns Ihnen mit den häufigsten Fragen und ihren Antworten weiterhelfen.

Erbt der Ex-Partner, wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat?

Nein, wenn die Scheidung rechtskräftig ist und § 2077 BGB greift, hat der geschiedene Ex-Partner kein gesetzliches Erbrecht mehr und erbt daher nicht, wenn kein Testament vorhanden ist.

Erbt der Ex-Partner, wenn er im Testament bedacht wurde?

Ja, wenn der Ex-Partner ausdrücklich im Testament als Erbe benannt ist, bleibt das Erbrecht auch nach einer Scheidung bestehen, es sei denn, das Testament wurde explizit unter der Bedingung erstellt, dass die Ehe weiterhin besteht.

Wie kann ich verhindern, dass mein Ex-Partner erbt, wenn ich noch nicht geschieden bin?

Um sicherzustellen, dass der Ex-Partner nicht erbt, während das Scheidungsverfahren noch läuft oder Sie getrennt leben, sollte ein Testament oder Erbvertrag erstellt werden, in dem der Ex-Partner ausdrücklich von der Erbfolge ausgeschlossen oder eine andere Regelung getroffen wird.

Fazit: Erben bei Scheidung – Eine komplexe Fragestellung, die rechtliche Expertise erfordert

Die Frage, ob ein Ex-Partner bei Scheidung erbt oder nicht, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Grundsätzlich greift in Deutschland § 2077 BGB, der besagt, dass ein geschiedener Ehegatte kein Erbrecht hat, wenn sich das Scheidungsverfahren in einer entscheidenden Phase befand oder bereits rechtskräftig ist. Ist das Scheidungsverfahren jedoch noch nicht in dieser Phase oder leben die Ehepartner lediglich getrennt, hat der (noch) nicht geschiedene Ehepartner ein gesetzliches Erbrecht.

Um sicherzustellen, dass in solchen Situationen der Vermögensnachlass entsprechend den eigenen Wünschen verteilt wird, ist es ratsam, ein Testament oder einen Erbvertrag zu erstellen. Dieser sollte die jeweiligen Absichten und Vorstellungen hinsichtlich der Erbfolge klar und unmissverständlich festhalten und den Ex-Partner gegebenenfalls explizit von der Erbfolge ausschließen.

Die Regelungen für das Erben bei Scheidung sind komplex und können unter Umständen zu Missverständnissen und Konflikten führen. Eine sorgfältige Planung und rechtliche Beratung durch einen erfahrenen Anwalt ist daher unerlässlich, um sicherzustellen, dass die eigenen Interessen und die der beteiligten Parteien angemessen berücksichtigt werden.

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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

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