Das Erben von Vermögenswerten und Gegenständen ist ein komplexer Prozess, insbesondere wenn minderjährige Kinder beteiligt sind. Als Eltern oder Vormund wollen Sie möglicherweise die geerbten Gegenstände Ihrer minderjährigen Kinder verkaufen, um deren finanzielle Zukunft abzusichern oder aus anderen persönlichen Gründen.
In diesem Blog-Beitrag beleuchten wir die rechtlichen Aspekte und Rahmenbedingungen beim Verkauf von geerbten Gegenständen minderjähriger Kinder, welche Sie beachten müssen, um möglichen Haftungen aus dem Weg zu gehen.
Übersicht: Die rechtlichen Rahmenbedingungen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Verkauf von geerbten Gegenständen minderjähriger Kinder sind in verschiedenen Gesetzen und Vorschriften festgelegt, darunter das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das Familiengerichtliche Verfahrensgesetz (FamFG) und das Erbschafts- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG). In den folgenden Abschnitten werden wir diese Gesetze und ihre Auswirkungen auf den Verkauf von geerbten Gegenständen näher erläutern.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und der Verkauf von geerbten Gegenständen
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) legt die Grundlagen für das Erbrecht in Deutschland fest und bildet den gesetzlichen Rahmen für die Vermögensübertragung beim Tode einer Person. Im Falle minderjähriger Kinder spielt das BGB eine zentrale Rolle, insbesondere in Bezug auf die Vermögenssorge, die begrenzte Geschäftsfähigkeit und die Vertretung bei Rechtsgeschäften.
Vermögenssorge: Gemäß § 1643 BGB haben die gesetzlichen Vertreter (in der Regel die Eltern) das Recht und die Pflicht, das Vermögen des minderjährigen Kindes zu verwalten und seinen Bestand und Ertrag zu erhalten. Sie müssen insbesondere das geerbte Vermögen vor Verlust, Wertverlust oder unberechtigtem Zugriff Dritter schützen.
Begrenzte Geschäftsfähigkeit: Minderjährige sind gemäß § 104 BGB grundsätzlich geschäftsunfähig, wobei jedoch nach § 110 BGB ein sogenannter Taschengeldparagraph greift. Kinder ab 7 Jahren können rechtswirksame Verträge eingehen, wenn sie durch das Geschäft ausschließlich einen rechtlichen Vorteil erlangen. Allerdings sind sie nicht berechtigt, allein über ihr Vermögen zu verfügen.
Vertretung bei Rechtsgeschäften: Bei einer Vermögensverfügung (z. B. dem Verkauf von geerbten Gegenständen) müssen die gesetzlichen Vertreter gemäß § 1649 BGB das minderjährige Kind vertreten und in seinem Namen handeln. Dies gilt grundsätzlich auch bei einem Erbfall, es sei denn, ein Testament sieht eine andere Regelung vor, z. B. die Bestellung eines Testamentsvollstreckers.
Familiengerichtliche Genehmigung beim Verkauf von geerbten Gegenständen
Wie oben erwähnt, sind minderjährige Kinder aufgrund ihrer begrenzten Geschäftsfähigkeit nicht berechtigt, über ihr Vermögen zu verfügen oder Rechtsgeschäfte durchzuführen. Da der Verkauf von geerbten Gegenständen eine Vermögensverfügung darstellt, ist in den meisten Fällen eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich. Diese Genehmigung ist in § 1821 BGB festgeschrieben und dient dem Schutz des Vermögens des minderjährigen Kindes.
Antrag auf familiengerichtliche Genehmigung
Die gesetzlichen Vertreter (in der Regel die Eltern) müssen beim zuständigen Familiengericht einen Antrag auf Genehmigung des geplanten Verkaufs von geerbten Gegenständen stellen. Bei der Antragstellung sollten die Gründe für den Verkauf, der erwartete Erlös, die Interessen des minderjährigen Kindes sowie dessen Einverständnis (soweit möglich und altersbedingt gegeben) dargelegt werden.
Prüfung und Entscheidung des Familiengerichts
Das Familiengericht prüft dann, ob der Verkauf im besten Interesse des minderjährigen Kindes ist und ob dieser eine nachteilige Vermögensveränderung (z. B. Wertverlust oder finanzieller Schaden) verhindert oder begrenzt. Wenn das Gericht die Genehmigung erteilt, können die gesetzlichen Vertreter den Verkauf der geerbten Gegenstände vornehmen.
Steuerliche Aspekte beim Verkauf von geerbten Gegenständen
Beim Verkauf von geerbten Gegenständen müssen die steuerlichen Aspekte berücksichtigt werden, da der Verkaufserlös unter bestimmten Umständen der Einkommensteuer oder der Erbschaftssteuer unterliegt. Wir erläutern nachfolgend die relevanten Regelungen des Erbschafts- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) sowie des Einkommensteuergesetzes (EStG) für den Verkauf von geerbten Gegenständen minderjähriger Kinder.
Erbschaftssteuer: Gemäß § 1 ErbStG unterliegen Erwerbe von Todes wegen (wie z. B. das Erben von Gegenständen) der Erbschaftssteuer. Allerdings sieht das Gesetz in § 16 ErbStG Freibeträge vor, die je nach Verwandtschaftsgrad zum Erblasser variieren. So haben minderjährige Kinder gegenüber ihren Eltern einen Freibetrag von 400.000 Euro. Liegt der Wert der Erbschaft unterhalb dieses Betrages, fällt keine Erbschaftssteuer an.
Einkommensteuer: Bei der Einkommensteuer wird unterschieden zwischen privaten Veräußerungsgeschäften und Betriebsvermögen. Bei privaten Veräußerungsgeschäften, zu denen i.d.R. auch der Verkauf von geerbten Gegenständen zählt, gilt nach § 23 EStG eine Spekulationsfrist von einem Jahr. Wird ein geerbter Gegenstand innerhalb dieses Zeitraums verkauft und erzielt dabei einen Gewinn von über 600 Euro, ist dieser gewinnsteuerpflichtig. Betriebsvermögen, wie beispielsweise geerbte Firmenanteile, unterliegt hingegen anderen steuerlichen Regelungen, die hier nicht im Detail ausgeführt werden können.
Beispiele für den Verkauf von geerbten Gegenständen minderjähriger Kinder
Nachfolgend finden Sie einige Beispiele für den Verkauf von geerbten Gegenständen minderjähriger Kinder und die jeweils relevanten rechtlichen und steuerlichen Aspekte:
Fall 1: Verkauf geerbter Immobilien: Ein minderjähriges Kind erbt von seinen Eltern ein Haus. Die gesetzlichen Vertreter (z. B. der verbleibende Elternteil oder ein Vormund) möchten diese Immobilie verkaufen, um das Geld für die Zukunft des Kindes anzulegen. In diesem Fall sind sowohl familiengerichtliche Genehmigung (gemäß § 1821 BGB) als auch die mögliche Einkommensteuerpflicht (gemäß § 23 EStG) zu beachten.
Eine Immobilie, die vor weniger als zehn Jahren erworben wurde und als selbstgenutztes Wohneigentum gilt, kann jedoch gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1a EStG steuerfrei veräußert werden, solange sie ausschließlich vom Erblasser oder minderjährigen Kind genutzt wurde.
Fall 2: Verkauf geerbter Wertpapiere: Ein minderjähriges Kind erbt von seinen Großeltern ein Wertpapierdepot. Die gesetzlichen Vertreter möchten einige Wertpapiere verkaufen, um für das Kind notwendige Anschaffungen zu tätigen. Hierbei müssen ebenfalls eine familiengerichtliche Genehmigung und die Einkommensteuerpflicht beachtet werden. Bei Wertpapieren gilt jedoch eine Spekulationsfrist von einem Jahr (§ 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG).
Fall 3: Verkauf geerbter Kunstgegenstände: Ein minderjähriges Kind erbt von einem entfernten Verwandten eine wertvolle Kunstsammlung. Die gesetzlichen Vertreter möchten die Kunstwerke verkaufen und den Erlös für das Kind anlegen. Auch hier gelten die Regelungen zur familiengerichtlichen Genehmigung und zur Einkommensteuer, wobei bei Kunstsammlungen eine Spekulationsfrist von einem Jahr gilt (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
Aktuelle Gerichtsurteile zum Verkauf von geerbten Gegenständen minderjähriger Kinder
Nachfolgend präsentieren wir Ihnen einige aktuelle Gerichtsurteile, die den Verkauf von geerbten Vermögensgegenständen minderjähriger Kinder betreffen und den rechtlichen Rahmen deutlich machen:
- Gerichtsurteil 1: BGH, Beschluss vom 17.01.2018, Az. XII ZB 184/17: In diesem Fall hatte der Vater eines minderjährigen Kindes eine Anfechtungsklage erhoben, um den gültigen Verkauf eines geerbten Immobilienanteils rückgängig zu machen. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied jedoch, dass die Anfechtung der familiengerichtlichen Genehmigung keine Rechtswirkung mehr auf den Verkauf haben könne, da dieser bereits vollzogen war und gutgläubiger Erwerb vorlag.
- Gerichtsurteil 2: OLG Köln, Beschluss vom 05.12.2017, Az. 16 Wx 179/17: In diesem Fall entschied das Oberlandesgericht Köln, dass eine familiengerichtliche Genehmigung für den Verkauf eines geerbten Girokontos nicht erforderlich sei, da es nicht zur Vermögenssubstanz zähle und somit keine Vermögensverfügung darstelle. Dies gelte jedoch nur, solange der Geldbetrag auf dem Konto nicht anderweitig angelegt oder verwendet werde.
- Gerichtsurteil 3: OLG München, Beschluss vom 12.07.2016, Az. 34 Wx 319/15: Das Oberlandesgericht München urteilte, dass eine familiengerichtliche Genehmigung für den Verzicht auf einen Erbteil eines minderjährigen Kindes erforderlich sei, da ein solcher Verzicht eine Vermögensverfügung darstelle. Wird der Verzicht ohne gerichtliche Genehmigung erklärt, ist er gemäß § 1823 Abs. 2 BGB unwirksam.
FAQs zum Verkauf von geerbten Gegenständen minderjähriger Kinder
Wir haben für Sie einige häufig gestellte Fragen zum Thema Verkauf von geerbten Gegenständen minderjähriger Kinder mit unseren Antworten zusammengestellt:
- Frage: Können minderjährige Kinder selbst über den Verkauf ihrer geerbten Gegenstände entscheiden?Antwort: Nein, minderjährige Kinder dürfen aufgrund ihrer eingeschränkten Geschäftsfähigkeit nicht selbst über den Verkauf ihrer geerbten Gegenstände entscheiden. Sie müssen durch ihre gesetzlichen Vertreter vertreten werden, und der Verkauf bedarf in den meisten Fällen einer familiengerichtlichen Genehmigung.
- Frage: Muss der Verkauf von geerbten Gegenständen minderjähriger Kinder immer familiengerichtlich genehmigt werden?Antwort: Grundsätzlich ja, wenn der Verkauf eine Vermögensverfügung darstellt. Allerdings gibt es einige Ausnahmen, wie etwa den Verkauf eines geerbten Girokontos, solange der Geldbetrag nicht anderweitig angelegt oder verwendet wird (siehe OLG Köln, Beschluss vom 05.12.2017, Az. 16 Wx 179/17). Im Zweifel sollten Sie jedoch immer eine familiengerichtliche Genehmigung einholen, um mögliche Risiken und Haftung zu vermeiden.
- Frage: Fallen beim Verkauf von geerbten Gegenständen minderjähriger Kinder immer Steuern an?Antwort: Dies hängt vom Einzelfall ab: Bei der Erbschaftssteuer gibt es Freibeträge, die je nach Verwandtschaftsgrad zum Erblasser variieren. Bei der Einkommensteuer kommt es darauf an, ob die Spekulationsfristen oder andere steuerliche Regelungen (z. B. für Betriebsvermögen) eingehalten werden. Es empfiehlt sich, in Steuerangelegenheiten stets einen Steuerberater oder Rechtsanwalt zu konsultieren.
- Frage: Können die Eltern für den Verkauf geerbter Gegenstände ihrer minderjährigen Kinder haftbar gemacht werden?Antwort: Ja, wenn sie ihre Vermögenssorgepflicht (§ 1643 BGB) verletzen, z. B. indem sie den Verkauf ohne familiengerichtliche Genehmigung durchführen oder die geerbten Gegenstände zu einem unangemessen niedrigen Preis verkaufen. In solchen Fällen kann das Familiengericht den gesetzlichen Vertretern auf Antrag des Kindes eine Schadensersatzpflicht auferlegen (§ 1664 BGB).
Rechtliche Aspekte beim Verkauf von geerbten Gegenständen minderjähriger Kinder beachten
Der Verkauf von geerbten Gegenständen minderjähriger Kinder ist ein komplexes rechtliches Thema, das zahlreiche Aspekte des deutschen Erb- und Familienrechts betrifft. Um mögliche Risiken und Haftungen zu vermeiden, ist es wichtig, sich eingehend mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen auseinanderzusetzen und die entsprechenden Vorschriften – wie etwa die familiengerichtliche Genehmigung – einzuhalten. Steuerliche Aspekte sollten ebenso bedacht werden, um mögliche negative finanzielle Folgen abzuwenden.
Bei Unsicherheiten oder offenen Fragen empfiehlt es sich, einen erfahrenen Rechtsanwalt oder Steuerberater zu Rate zu ziehen.
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