Erbteilung von Immobilien – ein komplexes und emotional beladenes Thema, das viele Familien und Erbengemeinschaften vor große Herausforderungen stellt. Ein Haus oder eine Wohnung zu erben, ist nur der erste Schritt. Die eigentliche Schwierigkeit beginnt oft bei der Aufteilung der geerbten Immobilie unter den Erben. Wie geht man hierbei rechtssicher vor? Welche Schritte sind notwendig und welche rechtlichen Aspekte müssen beachtet werden? Diese und viele weitere Fragen beschäftigen Erben und Erbengemeinschaften gleichermaßen. In diesem Artikel erläutern wir das Thema detailliert und zeigen Ihnen praxisnahe Lösungen und rechtliche Hintergründe auf.
Erbengemeinschaft und die Erbteilung einer Immobilie
Wenn mehrere Personen eine Immobilie erben, entsteht eine Erbengemeinschaft. Diese Situation birgt oft Konfliktpotenzial, da alle Miterben gemeinsam über die Verwertung der Immobilie entscheiden müssen. Das deutsche Erbrecht sieht vor, dass die Erbengemeinschaft eine Gesamthandsgemeinschaft darstellt (§ 2032 BGB), das heißt, sie verwaltet das Erbe gemeinsam und trifft gemeinschaftliche Entscheidungen.
Gesetzliche Regelungen zur Erbteilung
Die Erbteilung richtet sich nach den gesetzlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und des Erbschaftssteuergesetzes (ErbStG). Zentral ist dabei § 2042 BGB, der die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft regelt. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Teilung in Natur: Wenn eine Immobilie räumlich in mehrere gleichwertige Teile aufgeteilt werden kann, kann dies eine Lösung sein. In der Praxis ist dies allerdings selten der Fall.
- Verkauf der Immobilie: Die Immobilie wird verkauft und der Erlös unter den Erben aufgeteilt. Dies ist häufig die praktikabelste Lösung.
- Übernahme durch einen Miterben: Ein Miterbe übernimmt die Immobilie und zahlt die anderen Miterben aus.
Die Rolle des Testaments
Ein Testament kann die Erbteilung erheblich erleichtern, indem es klare Vorgaben macht, wer welche Teile des Erbes erhält. Dies kann Spannungen in der Erbengemeinschaft reduzieren. Zu beachten ist, dass ein Testament formgerecht erstellt sein muss (§ 2247 BGB), um rechtswirksam zu sein.
Beispiel aus der Praxis
Einer unserer Mandanten, Herr M., erbte gemeinsam mit seinen zwei Geschwistern das Elternhaus. Im Testament war festgelegt, dass Herr M. das Obergeschoss erhalten soll, während seine Geschwister jeweils das Erdgeschoss und den Keller nutzen dürfen. Um den Teilen entsprechende Werte zuordnen zu können, wurde ein Immobiliengutachten erstellt. Auf diese Weise konnten Streitereien weitgehend vermieden werden.
Rechtliche Schritte zur Erbteilung
Die Erbteilung beginnt grundsätzlich mit der Ermittlung des Wertes der zu teilenden Immobilie. Hierzu sollte ein verkehrsfähiges Gutachten erstellt werden, um den aktuellen Marktwert zu bestimmen.
Wertermittlung einer Immobilie
Die Wertermittlung ist ein zentrales Element der Erbteilung. Der Verkehrswert wird durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Grundstücksbewertung ermittelt. Folgende Kriterien sind dabei maßgeblich:
- Lage der Immobilie
- Bausubstanz und Zustand der Immobilie
- Aktuelle Marktsituation
Teilungsversteigerung
Wenn sich die Erbengemeinschaft nicht einig wird, bleibt häufig nur die Teilungsversteigerung. Diese wird gemäß § 180 ZVG (Zwangsversteigerungsgesetz) durchgeführt. Dabei wird die Immobilie über das Amtsgericht meistbietend versteigert und der Erlös unter den Erben aufgeteilt. Eine Teilungsversteigerung sollte allerdings als letzter Ausweg betrachtet werden, da dabei in der Regel ein geringerer Preis erzielt wird als bei einem regulären Verkauf.
Notarielle Beglaubigungen und Verträge
Für die rechtsverbindliche Erbteilung sind meist notarielle Beglaubigungen nötig. Dazu gehört:
- Der Erbscheinsantrag (§ 2353 BGB)
- Die Auflassung für die Übertragung der Immobilie (§ 925 BGB)
- Kaufverträge, wenn ein Miterbe die Immobilie übernimmt
Fallstudie: Versuch der gütlichen Einigung
In einem weiteren Fall, den unsere Kanzlei betreut hat, erben zwei Geschwister eine Eigentumswohnung. Beide sind sich zunächst uneinig über die Zukunft der Immobilie – während die Schwester die Wohnung behalten möchte, favorisiert der Bruder einen Verkauf. Nach mehreren Treffen und Mediationen, an denen auch wir als Rechtsberater teilnahmen, gelingt es schließlich, eine Einigung zu erzielen. Die Schwester übernimmt die Wohnung und zahlt den Bruder aus. Der Betrag wurde durch ein unabhängiges Immobiliengutachten bestimmt.
Steuerliche Aspekte bei der Erbteilung
Bei der Erbteilung von Immobilien ist auch die steuerliche Seite zu beachten. Hierzu zählen vor allem die Erbschaftssteuer und steuerliche Abschreibungen. Das Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) legt fest, welcher Teil des Erbes steuerfrei bleibt und wie der steuerpflichtige Teil berechnet wird.
Freibeträge und Steuersätze
Der Freibetrag hängt vom Verwandtschaftsgrad ab:
- Ehegatten und eingetragene Lebenspartner: 500.000 Euro
- Kinder: 400.000 Euro
- Enkelkinder: 200.000 Euro
- Andere Erben: 20.000 Euro
Der darüber hinausgehende Betrag wird nach festgelegten Steuersätzen besteuert (§ 19 ErbStG):
- Für Ehegatten und Kinder: 7% bis 30%
- Für entfernte Verwandte und Fremde: 30% bis 50%
Immobilien steuerfrei erben
Unter bestimmten Umständen kann die geerbte Immobilie steuerfrei bleiben. Beispiel: Wenn der Ehegatte oder Kinder die Immobilie selbst bewohnen und dies über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren (§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG).
Praxistipp: Steuerliche Beratung
Es empfiehlt sich, frühzeitig steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Unser Mandant Herr F. hätte beinahe mehrere tausend Euro an Erbschaftssteuer gezahlt, obwohl ihm Freibeträge zustanden. Durch rechtzeitigen Hinweis und die Einholung eines Steuergutachtens konnte dies vermieden werden.
Praktische Tipps für die Erbteilung von Immobilien
Die Erbteilung einer Immobilie ist kein leichtes Unterfangen. Hier einige Tipps, wie Sie schwierige Situationen vermeiden können:
Kommunikation in der Erbengemeinschaft
Eine gute und offene Kommunikation ist oft der Schlüssel zur erfolgreichen Erbteilung. Regelmäßige Treffen und der Austausch über Wünsche und Vorstellungen können Missverständnisse und Konflikte vermeiden.
Checkliste: Wichtige Schritte bei der Erbteilung
- Bestandsaufnahme des Erbes und der Immobilie
- Gutachterliche Wertermittlung der Immobilie
- Klärung der persönlichen Präferenzen aller Erben
- Mediation oder rechtliche Beratung bei Uneinigkeiten
- Erstellung eines verbindlichen Teilungsplans
- Notarielle Beglaubigung der Aufteilung
- Steuerliche Prüfung und Beratung
Fazit: Erbteilung von Immobilien
Die Erbteilung von Immobilien erfordert fundiertes Wissen über das Erbrecht und eine gute Kommunikation innerhalb der Erbengemeinschaft. Von der Bewertung der Immobilie über die Erstellung eines Teilungsplans bis hin zur notariellen Beglaubigung und steuerlichen Beratung – jede Phase erfordert sorgfältiges Vorgehen. Sollten Sie bei der Erbteilung auf Schwierigkeiten stoßen oder rechtliche Fragen haben, steht Ihnen die Kanzlei Herfurtner zur Seite. Unsere erfahrenen Anwälte unterstützen Sie kompetent und zuverlässig. Kontaktieren Sie uns gerne für eine ersten Beratungstermin.
Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.
Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate
Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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