In diesem Blog-Beitrag werden wir uns ausführlich mit den Rechten und Pflichten von Fahrzeughaltern auseinandersetzen, wenn ihr Fahrzeug abgeschleppt wird oder abgeschleppt werden soll. Das Thema „Abschleppen“ ist immer wieder Gegenstand hitziger Diskussionen und führt nicht selten zu Streitigkeiten zwischen Fahrzeughaltern, Abschleppunternehmen und ordnungsbehördlichen oder privaten Verkehrsüberwachungsstellen. Daher ist es wichtig, die rechtlichen Grundlagen und die aktuelle Rechtsprechung im Detail zu kennen.
Inhalt
- Rechtliche Grundlagen zum Abschleppen von Fahrzeugen
- Pflichten des Fahrzeughalters bei drohendem Abschleppen
- Rechte des Fahrzeughalters gegenüber der Abschleppfirma und der Behörde
- FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Abschleppen
Rechtliche Grundlagen zum Abschleppen von Fahrzeugen
Zum besseren Verständnis der Rechte und Pflichten von Fahrzeughaltern im Zusammenhang mit Fahrzeug-Abschleppmaßnahmen sollten die einschlägigen rechtlichen Grundlagen bekannt sein. Dabei sind insbesondere folgende Regelungen von Bedeutung:
Straßenverkehrsordnung (StVO)
Die StVO regelt das Verhalten im Straßenverkehr und enthält auch Vorschriften, die das Abschleppen von Fahrzeugen betreffen. Insbesondere § 12 StVO („Halten und Parken“) und § 49a StVO („Beseitigung verkehrswidrig abgestellter Fahrzeuge“) sind hier relevant.
Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG)
Das VwVG enthält Bestimmungen zur Durchsetzung von Ordnungsmaßnahmen gegenüber Fahrzeughaltern, die gegen Verkehrsregeln verstoßen haben. Das Abschleppen eines Fahrzeugs kann danach als eine sog. Ersatzvornahme im Sinne des § 19 VwVG verstanden werden.
Ordnungsrecht der Bundesländer
Die Bundesländer haben eigene ordnungsrechtliche Regelungen erlassen, die u. a. das Parken und insbesondere auch die bestehenden Behördenbefugnisse in Bezug auf das Abschleppen von Fahrzeugen betreffen können. Diese Regelungen sind im jeweiligen Landesrecht zu finden, z. B. in den Polizei- und Ordnungsbehördengesetzen der Länder.
Die zitierten Regelungen betreffen sowohl das Abschleppen auf öffentlichen Straßen (z. B. wegen Falschparkens oder Behinderung von Rettungsfahrzeugen) als auch das Abschleppen von Fahrzeugen auf Privatgrund (z. B. bei verbotswidrigem Abstellen auf Privatparkplätzen).
Pflichten des Fahrzeughalters bei drohendem Abschleppen
Aufgrund der genannten rechtlichen Grundlagen ergeben sich für Fahrzeughalter verschiedene Pflichten im Zusammenhang mit Abschleppmaßnahmen. Diese betreffen insbesondere:
Auftreten eines Abschleppvorgangs vermeiden
Grundsätzlich sollte der Fahrzeughalter stets darauf achten, sein Fahrzeug ordnungsgemäß zu parken bzw. abzustellen, um mögliche Abschleppmaßnahmen von vornherein zu verhindern. Hierzu gehören z. B. die Beachtung von Halteverboten, das Respektieren von Rettungs- und Brandschutzvorschriften sowie die Einhaltung von zugewiesenen Parkflächen und Vorgaben auf Privatgrund.
Erkundigung nach ausreichenden Informationsangeboten
Fahrzeughalter sollten sich im idealfall der aktuellen Rechtsprechung und rechtlichen Rahmenbedingungen bewusst sein. Darüber hinaus sollten Beschilderungen sowie Warnungen akkurat wahrgenommen werden und Folge geleistet werden.
Rechtsverfolgungskosten beim Abschleppen
In Fallow können Abschleppmaßnahmen, die aufgrund eines tatsächlichen oder vermeintlichen Verstoßes gegen Verkehrsvorschriften oder wegen verbotswidrigem Parken oder Abstellen durchgeführt werden, erhebliche Kosten zur Folge haben. Fahrzeughalter sind grundsätzlich verpflichtet, diese Kosten, die sich aus der Ersatzvornahme im Sinne des § 19 VwVG ergeben, zu tragen.
Beispiele für Abschleppkosten
- Kosten für das eigentliche Abschleppen des Fahrzeugs,
- Kosten für die Verwahrung des Fahrzeugs auf dem Abschleppunternehmensgelände,
- Kosten für die Durchführung einer sog. Parkraumüberwachung im Falle einer bestehenden verbotswidrigen Situation,
- Kosten für die Verfolgung des rechtswidrigen Verhaltens des Fahrzeughalters (z. B. durch Anzeigeerstattung).
Ein Beispiel für die finanziellen Auswirkungen einer Abschleppmaßnahme liefert eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 (Az. 1 BvR 2434/14, 1 BvR 2785/14). In diesem Fall mussten die Kläger jeweils Abschleppkosten von über 200 Euro tragen, weil sie ihr Fahrzeug in einem Bereich abgestellt hatten, in dem das Parken verboten war.
Rechte des Fahrzeughalters gegenüber der Abschleppfirma und der Behörde
Auch wenn Fahrzeughalter grundsätzlich für die Kosten eines Abschleppvorgangs aufkommen müssen, können in Einzelfällen Rechte geltend gemacht werden. Hierunter fallen:
Anfechtung eines falschen Ordnungsbescheids (Widerspruchsverfahren)
Sollte ein Fahrzeughalter der Meinung sein, dass sein Fahrzeug abschleppen wurde, ohne dass ein tatsächlicher Verstoß gegen Verkehrsvorschriften oder sonstige Anordnungen vorgelegen hat, kann er einen vorhandenen Ordnungsbescheid anfechten. Hierzu dient das förmliche Widerspruchsverfahren gegenüber der zuständigen Behörde (§ 68 VwGO). Über den Widerspruch entscheidet die Behörde (§ 73 VwGO), sofern sie ihrem Bürger nicht bereits abhilft (§ 72 VwGO).
Klage vor dem Verwaltungsgericht
Wenn ein Widerspruch gegen einen Ordnungsbescheid keine Abhilfe schafft, kann der Fahrzeughalter Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben (§ 40 VwGO). Im Falle einer Klage kann das Gericht die Rechtmäßigkeit des Ordnungsbescheids überprüfen und ggf. aufheben (§ 113 VwGO).
Geltendmachung von Schadensersatz- oder Aufwendungsersatzansprüchen
Wenn dem Fahrzeughalter durch das Abschleppen seines Fahrzeugs ein Schaden entsteht, kann er Schadensersatzansprüche gegenüber dem für das Abschleppen verantwortlichen Abschleppunternehmen oder gegenüber der zuständigen Behörde geltend machen. Möglich ist dies insbesondere dann, wenn die Abschleppmaßnahme rechtswidrig war oder wenn bei der Durchführung des Abschleppvorgangs fahrlässig oder vorsätzlich ein Schaden am Fahrzeug verursacht wurde.
In Einzelfällen kommt auch der Ersatz von Aufwendungen, die dem Fahrzeughalter durch das Abschleppen entstanden sind (z. B. notwendige Taxifahrten zur Abholung des Fahrzeugs), in Betracht.
Abwehr von unberechtigten Forderungen
Der Fahrzeughalter kann sich gegen unberechtigte Forderungen seitens des Abschleppunternehmens oder der Behörde zur Wehr setzen. Dies betrifft insbesondere den Fall, dass überhöhte Abschleppkosten, Verwahrungs- oder Bearbeitungsgebühren verlangt werden. In solchen Fällen besteht ein Leistungsverweigerungsrecht des Fahrzeughalters.
Aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Abschleppen
Die Rechtsprechung zum Thema Abschleppen ist vielfältig und nimmt Einfluss auf die Rechte und Pflichten von Fahrzeughaltern. An dieser Stelle möchten wir Ihnen einige aktuelle Gerichtsurteile vorstellen, die für das Verständnis der Rechtslage relevant sind:
Bundesverfassungsgericht: Befugnisse der Behörden bei Parkverstößen
Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahr 2016 (Az. 1 BvR 2434/14, 1 BvR 2785/14) befasste sich mit der Frage, inwieweit Behörden dazu befugt sind, aufdringlich abgestellte Fahrzeuge abschleppen zu lassen. Das BVerfG stellte in seiner Entscheidung fest, dass eine Behörde grundsätzlich das Recht habe, bei einem Verstoß gegen Verkehrsvorschriften oder sonstige Anweisungen ein Fahrzeug abschleppen zu lassen und die Kosten dafür dem Fahrzeughalter aufzuerlegen. Die Richter wiesen jedoch darauf hin, dass dies nur dann gelte, wenn sich das Fahrzeug tatsächlich in einer verbotenen Parkzone befindet und nicht lediglich kurzfristig dort abgestellt wurde (z. B. zum Entladen von Gegenständen).
Bundesgerichtshof: Rechtswidrig abgestelltes Fahrzeug auf Privatparkplatz
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil aus dem Jahr 2019 (Az. V ZR 30/18) entschieden, dass ein Fahrzeughalter, der sein Fahrzeug auf einem fremden Privatparkplatz abstellt und somit rechtswidrig handelt, grundsätzlich für die Kosten aufzukommen hat, die dem Grundstückseigentümer durch das Abschleppen entstehen. Der BGH bestätigte mit dieser Entscheidung die Rechtsprechung der Vorinstanzen und stellte somit klar, dass auch rechtswidriges Parken auf Privatgrundstücken Abschleppmaßnahmen rechtfertigt und zu entsprechenden Kosten führen kann.
Oberverwaltungsgericht: Falschparker müssen Abschleppkosten zahlen
Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Az. 7 A 10730/14.OVG) befasste sich mit der Frage, ob ein Falschparker auch dann für die Abschleppkosten aufkommen muss, wenn die zuständige Behörde nicht persönlich anwesend war. Das Gericht entschied, dass dies der Fall sei, da die Verkehrsordnungswidrigkeit offensichtlich gewesen sei und somit auch ohne behördliche Anwesenheit feststellbar gewesen wäre.
Verwaltungsgericht: Abschleppkosten für Bahnhofsplatz-Parker
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe entschied in einem Urteil aus dem Jahr 2014 (Az. 2 K 2284/14), dass ein Fahrzeughalter, der seinen Wagen auf einem für Fußgänger und Radfahrer reservierten Bahnhofsplatz abgestellt hatte, für die Abschleppkosten aufkommen muss. Das Gericht sah es als gerechtfertigt an, dass die zuständige Behörde das Fahrzeug entfernen ließ, um die Gefährdung von Fußgängern und Radfahrern abzuwenden.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Abschleppen
Was kann ich tun, wenn mein Fahrzeug rechtswidrig abgeschleppt wurde?
Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihr Fahrzeug rechtswidrig abgeschleppt wurde, können Sie Widerspruch gegen den Ordnungsbescheid der zuständigen Behörde einlegen und ggf. eine Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Zudem können Sie Schadensersatzansprüche gegenüber der Abschleppfirma oder der Behörde geltend machen.
Wie hoch sind die Abschleppkosten im Durchschnitt?
Die Kosten für das Abschleppen eines Fahrzeugs variieren je nach Umfang der Maßnahme und Abschleppunternehmen. In der Regel liegen die Kosten für das eigentliche Abschleppen sowie die Verwahrung des Fahrzeugs zwischen 150 und 300 Euro. Hinzu können noch Überwachungsgebühren sowie Verwaltungskosten kommen.
Wer haftet für Schäden, die beim Abschleppen entstanden sind?
Grundsätzlich haftet das Abschleppunternehmen für Schäden, die beim Abschleppen entstanden sind. Hierbei kommt jedoch eine Haftung nur dann in Betracht, wenn das Abschleppunternehmen fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Im Falle einer rechtswidrigen Abschleppmaßnahme kann auch die zuständige Behörde haftbar gemacht werden.
Kann ein Fahrzeug auch auf Privatgrundstücken abgeschleppt werden?
Ja, rechtswidrig abgestellte Fahrzeuge können auch auf Privatgrundstücken abgeschleppt werden. Der Grundstückseigentümer hat in diesem Fall das Recht, das Fahrzeug auf Kosten des- Fahrzeughalters entfernen zu lassen. Hierbei sollte jedoch stets darauf geachtet werden, dass das Parkverbot auf dem Privatgrundstück deutlich gekennzeichnet ist.
Was passiert, wenn mein Fahrzeug nach dem Abschleppen nicht abgeholt wird?
Wird ein abgeschlepptes Fahrzeug nicht innerhalb einer festgelegten Frist abgeholt, kann das Abschleppunternehmen Verwahrungsgebühren erheben. Sollte das Fahrzeug auch nach Ablauf einer längeren Frist nicht abgeholt werden, kann das Fahrzeug unter Umständen verwertet oder versteigert werden. Hierbei sind jedoch die rechtlichen Bestimmungen zur Verwertung und Versteigerung von Fahrzeugen zu beachten.
Fazit
Fahrzeughalter haben sowohl Rechte als auch Pflichten, wenn es um das Abschleppen von Fahrzeugen geht. Wichtig ist, die rechtlichen Grundlagen und die aktuelle Rechtsprechung im Detail zu kennen, um im Ernstfall richtig handeln zu können. Bei Unsicherheiten oder Streitigkeiten rund um das Thema Abschleppen empfiehlt sich die Konsultation eines erfahrenen Rechtsanwalts, der im Verkehrsrecht tätig ist.
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