In den letzten Jahren hat sich die Nutzung von Eigentumswohnungen als Ferienwohnungen, besonders durch Plattformen wie Airbnb, rasant verbreitet. Diese Entwicklung hat vermehrt zu juristischen Auseinandersetzungen zwischen Wohnungseigentümern und Wohnungseigentümergemeinschaften geführt.
Dabei geraten die Rechte der Wohnungseigentümer, ihre Wohnungen ohne Restriktionen zu vermieten, häufig in Konflikt mit den Rechten der übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft, die einen ungestörten Gebrauch ihrer Wohnungen erwarten. In diesem Blog-Beitrag gehen wir auf die rechtlichen Aspekte ein und beantworten die Frage, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft die Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen verbieten kann.
Rechtliche Grundlagen
Die rechtlichen Grundlagen für die Nutzung von Wohnungen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft sind im deutschen Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt. Grundsätzlich hat jeder Wohnungseigentümer das Sondereigentum an seiner Wohnung inne und kann diese unabhängig von anderen Wohnungseigentümern nutzen.
Diese „Freiheit“, die Wohnung nach Belieben zu nutzen, unterliegt jedoch bestimmten Einschränkungen nach § 15 WEG und anderen Regelungen, insbesondere im Hinblick auf die Rücksichtnahme auf die übrigen Wohnungseigentümer.
Um zu erörtern, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft die Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung verbieten kann, muss sowohl die Teilungserklärung als auch die Gemeinschaftsordnung der jeweiligen Wohnungseigentümergemeinschaft geprüft und die aktuelle Rechtsprechung zu diesem Thema studiert werden.
Die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung
Die Teilungserklärung ist das zentrale Dokument, das den Status und die Eigentumsverhältnisse der Wohnungen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft festlegt. Sie legt unter anderem die jeweiligen Miteigentumsanteile der einzelnen Wohnungen, deren Abgrenzungen, die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums sowie das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung fest.
Die Gemeinschaftsordnung stellt eine Sammlung von Regelungen dar, die das Zusammenleben der Wohnungseigentümer regeln und verbindliche Regeln für die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und der jeweiligen Sondereigentümer vorgeben. Sie hat den Charakter einer Vereinbarung zwischen den Wohnungseigentümern und ist Bestandteil des Grundbuchs.
Ein prinzipielles Verbot der Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung kann – sofern darin enthalten – in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung verankert sein. Sollte ein solches Verbot dort enthalten sein, muss es unmissverständlich formuliert sein, um wirksam zu sein. Dabei ist stets auf die Auslegung der einzelnen Klauseln abzustellen, wobei Gerichte im Zweifel zugunsten der freien Gebrauchsbestimmung des Sondereigentums entscheiden.
Aktuelle Rechtsprechung zur Nutzung von Ferienwohnungen
Die deutsche Rechtsprechung zur Frage, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft die Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen verbieten kann, ist von einer Vielzahl unterschiedlicher Entscheidungen geprägt. Diese bieten jedoch eine gewisse Orientierung für die rechtliche Beurteilung dieses Themas. Im Folgenden werden einige wichtige Entscheidungen vorgestellt:
- Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 12. April 2019, Az. V ZR 112/18:Der BGH entschied, dass eine Ferienwohnungsnutzung grundsätzlich zulässig ist, wenn die jeweilige Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung keine ausdrücklichen Regelungen enthält, die eine solche Nutzung verbieten oder beschränken. In diesem Fall ist die Nutzung als Ferienwohnung von der allgemeinen Gebrauchsregelung gemäß § 15 Abs. 1 WEG gedeckt.
- Oberlandesgericht (OLG) München, Beschluss vom 25. September 2018, Az. 34 Wx 300/17:Das OLG München bestätigte, dass Ferienwohnungen zulässig sind, wenn in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung keine ausdrückliche Regelung enthalten ist, die diese Nutzung verbietet. Zugleich betonte das Gericht jedoch, dass eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung, die grundsätzlich eine Nutzung zu Wohnzwecken vorsieht, ausreicht, um eine Ferienwohnungsnutzung auszuschließen, wenn diese Regelung auch auf den Fall einer Ferienwohnung verweist und damit unmissverständlich ist.
- Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Urteil vom 29. Januar 2016, Az. 15 W 389/15:Das OLG Hamm führte aus, dass eine Regelung in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung, die vorsieht, dass die einzelnen Wohnungen „ausschließlich zu Wohnzwecken“ genutzt werden dürfen, nicht zwangsläufig eine Nutzung als Ferienwohnung ausschließt. Aus Sicht des Gerichts liegt auch bei einer Ferienwohnungsnutzung eine Wohnnutzung vor, solange die Ferienwohnungsgäste sich dort „zu Wohnzwecken“ aufhalten und nicht beispielsweise gewerbliche Tätigkeiten oder andere Nutzungszwecke verfolgen.
FAQs zur Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen
Im Folgenden werden einige häufig gestellte Fragen zur Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft behandelt.
Kann die Wohnungseigentümergemeinschaft in einer Eigentümerversammlung per Mehrheitsbeschluss die Ferienwohnungsnutzung verbieten?
Nein, grundsätzlich kann die Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen nicht per Mehrheitsbeschluss in einer Eigentümerversammlung verboten werden, wenn keine entsprechende Regelung in der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung enthalten ist. Dies wird in der aktuellen Rechtsprechung weitgehend übereinstimmend vertreten, soweit hier keine grundsätzlichen Störungen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens oder Gefahren für die übrigen Wohnungseigentümer ausgehen.
Welche Möglichkeiten haben Wohnungseigentümer, wenn sie durch die Ferienwohnungsnutzung von Nachbarwohnungen gestört werden?
Wenn sich erhebliche Störungen aufgrund der Ferienwohnungsnutzung ergeben, die konkret auf eine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Zusammenlebens zurückzuführen sind (z. B. Lärmbelästigung, Schäden am Gemeinschaftseigentum), können die betroffenen Wohnungseigentümer zivilrechtlich gegen den Sondereigentümer der betreffenden Wohnung vorgehen, z.B. durch Unterlassungs-, Schadensersatz- oder Schadensbeseitigungsansprüche.
Wie kann eine Änderung der Gemeinschaftsordnung herbeigeführt werden, um die Ferienwohnungsnutzung zu regulieren?
Um die Gemeinschaftsordnung zu ändern und so beispielsweise ein Verbot der Ferienwohnungsnutzung aufzunehmen, ist grundsätzlich die Zustimmung aller Wohnungseigentümer notwendig. Diese Zustimmung kann in einer Eigentümerversammlung herbeigeführt werden und muss dann notariell beglaubigt und im Grundbuch eingetragen werden.
In einigen Fällen kann eine qualifizierte Mehrheit ausreichen, wenn dies in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen ist – hierbei sollte jedoch unbedingt anwaltlicher Rat eingeholt werden, um die rechtlichen Voraussetzungen präzise zu klären.
Besteht ein Unterschied zwischen Ferienwohnungen und dauerhaften Mietverhältnissen bei der Beurteilung der Zulässigkeit in Wohnungseigentümergemeinschaften?
Ja, bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Ferienwohnungen in Wohnungseigentümergemeinschaften kann es unter Umständen zu einer anderen rechtlichen Bewertung kommen als bei dauerhaften Mietverhältnissen. Während bei der Vermietung einer Wohnung an Dauermieter grundsätzlich von einer Wohnnutzung im Sinne des § 15 WEG ausgegangen wird, liegt bei Ferienwohnungen eine zeitlich befristete Nutzung vor, die durch wechselnde Gäste geprägt ist.
Diese Besonderheiten können dazu führen, dass eine Ferienwohnungsnutzung im Einzelfall als Störung des gemeinschaftlichen Zusammenlebens angesehen wird oder in der jeweiligen Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung ausdrücklich ausgeschlossen wird.
Gibt es regional unterschiedliche Regelungen zur Nutzung von Ferienwohnungen in Wohnungseigentümergemeinschaften?
Grundsätzlich gelten für die Frage der Zulässigkeit von Ferienwohnungen in Wohnungseigentümergemeinschaften bundesweit die Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) sowie die jeweiligen Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen der einzelnen Wohnungseigentümergemeinschaften. Allerdings kann es regionale Unterschiede in Bezug auf baurechtliche Bestimmungen und kommunale Satzungen geben, die die Nutzung und Vermietung von Ferienwohnungen beschränken oder genehmigungspflichtig machen.
Wohnungseigentümer sollten daher auch die rechtlichen Rahmenbedingungen auf landes- und kommunaler Ebene beachten, bevor sie ihre Wohnung als Ferienwohnung nutzen oder vermieten.
Ferienwohnung-Verbot der Wohnungseigentümergemeinschaft: Rechtlich?
Die Frage, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft die Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen verbieten kann, hängt von den konkreten Regelungen in der jeweiligen Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung sowie der aktuellen Rechtsprechung ab. Grundsätzlich ist die Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen zulässig, sofern keine ausdrücklichen Regelungen dagegen in den genannten Dokumenten enthalten sind.
Dennoch können individuelle Fälle und Umstände zu anderen Ergebnissen führen.
Wohnungseigentümer, die beabsichtigen, ihre Wohnung als Ferienwohnung zu nutzen oder zu vermieten, sollten sich daher sowohl mit den Regelungen ihrer jeweiligen Wohnungseigentümergemeinschaft als auch mit der aktuellen Rechtsprechung vertraut machen. Im Zweifel empfiehlt es sich, rechtliche Beratung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt einzuholen, um mögliche Konflikte oder rechtliche Probleme zu vermeiden.
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