In der heutigen digitalisierten Welt ist der Online-Handel für viele Menschen zur bevorzugten Einkaufsmethode geworden. Diese Entwicklung hat jedoch nicht nur Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch Herausforderungen für beide Seiten – sowohl für Käuferinnen und Käufer als auch für Anbieterinnen und Anbieter.

Deshalb ist es wichtig, sich mit dem Fernabsatzvertrag auseinanderzusetzen, der die rechtlichen Grundlagen für den Online-Handel regelt und die Rechte der Verbraucher schützt.

In diesem Blog-Beitrag erfahren Sie alles Wissenswerte über Fernabsatzverträge, die dahinterstehenden Gesetze, Ihre Rechte und Pflichten als Verbraucher sowie die Rechte der Anbieter. Wir werden auch häufig gestellte Fragen (FAQs) beantworten und Beispiele aus der Praxis geben, um Ihnen ein umfassendes Verständnis dieser wichtigen Thematik zu ermöglichen.

Definition und rechtliche Grundlagen des Fernabsatzvertrags

Ein Fernabsatzvertrag ist ein Vertrag, der zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wird. Fernkommunikationsmittel sind solche, die zur Anbahnung oder zum Abschluss des Vertrags ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können. Dies umfasst beispielsweise:

  • Telefon
  • E-Mail
  • Fax
  • Online-Shops
  • Teilweise auch soziale Medien

Die rechtlichen Grundlagen für Fernabsatzverträge finden sich in verschiedenen Gesetzen und Vorschriften, die auf nationaler und europäischer Ebene gelten. In Deutschland sind dies insbesondere:

Auf europäischer Ebene sind die wichtigsten Gesetze und Richtlinien:

  • Die Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher
  • und die Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (ODR-Verordnung).

Die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher im Fernabsatz

Das Gesetz sieht eine Vielzahl von Rechten für Verbraucher im Online-Handel vor, um sie vor Nachteilen und negativen Erfahrungen zu schützen. Die wichtigsten Verbraucherrechte im Zusammenhang mit Fernabsatzverträgen sind:

Widerrufsrecht

Eines der grundlegenden Verbraucherrechte im Online-Handel ist das Widerrufsrecht. Es gibt dem Verbraucher das Recht, vom Vertrag zurückzutreten, ohne einen Grund angeben zu müssen. Die Widerrufsfrist beträgt in der Regel 14 Tage ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter die Waren erhalten hat. Für digitale Inhalte und Dienstleistungen beginnt die Frist, sobald der Vertrag geschlossen wurde.

Die Ausübung des Widerrufsrechts muss durch eine eindeutige Erklärung des Verbrauchers gegenüber dem Anbieter erfolgen, zum Beispiel per E-Mail. Nach erfolgtem Widerruf hat der Verbraucher weitere 14 Tage Zeit, die Ware zurückzusenden, und der Anbieter muss alle bereits geleisteten Zahlungen innerhalb von 14 Tagen zurückerstatten.

Es ist jedoch zu beachten, dass das Widerrufsrecht in einigen Fällen ausgeschlossen sein kann, beispielsweise bei:

  • Versiegelten Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde (z. B. Kosmetika),
  • Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind (z. B. Maßanfertigungen),
  • Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware, die in einer versiegelten Packung geliefert werden und deren Versiegelung nach Lieferung entfernt wurde,
  • und digitale Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn die Ausführung bereits mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers begonnen hat und dieser erklärt hat, dass er dadurch sein Widerrufsrecht verliert.

Informationsrecht

Bevor ein Verbraucher im Online-Handel einen Vertrag abschließt, hat er das Recht auf umfangreiche Informationen über den Anbieter und den Vertrag. Diese Informationspflichten dienen dazu, den Verbraucher umfassend über seine Rechte und Pflichten aufzuklären und ihm eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen.

Nach VInfoV und der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie gehören zu den Pflichtinformationen unter anderem:

  • Die Identität und Kontaktdaten des Unternehmers,
  • die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung,
  • der Gesamtpreis inklusive aller Steuern und Abgaben,
  • die Liefer- und Versandkosten,
  • die Zahlungsmodalitäten,
  • das Widerrufsrecht (inklusive Widerrufsbelehrung und -formular),
  • die Vertragssprache,
  • und die Gewährleistungsbedingungen.

Gewährleistungsrecht

Wie im „normalen“ Handel haben Verbraucher auch im Online-Handel das Recht auf Gewährleistung, das die Haftung des Anbieters für Sach- oder Rechtsmängel der Ware regelt. Bei mangelhafter Ware hat der Verbraucher grundsätzlich ein Recht auf Nacherfüllung (Reparatur oder Ersatzlieferung) oder – unter bestimmten Voraussetzungen – auf Minderung des Kaufpreises oder Rücktritt vom Vertrag. Die gesetzliche Gewährleistungsfrist beträgt zwei Jahre ab Übergabe der Ware.

Datenschutzrecht

Im Zusammenhang mit Online-Geschäften spielt auch das Datenschutzrecht eine wichtige Rolle, da personenbezogene Daten der Verbraucher verarbeitet werden (z. B. Name, Adresse, Zahlungsdaten). Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) regeln die Verarbeitung solcher Daten und geben dem Verbraucher unter anderem folgende Rechte:

  • Recht auf Auskunft über die verarbeiteten Daten,
  • Recht auf Berichtigung oder Löschung der Daten,
  • Recht auf Einschränkung der Verarbeitung,
  • Recht auf Widerspruch gegen die Verarbeitung,
  • und Recht auf Datenübertragbarkeit.

Die Anbieter sind verpflichtet, durch technische und organisatorische Maßnahmen den Schutz dieser Daten zu gewährleisten und die Verbraucher umfassend über die Datenverarbeitung zu informieren.

Die Rechte der Anbieter im Fernabsatz

Auch für die Anbieter von Waren und Dienstleistungen im Online-Handel gelten bestimmte Rechte, die jedoch überwiegend dazu dienen, ihre Interessen angemessen zu wahren und Missbräuchen vorzubeugen. Hierzu zählen unter anderem folgende Aspekte:

Recht auf Vertragsfreiheit

Grundsätzlich haben Anbieter das Recht auf Vertragsfreiheit, d. h. sie können entscheiden, mit wem sie Verträge abschließen möchten und welche Bedingungen sie dafür vorsehen. Allerdings muss diese Freiheit im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben stehen, insbesondere den Verbraucherschutzbestimmungen und dem Wettbewerbsrecht.

Recht auf angemessene Vergütung

Anbieter haben das Recht auf angemessene Vergütung für ihre Leistungen, d. h. sie können den Preis für ihre Waren oder Dienstleistungen im Rahmen der geltenden Gesetze frei gestalten. Bei der Ausgestaltung der Preise müssen jedoch Transparenz und Fairness gewährleistet sein, z. B. durch klare Preisangaben und die Einhaltung der Preisangabenverordnung (PAngV).

Recht auf Geltendmachung von Zahlungsansprüchen

Anbieter haben das Recht, ihre Zahlungsansprüche gegenüber den Verbrauchern geltend zu machen, wenn diese ihrer Zahlungspflicht nicht oder nicht fristgerecht nachkommen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, offene Forderungen gerichtlich geltend zu machen und Verzugszinsen oder Mahngebühren zu verlangen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind.

Recht auf Schutz vor Missbrauch des Widerrufsrechts

Obwohl das Widerrufsrecht für Verbraucher grundsätzlich ohne Angabe von Gründen besteht, dient es nicht dazu, missbräuchlich genutzt zu werden. Daher haben Anbieter das Recht, den Widerruf abzulehnen, wenn offensichtlich ist, dass dieser zur Umgehung von Kaufverpflichtungen oder zur unzulässigen Vorteilsnahme genutzt wird (z. B. regelmäßiger Kauf und Widerruf desselben Artikels).

Häufig gestellte Fragen (FAQs) zum Thema Fernabsatzvertrag

Entdecken Sie alle wichtigen und häufigen Fragen zum Thema.

Gilt der Fernabsatzvertrag auch für Privatverkäufe im Internet?

Nein, die Bestimmungen zum Fernabsatzvertrag gelten ausschließlich für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern. Bei Privatverkäufen im Internet, z. B. über Online-Marktplätze oder Auktionsplattformen, gelten die Regelungen zum Fernabsatzvertrag nicht. Allerdings können hier, je nach Plattform, gesonderte Regelungen oder gesetzliche Grundlagen greifen, wie z. B. das Fernabsatzgesetz bei eBay oder die Haftung für Sachmängel bei Privatverkäufen nach § 437 BGB.

Kann ich beim Kauf von digitalen Gütern wie E-Books oder Download-Software mein Widerrufsrecht ausüben?

Grundsätzlich haben auch Verbraucher, die digitale Güter wie E-Books oder Download-Software erwerben, ein Widerrufsrecht. Allerdings erlischt dieses Widerrufsrecht gemäß § 356 Abs. 5 BGB, wenn der Anbieter mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat, dass die Ausführung beginnen soll, und er gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht mit Beginn der Ausführung des Vertrags verliert.

In diesen Fällen ist ein Widerruf nicht mehr möglich.

Bin ich im Rahmen des Fernabsatzvertrags verpflichtet, meine Ware beim Widerruf auf eigene Kosten zurückzusenden?

Die Kosten der Rücksendung im Falle eines Widerrufs können sowohl vom Verbraucher als auch vom Anbieter getragen werden, je nachdem, was in den vertraglichen Bedingungen vereinbart wurde. Gemäß § 357 Abs. 2 BGB hat der Anbieter die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn er den Verbraucher darüber unterrichtet hat, dass er diese Kosten trägt. Hat der Anbieter den Verbraucher nicht darüber informiert, muss der Verbraucher die Kosten der Rücksendung selbst tragen.

Es ist jedoch immer ratsam, die individuellen Vertragsbedingungen hierzu genau zu prüfen, um Missverständnisse oder Streitigkeiten zu vermeiden.

Abschließende Hinweise und Empfehlungen

Der Fernabsatzvertrag und die damit verbundenen gesetzlichen Regelungen stellen im Online-Handel einen wichtigen Schutz für Verbraucher dar. Daher ist es für jeden, der im Internet Waren oder Dienstleistungen erwerben möchte, notwendig, die eigenen Rechte und Pflichten sowie diejenigen der Anbieter zu kennen und zu verstehen.

Um negative Erfahrungen oder rechtliche Streitigkeiten zu vermeiden, empfehlen wir, sich vor jedem Kauf gründlich über den Anbieter, die Vertragsbedingungen und die geltenden Rechte und Gesetze zu informieren. Bei Unsicherheiten oder Problemen kann die Beratung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt eine große Hilfe sein und dazu beitragen, Ihre Rechte effektiv durchzusetzen.

Als Anwaltskanzlei mit langjähriger Erfahrung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung, um Sie bei Fragen und rechtlichen Anliegen rund um das Thema Fernabsatzvertrag zu unterstützen und zu beraten. Kontaktieren Sie uns einfach, wenn Sie professionelle Hilfe oder weitere Informationen benötigen.

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