In der Immobilienbranche sind Transaktionen wie der Kauf und Verkauf von Immobilien eine alltägliche Angelegenheit. Ein beliebtes Verfahren ist der sogenannte freihändige Verkauf, der mittlerweile eine immer größere Rolle einnimmt. In diesem Blog-Beitrag beleuchten wir die rechtlichen Aspekte dieses Verkaufsprozesses und geben wertvolle Tipps aus der Perspektive einer erfahrenen Anwaltskanzlei. Erfahren Sie, wie der freihändige Verkauf funktioniert, welche Vor- und Nachteile er hat und wie Sie sich vor rechtlichen Fallstricken schützen können.
Was ist ein freihändiger Verkauf?
Der freihändige Verkauf, auch als privater Verkauf bezeichnet, ist ein Verfahren, bei dem Immobilien wie Häuser, Wohnungen oder Grundstücke von einem Verkäufer direkt an einen Käufer verkauft werden – ohne Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und ohne Beteiligung einer Auktion oder eines Bieterverfahrens. Dieser Verkaufsprozess unterscheidet sich von einer Zwangsversteigerung oder einem freihändigen Verkauf im Zuge eines gerichtlichen Verfahrens, bei dem das Objekt in der Regel zwangsweise verwertet wird.
Die Rolle des Notars beim freihändigen Verkauf
Bei einem freihändigen Verkauf ist die Mitwirkung eines Notars erforderlich, um den Kaufvertrag rechtskräftig zu beurkunden. Der Notar hat dabei die Aufgabe, die Identität der Vertragsparteien festzustellen, die Angaben zum Objekt und zum Kaufpreis zu überprüfen, die nötigen Eingetragensvormerkungen im Grundbuch vorzunehmen und die Zahlungsmodalitäten sowie die Übergabe des Objekts zu regeln. Darüber hinaus hat der Notar eine beratende Funktion und informiert die Parteien über ihre Rechte und Pflichten.
Vorteile des freihändigen Verkaufs
Für Verkäufer und Käufer bietet der freihändige Verkauf verschiedene Vorteile:
- Freiheit in der Vertragsgestaltung: Beide Parteien können vertragliche Bestimmungen wie den Kaufpreis, die Zahlungsmodalitäten oder die Übergabe individuell aushandeln und damit ihren Bedürfnissen anpassen.
- Flexibilität im Verkaufsprozess: Im Gegensatz zu einer Auktion gibt es beim freihändigen Verkauf keine festgelegten Termine und keine vorgeschriebenen Fristen, sodass der Verkaufsprozess schneller oder langsamer ablaufen kann, je nach Wunsch der Parteien.
- Zeitersparnis: Da keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder gerichtlichen Verfahren notwendig sind, sparen die Parteien sowohl Zeit als auch Kosten.
- Privatsphäre: Im Gegensatz zu öffentlichen Versteigerungen bleibt der Verkaufsprozess beim freihändigen Verkauf diskret und unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
- Geringeres Risiko von Rechtsstreitigkeiten: Durch die individuelle Vertragsgestaltung und die Beratung und Beurkundung durch den Notar verringert sich die Wahrscheinlichkeit von späteren Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien.
Nachteile des freihändigen Verkaufs
Der freihändige Verkauf hat jedoch auch mögliche Nachteile für Verkäufer und Käufer:
- Geringere Preistransparenz: Im Gegensatz zu einer Auktion, bei der der Preis durch ein offizielles Bieterverfahren ermittelt wird, basiert der Kaufpreis beim freihändigen Verkauf auf Verhandlungen der Parteien und kann dadurch weniger transparent und marktgerecht sein.
- Möglicherweise längere Verkaufsdauer: Ein freihändiger Verkauf kann länger dauern als eine Auktion, da die Parteien Verhandlungen führen müssen und keinen festen Verkaufstermin haben.
- Risiko von Manipulationen: Da der Verkaufsprozess diskret und ohne direkte Kontrolle durch eine Zwangsvollstreckungsbehörde abläuft, besteht grundsätzlich ein erhöhtes Risiko, dass Manipulationen stattfinden. Allerdings wird dies durch die notarielle Beurkundung und deren Vorschriften eingedämmt.
Rechtliche Aspekte des freihändigen Verkaufs
Bei einem freihändigen Verkauf müssen Verkäufer und Käufer verschiedene rechtliche Aspekte beachten:
Vertragliche Vereinbarungen
Der Kaufvertrag bildet die rechtliche Grundlage für den freihändigen Verkauf. Er sollte mindestens die folgenden Aspekte regeln:
- Parteien des Vertrags (Verkäufer und Käufer)
- Objekt und dessen genaue Bezeichnung (z. B. Adresse, Flurstück, Grundbuchblatt)
- Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten
- Übergabe und Nutzungsbeginn
- Haftung für Mängel und Sachmängelgewährleistung
- Regelungen zu Grundstücksbelastungen, wie z. B. Grundschulden, Dienstbarkeiten und Baulasten
- Widerrufsrecht nach dem Fernabsatzgesetz, falls zutreffend
Der Vertrag sollte darüber hinaus Regelungen zur Haftung des Verkäufers für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen (z. B. Nachzahlungen von Grundsteuern) und Schadenersatzansprüche Dritter enthalten, etwa wegen Verletzung von Nachbarrechten oder Bauvorschriften.
Notarielle Beurkundung
Der Kaufvertrag muss notariell beurkundet werden, um wirksam zu sein. Die notarielle Beurkundung dient der Sicherheit der Vertragsparteien und der Rechtsklarheit. Der Notar hat dabei die Pflicht, die Vertragsparteien objektiv zu beraten und sie auf mögliche Risiken und rechtliche Folgen hinzuweisen.
Grundbuch
Der Käufer sollte vor dem Abschluss des Kaufvertrags das Grundbuch einsehen, um sicherzustellen, dass keine unerwarteten Belastungen oder Beschränkungen des Grundstücks bestehen. Dazu gehört auch die Prüfung, ob das Grundstück oder die Immobilie bereits mit Grundpfandrechten oder anderen grundbuchlichen Sicherheiten belastet ist.
Nach Abschluss des Kaufvertrags und nach der Zahlung des Kaufpreises erfolgt die Eintragung des Käufers als neuer Eigentümer ins Grundbuch. Dazu benötigt der Käufer eine sog. Auflassungsvormerkung, die der Notar für ihn beantragt.
Sicherung des Kaufpreises
Um sicherzustellen, dass der Käufer den vereinbarten Kaufpreis an den Verkäufer zahlt, können verschiedene Sicherheiten vereinbart werden, wie z. B. eine Banksicherheit, ein Garantieversprechen oder eine Vorauszahlungsbürgschaft. Häufig wird der Kaufpreis über ein Notaranderkonto abgewickelt, auf das der Käufer den Kaufpreis einzahlt und das der Notar erst dann an den Verkäufer überweist, wenn alle Voraussetzungen für die Eigentumsübertragung erfüllt sind.
Steuerliche Aspekte
Der Verkauf von Immobilien löst in der Regel eine Grunderwerbsteuer aus, die vom Käufer zu entrichten ist. Die Höhe dieser Steuer variiert je nach Bundesland und beträgt zwischen 3,5 % und 6,5 % des Kaufpreises. Die Grunderwerbsteuer wird vom Finanzamt berechnet und ist eine Voraussetzung für die Eintragung des Käufers ins Grundbuch.
Bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer ist zu beachten, dass diese nur auf den Grundstückswert und nicht auf den Wert der vorhandenen Gebäude erhoben wird, sofern diese getrennt voneinander verkauft werden. In diesem Fall sollten die Vertragsparteien eine Aufteilung des Kaufpreises auf das Grundstück und die Gebäude vereinbaren.
Der Verkauf von Immobilien kann unter Umständen auch Einkommensteuerpflichten für den Verkäufer auslösen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verkäufer die Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb wieder verkauft (sog. Spekulationssteuer). Dabei handelt es sich um eine sog. einkommensteuerliche Veräußerungsgewinnbesteuerung, bei der der Gewinn aus dem Verkauf der Immobilie als Einkommen versteuert wird. Ausnahmen gelten, wenn die Immobilie ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.
Tipps für Käufer und Verkäufer
Für Käufer
- Informieren Sie sich gründlich über das Objekt und dessen Wert. Ein Gutachten oder Wertgutachten kann hilfreich sein, um den Markt- oder Verkehrswert der Immobilie zu ermitteln. Nutzen Sie auch Informationsquellen wie der Gutachterausschuss für Grundstückswerte.
- Führen Sie eine sorgfältige Prüfung des Grundbuchs durch, um sicherzustellen, dass keine unerwünschten Belastungen oder Beschränkungen bestehen.
- Beauftragen Sie einen Rechtsanwalt oder Notar, um den Kaufvertrag auf rechtliche Fehler und mögliche Risiken zu prüfen.
- Klären Sie vorab die Finanzierung und berechnen Sie, welche Kosten neben dem Kaufpreis auf Sie zukommen (z. B. Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchkosten).
- Prüfen Sie, ob öffentliche Fördermittel oder zinsgünstige Kredite für den Erwerb der Immobilie verfügbar sind.
Für Verkäufer
- Führen Sie eine realistische Preisanalyse durch, um den Wert Ihrer Immobilie zu ermitteln. Oftmals kann hierfür auch ein Immobilienmakler herangezogen werden.
- Erstellen Sie ein aussagekräftiges und detailliertes Exposé, um potenzielle Käufer bestmöglich über Ihre Immobilie zu informieren. Dazu gehören Informationen über Lage, Größe, Ausstattung, Baujahr, Energieausweis und Sanierungsmaßnahmen.
- Klären Sie, ob Ihr Grundstück mit Grundpfandrechten oder anderen Belastungen behaftet ist, und sorgen Sie gegebenenfalls für deren Löschung.
- Bereiten Sie alle wichtigen Unterlagen vor, wie z. B. Grundbuchauszüge, Bauzeichnungen, Grundrisse, Flurkarten und Nachweise über durchgeführte Sanierungsmaßnahmen.
- Sorgen Sie für einen guten ersten Eindruck, indem Sie notwendige Reparaturen durchführen und die Immobilie ansprechend präsentieren.
FAQs
Wir haben die Antworten auf die oft gestellten Fragen hier für Sie zusammengestellt.
Was ist der Unterschied zwischen einem freihändigen Verkauf und einer Zwangsversteigerung?
Beim freihändigen Verkauf handelt es sich um einen Verkaufsprozess, bei dem Immobilien von einem Verkäufer direkt an einen Käufer verkauft werden, ohne Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und ohne Beteiligung einer Auktion oder eines Bieterverfahrens. Bei einer Zwangsversteigerung handelt es sich um eine öffentliche Versteigerung, bei der ein Objekt aufgrund einer gerichtlichen Verfügung bzw. Vollstreckungsmaßnahme zwangsweise verwertet wird.
Wie ist der Ablauf eines freihändigen Verkaufs?
Der Ablauf eines freihändigen Verkaufs umfasst die folgenden Schritte:
- Verkäufer und Käufer einigen sich auf den Verkauf der Immobilie und den Kaufpreis.
- Vertragsparteien beauftragen einen Notar, der den Kaufvertrag aufsetzt und beurkundet.
- Käufer zahlt den Kaufpreis, in der Regel über ein Notaranderkonto.
- Notar beantragt die Eintragung des Käufers ins Grundbuch und die Auflassungsvormerkung.
- Übergabe und Nutzungsbeginn der Immobilie.
Muss ein freihändiger Verkauf notariell beurkundet werden?
Ja, ein freihändiger Verkauf muss notariell beurkundet werden, um wirksam zu sein. Die Notarielle Beurkundung dient der Sicherheit der Vertragsparteien und der Rechtsklarheit.
Was sind die rechtlichen Risiken beim freihändigen Verkauf für Käufer und Verkäufer?
Zu den rechtlichen Risiken beim freihändigen Verkauf zählen unter anderem:
- Nichteinhaltung von vertraglichen Vereinbarungen, z. B. Zahlung des Kaufpreises oder Übergabe der Immobilie
- Unklare oder fehlerhafte Regelungen im Kaufvertrag, etwa hinsichtlich Haftung für Mängel oder Grundstücksbelastungen
- Unentdeckte Mängel oder Belastungen des Objekts, die einen Wertverlust oder Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen können
Um diese Risiken zu minimieren, sollten beide Vertragsparteien sorgfältig Informationen einholen, rechtliche Beratung in Anspruch nehmen und auf die korrekte Abwicklung des Verkaufsprozesses achten.
Was ist der Unterschied zwischen einem freihändigen Verkauf und einem Verkauf durch eine Auktion?
Beim freihändigen Verkauf erfolgt der Verkauf einer Immobilie direkt zwischen Verkäufer und Käufer ohne Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und ohne Beteiligung einer Auktion oder eines Bieterverfahrens. Bei einer Auktion handelt es sich um einen Verkaufsprozess, bei dem Immobilien öffentlich versteigert werden und der Meistbietende den Zuschlag erhält. Eine Auktion kann sowohl freiwillig als auch als Zwangsversteigerung erfolgen.
Kann ich meinen Verkauf über das Internet abwickeln?
Grundsätzlich können Sie den Verkauf Ihrer Immobilie über das Internet abwickeln, z. B. über Online-Plattformen oder Maklerportale. Allerdings ist dabei zu beachten, dass der Kaufvertrag nach wie vor notariell beurkundet werden muss und die persönliche Anwesenheit der Vertragsparteien bei der Beurkundung erforderlich ist. Außerdem sollte der Käufer die Immobilie vor dem Kauf persönlich besichtigen.
Welche Gebühren und Kosten fallen beim freihändigen Verkauf an?
Beim freihändigen Verkauf fallen für Käufer und Verkäufer verschiedene Gebühren und Kosten an, z. B.:
- Grunderwerbsteuer (Käufer)
- Notargebühren und Grundbuchkosten (in der Regel hälftig von Käufer und Verkäufer zu tragen)
- Ggf. Kosten für Rechtsberatung, Gutachten, Maklerprovision oder andere Dienstleistungen (abhängig von den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien)
Fazit
Der freihändige Verkauf bietet für Verkäufer und Käufer eine flexible und diskrete Möglichkeit, Immobilien zu handeln. Die Beteiligten sollten jedoch sorgfältig auf die rechtlichen Aspekte und potenziellen Risiken achten, um spätere Rechtsstreitigkeiten und finanzielle Verluste zu vermeiden. Eine gute Vorbereitung, umfassende Informationen und die Inanspruchnahme professioneller Beratung durch Notare, Anwälte oder Immobilienmakler sind dabei entscheidend für den Erfolg dieses Verkaufsmodells.
Eine erfahrene Anwaltskanzlei kann Sie zuverlässig bei allen rechtlichen Aspekten des freihändigen Verkaufs unterstützen – von der Prüfung eines Kaufvertrags bis hin zur Klärung von Haftungsfragen und Grundbuchangelegenheiten. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wenn Sie Fragen zum freihändigen Verkauf haben oder rechtliche Unterstützung benötigen.
Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.
Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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