Als erfahrener Rechtsanwalt begegne ich häufig Fällen, in denen Parteien rechtliche Ansprüche gegeneinander haben. Wenn Sie mit einer Klage konfrontiert sind, haben Sie möglicherweise auch eigene Ansprüche gegen Ihren Gegner. In diesem umfangreichen Artikel werde ich alle wichtigen Aspekte einer Gegenklage behandeln, einschließlich rechtlicher Grundlagen, Beispiele, Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen (FAQs).

Rechtliche Grundlagen der Gegenklage

Die Gegenklage ist ein Rechtsbehelf, der es einer Person oder Organisation ermöglicht, gegen den Kläger im selben Gerichtsverfahren zurückzuklagen. Laut §§ 33, 395 der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) kann eine Gegenklage entweder aus derselben Streitigkeit wie die ursprüngliche Klage entstehen oder eine separate Streitigkeit betreffen, die im Zusammenhang damit steht. Eine erfolgreiche Gegenklage kann dazu führen, dass das Gericht entweder die ursprüngliche Klage abweist oder in Teilen oder vollständig aufrechnet.

Wann ist eine Gegenklage angebracht?

Bevor Sie eine Gegenklage in Betracht ziehen, sollten Sie die folgenden Faktoren berücksichtigen:

  • Die Relevanz der Gegenklage zur ursprünglichen Klage: Gegenklagen, die aus derselben Streitigkeit entstehen oder eng damit verbunden sind, werden eher zugelassen.
  • Verjährungsfristen: Stellen Sie sicher, dass Ihre Gegenklage nicht verjährt ist. Andernfalls können Sie Ihren Anspruch möglicherweise nicht mehr geltend machen.
  • Die Erfolgsaussichten der Gegenklage: Sie sollten Ihre Chancen auf eine erfolgreiche Gegenklage zusammen mit einem erfahrenen Anwalt bewerten.

Prozess der Gegenklage

Um eine Gegenklage einzureichen, müssen Sie die folgenden Schritte ausführen:

  1. Beendigung der Klagefrist: In der Regel müssen Sie die Gegenklage einreichen, bevor die Klagefrist (in der Regel 2 Wochen) abläuft. In bestimmten Fällen kann das Gericht jedoch eine erweiterte Frist gewähren.
  2. Einreichung der Gegenklage: Sie oder Ihr Anwalt müssen die Gegenklage schriftlich beim zuständigen Gericht einreichen. Die Gegenklage muss alle relevanten Informationen enthalten, einschließlich Ihrer Forderungen gegen den Kläger und der rechtlichen Grundlage für die Gegenklage.
  3. Zustellung der Gegenklage: Das Gericht wird dem Kläger die Gegenklage zustellen. Der Kläger hat dann die Möglichkeit, auf die Gegenklage zu reagieren und eigene Beweise vorzulegen.
  4. Beweisaufnahme und mündliche Verhandlung: Beide Parteien haben die Möglichkeit, Beweise vorzulegen und Zeugen zu benennen. In einigen Fällen kann das Gericht auch eine mündliche Verhandlung anberaumen, um die Sachlage zu klären.
  5. Urteil: Das Gericht wird über die Hauptklage und die Gegenklage entscheiden. Je nach Verfahrensausgang kann der Kläger ganz oder teilweise obsiegen oder der Beklagte mit seiner Gegenklage Erfolg haben.
  6. Rechtsmittelfrist: Beide Parteien haben die Möglichkeit, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Die Rechtsmittelfrist hängt von den Umständen des Falles ab und beträgt in der Regel einen Monat.

Beispiele für erfolgreiche Gegenklagen

Es gibt eine Vielzahl von Fällen, in denen Gegenklagen erfolgreich waren. Im Folgenden sind einige Beispiele aufgeführt:

  • Vertragsstreitigkeiten: In einem Fall, in dem ein Auftraggeber wegen mangelhafter Arbeit klagte, konnte der Auftragnehmer eine Gegenklage einreichen und erfolgreich nachweisen, dass die Mängel aufgrund von vertragswidrigem Verhalten des Auftraggebers entstanden waren. Im Ergebnis wurde die ursprüngliche Klage abgewiesen und der Auftragnehmer erhielt Schadensersatz.
  • Unberechtigte Kündigung: Ein Arbeitnehmer, der wegen angeblich schlechter Arbeitsleistung entlassen wurde, erhob eine erfolgreiche Gegenklage gegen den Arbeitgeber. Er konnte nachweisen, dass die Kündigung diskriminierend war und erhielt eine Entschädigung für die unrechtmäßige Kündigung.
  • Geistiges Eigentum: In einem Fall, in dem ein Unternehmen von einem Konkurrenten wegen Patentrechtsverletzung verklagt wurde, legte das beklagte Unternehmen eine Gegenklage ein und konnte belegen, dass das Patent des Konkurrenten ungültig war. Daraufhin wurde das Patent aufgehoben und die ursprüngliche Klage abgewiesen.

Aktuelle Gerichtsurteile zu Gegenklagen

Es gibt eine Reihe interessanter Gerichtsurteile, die Gegenklagen betreffen. Zwei dieser Urteile sind besonders aufschlussreich:

  1. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 19. Juli 2018 (Az. I ZR 104/17):In diesem Fall hat der BGH die Gegenklage eines Autoherstellers zugelassen, der eine Reparaturanleitung erfolgreich vor einem Wettbewerber schützen wollte. Die Gegenklage wurde zugelassen, obwohl sie zum Teil verjährt war, weil das Gericht die Wettbewerbswidrigkeit im betreffenden Zeitraum als fortgesetzten Verstoß wertete.
  2. Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 13. Dezember 2018 (Az. 29 U 1582/18):Das OLG München hat entschieden, dass eine Gegenklage auch dann begründet sein kann, wenn der Hauptanspruch eines geschädigten Verbrauchers zunächst nur auf Minderung gerichtet ist. In diesem Fall konnte jedoch keine erfolgreiche Gegenklage auf Schadensersatz erhoben werden, weil dem Verkäufer weder eine Pflichtverletzung noch eine Kausalität zur Last gelegt werden konnte.

FAQs – Häufig gestellte Fragen

Kann ich eine Gegenklage einreichen, obwohl die Hauptklage bereits von einem Gericht abgewiesen wurde?

Grundsätzlich können Sie auch dann noch eine Gegenklage einreichen, wenn die Hauptklage bereits abgewiesen wurde. Allerdings sollte die Gegenklage in einem solchen Fall nicht als bloße Taktik oder Verzögerungsversuch angesehen werden, sondern lediglich zur Durchsetzung berechtigter Forderungen dienen.

Unterliegt eine Gegenklage denselben Verjährungsfristen wie die Hauptklage?

Ja, im Allgemeinen unterliegen Gegenklagen denselben Verjährungsfristen wie die Hauptklage. Die Fristen variieren je nach Art der Forderung und können in manchen Fällen jedoch auch abweichend geregelt sein.

Wie hoch sind die Gerichts- und Anwaltskosten für eine Gegenklage?

Die Kosten für eine Gegenklage richten sich nach dem Streitwert und den gesetzlichen Gebührentabellen. Je höher der Streitwert, desto höher sind die Gerichts- und Anwaltskosten. Es ist jedoch wichtig zu bedenken, dass die Partei, die im Prozess unterliegt, in der Regel die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Anwaltskosten der Gegenseite, tragen muss.

Wann sollte ich einen Anwalt für die Gegenklage beauftragen?

Es ist ratsam, einen erfahrenen Anwalt bereits frühzeitig zu Rate zu ziehen, um die Erfolgsaussichten der Gegenklage zu prüfen und um sicherzustellen, dass alle Verfahrensschritte ordnungsgemäß durchgeführt werden.

Fazit

Die Gegenklage ist ein wichtiges rechtliches Instrument, das es Ihnen ermöglicht, eigene Ansprüche gegen den Kläger zu erheben und eine effektive Verteidigung aufzubauen. Bevor Sie eine Gegenklage einreichen, ist es entscheidend, die relevanten Faktoren wie Relevanz, Verjährung und Erfolgsaussichten zu prüfen. Die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Anwalt kann dazu beitragen, die Chancen auf eine erfolgreiche Gegenklage zu maximieren und die bestmögliche Verteidigung aufzubauen.

Insgesamt kann die Einreichung einer Gegenklage nicht nur eine effektive Verteidigung gegen die ursprüngliche Klage sein, sondern auch zur Geltendmachung eigener berechtigter Forderungen dienen. Eine sorgfältige Analyse und Beratung durch einen kompetenten Rechtsanwalt ist jedoch unerlässlich, um das Beste aus Ihrer Gegenklage herauszuholen und Ihre Interessen effektiv zu schützen.

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