Das Gerätesicherheitsgesetz (ProdSG) wurde eingeführt, um den Verbraucherschutz und die Sicherheit von Produkten auf dem deutschen Markt zu gewährleisten. Als Hersteller oder Importeur von Produkten ist es entscheidend, die Bestimmungen des ProdSG zu verstehen und einzuhalten, da Verstöße in schwerwiegenden Strafen und Haftungsrisiken resultieren können. In diesem Blogbeitrag werden wir die rechtlichen Grundlagen des ProdSG, die Verantwortlichkeiten der beteiligten Parteien, relevante Gesetze und Gerichtsurteile, häufig gestellte Fragen und praktische Hinweise erörtern, um Ihnen zu helfen, navigieren und konform zu bleiben.

Rechtlicher Hintergrund des Gerätesicherheitsgesetzes

Das Gerätesicherheitsgesetz ist ein deutsches Bundesgesetz, das am 01. Dezember 2011 in Kraft getreten ist und die Vorgaben der 2001/95/EG-Richtlinie (allgemeine Produktsicherheit) in nationales Recht umsetzt. Es regelt die Bereitstellung von Produkten auf dem deutschen Markt, mit dem Ziel, die Sicherheit und den Schutz von Verbrauchern zu gewährleisten. Das ProdSG bietet umfassende Vorgaben und Regeln, die Hersteller, Einführer und Händler von Produkten beachten müssen. Die folgenden Abschnitte bieten einen Überblick über die wichtigsten Bestimmungen und Verfahren im ProdSG.

Anwendungsbereich des Gerätesicherheitsgesetzes

Das ProdSG gilt für eine breite Palette von Produkten, die auf dem deutschen Markt bereitgestellt werden. Die wichtigsten Kategorien von Produkten, die vom ProdSG betroffen sind, sind:

  • Verbrauchsprodukte: Gegenstände, die von Verbrauchern hauptsächlich zum privaten Gebrauch bestimmt sind oder die voraussichtlich von Verbrauchern in erheblichem Umfang verwendet werden.
  • Arbeitsmittel: Produkte, die von Arbeitnehmern im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit verwendet werden.
  • Messgeräte: Instrumente, die zur Messung von Mengen oder zur Bestimmung von Werten dienen.
  • Explosivstoffe: Gewerbsmäßig herzustellende Stoffe und Gemische aus Stoffen mit explosionsgefährlichen Eigenschaften.

Es gibt jedoch einige Ausnahmen und spezifische Regelungen für bestimmte Arten von Produkten, zum Beispiel Medizinprodukte, Lebensmittel oder Produkte, die bereits durch andere Rechtsvorschriften geregelt sind.

Verantwortlichkeiten der beteiligten Parteien

Das ProdSG legt die Verantwortlichkeiten der verschiedenen Akteure entlang der Lieferkette fest, darunter Hersteller, Einführer, Händler und Inverkehrbringer:

Hersteller

Hersteller sind Personen oder Unternehmen, die ein Produkt entwickeln und herstellen oder solche, die sich als Hersteller ausgeben, indem sie ihr eigenes Warenzeichen oder ihren eigenen Namen auf einem bestehenden Produkt anbringen. Hersteller haben unter anderem folgende Pflichten:

  • Sicherstellen, dass ihre Produkte den geltenden Sicherheitsanforderungen entsprechen und kein Risiko für Verbraucher oder andere Benutzer darstellen.
  • Die Productsicherheitsakte erstellen und mindestens zehn Jahre lang aufbewahren.
  • Eine Risikobewertung durchführen, um potenzielle Gefahren und Risiken zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen.
  • Die CE-Kennzeichnung, Typen-, Chargen- oder Seriennummer auf dem Produkt oder seiner Verpackung anbringen, um die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten.
  • Eine Betriebsanleitung und Sicherheitsinformationen in deutscher Sprache zur Verfügung stellen.
  • Kooperieren mit den zuständigen Behörden, um Risiken und Unfälle zu melden und Maßnahmen zum Rückruf oder zur Rücknahme von Produkten zu ergreifen.

Einführer

Einführer sind Personen oder Unternehmen, die Produkte aus Drittländern in die Europäische Union importieren und auf den Markt bringen. Einführer haben unter anderem folgende Pflichten:

  • Sicherstellen, dass die von ihnen eingeführten Produkte den geltenden Sicherheitsanforderungen entsprechen und kein Risiko für Verbraucher oder andere Benutzer darstellen.
  • Überprüfung der Konformität der Produkte und der erforderlichen Dokumentation, bevor sie auf dem Markt bereitgestellt werden.
  • Kooperieren mit den zuständigen Behörden, um Risiken und Unfälle zu melden und Maßnahmen zum Rückruf oder zur Rücknahme von Produkten zu ergreifen.

Händler

Händler sind Personen oder Unternehmen, die in der Lieferkette zwischen Hersteller bzw. Einführer und Verbraucher stehen und die Produkte auf dem Markt bereitstellen. Händler haben unter anderem folgende Pflichten:

  • Sicherstellen, dass die von ihnen bereitgestellten Produkte den geltenden Sicherheitsanforderungen entsprechen und kein Risiko für Verbraucher oder andere Benutzer darstellen.
  • Die erforderliche Dokumentation und Informationen von Herstellern und Einführern erhalten und den Behörden auf Anfrage zur Verfügung stellen.
  • Kooperieren mit den zuständigen Behörden, um Risiken und Unfälle zu melden und Maßnahmen zum Rückruf oder zur Rücknahme von Produkten zu ergreifen.

Inverkehrbringer

Inverkehrbringer sind Personen oder Unternehmen, die Produkte erstmals auf dem deutschen Markt bereitstellen. Sie haben ähnliche Pflichten wie Hersteller, Einführer und Händler und sind für die Einhaltung der geltenden Sicherheitsanforderungen verantwortlich.

Relevante Gesetze und Gerichtsurteile

Im Zusammenhang mit dem ProdSG sind verschiedene nationale und europäische Gesetze und Verordnungen relevant, darunter unter anderem:

  • GPSD (Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit): Die GPSD legt die allgemeinen Sicherheitsanforderungen für Produkte fest und dient als Grundlage für das ProdSG.
  • ProdSV (Produktsicherheitsverordnung): Die ProdSV konkretisiert die Anforderungen des ProdSG für bestimmte Produktgruppen, wie z.B. Spielzeug, elektrische Geräte oder persönliche Schutzausrüstung.
  • LFGB (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch): Das LFGB enthält Vorschriften für Lebensmittel und Produkte, die in Kontakt mit Lebensmitteln kommen, wie z.B. Küchenutensilien oder Verpackungen.
  • REACH (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe): Die europäische Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 regelt die Herstellung und Verwendung von Chemikalien in Produkten.

Es gibt auch eine Reihe von Gerichtsurteilen, die wichtige Präzedenzfälle für die Auslegung und Anwendung des ProdSG geschaffen haben. Zum Beispiel:

  • Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 09. Juni 2011 – Az. I ZR 113/10: In diesem Fall entschied der BGH, dass ein Importeur von LED-Lampen, die aufgrund mangelnder Sicherheit die in der ProdSV festgelegten Anforderungen nicht erfüllten, für Schäden haftet, die durch den Einsatz dieser Produkte verursacht wurden.
  • Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 10. Mai 2017 – Az. C-102/16: Der EuGH bestätigte, dass ein Hersteller von Feuerfestprodukten, die Asbest enthalten, für gesundheitliche Schäden von Arbeitnehmern haftet, auch wenn die Produkte in Übereinstimmung mit damaligen Vorschriften hergestellt wurden.

Konformitätsbewertungsverfahren und CE-Kennzeichnung

Ein wesentlicher Bestandteil des ProdSG ist das Konformitätsbewertungsverfahren. Dieses Verfahren soll sicherstellen, dass ein Produkt den geltenden Sicherheitsanforderungen entspricht und ordnungsgemäß auf dem deutschen Markt bereitgestellt werden kann. Der Prozess umfasst in der Regel die folgenden Schritte:

  1. Risikobewertung: Identifikation und Bewertung potenzieller Gefahren und Risiken im Zusammenhang mit dem Produkt.
  2. Konformitätsprüfung: Vergleich des Produkts mit den geltenden Anforderungen und Normen, um festzustellen, ob es den Sicherheitsvorschriften entspricht.
  3. Erstellung der technischen Dokumentation: Zusammenstellung aller relevanten Informationen, Nachweise und Unterlagen in einer Produktsicherheitsakte.
  4. Erklärung der Übereinstimmung: Formelle Bestätigung durch den Hersteller oder Einführer, dass das Produkt den geltenden Sicherheitsanforderungen entspricht.
  5. Anbringung der CE-Kennzeichnung: Kennzeichnung des Produkts mit dem CE-Zeichen, um zu zeigen, dass es den allgemeinen Rechtsvorschriften der Europäischen Union entspricht.

Es ist zu beachten, dass für bestimmte Produktkategorien besondere Konformitätsbewertungsverfahren gelten. Zum Beispiel erfordern Medizinprodukte oder persönliche Schutzausrüstungen häufig die Beteiligung einer benannten Stelle, die die Konformitätsprüfung unabhängig durchführt.

Marktüberwachung und behördliche Durchsetzung

Die zuständigen Behörden in Deutschland (z.B. Gewerbeaufsichtsämter, Landesüberwachungsbehörden) sind für die Überwachung des Marktes und die Durchsetzung der Bestimmungen des ProdSG verantwortlich. Sie sind berechtigt, Inspektionen durchzuführen, Proben zu entnehmen und Sicherheitsuntersuchungen zu veranlassen. Bei Verstößen gegen das ProdSG können die Behörden verschiedene Maßnahmen ergreifen, wie zum Beispiel:

  • Anordnung von Produkttests oder zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen.
  • Verhängung von Verkaufsverboten oder Rückrufaktionen.
  • Auferlegung von Geldbußen oder strafrechtlichen Sanktionen.

Es ist wichtig, dass Hersteller, Einführer, Händler und Inverkehrbringer eng mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten und bei Bedarf schnell und effektiv handeln.

Haftung und Rechtsschutz

Das ProdSG legt das Haftungsregime für Schäden fest, die durch unsichere Produkte verursacht werden. Hersteller, Einführer, Händler und Inverkehrbringer können für Verletzungen von Verbrauchern oder Dritten sowie für Sachschäden haftbar gemacht werden. Die Haftung kann sowohl zivil- als auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Um mögliche Haftungsrisiken zu minimieren, ist es wichtig, die Anforderungen des ProdSG einzuhalten und proaktiv Risikomanagementmaßnahmen zu ergreifen.

Im Falle eines Rechtsstreits oder einer behördlichen Untersuchung ist es ratsam, die Unterstützung eines erfahrenen Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen, der auf Produktsicherheit spezialisiert ist. Dies kann dazu beitragen, die Risiken und Kosten zu bewältigen und die bestmögliche Verteidigungsstrategie zu entwickeln.

Häufig gestellte Fragen zum Gerätesicherheitsgesetz

Im Folgenden finden Sie einige häufig gestellte Fragen und Antworten zum ProdSG und deren praktische Auswirkungen:

Sind alle Produkte, die auf dem deutschen Markt verkauft werden, vom ProdSG betroffen?

Das ProdSG gilt grundsätzlich für alle Produkte, die auf dem deutschen Markt bereitgestellt werden. Es gibt jedoch einige Ausnahmen und spezifische Regelungen für bestimmte Arten von Produkten, wie zum Beispiel Medizinprodukte, Lebensmittel oder Produkte, die bereits durch andere Rechtsvorschriften geregelt sind. In solchen Fällen gelten zusätzliche oder abweichende Sicherheitsanforderungen und Verfahren.

Was ist die Rolle von Normen im ProdSG?

Normen spielen eine wichtige Rolle bei der Umsetzung des ProdSG, da sie helfen, technische Details und spezifische Anforderungen für verschiedene Produktkategorien zu klären. Die Einhaltung von Normen kann als Nachweis dafür dienen, dass ein Produkt den geltenden Sicherheitsanforderungen entspricht. Es ist jedoch zu beachten, dass Normen nicht verbindlich sind und andere Methoden zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen zulässig sind.

Was sind die Strafen für Verstöße gegen das ProdSG?

Verstöße gegen das ProdSG können in Geldbußen von bis zu 100.000 Euro oder sogar Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr resultieren. Darüber hinaus können Verstöße auch zivilrechtliche Haftungsansprüche und produkthaftungsrechtliche Konsequenzen mit sich bringen, wenn Personen verletzt oder Sachen beschädigt werden. Um solche Risiken zu vermeiden, ist es wichtig, die Anforderungen des ProdSG einzuhalten und proaktiv Risikomanagementmaßnahmen zu ergreifen.

Fazit und Empfehlungen

Das Gerätesicherheitsgesetz ist ein wichtiges Regelwerk, das die Sicherheit und den Schutz von Verbrauchern auf dem deutschen Markt gewährleisten soll. Als Hersteller, Einführer, Händler oder Inverkehrbringer von Produkten ist es entscheidend, sich mit den Bestimmungen des ProdSG vertraut zu machen und diese einzuhalten. Dazu gehört insbesondere die Durchführung von Risikobewertungen, die Anwendung relevanter Normen, die Zusammenstellung der technischen Dokumentation und das Ergreifen von Maßnahmen zur Rückverfolgbarkeit und Marktkontrolle.

Um sicherzustellen, dass Sie alle Anforderungen des ProdSG erfüllen, empfehlen wir Ihnen, die folgenden Schritte zu unternehmen:

  1. Ermitteln Sie die genauen gesetzlichen Anforderungen und spezifischen Normen, die für Ihr Produkt gelten.
  2. Führen Sie eine umfassende Risikobewertung durch und ergreifen Sie angemessene Maßnahmen zur Risikominderung.
  3. Stellen Sie sicher, dass Ihr Produkt ordnungsgemäß gekennzeichnet ist, inklusive CE-Kennzeichnung und erforderlicher Informationen.
  4. Erstellen und pflegen Sie die technische Dokumentation, wie die Produktsicherheitsakte und die Konformitätserklärung.
  5. Kooperieren Sie mit den zuständigen Behörden und reagieren Sie schnell auf etwaige Probleme oder Anfragen.
  6. Betrachten Sie den Abschluss einer Produkthaftpflichtversicherung, um mögliche Haftungsrisiken abzudecken.
  7. Ziehen Sie in Erwägung, die Unterstützung eines erfahrenen Rechtsanwalts oder Fachexperten für Produktsicherheit bei Bedarf in Anspruch zu nehmen.

Indem Sie diesen Empfehlungen folgen und eine proaktive Haltung in Bezug auf Produktsicherheit und -konformität einnehmen, können Sie dazu beitragen, das Vertrauen Ihrer Kunden zu stärken, Haftungsrisiken zu minimieren und langfristigen Geschäftserfolg zu gewährleisten.

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