Die Gewinnermittlung ist ein zentrales Thema im deutschen Steuerrecht. Dabei stellt sich die Frage, welche Einkunftsarten dem steuerpflichtigen Gewinn zuzurechnen sind. In diesem umfassenden Blog-Beitrag gehen wir auf wichtige Aspekte und Gerichtsurteile im Zusammenhang mit Gewinneinkunftsarten ein. Für ein besseres Verständnis erhalten Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQs) und konkrete Beispiele. Lesen Sie weiter, um von unserer rechtlichen Expertise als erfahrener Rechtsanwalt zu profitieren.
Einführung: Was sind Gewinneinkunftsarten?
Gewinneinkunftsarten sind diejenigen Einkunftsarten, die im Einkommensteuergesetz (EStG) als steuerpflichtiger Gewinn definiert sind. Es gibt insgesamt sieben verschiedene Einkunftsarten, von denen drei als Gewinneinkunftsarten gelten. Die Gewinneinkunftsarten sind:
- Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG)
- Gewerbebetrieb (§ 15 EStG)
- Selbstständige Arbeit (§ 18 EStG)
Jeder Unternehmer, der eine dieser Einkunftsarten erzielt, ist verpflichtet, seinen Gewinn gemäß den gesetzlichen Vorschriften zu ermitteln und diesen in der Einkommensteuerklärung anzugeben. Die steuerliche Behandlung dieser Gewinneinkunftsarten wird im Folgenden erläutert.
Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG)
Bei der Land- und Forstwirtschaft handelt es sich um eine Einkunftsart, die sämtliche wirtschaftlichen Tätigkeiten im land- und forstwirtschaftlichen Bereich umfasst. Dazu zählen die Bewirtschaftung von Acker- und Grünland, Forstwirtschaft, Weinbau, Gartenbau und Tierzucht.
Steuerliche Behandlung: Gewinnermittlung und Abschreibungen
Grundsätzlich stehen dem Land- und Forstwirt zwei Methoden der Gewinnermittlung zur Verfügung: die Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) und die Bilanzierung (§ 4 Abs. 1 EStG). Die Wahl der Methode hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Betriebsgröße und den Anforderungen der Finanzverwaltung.
- Wesentliche Abschreibungen in der Land- und Forstwirtschaft sind die lineare und degressive Abschreibung von Maschinen, Gebäuden und Betriebsvorrichtungen. Bei der linearen Abschreibung wird der Wertverlust jährlich gleichmäßig über die Nutzungsdauer verteilt, während bei der degressiven Abschreibung der Wertverlust in den ersten Jahren höher ausfällt.
- Die AfA (Absetzung für Abnutzung) für land- und forstwirtschaftliche Gebäude beträgt im Allgemeinen 2 % bis 4 % p.a. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
- Die AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter (z. B. Maschinen) richtet sich nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 1 EStG) und beträgt in der Regel zwischen 10 % und 20 % p.a. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Gesetzliche Anforderungen und steuerliche Begünstigungen
Die Land- und Forstwirtschaft unterliegt verschiedenen gesetzlichen Anforderungen und steuerlichen Begünstigungen, um die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit des Sektors zu fördern. Einige Beispiele für diese Regelungen sind:
- Umsatzsteuer: Land- und Forstwirtschaft können den ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % anwenden (§ 24 UStG).
- Inventurvergünstigungen: Land- und Forstwirte können u. a. die Durchschnittssätze für unentgeltliche Wertabgaben (z. B. Eigenverbrauch) und für Warenentnahmen nutzen, um die steuerliche Belastung zu reduzieren (§ 13a EStG).
- Investitionsabzugsbeträge: Land- und Forstwirte können unter bestimmten Voraussetzungen einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines geplanten Wirtschaftsgutes steuerlich geltend machen (§ 7g EStG).
Gewerbebetrieb (§ 15 EStG)
Ein Gewerbebetrieb ist eine selbstständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt (§ 15 Abs. 2 EStG). Dabei kann es sich sowohl um gewerbliche Einzelunternehmen als auch um Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften handeln.
Steuerliche Behandlung: Gewinnermittlung und Abschreibungen
Die Gewinnermittlung beim Gewerbebetrieb richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Einkommensteuerrechts, d. h. entweder nach der Bilanzierung (§ 4 Abs. 1 EStG) oder der Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG). Hierbei gelten folgende Abschreibungsregelungen:
- Lineare Abschreibung: Die lineare Abschreibung wird nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts berechnet (§ 7 Abs. 1 EStG). Es gilt eine jährliche Abschreibungsrate von 5 %, 10 % oder 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, abhängig von der Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts.
- Degressive Abschreibung: Die degressive Abschreibung ist möglich für bewegliche Wirtschaftsgüter, die vor dem 01.01.2021 angeschafft oder hergestellt werden (§ 7 Abs. 2 EStG). Sie beträgt das 2,5-fache der linearen Abschreibungsrate, höchstens jedoch 25 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten pro Jahr.
Besonderheiten bei der Gewerbesteuer
Die Gewerbesteuer ist eine Gemeindesteuer und wird von jedem selbstständigen Gewerbebetrieb ab einem jährlichen Gewerbeertrag von 24.500 € erhoben (§ 11 Abs. 1 GewStG). Der Gewerbeertrag ist grundsätzlich der erzielte Gewinn, der jedoch um Hinzurechnungen und Kürzungen bereinigt wird (§§ 8, 9 GewStG). Der Gewerbesteuer-Messbetrag ergibt sich aus der Multiplikation des Gewerbeertrags mit dem sogenannten Steuermesszahl (§§ 10, 11 GewStG). Schließlich ergibt sich die zu zahlende Gewerbesteuer, indem der Gewerbesteuer-Messbetrag mit dem individuellen Hebesatz der Gemeinde multipliziert wird (§ 16 GewStG).
Gesetzliche Anforderungen und steuerliche Begünstigungen
Für Gewerbebetriebe gibt es umfangreiche steuerliche Begünstigungen und gesetzliche Anforderungen, die zu beachten sind. Zu den wichtigsten Regelungen gehören:
- Investitionsabzugsbeträge (§ 7g EStG): Inhaber eines Gewerbebetriebs können bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines geplanten Wirtschaftsguts als Investitionsabzugsbetrag steuerlich absetzen. Voraussetzung ist, dass der Betrieb im Jahr der Abzugsbetragsnutzung die Größenmerkmale eines „kleinen“ oder „mittelgroßen“ Betriebs aufweist (§ 7g Abs. 7 EStG).
- Freibetrag für betriebliche Investitionen (§ 16 EStG): Unternehmer, die ihren Gewerbebetrieb veräußern oder aufgeben, können unter bestimmten Voraussetzungen einen Freibetrag für betriebliche Investitionen in Höhe von bis zu 123.200 € beanspruchen.
- Steuerfreiheit für Umstrukturierungen (§§ 5-7 UmwStG): Unter bestimmten Umständen sind Umstrukturierungsmaßnahmen, wie z. B. Verschmelzung oder Spaltung von Unternehmen, sowie Übertragungen von Wirtschaftsgütern steuerfrei oder begünstigt.
Selbstständige Arbeit (§ 18 EStG)
Zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit gehören Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit und Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit. Freiberufliche Tätigkeiten umfassen die sogenannten Katalogberufe wie Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Künstler und Schriftsteller (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit sind alle nicht gewerblichen, selbstständigen Tätigkeiten, die nicht zu den Katalogberufen gehören (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG).
Steuerliche Behandlung: Gewinnermittlung und Abschreibungen
Auch für Einkünfte aus selbstständiger Arbeit sind insbesondere die Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) und die Bilanzierung (§ 4 Abs. 1 EStG) als Gewinnermittlungsmethoden relevant. Die Abschreibungen für selbstständige Arbeit richten sich grundsätzlich nach den für Gewerbebetriebe geltenden Regelungen (§ 7 EStG).
Gesetzliche Anforderungen und steuerliche Begünstigungen
Freiberufler und sonstige Selbstständige profitieren von einigen steuerlichen Begünstigungen und müssen bestimmte gesetzliche Anforderungen einhalten. Hierzu gehören:
- Umsatzsteuer: Freiberufler sind grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, jedoch können sie von bestimmten Befreiungsregelungen profitieren (z. B. für Heilberufe, Unterrichtsleistungen).
- Investitionsabzugsbeträge (§ 7g EStG): Auch Selbstständige können den Investitionsabzugsbetrag nutzen, um die steuerliche Belastung auf geplante Investitionen zu verringern.
- Sozialversicherung: Freiberufler sind grundsätzlich nicht der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht unterworfen, sondern können sich freiwillig versichern oder eine private Vorsorge nutzen. Dabei gelten bestimmte Regelungen und Mindestbeiträge, die je nach Kassenart und Einkommen variieren.
Aktuelle Gerichtsurteile zu Gewinneinkunftsarten
Die Rechtsprechung zu Gewinneinkunftsarten ist ständig im Fluss. Die nachfolgenden aktuellen Gerichtsurteile verdeutlichen wichtige Aspekte und Entwicklungen auf diesem Gebiet:
- Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 25. Juli 2019, Az. IV R 30/16: Der BFH entschied, dass eine Gewerbesteuerhinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG auch für Darlehen von Gesellschaftern an eine Familienpersonengesellschaft, die einen Land- und Forstbetrieb gründet, vorgenommen wird.
- Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 22. Mai 2019, Az. VIII R 18/15: Der BFH urteilte, dass die Aufwendungen für einen Dienstwagen, der einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH überlassen wird, bei der GmbH steuerlich abzugsfähig sind, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer verpflichtet ist, diesen auch privaten Zwecken zuzuführen (Dienstwagenregelung).
- Finanzgericht (FG) Münster, Urteil vom 10. Mai 2018, Az. 6 K 367/15 E, U: Das FG Münster entschied, dass ein Sponsoringvertrag, durch den ein selbstständiger Rechtsanwalt einer professionellen Sportmannschaft finanzielle Unterstützung gewährt und im Gegenzug bandenreklame und Hospitality-Leistungen für Werbezwecke erhält, nicht zu einer gewerblichen Infizierung der anwaltlichen Einnahmen führt.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zu Gewinneinkunftsarten
Im Folgenden finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema Gewinneinkunftsarten.
Wie können Gewinneinkunftsarten bei Ehegatten, die gemeinsam ein Unternehmen betreiben, steuerlich behandelt werden?
Ehegatten, die gemeinsam ein Unternehmen betreiben, können grundsätzlich als Mitunternehmer einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft mit gemeinschaftlicher Gewinnzuordnung agieren. In diesem Fall wird der erzielte Gewinn entsprechend ihrer Gewinnverteilungsabrede auf die beiden Ehegatten aufgeteilt und bei jeder Person der entsprechenden Einkunftsart zugeordnet.
Gibt es Besonderheiten bei der Gewinnermittlung für Nebenerwerbsbetriebe?
Grundsätzlich gelten für Neben- und Haupterwerbsbetriebe dieselben Gewinnermittlungsgrundsätze. In einigen Fällen kann jedoch für Nebenerwerbsbetriebe die sogenannte „Liebhaberei-Regelung“ greifen. Demnach können Verluste aus einer nebenberuflichen Tätigkeit nicht steuerlich geltend gemacht werden, wenn diese Tätigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg Verluste erwirtschaftet und keine hinreichende Aussicht auf künftige Gewinne besteht.
Wie unterscheidet sich die Umsatzsteuerbehandlung von Gewinneinkunftsarten?
Alle Gewinneinkunftsarten sind grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Die Höhe des Umsatzsteuersatzes hängt jedoch von der Art der Tätigkeit ab:
- Land- und Forstwirte: Ermäßigter Umsatzsteuersatz von 7 % (§ 24 UStG).
- Gewerbebetriebe: Regelsteuersatz von 19 % bzw. ermäßigter Steuersatz von 7 % für bestimmte Leistungen (§ 12 UStG).
- Freiberufliche Tätigkeiten: Regelsteuersatz von 19 % bzw. Umsatzsteuerbefreiung für bestimmte Leistungen (z. B. Heilberufe, Unterrichtsleistungen).
Zudem kann die Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) für Unternehmen angewendet werden, deren Umsatz im Vorjahr nicht höher als 22.000 € und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht höher als 50.000 € liegt.
Fazit
Die Gewinneinkunftsarten spielen eine bedeutende Rolle im deutschen Steuerrecht. Landwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständige Arbeit weisen unterschiedliche steuerliche Behandlungen und gesetzliche Anforderungen auf. Die Rechtsprechung entwickelt sich stets weiter, und Unternehmer sollten sich stets über aktuelle Gerichtsurteile informieren. Bei Fragen zur richtigen Anwendung der steuerlichen Regelungen für Gewinneinkunftsarten ist es ratsam, einen erfahrenen Rechtsanwalt oder Steuerberater zu Rate zu ziehen.
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Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
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