Im folgenden Blog-Beitrag werden wir ausführlich auf die Rolle, Funktionen und rechtlichen Grundlagen von Gleichstellungsbeauftragten in Deutschland eingehen. Wir werden uns mit den verschiedenen Gesetzesrahmen und aktuellen Gerichtsurteilen befassen, die die Grundlage der Gleichstellungspolitik und -praktiken in Deutschland bildet. Als erfahrener Rechtsanwalt werde ich diese Informationen mit rechtlichen Einblicken und Erklärungen ergänzen, um Unternehmen und Beschäftigten dabei zu helfen, ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit Gleichstellung und Diskriminierung am Arbeitsplatz besser zu verstehen.

Gliederung

  • Einführung in die Rolle des Gleichstellungsbeauftragten
  • Rechtliche Grundlagen
  • Wichtige Aufgaben und Zuständigkeiten des Gleichstellungsbeauftragten
  • Auswahl, Qualifikation und Bestellung
  • Rechte und Pflichten des Gleichstellungsbeauftragten
  • Gerichtsurteile und Beispiele aus der Praxis
  • FAQs rund um den Gleichstellungsbeauftragten
  • Fazit und Zukunftsperspektiven

Einführung in die Rolle des Gleichstellungsbeauftragten

Seit den 1970er Jahren ist das Thema der Gleichstellung von Frauen und Männern in verschiedenen Lebensbereichen ein rechtlicher und politischer Schwerpunkt in Deutschland. Gleichstellungsbeauftragte sind Personen innerhalb eines Unternehmens oder einer Organisation, die sich um die Umsetzung und Überwachung von Gleichstellungsmaßnahmen bemühen. Auch als Betriebsangehörige sind sie zuständig, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleich behandelt werden und dass Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Identität oder anderer geschützter Merkmale verhindert wird.

Die rechtliche Anerkennung und Aufwertung der Gleichstellungsarbeit hat dazu geführt, dass große Unternehmen und öffentliche Einrichtungen in der Pflicht stehen, Gleichstellungsbeauftragte(s) einzusetzen.

Rechtliche Grundlagen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Arbeit des Gleichstellungsbeauftragten ergeben sich aus einer Reihe von Gesetzen und Verordnungen auf nationaler und europäischer Ebene.

  • Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurde 2006 eingeführt und gilt als das wichtigste deutsche Gesetz zum Schutz vor Diskriminierung im Arbeitsleben. Es zielt darauf ab, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor diskriminierenden Praktiken aufgrund von Geschlecht, Alter, Rasse, nationaler Herkunft, sexueller Identität, Religion oder Weltanschauung, Behinderung oder Krankheit zu schützen.
  • Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) enthält Regelungen für Unternehmen mit Betriebsräten und verpflichtet den Arbeitgeber, die Voraussetzungen für die Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten zu schaffen und sie in Angelegenheiten, die die Gleichstellung von Frau und Mann betreffen, zu beteiligen.
  • Das Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) gilt für den öffentlichen Dienst, bei Bundesbehörden und öffentlichen Unternehmen. Dieses Gesetz enthält Bestimmungen über die Bestellung und die Rechte und Pflichten von Gleichstellungsbeauftragten sowie über die Verwendung von Gleichstellungsplänen zur Erreichung der Ziele im Bereich der Chancengleichheit.
  • Die Landesgleichstellungsgesetze (LGG) gelten jeweils für den öffentlichen Dienst der Länder und enthalten Regelungen, die sich auf die Ziele und Umsetzung der Gleichstellungspolitik sowie auf die Auswahl und Qualifikation von Gleichstellungsbeauftragten beziehen.
  • Die Europäische Gleichstellungsrichtlinie 2006/54/EG bildet die Grundlage für die Gleichstellungspolitik von der Europäischen Union. Sie zielt darauf ab, die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in den Mitgliedstaaten zu fördern und verpflichtet die Mitgliedstaaten, eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in Entscheidungsprozessen zu gewährleisten.

Wichtige Aufgaben und Zuständigkeiten des Gleichstellungsbeauftragten

Gleichstellungsbeauftragte sind dafür verantwortlich, dass Gleichstellung in den organisatorischen Strukturen und Abläufen verankert ist. Sie sind zuständig für:

  1. Beratung: Sie bieten Mitarbeitenden Beratung und Unterstützung bei Fragestellungen zur Gleichstellung und Diskriminierung, einschließlich arbeitsrechtlicher Fragen, Mobbing und sexueller Belästigung.
  2. Mitarbeit bei Personalangelegenheiten: Gleichstellungsbeauftragte haben die Aufgabe, aktiv an Personalentscheidungsprozessen teilzunehmen, um sicherzustellen, dass Gleichbehandlung und Chancengleichheit gewährleistet werden. Dies kann beispielsweise die Beteiligung an Stellenausschreibungen, Auswahl- und Beförderungsverfahren umfassen.
  3. Erstellung von Gleichstellungsplänen: Sie arbeiten an der Erstellung und Weiterentwicklung von Gleichstellungsplänen, in denen Ziele und Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung verankert sind, und überwachen deren Umsetzung.
  4. Fort- und Weiterbildung: Gleichstellungsbeauftragte sind verantwortlich für die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, Schulungen und Workshops mit dem Ziel, das Bewusstsein für Gleichstellungsthemen innerhalb des Unternehmens zu fördern und eine diskriminierungsfreie Arbeitsumgebung zu schaffen.
  5. Netzwerkarbeit: Sie kooperieren mit anderen Gleichstellungsbeauftragten, internen und externen Akteuren sowie einschlägigen Organisationen, um den Austausch von Best-Practice-Beispielen und Erfahrungen im Bereich der Gleichstellung zu ermöglichen.
  6. Öffentlichkeitsarbeit: Gleichstellungsbeauftragte machen auf das Thema Gleichstellung aufmerksam und setzen es auf die Agenda von Unternehmen und Organisationen.

Auswahl, Qualifikation und Bestellung

Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, die verpflichtet sind, Gleichstellungsbeauftragte einzusetzen, müssen sich an bestimmte Vorschriften und Kriterien halten, um sicherzustellen, dass die ausgewählten Personen qualifiziert und kompetent sind. Die Bestellung von Gleichstellungsbeauftragten erfolgt in der Regel unter Beteiligung der Belegschaft bzw. des Betriebs- oder Personalrats.

Einige Kriterien für die Auswahl einer Gleichstellungsbeauftragten sind:

  • Kenntnisse und Erfahrung in der Gleichstellungsarbeit auf betrieblicher oder gesellschaftlicher Ebene
  • Befähigung, Diskriminierungsfragen zu erkennen und dabei Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen zu beraten
  • Teamfähigkeit und Kommunikationskompetenz
  • Vertrauenswürdigkeit und Unparteilichkeit

Zudem müssen Gleichstellungsbeauftragte in vielen Fällen über eine angemessene Qualifikation verfügen, um zum Beispiel Schulungen oder Beratungen durchführen zu können. Dazu sind verschiedene Fort- und Weiterbildungen zur Gleichstellungsarbeit verfügbar.

Rechte und Pflichten des Gleichstellungsbeauftragten

Um ihre verantwortungsvollen Aufgaben erfüllen zu können, haben Gleichstellungsbeauftragte bestimmte Rechte und Pflichten gemäß den jeweiligen Gesetzen und Verordnungen. Zu diesen Rechten und Pflichten gehören:

  1. Informationsrecht: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Gleichstellungsbeauftragte rechtzeitig und umfassend über alle für die Gleichstellungsarbeit relevanten Informationen zu unterrichten.
  2. Anhörungsrecht: Die Gleichstellungsbeauftragte hat das Recht, von der Geschäftsführung bzw. öffentlichen Einrichtungen gehört zu werden, wenn es um Gleichstellungsfragen geht.
  3. Initiativrecht: Sie besitzen das Recht, Vorschläge und Forderungen zur Umsetzung von Gleichstellungsmaßnahmen an den Arbeitgeber oder die Geschäftsführung zu richten.
  4. Mitwirkungsrecht: Die Gleichstellungsbeauftragte hat das Recht, in allen Angelegenheiten, die die Gleichstellung betreffen, von der Geschäftsführung oder den öffentlichen Einrichtungen beteiligt zu werden.
  5. Schutz vor Benachteiligung: Gleichstellungsbeauftragte dürfen aufgrund ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder bevorzugt werden. Sie genießen einen besonderen Kündigungsschutz und müssen nach ihrer Amtszeit wieder in ihre vorherige oder eine gleichwertige Position übernommen werden.
  6. Qualifizierung und Fortbildung: Sie sind verpflichtet, sich fortlaufend über Entwicklungen und Best-Practice-Ansätze im Bereich Gleichstellung zu informieren und ihren rechtlichen Kenntnisstand auf dem aktuellen Stand zu halten.

Gerichtsurteile und Beispiele aus der Praxis

In den letzten Jahren gab es einige Gerichtsurteile, die die Arbeit von Gleichstellungsbeauftragten betreffen. Einige Beispiele dafür sind:

  • BAG-Urteil vom 19.12.2018 (7 AZR 535/17): In diesem Fall entschied das Bundesarbeitsgericht, dass die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bzw. Gleichstellungsbeauftragten verletzt sind, wenn der Arbeitgeber keine angemessene Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei der Auswahl eines Bewerbers für eine Führungsposition ermöglicht.
  • BVerwG-Urteil vom 30.10.2014 (2 C 35.13): Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass eine Gleichstellungsbeauftragte ihre Funktion nicht mit einem Anstellungsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber verknüpfen darf, weil dies ihre Aktivität und Glaubwürdigkeit im Interesse der Gleichstellung beeinträchtigen könnte.
  • LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.04.2016 (4 Sa 317/15): Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschied, dass die Verweigerung der Zustimmung zur externen Nebentätigkeit einer Gleichstellungsbeauftragten durch den Arbeitgeber gerechtfertigt sein kann, wenn die unabhängige Wahrnehmung der Aufgaben als Gleichstellungsbeauftragte gefährdet ist.

Diese Urteile haben dazu beigetragen, die Rolle und rechtliche Stellung von Gleichstellungsbeauftragten zu klären und dazu beigetragen, die Umsetzung der Gleichstellungspolitik in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen zu verbessern.

FAQs rund um den Gleichstellungsbeauftragten

Wer ist verpflichtet, einen Gleichstellungsbeauftragten zu bestellen?

Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, die zur Einsetzung von Gleichstellungsbeauftragten verpflichtet sind, variieren je nach regionalen Gesetzen und Unternehmensgröße. Im öffentlichen Dienst sind in der Regel alle Behörden, einschließlich solchen Bundes- und Landesebene, verpflichtet, Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen.

Was geschieht, wenn eine Gleichstellungsbeauftragte ihre Pflichten nicht wahrnimmt?

Wenn eine Gleichstellungsbeauftragte ihre Pflichten verletzt oder nicht wahrnimmt, kann dies zu einer Amtsenthebung oder anderen arbeitsrechtlichen Maßnahmen führen. Zudem kann es Rechtsstreitigkeiten und Klagen von Mitarbeitenden geben, die aufgrund der mangelhaften Gleichstellungsarbeit diskriminiert wurden.

Gibt es auch geschlechtsneutrale Gleichstellungsbeauftragte?

Ja, das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2017 entschieden, dass auch Männer Gleichstellungsbeauftragte sein können, wenn sie die erforderlichen Qualifikationen und Kompetenzen mitbringen. Die meisten Landesgleichstellungsgesetze haben nach dieser Entscheidung das Erfordernis der weiblichen Geschlechtsidentität aufgehoben.

Fazit und Zukunftsperspektiven

Die Rolle der Gleichstellungsbeauftragten ist von entscheidender Bedeutung für die Erreichung der Gleichstellung und die Verhinderung von Diskriminierung in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen, die ihre Arbeit unterstützen, gewährleisten, dass die Umsetzung von Gleichstellungsmaßnahmen und -praktiken im Arbeitsleben kontinuierlich überprüft und verbessert wird.

In der Zukunft wird sich die Gleichstellungsarbeit wahrscheinlich auf neue Schwerpunkte und Herausforderungen ausdehnen, wie etwa die Gleichstellung von Geschlechtsidentitäten jenseits von Mann und Frau oder die verstärkte Einbeziehung unterschiedlicher Diskriminierungsformen. Die Kompetenzen und Qualifikationen von Gleichstellungsbeauftragten müssen sich ständig weiterentwickeln, um diesen neuen Herausforderungen gerecht zu werden und sicherzustellen, dass Gleichstellung und Diskriminierungsschutz für alle Mitarbeitenden gewährleistet sind.

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