Im Erbrecht gibt es viele Regelungen und Vorschriften, die das Verhältnis zwischen Erblasser und Erben regeln. Eine dieser Regelungen ist der sogenannte grobe Undank, der unter bestimmten Umständen zur Entziehung des Erbrechts führen kann. In diesem Blog-Beitrag werden wir uns ausführlich mit der Bedeutung des groben Undanks im Erbrecht beschäftigen und die Auswirkungen auf Erben beleuchten. Wir werden Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen behandeln, um Ihnen ein umfassendes Verständnis dieses komplexen Themas zu vermitteln.

Was ist grober Undank im Erbrecht?

Grober Undank bezieht sich auf das Verhalten eines Erben oder eines Pflichtteilsberechtigten, das so schwerwiegend ist, dass es dem Erblasser unzumutbar erscheint, diesen weiterhin als Erben zu belassen. Der Begriff „grober Undank“ stammt aus § 2333 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der besagt:

§ 2333 BGB: Ein Erblasser kann einem Abkömmling, Elternteil, Ehegatten oder Lebenspartner den Pflichtteil entziehen, wenn der Pflichtteilsberechtigte dem Erblasser oder einer dem Erblasser nahestehenden Person gegenüber eine schwere vorsätzliche Straftat begangen hat oder wenn er sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das, auch soweit es nicht strafbar ist, als grober Undank gegenüber dem Erblasser anzusehen ist.

Das Gesetz besagt also, dass grober Undank ein Grund für die Entziehung des Pflichtteils sein kann. Um als grober Undank zu gelten, muss das Verhalten des Erben oder Pflichtteilsberechtigten vorsätzlich und gegenüber dem Erblasser oder einer ihm nahestehenden Person erfolgen. Dabei muss das Verhalten so schwerwiegend sein, dass es den Entzug des Pflichtteils rechtfertigt.

Beispiele für groben Undank

Um besser zu verstehen, was unter grobem Undank im Erbrecht zu verstehen ist, betrachten wir einige Beispiele:

  • Beleidigung des Erblassers: Wenn der Erbe oder Pflichtteilsberechtigte den Erblasser auf schwerwiegende Weise beleidigt oder verleumdet, kann dies als grober Undank gewertet werden.
  • Körperverletzung: Hat der Erbe oder Pflichtteilsberechtigte den Erblasser oder eine ihm nahestehende Person körperlich verletzt, kann dies ebenfalls groben Undank darstellen.
  • Unterlassene Hilfeleistung: Wenn der Erbe oder Pflichtteilsberechtigte in einer Situation, in der der Erblasser dringend auf Hilfe angewiesen ist, diese Hilfe verweigert, kann dies als grober Undank gewertet werden.
  • Erpressung: Versucht der Erbe oder Pflichtteilsberechtigte, den Erblasser durch Erpressung zu beeinflussen oder zu kontrollieren, stellt dies einen Fall von grobem Undank dar.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Beurteilung, ob ein Verhalten als grober Undank gilt, immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt. Daher können auch andere Verhaltensweisen als grober Undank gewertet werden, wenn sie den oben genannten Kriterien entsprechen.

Rechtliche Folgen des groben Undanks

Wenn ein Erbe oder Pflichtteilsberechtigter sich des groben Undanks schuldig gemacht hat, kann dies rechtliche Folgen haben. Die wichtigsten rechtlichen Folgen sind:

  • Entziehung des Pflichtteils: Gemäß § 2333 BGB kann der Erblasser dem Erben oder Pflichtteilsberechtigten, der sich des groben Undanks schuldig gemacht hat, den Pflichtteil entziehen. Dies bedeutet, dass der betroffene Erbe oder Pflichtteilsberechtigte keinen Anspruch mehr auf seinen gesetzlichen Pflichtteil hat.
  • Enterbung: Wenn der Erblasser den Erben, der sich des groben Undanks schuldig gemacht hat, enterben möchte, muss er dies durch ein Testament oder einen Erbvertrag verfügen. Die Enterbung führt dazu, dass der betroffene Erbe von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wird und somit keinen Anspruch mehr auf das Erbe hat.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Entziehung des Pflichtteils oder die Enterbung nicht automatisch erfolgt, wenn sich ein Erbe oder Pflichtteilsberechtigter des groben Undanks schuldig gemacht hat. Vielmehr muss der Erblasser diese Maßnahmen ausdrücklich in einem Testament oder einem Erbvertrag verfügen.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Thema grober Undank

Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die sich mit dem Thema grober Undank im Erbrecht beschäftigen:

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 14. November 2012, Az. IV ZR 230/11

In diesem Fall hatte ein Erblasser seinem Sohn den Pflichtteil entzogen, weil dieser ihn beleidigt und bedroht hatte. Der Sohn hatte unter anderem gesagt, dass er den Erblasser „ins Grab bringen“ werde. Der BGH entschied, dass der Entzug des Pflichtteils in diesem Fall gerechtfertigt war, da das Verhalten des Sohnes als grober Undank einzustufen sei.

Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 8. August 2018, Az. 31 Wx 159/18

Ein Erblasser hatte seinen Sohn enterbt und ihm den Pflichtteil entzogen, nachdem dieser ihn wiederholt beleidigt und bedroht hatte. Das OLG München bestätigte die Rechtmäßigkeit der Enterbung und der Pflichtteilsentziehung, da das Verhalten des Sohnes als grober Undank zu werten sei.

OLG Hamm, Urteil vom 17. Juli 2014, Az. 10 U 64/14

In diesem Fall hatte ein Vater seinen Sohn enterbt und ihm den Pflichtteil entzogen, weil dieser ihn geschlagen und bedroht hatte. Das OLG Hamm bestätigte die Rechtmäßigkeit der Enterbung und der Pflichtteilsentziehung, da das Verhalten des Sohnes als grober Undank angesehen werden könne.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Thema grober Undank im Erbrecht

Kann grober Undank rückgängig gemacht werden?

Grundsätzlich ist es möglich, dass ein Erblasser die Entziehung des Pflichtteils oder die Enterbung aufgrund groben Undanks wieder zurücknimmt, wenn sich das Verhältnis zum Erben oder Pflichtteilsberechtigten verbessert hat. Dazu muss der Erblasser in einem neuen Testament oder Erbvertrag die Rücknahme der Maßnahmen verfügen. Allerdings gibt es hierbei keine Garantie, dass das Verhältnis tatsächlich dauerhaft verbessert bleibt.

Wie kann ich mich gegen eine Enterbung oder Pflichtteilsentziehung wegen groben Undanks wehren?

Wenn Sie als Erbe oder Pflichtteilsberechtigter von einer Enterbung oder Pflichtteilsentziehung aufgrund groben Undanks betroffen sind, sollten Sie sich an einen erfahrenen Rechtsanwalt für Erbrecht wenden. Dieser kann prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Enterbung oder Pflichtteilsentziehung tatsächlich vorliegen und ob es möglicherweise Anfechtungsgründe gibt. In manchen Fällen kann eine gerichtliche Klärung erforderlich sein.

Kann grober Undank auch bei einer Schenkung eine Rolle spielen?

Ja, grober Undank kann auch bei Schenkungen eine Rolle spielen. Gemäß § 530 BGB kann ein Schenker die Schenkung wegen groben Undanks zurückfordern, wenn sich der Beschenkte eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das als grober Undank gewertet werden kann. Die Voraussetzungen und Folgen sind ähnlich wie beim groben Undank im Erbrecht.

Fazit

Grober Undank im Erbrecht ist ein komplexes Thema, das sowohl Erblasser als auch Erben und Pflichtteilsberechtigte betreffen kann. Das Verhalten eines Erben oder Pflichtteilsberechtigten kann unter bestimmten Umständen als grober Undank gewertet werden und zur Entziehung des Pflichtteils oder zur Enterbung führen. Es ist wichtig, sich im konkreten Einzelfall von einem erfahrenen Rechtsanwalt für Erbrecht beraten zu lassen, um die rechtlichen Folgen und Möglichkeiten abzuklären.

Die hier dargestellten Informationen sollen Ihnen einen ersten Überblick über das Thema grober Undank im Erbrecht geben. Sie ersetzen jedoch keine individuelle Rechtsberatung. Bei Fragen oder Problemen im Zusammenhang mit grobem Undank sollten Sie sich an einen spezialisierten Rechtsanwalt wenden, der Ihnen eine auf Ihre persönliche Situation zugeschnittene Beratung bieten kann.

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