Das Hammerschlagsrecht ist ein Begriff, der in der juristischen Praxis häufig verwendung findet. Es beschreibt das Recht, das einem Eigentümer von einem Grundstück zusteht, um auf das Nachbargrundstück überzutreten, um dringend erforderliche Arbeiten an seinem eigenen Grundstück durchführen zu können, wenn dies anders nicht möglich ist. In diesem Artikel erfahren Sie alles rund um das Hammerschlagsrecht, die gesetzlichen Bestimmungen, aktuelle Gerichtsurteile und FAQs, die Ihnen helfen, Ihr umfassendes Wissen in dieser Rechtsmaterie zu erweitern.

Gesetzliche Grundlagen des Hammerschlagsrechts

Das Hammerschlagsrecht ist in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 922 BGB „Notwendiger Überbau; Duldungspflicht“, der wie folgt lautet:

§ 922 BGB

(1) Hat der Eigentümer eines Grundstücks in der irrigen Annahme, dass auf seiner Seite die Grenze liege, auf einem anderen Grundstücke ein Gebäude oder eines anderes Werk hergestellt und tritt der andere Teile darauf, so hat er den Zustand als dauernd zu dulden; er kann auf Beseitigung des Werks oder Einräumung der nichtbenutzten Fläche; er kann auf Beseitigung des Werks und Einräumung der nichtbenutzten Fläche nur insoweit Anspruch machen, als an der Fortdauer des Zustands kein berechtigtes Interesse besteht.

(2) Der Eigentümer des anderen Grundstücks hat einen Anspruch auf jährlichen Ausgleich in Geld. Die Höhe des Ausgleichs wird durch Schätzung ermittelt, wobei der Nutzen, den der andere Eigentümer durch die geringeren Baukosten und den erzielten rechtlichen Vorteil hat, sowie der Schaden, den der Eigentümer des anderen Grundstücks durch die Duldung des Zustands erleidet, zu berücksichtigen sind.

Die Voraussetzungen für das Hammerschlagsrecht und die Pflicht zur Duldung sind in § 922 BGB festgelegt. Im Folgenden werden die einzelnen Voraussetzungen näher erläutert.

Voraussetzungen für das Hammerschlagsrecht

Für das Entstehen eines Hammerschlagsrechts müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Diese sind:

  • Notwendigkeit der Arbeiten an dem eigenen Grundstück
  • Keine andere zumutbare Möglichkeit zur Durchführung der Arbeiten
  • Auf das Nachbargrundstück muss lediglich kurzzeitig zugegriffen werden
  • Ankündigung der beabsichtigten Maßnahme
  • Entschädigungsanspruch des betroffenen Nachbarn

Im Folgenden werden die einzelnen Voraussetzungen genauer erläutert.

Notwendigkeit der Arbeiten an dem eigenen Grundstück

Die Ausübung des Hammerschlagsrechts setzt voraus, dass die Arbeiten an dem eigenen Grundstück notwendig sind. Hierbei handelt es sich um Arbeiten, die aufgrund ihrer Dringlichkeit nicht aufgeschoben werden können, wie z.B. die Beseitigung von Schäden am Gebäude.

Keine andere zumutbare Möglichkeit zur Durchführung der Arbeiten

Das Hammerschlagsrecht kann nur dann geltend gemacht werden, wenn keine andere Möglichkeit besteht, die Arbeiten durchzuführen. Hierzu zählt beispielsweise der Einsatz eines Gerüsts, das auf dem eigenen Grundstück aufgestellt werden kann. Ist dies möglich, muss das Hammerschlagsrecht nicht in Anspruch genommen werden.

Auf das Nachbargrundstück muss lediglich kurzzeitig zugegriffen werden

Das Hammerschlagsrecht ist auf einen kurzzeitigen Zugriff beschränkt. Hierbei handelt es sich um einen zeitlich begrenzten Zugriff, der in der Regel nur wenige Tage oder Wochen andauert. Eine dauerhafte Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks ist nicht vom Hammerschlagsrecht gedeckt.

Ankündigung der beabsichtigten Maßnahme

Der Betroffene muss die beabsichtigte Maßnahme rechtzeitig ankündigen. Hierbei handelt es sich um eine angemessene Frist, die in der Regel mindestens zwei Wochen betragen sollte. Im Einzelfall kann die Frist auch kürzer oder länger ausfallen, je nach Art der Arbeiten und den damit verbundenen Beeinträchtigungen für den Nachbarn.

Entschädigungsanspruch des betroffenen Nachbarn

Im Rahmen der Ausübung des Hammerschlagsrechts hat der betroffene Nachbar einen Anspruch auf Entschädigung. Hierbei handelt es sich um einen Ausgleich für die Beeinträchtigungen, die durch die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks entstehen. Die Höhe der Entschädigung ist abhängig von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls und muss im Zweifel gerichtlich festgestellt werden.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Hammerschlagsrecht

Die Rechtsprechung zum Hammerschlagsrecht ist vielfältig und umfangreich. Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile dargestellt, die für das Verständnis des Hammerschlagsrechts von Bedeutung sind.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Dezember 2015, Az.: V ZR 49/15

In diesem Fall stritten zwei Nachbarn darüber, ob der Kläger das Hammerschlagsrecht in Anspruch nehmen konnte, um auf das Grundstück des Beklagten zu gelangen, um Arbeiten an seiner Hauswand durchzuführen. Der BGH entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf Inanspruchnahme des Hammerschlagsrechts hatte, da die Arbeiten auch auf seinem eigenen Grundstück hätten durchgeführt werden können. Somit war die Voraussetzung einer „keine andere zumutbare Möglichkeit zur Durchführung der Arbeiten“ nicht gegeben.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 11. Mai 2018, Az.: 12 U 73/17

Das OLG Hamm hat in einem Fall über die angemessene Höhe der Entschädigung entschieden, die ein Grundstückseigentümer für die Inanspruchnahme seines Grundstücks aufgrund des Hammerschlagsrechts verlangen kann. Das Gericht legte die Entschädigung auf einen Betrag von 600 € pro Monat fest und begründete dies damit, dass bei der Bemessung der Entschädigung nicht nur die tatsächlich benötigte Fläche, sondern auch die Beeinträchtigung des Eigentumsrechts des Nachbarn zu berücksichtigen ist.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 23. Juni 2010, Az.: I-9 U 99/09

In diesem Fall ging es um die Frage, ob der Eigentümer eines Grundstücks verpflichtet ist, die Inanspruchnahme seines Grundstücks aufgrund des Hammerschlagsrechts auch dann zu dulden, wenn auf dem betreffenden Grundstück ein Baugerüst bereits vorhanden ist. Das OLG Düsseldorf entschied, dass das Hammerschlagsrecht nicht ausgeschlossen ist, solange es nicht zu einer unbilligen Doppelbelastung des betroffenen Nachbarn kommt, z.B. durch wiederholtes Auf- und Abbauen des eigenen Gerüsts.

FAQs zum Hammerschlagsrecht und seine Anwendung

Mit dem Hammerschlagsrecht sind viele Fragen verbunden, die von allgemeinem Interesse sind. Wir haben daher einige FAQs zusammengestellt und beantwortet, um Ihnen einen besseren Überblick über dieses umstrittene Rechtsgebiet zu geben.

Ist das Hammerschlagsrecht auch bei nicht dringenden Arbeiten anwendbar?

Nein, das Hammerschlagsrecht kann nur bei dringenden und notwendigen Arbeiten angewandt werden, die ohne weiteres nicht aufgeschoben werden können. Bei weniger dringlichen Arbeiten, wie beispielsweise der Renovierung einer Fassade, greift das Hammerschlagsrecht in der Regel nicht.

Was passiert, wenn der betroffene Nachbar die Inanspruchnahme seines Grundstücks verweigert?

Verweigert der betroffene Nachbar die Inanspruchnahme seines Grundstücks, obwohl die Voraussetzungen für das Hammerschlagsrecht erfüllt sind, kann der Grundstückseigentümer gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. In diesem Zusammenhang ist eine einstweilige Verfügung oder eine Unterlassungsklage gegen den betroffenen Nachbarn möglich.

Wie sieht es mit dem Datenschutz aus, wenn auf das Nachbargrundstück zugegriffen werden muss?

Der Datenschutz spielt auch im Zusammenhang mit dem Hammerschlagsrecht eine Rolle. Der betroffene Nachbar hat ein Recht darauf, dass seine Persönlichkeitsrechte und die seiner Familie gewahrt bleiben. Daher müssen die ausführenden Handwerker darauf achten, dass sie nicht unnötig die Privatsphäre des betroffenen Nachbarn verletzen.

Muss der betroffene Nachbar auch schwere Schäden an seinem Grundstück dulden?

Nein, der betroffene Nachbar muss keine schweren Schäden an seinem Grundstück dulden. Der Schaden darf sich lediglich in Grenzen halten, die von dem Nachbarn zumutbar sind. Bei schweren Schäden kann der betroffene Nachbar eine Entschädigung oder eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verlangen.

Gibt es eine allgemeingültige Höhe der Entschädigung?

Nein, es gibt keine allgemeingültige Höhe der Entschädigung. Die Entschädigung ist abhängig von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls und muss im Zweifel gerichtlich festgestellt werden.

Schlussbemerkungen und Fazit

Das Hammerschlagsrecht ist ein heikles und mit vielen Fragen behaftetes Rechtsgebiet. Die gesetzlichen Grundlagen hierzu finden sich in § 922 BGB. Um das Hammerschlagsrecht geltend machen zu können, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein, wie etwa die Notwendigkeit der Arbeiten oder die fehlende zumutbare Möglichkeit zur Durchführung der Arbeiten auf dem eigenen Grundstück.

Die Rechtsprechung zum Hammerschlagsrecht ist umfangreich und stets am Einzelfall orientiert. Daher ist es wichtig, sich im Zweifel juristischen Rat einzuholen, um zu klären, inwieweit das Hammerschlagsrecht in Anspruch genommen werden kann oder ob die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks geduldet werden muss.

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