Hauptversammlung: wie Sie mit Struktur zu schnelleren Beschlussfassungen gelangen. Gemäß dem Gesellschaftsrecht ist die Hauptversammlung (HV) eines von drei bedeutenden Organen einer jeden Aktiengesellschaft. Sie dient als zentraler Ort, an welchem Aktionäre Beschlüsse fassen und sich über unternehmensrelevante Informationen erkundigen können. Grundsätzlich nehmen an der Hauptversammlung auch Mitglieder der anderen beiden Organe – Aufsichtsrat und Vorstand – teil (§ 118 Abs. 3 AktG).
Dabei findet häufig ein reger Austausch zwischen Mitgliedern aller Organe statt. Gesetzliche Regelungen, die für die Hauptversammlung relevant sind, werden in den Paragraphen 118 bis 147 des Aktiengesetzes festgehalten.
In diesem Beitrag geben wir Ihnen einen Leitfaden mit auf den Weg und erklären, welche einzelnen Phasen bei einer Hauptversammlung durchlaufen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Die Arten der Hauptversammlung
- Die Einberufung der Hauptversammlung
- Beschlussfassungen und Stimmverbote
- Sieben Phasen einer Hauptversammlung
- Die Funktion des Notars auf einer Hauptversammlung
Welche Hauptversammlungs-Arten gibt es?
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Hauptversammlung. Bei Ersterer werden beispielsweise:
- Statuten geändert,
- neue Mitglieder in den Aufsichtsrat gewählt,
- über die Nutzung von Gewinnen debattiert,
- ein Abschlussprüfer gewählt
- und der Vorstand gemeinsam mit dem Aufsichtsrat entlastet.
Nach § 120 Abs. 1, Satz 1 AktG muss die Hauptversammlung einmal im Jahr stattfinden. Dabei beachten Sie, dass jeder, der im Besitz von Stammaktien ist, an ihr teilnehmen darf.
Im Gegensatz zur ordentlichen Hauptversammlung findet die außerordentliche nur zu besonderen Anlässen statt. Dies ist häufig dann der Fall, wenn Fusionen oder Übernahmen anstehen, das bisher verfügbare Kapital aufgestockt bzw. gesenkt werden soll oder Aufsichtsräte abberufen werden.
Vor dem Hintergrund der Pandemie ist es mittlerweile auch möglich, virtuelle Hauptversammlungen durchzuführen. Dabei ist die physische Präsenz von Teilnehmern nicht mehr erforderlich.
Die Einberufung der Hauptversammlung
§ 121 AktG schreibt vor, dass lediglich alle in das Handelsregister eingetragenen Vorstandsmitglieder dazu berechtigt sind, die Hauptversammlung einzuberufen. Dabei ist es notwendig, dass alle Teilnahmeberechtigten spätestens 30 Tage vor Beginn der Hauptversammlung über die Einberufung in Kenntnis gesetzt werden (§ 123 Abs. 1 Satz 1 AktG).
Bedenken Sie jedoch, dass der jeweilige Einberufungstag nicht hinzugerechnet wird (§ 123 Abs. 1 Satz 2 AktG). Damit die Einberufung ihre Gültigkeit besitzt, müssen die Tagesordnung, der Versammlungsort sowie die Uhrzeit angegeben werden.
Spätestens 21 Tage vor der Hauptversammlung ist der Vorstand verpflichtet, Kreditinstituten sowie Aktionärs-Vereinigungen die Einberufung mitzuteilen. Bei Letzteren handelt es sich um Vereinigungen, die bei einer vorangegangen Hauptversammlung Stimmrechte von Aktionären innehatten.
Zeitliche Begrenzungen ordentlicher Hauptversammlungen
Darüber hinaus ist es notwendig, dass der Vorstand die Hauptversammlung innerhalb der ersten acht Monate eines Geschäftsjahres einberuft. Kommt er seiner Pflicht nicht nach, können die Aktionäre die Einberufung gerichtlich erzwingen. Sind die Einberufungen fehlerhaft, können alle Beschlüsse für nichtig erklärt werden.
Die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung
Das Recht, eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen, obliegt dem Vorstand. Dieser kann jederzeit per eigenem Entschluss alle Teilnahmeberechtigten über die Einberufung informieren. Laut § 122 AktG ist es auch möglich, dass in Folge eines Minderheitenvotums der Aktionäre die Einberufung durch den Vorstand erfolgt.
Beschlussfassungen und Stimmverbote
In der Regel können Sie davon ausgehen, dass für Beschlussfassungen die einfache Mehrheit – + 50 % – ausreicht. Dennoch kann es vorkommen, dass Satzungen größere Mehrheiten für die Fassung von Beschlüssen voraussetzen.
Online interagieren
Damit sich alle Aktionäre vor einer anstehenden Hauptversammlung besser austauschen und abstimmen können, ist es sinnvoll ein Internetforum im Bundesanzeiger zu erstellen. Über die dort einzuhaltenden Regeln informieren Sie sich gesondert in der Verordnung über das Aktionärsforum (§ 127a AktG).
Stimmverbote sind wichtig
Gemäß § 136 AktG liegt für Aktionäre ein Stimmverbot vor, falls:
- Ansprüche gegen sie geltend gemacht werden,
- sie entlastet werden
- oder sie von Verbindlichkeiten befreit werden sollen.
Die ersten zwei Aspekte sind von hoher Relevanz für die Hauptversammlung. Denn einerseits können Vorstandsmitglieder, die gleichzeitig Aktionäre sind, sich weder selbst entlasten noch bei der Erhebung von Schadensersatzklagen gegen sie mitbestimmen.
Grundsätzlich ist es möglich, dass Beschlüsse fehlerhaft sind und daher vor Gericht angefochten werden können. Dies ist dann der Fall, wenn:
- die Aktionäre unzureichend über Beschlussgegenstände informiert sind,
- die beschlossenen Inhalte gegen Gesetze verstoßen
- oder es bereits im Vorfeld zu fehlerhaften Einladungen kam.
Sieben Phasen einer Hauptversammlung
Zur besseren Übersicht erläutern Ihnen die Rechtsanwälte der Kanzlei Herfurtner, aus welchen sieben Phasen eine Hauptversammlung besteht. Dabei müssen Sie jedoch berücksichtigen, dass es auf Hauptversammlungen auch zu Abweichungen kommen kann. Daher betrachten Sie die folgenden sieben Phasen als Ihren persönlichen Leitfaden, der zur Orientierung dient.
Bei allen Vorgängen nimmt der Versammlungsleiter eine Schlüsselposition ein. Gemäß der Satzungen von Aktiengesellschaften ist er auch Aufsichtsratsvorsitzender. Zu den Aufgaben des Versammlungsleiters gehören:
- die Stimmenauszählung der Aktionäre,
- die verantwortungsvolle Überwachung aller Prozesse
- sowie die Zulassung oder Ablehnung von Fragen.
1. Alles fängt mit der Einlasskontrolle an
Obwohl der Versammlungsleiter für die Einlasskontrolle verantwortlich ist, führt er sie nicht selber durch. In der Regel kann er auf Hilfspersonal zurückgreifen, welches der Vorstand ihm zur Verfügung stellt. Das Hilfspersonal stellt sicher, dass nur diejenigen Aktionäre an der Hauptversammlung teilnehmen, die auch wirklich eine Einladung erhalten haben.
Bei den Kontrollen nehmen sie alle Aktionäre und Aktionärsvertreter in das Teilnehmerverzeichnis auf. Zudem prüfen sie Stimmrechtsvollmachten und kontrollieren, ob alle Teilnehmer im Aktienregister eingetragen sind.
2. Die Hauptversammlung beginnt
Sobald die Einlasskontrolle abgeschlossen ist, folgt die Eröffnung der Hauptversammlung. Dabei stellt der Versammlungsleiter nicht nur den beurkundeten Notar vor, sondern kontrolliert auch, ob:
- alle Mitglieder des Aufsichtsrats und Vorstands anwesend sind,
- die Hauptversammlung fristgerecht einberufen wurde
- und alle Aktionäre die Einladung erhalten haben.
3. Festlegung verbindlicher Regelungen
Im nächsten Schritt verleiht der Versammlungsleiter der Hauptversammlung Struktur. Dies gelingt ihm, indem er festlegt, wie die Diskussion und Aussprache ablaufen soll. Letztere ist üblicherweise eine Generaldebatte, bei dir nicht einzelne Themenpunkte gesondert, sondern innerhalb größerer Themenblöcke debattiert werden. Im Regelfall erfolgt erst nach jedem ausdiskutierten Thema die Beschlussfassung.
Darüber hinaus bestimmt der Versammlungsleiter in dieser Phase, wie mit Aktionärs-Fragen umgegangen werden soll. In diesem Zusammenhang informiert er alle Aktionäre darüber, wie sie Fragen anmelden und in welche Rednerlisten sie sich eintragen können.
Zudem beschließt der Versammlungsleiter üblicherweise, wie die Ton- und Bildübertragung der Hauptversammlung erfolgen soll.
4. Vorstand und Aufsichtsrat sorgen für Transparenz
In dieser Phase informiert der Vorstand die Aktionäre zu folgenden Aspekten.
- Lagebericht
- Jahresabschluss
- Nutzung von Gewinnen
- Vom Aufsichtsrat bestätigte Einzelabschlüsse
Anschließend legt der Aufsichtsrat Rechenschaft über seine Arbeit ab. Dabei bezieht sich der Aufsichtsrat auf den Bericht, den er im Zuge der Einladung allen Aktionären zukommen lassen hat.
5. Die Generaldebatte wird eröffnet
Nachdem der Versammlungsleiter Formalitäten geklärt hat und die Berichterstattung abgeschlossen ist, folgt nun die Generaldebatte. In Abhängigkeit der wirtschaftlichen Situation kann sie Konfliktpotentiale bergen. In der Generaldebatte beantwortet der Vorstand die Fragen der Aktionäre. Grundsätzlich empfiehlt es sich vorab einen Fragenkatalog zu erstellen, in dem alle wichtigen Fragen zusammenfassend aufgelistet sind. Solch einen Fragenkatalog erhalten die Aktionäre im Regelfall vor der Hauptversammlung.
In dieser Phase wird der Fokus darauf gelegt, dass:
- die Frage- und Redezeiten begrenzt sind,
- Fragen auf ihre Zulässigkeit hin überprüft werden,
- mit Gegenanträgen der Aktionäre richtig umgegangen wird,
- die Anzahl der Redner angemessen ist,
- der Vorstand vertrauliche Geheimnisse für sich behält,
- eventuell auf weitere Sachanträge eingegangen wird
- und der Vorstand wie auch der Aufsichtsrat entlastet werden.
Insbesondere für die teilnehmenden Aktionäre ist das Fragerecht (§ 131 AktG) von immenser Bedeutung. Bedenken Sie, dass sich Fragen lediglich auf die Tagesordnungs-Punkte und das vorherige Geschäftsjahr beziehen dürfen. Falls bestimmte Fragen nicht beantwortet werden, ist es sinnvoll, einen Widerspruch im Protokoll aufnehmen zu lassen.
6. Die Abstimmung
Nun bestimmt der Versammlungsleiter, wie die Abstimmung zu den Beschlussgegenständen erfolgen soll und welche Aspekte dabei zu berücksichtigen sind. In diesem Zusammenhang entscheidet er beispielsweise:
- wie die Auszählung erfolgen soll,
- in welcher Reihenfolge die Aktionäre abstimmen,
- welches Verfahren für die Abstimmung zur Anwendung kommt,
- wie mit Stimmverboten umzugehen ist
- und ob die Ergebnisse der Abstimmung durch das Subtraktions- oder Additionsverfahren ermittelt werden.
Unmittelbar nachdem er die Ergebnisse ermittelt hat, präsentiert er sie den Aktionären. Dabei ist er auch abschließend für die sogenannte Beschlussfeststellung verantwortlich.
7. Das Ende der Hauptversammlung
Bevor der Versammlungsleiter die Hauptversammlung für beendet erklärt, weist er alle Aktionäre darauf hin, dass sie gegen die gefassten Beschlüsse Widerspruch einlegen können. Dies ist vor allem dann relevant, wenn es eventuell zu einer Klage vor Gericht kommen sollte.
Sobald die Hauptversammlung zu Ende gegangen ist, ist der Vorstand dazu verpflichtet, eine beglaubigte Abschrift des Protokolls an das Handelsregister zu senden. Überdies sind börsennotierte AGs zusätzlich dazu verpflichtet, die Ergebnisse der Abstimmungen auf ihrer Website zu publizieren. Die Veröffentlichung muss spätestens sieben Tage nach der Hauptversammlung erfolgt sein.
Sie möchten eine Hauptversammlung organisieren und sich über den Verlauf sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen informieren? Oder Sie brauchen Unterstützung bei der praktischen Umsetzung? Dann nehmen Sie Kontakt mit den Anwälten der Kanzlei Herfurtner auf. Diese beraten Sie und erklären Ihnen worauf Sie achten sollten.
Welche Funktion nimmt der Notar ein?
Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass eine notarielle Beurkundung für eine börsennotierte Aktiengesellschaft verpflichtend ist. Dabei ist der Notar auch für die Unterzeichnung des Hauptversammlungs-Protokolls zuständig. Ist die AG nicht börsennotiert, reicht die Unterschrift des Versammlungsleiters aus. Erst wenn es zu Beschlussfassungen kommt, die mindestens eine 3/4 Mehrheit erfordern, muss ein Notar das Protokoll beurkunden.
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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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