Im immer komplexer werdenden Alltag können Haustürgeschäfte und der damit verbundene Verbraucherschutz leicht zum rasanten Strudel der rechtlichen Fragestellungen führen. Mit aktuellen Gerichtsurteilen, Trends im Bereich der Rechtsprechung und einem klaren Leitfaden zur Rechtslage rund um Haustürgeschäfte möchte dieser Blog-Beitrag dabei helfen, dem Labyrinth der Paragraphen zu entkommen.
Inhaltsverzeichnis
- Gesetzliche Definition von Haustürgeschäften
- Rechtliche Grundlagen und Schutzvorschriften
- Aktuelle Rechtsprechung in Deutschland und der EU
- Häufige Fragen und Antworten rund um Haustürgeschäfte
- Praxistipps für Verbraucher: Rechte und Pflichten
Gesetzliche Definition von Haustürgeschäften
Unter Haustürgeschäften versteht man Geschäfte, die außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden. Hierbei kann es sich beispielsweise um Verträge handeln, die an der Haustür des Verbrauchers, an dessen Arbeitsstätte oder bei Freizeitveranstaltungen abgeschlossen werden. Zielsetzung ist es, den Verbraucher durch eine persönliche Ansprache zur schnellen Vertragsunterschrift zu bewegen. Häufig sind diese Geschäfte von einer gezielten Überrumpelung oder einem aggressiven Verhalten des Verkäufers geprägt.
Rechtliche Grundlagen und Schutzvorschriften
Um den Verbraucher vor übermäßigen Belästigungen und möglichen Fehlentscheidungen durch Überrumpelung zu schützen, hat der Gesetzgeber im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Regelungen geschaffen, welche die Informationspflichten der Unternehmer stärken und gleichzeitig den Verbrauchern besondere Widerrufsrechte bei Haustürgeschäften einräumen.
Informationspflichten des Unternehmers
Nach § 312d BGB und Art. 246a § 1 EGBGB hat der Unternehmer den Verbraucher über eine Reihe von Umständen zu informieren, bevor er eine verbindliche Bestellung aufgibt. Zu diesen Informationen zählen insbesondere:
- Name und Anschrift des Unternehmers
- Wesentliche Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen
- Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistung, einschließlich aller Steuern und ggf. zusätzlicher Fracht-, Liefer- oder Versandkosten
- Mindestdauer des Vertrages
- Widerrufsrecht des Verbrauchers
- Garantiebestimmungen
Widerrufsrecht des Verbrauchers
Bei Haustürgeschäften hat der Verbraucher nach § 312g BGB ein Widerrufsrecht von 14 Tagen. Dieses Widerrufsrecht beginnt am Tag des Vertragsabschlusses oder, bei Kaufverträgen, am Tag des Eingangs der Ware beim Verbraucher, sofern er über das Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt wurde. Bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung verlängert sich die Widerrufsfrist auf bis zu 12 Monate und 14 Tage.
Sanktionen bei Verstoß gegen Informationspflichten und Widerrufsrecht
Verstößt der Unternehmer gegen seine Informationspflichten oder gewährt dem Verbraucher nicht das gesetzlich vorgesehene Widerrufsrecht, kann dies rechtliche Konsequenzen haben. Zum einen kann der Verbraucher hierdurch Schadensersatzansprüche geltend machen, zum anderen kann ein Verstoß gegen das UWG als Ordnungswidrigkeit geahndet werden und in Bußgeldern oder gar Freiheitsstrafen münden.
Aktuelle Rechtsprechung in Deutschland und der EU
Die Rechtsprechung zu Haustürgeschäften ist ständig im Fluss und wird sowohl von deutschen Gerichten als auch von den Gerichten der Europäischen Union geprägt. Im Folgenden seien einige wegweisende Urteile dargestellt, die ein klareres Bild der aktuellen Rechtslage vermitteln sollen.
Bundesgerichtshof: Keine analoge Anwendung des Widerrufsrechts auf Kaufverträge unter Abwesenden
In einem Urteil aus dem Jahr 2017 (Az: VIII ZR 304/16) entschied der Bundesgerichtshof, dass das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften nicht analog auf Kaufverträge unter Abwesenden angewendet werden kann, selbst wenn der Käufer überrumpelt wurde. Der BGH betonte, dass diese Frage vom Gesetzgeber geregelt werden müsse und nicht von den Gerichten.
Bundesgerichtshof: Kein Widerrufsrecht für Zeitungsabonnements an der Haustür
Im Jahr 2013 entschied der Bundesgerichtshof, dass der Verbraucher kein Widerrufsrecht bei Zeitungsabonnements hat, die an der Haustür abgeschlossen wurden (Az: VIII ZR 172/12). Die Begründung: In Bezug auf Zeitungen handele es sich um Waren, die aufgrund ihres Inhalts nach der Lieferung untrennbar mit anderen Gütern vermischt werden können, weshalb kein Widerrufsrecht bestehe.
Europäischer Gerichtshof: Fernabsatzverträge sind auch Haustürgeschäfte
Der Europäische Gerichtshof entschied in einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2016 (Az: C-482/15), dass auch Fernabsatzverträge, wie etwa Online- oder Telefongeschäfte, als Haustürgeschäfte anzusehen sind, sofern der Unternehmer den Vertragsschluss außerhalb seiner Geschäftsräume initiiert hat. Somit gelten auch hier die Informationspflichten und das Widerrufsrecht des Verbrauchers.
Häufige Fragen und Antworten rund um Haustürgeschäfte
Welche Verträge können an der Haustür abgeschlossen werden?
Grundsätzlich können alle Arten von Verträgen an der Haustür abgeschlossen werden – von Kaufverträgen über Werkverträge bis hin zu Darlehensverträgen. Im Alltag treten jedoch besonders häufig Verträge zur Lieferung von Waren, wie Möbel oder Elektrogeräte, sowie Verträge über Energieversorgung oder Telekommunikationsdienstleistungen auf.
Wann beginnt die Widerrufsfrist bei Haustürgeschäften?
Die Widerrufsfrist beginnt grundsätzlich am Tag des Vertragsabschlusses oder, bei Kaufverträgen, am Tag des Eingangs der Ware beim Verbraucher.
Kann ich ein Haustürgeschäft auch außerhalb der Widerrufsfrist zurückgeben?
Wenn die Widerrufsfrist abgelaufen ist, kann ein Vertrag grundsätzlich nicht mehr widerrufen werden. Allerdings kann es sein, dass ein Verbraucher bei Vorliegen besonderer Umstände, beispielsweise bei arglistiger Täuschung oder Nötigung durch den Verkäufer, den Vertrag anfechten oder kündigen kann.
Praxistipps für Verbraucher: Rechte und Pflichten
Zum Abschluss dieses umfassenden Überblicks über die Rechtslage rund um Haustürgeschäfte sollen noch einige praxisnahe Tipps für Verbraucher gegeben werden:
- Informieren Sie sich genau über das angebotene Produkt oder die Dienstleistung und vergleichen Sie Preise und Konditionen.
- Lassen Sie sich nicht von Geschicklichkeit oder Druck des Verkäufers überrumpeln, sondern bestehen Sie auf das Recht, den Vertrag in Ruhe zu prüfen.
- Verlangen Sie vom Verkäufer eine schriftliche Widerrufsbelehrung und achten Sie darauf, dass alle gesetzlich vorgeschriebenen Informationen enthalten sind.
- Überlegen Sie genau, ob Sie das Haustürgeschäft widerrufen möchten und nutzen Sie die gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen.
- Führen Sie im Falle eines Widerrufs eine sorgfältige Dokumentation durch, zum Beispiel durch Einschreiben oder E-Mail, und bewahren Sie Kopien aller relevanten Unterlagen auf.
Wir hoffen, dass dieser Beitrag Ihnen einen umfassenden Einblick in die rechtlichen Rahmenbedingungen und Schutzmechanismen rund um Haustürgeschäfte gegeben hat. Bei weiterführenden Fragen oder individuellen Anliegen empfiehlt es sich, einen erfahrenen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen.
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