Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist ein essenzieller Bestandteil des deutschen Rechts, der für die Werbung im Bereich von Heilmitteln und der Gesundheitsbranche weitreichende Bedeutung hat. In diesem Blog-Beitrag erhalten Sie einen detaillierten Überblick über das HWG, die rechtlichen Hintergründe, die Pflichten und Verbote, die das Gesetz aufstellt, und wie Sie als Unternehmen oder Freiberufler rechtssicher im Bereich der Heilmittelwerbung agieren können.
Einleitung: Ziele und Hintergründe des Heilmittelwerbegesetzes
Das Heilmittelwerbegesetz ist ein wesentlicher Bestandteil des deutschen Gesundheitsrechts, um einen fairen Wettbewerb im Bereich der Heilmittelwerbung sicherzustellen und die Gesundheit der Verbraucher zu schützen. Die Regulierung von Heilmittelwerbung ist notwendig, da es sich bei Heilmitteln um besondere, oftmals stark reglementierte Produkte handelt, die häufig medizinisches Fachwissen zum Einsatz und zur Beurteilung erfordern. Deshalb ist eine spezielle Gesetzgebung im Bereich der Heilmittelwerbung erforderlich, die sicherstellt, dass die allgemeine Öffentlichkeit und insbesondere Patienten und Fachkreise vor unzutreffenden oder irreführenden Werbebotschaften geschützt werden. Gleichzeitig soll ein fairer Wettbewerb zwischen den Anbietern von Heilmitteln gewährleistet werden.
Anwendungsbereich des HWG: Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen
Um den Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes zu verstehen, ist es notwendig, zunächst die zentralen Begriffe des Gesetzes genauer zu betrachten. Das HWG unterscheidet in seinem Anwendungsbereich grundsätzlich zwischen drei Hauptkategorien von Produkten, für die unterschiedliche Werberegelungen gelten:
- Arzneimittel
- Medizinprodukte
- Gebräuchliche sowie in Verkehr befindliche Waren
In den folgenden Abschnitten wird die Werbung für diese Produktkategorien genauer erläutert und der Anwendungsbereich des HWG verdeutlicht.
Arzneimittel
Arzneimittel sind nach § 2 Arzneimittelgesetz (AMG) Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die zur Beseitigung, Verminderung, Verhütung oder Erkennung von Krankheiten, Leiden, krankhaften Beschwerden oder Schmerzen bei Menschen oder Tieren verabreicht werden. Arzneimittel können sowohl verschreibungspflichtig als auch frei verkäuflich sein. Die Werbung für Arzneimittel unterliegt strengen Vorschriften und ist im HWG detailliert geregelt.
Medizinprodukte
Medizinprodukte sind gemäß § 3 Medizinproduktegesetz (MPG) alle einzeln oder miteinander verbundenen Gegenstände, Zubehörteile oder Software, die zur Anwendung für Menschen bestimmt sind und von den Herstellern zur Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder Verletzungen, zur Untersuchung, Ersetzung, oder Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder zur Empfängnisregelung verwendet werden. Medizinprodukte sind insbesondere durch ihre Zweckbestimmung und ihre Hauptwirkung gekennzeichnet und können sowohl invasiv als auch nichtinvasiv in den menschlichen Körper eingebracht oder auf der Haut getragen werden. Die Werbung für Medizinprodukte unterliegt ebenfalls den Regelungen des HWG.
Gebräuchliche und in Verkehr befindliche Waren
Diese Produktkategorie umfasst Waren des täglichen Bedarfs, die durch ihre häufige Verwendung, ihre weite Verbreitung oder durch die Art und Weise, wie sie in Verkehr gebracht werden, gekennzeichnet sind. Hierzu zählen beispielsweise Getränke, Lebensmittel, kosmetische Mittel oder Reinigungsmittel. Die Werbung für gebräuchliche oder in Verkehr befindliche Waren ist im HWG nur eingeschränkt reguliert und unterliegt weniger strengen Vorgaben als die Werbung für Arzneimittel oder Medizinprodukte.
Werbung im Sinne des HWG: Was zählt als Werbung für Heilmittel?
Werbung stellt nach § 1 HWG jede Äußerung zu Heilmitteln oder deren Wirkung dar, die darauf abzielt, den Absatz, die Nutzung oder den Verbrauch eines Heilmittels zu fördern. Dabei kann es sich um mündliche oder schriftliche Äußerungen oder Darstellungen, durch Bilder oder sonstige Darstellungsmittel wie Filme, Rundfunk oder Telekommunikation handeln. Unter den Begriff der Werbung fallen insbesondere:
- Werbung für Arzneimittel und Medizinprodukte in Printmedien (Zeitungen, Zeitschriften, Beilagen, etc.)
- Werbung für Arzneimittel und Medizinprodukte in digitalen Medien (Internet, Online-Shops, Apps, Social Media, E-Mails, etc.)
- Werbung für Arzneimittel und Medizinprodukte im Fernsehen, Radio oder Kino
- Werbung für medizinische Verfahren oder Therapieangebote
- Verkaufsfördernde Maßnahmen wie Preisnachlässe, Rabatte, Zugaben oder Gewinnspiele
- Werbung für Arzneimittel und Medizinprodukte in der Verkaufsstelle (Apotheke, Arztpraxis, Drogeriemarkt, etc.)
- Werbung für Produkte durch Ärzte, Apotheker, Heilpraktiker, oder andere fachkundige Personen, die professionell im Gesundheitsbereich tätig sind
Nicht unter den Begriff der Werbung im Sinne des HWG fallen beispielsweise:
- Redaktionelle Berichte, unabhängige sachliche Informationen oder wissenschaftliche Beiträge über Heilmittel oder medizinische Verfahren, die nicht in Zusammenhang mit einer werblichen Aussage ste
- Patientenaufklärung oder -information durch Ärzte, Apotheker oder andere Angehörige der Heilberufe, die sich ausschließlich auf die therapeutische Anwendung oder auf mögliche Risiken und Nebenwirkungen eines Heilmittels beziehen
- Sachinformationen oder Gebrauchsanweisungen für Heilmittel, die rein technisch, produktspezifisch oder für den rechtmäßigen Gebrauch erforderlich sind
Grundlegende Regelungen im Heilmittelwerbegesetz: Verbote und bestimmte Werbemaßnahmen
Das Heilmittelwerbegesetz enthält zahlreiche Verbote und besondere Werbemaßnahmen, die für die unterschiedlichen Produktkategorien (Arzneimittel, Medizinprodukte, gebräuchliche und in Verkehr befindliche Waren) gelten. Die folgenden Abschnitte erläutern diese Regelungen und geben einen Einblick in die Anwendung des HWG im praktischen Kontext.
Allgemeine Werbeverbote im HWG
Das Heilmittelwerbegesetz stellt zunächst einige allgemeine Werbeverbote für Heilmittel auf. Diese Verbote gelten unabhängig davon, ob es sich um Arzneimittel, Medizinprodukte oder gebräuchliche bzw. in Verkehr befindliche Waren handelt. Gemäß § 3 HWG ist insbesondere folgende Werbung verboten:
- Werbung, die irreführend ist, durch die Beschaffenheit des Heilmittels oder durch ihre Art, Weise oder Umstände der Vorstellung
- Werbung, die sich auf eine Empfehlung von Angehörigen der Heilberufe oder sonstiger Personen bezieht, die aufgrund ihrer Berufs-, Amts- oder Tätigkeitsbezeichnung, eines akademischen Grades oder ähnlicher Qualifikationen einen besonderen Vertrauensstatus genießen
- Werbung, die Angaben über die therapeutische Wirksamkeit oder die Unbedenklichkeit eines Heilmittels enthält, die nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisse gesichert sind oder die über die in diesem Zusammenhang übliche Fachwelt hinausgehende Aussagen trifft
- Werbung, die für eine bestimmte therapeutische oder eine vorbeugende Wirkung oder die Unbedenklichkeit von Heilmitteln unter Umständen wirbt, unter denen eine solche Wirkung oder Unbedenklichkeit nicht nachgewiesen ist oder deren Nachweis nicht mit den anerkannten wissenschaftlichen Methoden geführt werden kann
- Werbung, die den Eindruck erweckt, dass ein bestimmtes Heilmittel spezifische therapeutische oder vorbeugende Eigenschaften aufweist, obwohl diese Eigenschaften nur aufgrund der allgemein gültigen Lebens- und Ernährungsgewohnheiten angenommen werden können
- Werbung, die nicht klar und unmissverständlich auf die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen in Bezug auf das Heilmittel hinweist
Besondere Werbeverbote für Arzneimittel
Für die Werbung von Arzneimitteln gelten darüber hinaus spezielle Werbeverbote gemäß § 10 HWG. Diese Verbote betreffen insbesondere:
- Werbung, die einen Heilerfolg oder die Unbedenklichkeit des Arzneimittels garantiert oder suggeriert
- Werbung, die direkt oder indirekt den Eindruck erweckt, dass durch die Anwendung des Arzneimittels ein Heilerfolg ohne Änderung der Lebens- oder Ernährungsgewohnheiten erzielt werden kann
- Werbung, die sich auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder krankhaften Beschwerden bezieht, die selbsttätig vorbeugenden Maßnahmen, Behandlungen oder Untersuchungen bedürfen
- Werbung, die unwahre oder übertriebene Angaben über Krankheitsbilder, deren Häufigkeit, Auswirkungen oder den Verlauf, sowie über die heilende, lindernde oder vorbeugende Wirkung des Arzneimittels macht
Besondere Werbeverbote für Medizinprodukte
Auch für die Werbung von Medizinprodukten gelten gemäß § 11 HWG spezielle Werbeverbote. Hierzu zählen:
- Werbung, die für Medizinprodukte wirbt, deren Einsatz von einer besonderen medizinischen Fachkenntnis abhängt, bei einer für den ungezielten Absatz ungeeigneten Verbrauchergruppe (bspw. Werbung für ein hochspezialisiertes medizinisches Gerät in einer allgemeinen Tageszeitung)
- Werbung für Medizinprodukte ohne CE-Kennzeichnung oder ohne Konformitätserklärung, die das Inverkehrbringen solcher Produkte ohne die entsprechende Zulassung durch die zuständige Behörde zur Folge hat
Weitere besondere Werbeverbote im HWG
Weitere spezielle Werbeverbote betreffen bestimmte Sachverhalte, Produktgruppen oder Zielgruppen. Hierzu zählen insbesondere:
- Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel gegenüber der Öffentlichkeit (§ 10 Abs. 1 Satz 2 HWG)
- Werbung für Abgabepreise und Rabatte von Heilmitteln, die nicht oder nur eingeschränkt auf das normale, täglich auftretende Verkaufsgespräch in Apotheken oder auf allgemeine Vergleichsangebote beschränkt ist (§ 7 HWG)
- Besondere Werbeverbote für Heilmittel, die in bestimmten Leistungsgruppen der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen sind oder deren Bewerbung im Einzelfall durch gesundheitspolitische, wirtschaftliche oder wissenschaftliche Erkenntnisse nicht gerechtfertigt erscheint (§ 8 HWG)
Rechtliche Auswirkungen von Verstößen gegen das Heilmittelwerbegesetz
Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz können erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Hierzu zählen insbesondere:
- Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen durch Wettbewerber, Verbraucherzentralen oder Wettbewerbsverbände, die die Beseitigung der unzulässigen Werbung, die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und die Erstattung der Abmahnkosten verlangen können
- Ordnungswidrigkeitenverfahren durch die zuständigen Behörden und Bußgelder von bis zu 50.000 Euro pro Verstoß
- Schadensersatzansprüche von Mitbewerbern, die durch die unzulässige Werbung einen Schaden erlitten haben
FAQ zum Heilmittelwerbegesetz
Lassen Sie uns Ihnen mit den häufigsten Fragen und ihren Antworten weiterhelfen.
Welche Produkte fallen unter das Heilmittelwerbegesetz?
Das Heilmittelwerbegesetz regelt die Werbung für Arzneimittel, Medizinprodukte sowie gebräuchliche und in Verkehr befindliche Waren.
Was ist bei der Werbung für Nahrungsergänzungsmittel zu beachten?
Nahrungsergänzungsmittel gelten als Lebensmittel und unterliegen somit primär den Bestimmungen des Lebensmittelrechts. Allerdings müssen bei der Werbung für Nahrungsergänzungsmittel auch die Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes beachtet werden, insbesondere die allgemeinen Verbote, die in § 3 HWG aufgestellt sind, wie z. B. das Verbot der irreführenden Werbung.
Sind Influencer-Werbung und Product Placements von Heilmitteln erlaubt?
Grundsätzlich sind Influencer-Werbung und Product Placements von Heilmitteln erlaubt, sofern die Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes eingehalten werden. Dazu gehört insbesondere die Einhaltung der allgemeinen Werbeverbote sowie die besonderen Werbeverbote für Arzneimittel und Medizinprodukte. Zudem müssen die Vorschriften zum Schutz von Minderjährigen und die Kennzeichnungspflichten für Werbung beachtet werden.
Was geschieht, wenn ein Unternehmen gegen das Heilmittelwerbegesetz verstößt?
Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz können zu wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen, Ordnungswidrigkeitenverfahren und Bußgeldern sowie zu Schadensersatzansprüchen von Mitbewerbern führen.
Fazit
Das Heilmittelwerbegesetz stellt eine Vielzahl von Regelungen und Verboten für die Werbung von Heilmitteln auf, die von Unternehmen und Freiberuflern im Gesundheitsbereich beachtet werden müssen. Die Einhaltung dieser Regelungen ist essenziell für die Rechtssicherheit im Gebiet Heilmittelwerbung und dient zuallererst dem Schutz vor unzutreffenden oder irreführenden Werbebotschaften. Die Kenntnis der gesetzlichen Anforderungen und eine sorgfältige Umsetzung der Vorgaben sind daher für alle Akteure im Gesundheitsbereich unerlässlich, um rechtliche Risiken zu vermeiden und Vertrauen bei Verbrauchern und Fachkreisen zu gewährleisten.
In diesem Blog-Beitrag haben wir Ihnen einen umfassenden Einblick in das Heilmittelwerbegesetz gegeben, die Begriffsbestimmungen und Abgrenzungen erläutert und die zentralen Werbeverbote dargelegt. Zudem haben wir Ihnen die möglichen rechtlichen Folgen von Verstößen gegen das HWG aufgezeigt und einige häufig gestellte Fragen beantwortet.
Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.
Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Zivilrecht
Abschaffung der Singularzulassung beim BGH?
Erfahren Sie, ob die Möglichkeit der Singularzulassung beim BGH erhalten bleibt und was dies für das Revisionsrecht bedeutet.
BGH: Gebührenfreie Rückzahlung von Restguthaben auf „Cashless“-Festivalarmbändern
Erfahren Sie alles über die gebührenfreie Festival Armbänder Rückzahlung gemäß neuester BGH-Entscheidung für "Cashless"-Events in Deutschland.
BGH-Urteil: Anbieter sind nicht immer zur Rückzahlung unzulässiger Entgelte verpflichtet
Erfahren Sie, wann eine Unzulässige Entgelte Rückzahlung gefordert werden kann und welche Rechte Sie nach dem BGH-Urteil haben.
Gesetzesnovelle: Aufbau überregionaler Wasserstoffnetzinfrastruktur
Erfahren Sie, wie der Wasserstoffkernnetz Infrastrukturaufbau Deutschlands Energiezukunft und Klimaschutz revolutioniert.
Europäisches Parlament verschärft Regelungen zur Marktkommunikation zugunsten ökologischer Ziele
Erfahren Sie, wie das Europäische Parlament die Marktkommunikation ökologischer Ziele anhand neuer Regelungen stärkt.