Die Herausgabevollstreckung ist ein effektives Mittel zur Durchsetzung von Herausgabeansprüchen aus unterschiedlichen Rechtsverhältnissen, beispielsweise der Rückgabe von Mietobjekten oder dem Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer einer Sache. Dieser umfassende, gut recherchierte Blog-Beitrag wird Ihnen alle relevanten Aspekte der Herausgabevollstreckung erläutern, mit Fokus auf dem zugrundeliegenden Verfahren, den rechtlichen Grundlagen, Beispielen und aktueller Rechtsprechung. Außerdem finden Sie hier Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Thematik.
Inhalt:
- Gesetzliche Grundlagen der Herausgabevollstreckung
- Das Verfahren der Herausgabevollstreckung
- Arten der Herausgabevollstreckung
- Aktuelle Gerichtsurteile zur Herausgabevollstreckung
- FAQs zur Herausgabevollstreckung
Gesetzliche Grundlagen der Herausgabevollstreckung
Die gesetzlichen Regelungen zur Herausgabevollstreckung finden sich vor allem in der Zivilprozessordnung (ZPO) und dem Gerichtsvollzieherkostengesetz (GvKostG). Im Folgenden sind die wichtigsten rechtlichen Grundlagen zusammengefasst:
- § 883 ZPO (Herausgabevollstreckung): Diese Vorschrift regelt die Grundsätze der Herausgabevollstreckung und ist die zentrale Norm für die Vollstreckung von Herausgabeansprüchen. Sie sieht vor, dass die Herausgabe durch einen Gerichtsvollzieher erfolgen muss und dass eine Räumungsfrist gesetzt werden kann.
- § 885 ZPO (Allgemeine Vorschriften für die Herausgabevollstreckung): Diese Regelung enthält allgemeine Vorschriften für die Herausgabevollstreckung in Bezug auf die Befugnisse des Gerichtsvollziehers und die zu treffenden Maßnahmen zur Durchsetzung des Herausgabeanspruchs.
- § 786 ZPO (Vollstreckungsklausel): Die Vollstreckungsklausel ist eine Bescheinigung der Vollstreckbarkeit eines Titels (z. B. Urteil, Beschluss oder Vergleich) und Voraussetzung für die Durchführung der Vollstreckung. Ohne sie ist die Herausgabevollstreckung unzulässig.
- § 25 GvKostG (Kosten der Herausgabevollstreckung): Diese Vorschrift regelt die Entschädigung des Gerichtsvollziehers für die Durchführung der Herausgabevollstreckung und legt fest, welche Kosten der Schuldner zu tragen hat.
Das Verfahren der Herausgabevollstreckung
Das Verfahren der Herausgabevollstreckung gliedert sich in mehrere Phasen. Hier eine Übersicht mit den einzelnen Schritten und den jeweils relevanten Aspekten:
- 1. Titelbeschaffung: Zunächst muss der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel erwirken, der seinen Herausgabeanspruch beinhaltet. Dies kann beispielsweise durch ein Gerichtsurteil, einen Vollstreckungsbescheid oder einen gerichtlichen Vergleich geschehen.
- 2. Erteilung der Vollstreckungsklausel: Nachdem der Gläubiger einen Titel erlangt hat, muss er eine Vollstreckungsklausel gemäß § 786 ZPO beantragen. Damit wird der Titel in ein vollstreckbares Schriftstück umgewandelt und der Schuldner als vollstreckungsgegenwärtig erklärt.
- 3. Beauftragung des Gerichtsvollziehers: Um die Herausgabevollstreckung durchzuführen, muss der Gläubiger den zuständigen Gerichtsvollzieher beauftragen. Dies geschieht durch die Übergabe des vollstreckbaren Titels (mit Vollstreckungsklausel) sowie ein entsprechendes Vollstreckungsauftragsschreiben.
- 4. Durchführung der Vollstreckungsmaßnahmen: Der Gerichtsvollzieher trifft nun alle erforderlichen Maßnahmen, um den Herausgabeanspruch zu vollstrecken. Dies kann etwa die Pfändung und Versteigerung von im Besitz des Schuldners befindlichen Gegenständen, die Räumung von Mieträumen oder die zwangsweise Rückgabe von Fahrzeugen umfassen.
- 5. Abschluss der Vollstreckung: Nach erfolgreicher Durchführung der Vollstreckungsmaßnahmen hat der Gläubiger seinen Herausgabeanspruch durchgesetzt, und das Verfahren der Herausgabevollstreckung ist abgeschlossen.
Arten der Herausgabevollstreckung
Grundsätzlich kann zwischen verschiedenen Arten der Herausgabevollstreckung unterschieden werden, die sich jeweils nach der Art des zu vollstreckenden Anspruchs richten. Im Folgenden sind die wichtigsten Varianten dargestellt:
- Räumungsvollstreckung: Bei der Räumungsvollstreckung steht der Anspruch auf Räumung und Rückgabe von Mieträumen im Vordergrund. Diese Art der Herausgabevollstreckung kommt beispielsweise zur Anwendung, wenn ein Mieter die Mieträume trotz Kündigung nicht freiwillig räumt und zurückgibt. Der Gerichtsvollzieher sorgt hierbei für die Räumung der Räumlichkeiten und gegebenenfalls auch für die Lagerung des Inventars.
- Vollstreckung in bewegliche Sachen: Diese Form der Herausgabevollstreckung richtet sich auf die Rückgabe von beweglichen Sachen, die im Besitz des Schuldners sind, aber dem Gläubiger gehören. Der Gerichtsvollzieher nimmt hierbei die betreffenden Sachen in Besitz und übergibt sie anschließend an den Gläubiger. Sollte der Schuldner die Sachen nicht herausgeben, kann der Gerichtsvollzieher diese pfänden und ggf. versteigern.
- Vollstreckung in Rechte, z. B. Forderungen: Bei der Vollstreckung in Rechte oder Forderungen geht es darum, dass der Schuldner dem Gläubiger bestimmte Rechte oder Forderungen abtreten oder herausgeben muss. Im Rahmen der Vollstreckung kann der Gerichtsvollzieher diese Rechte oder Forderungen im Namen des Gläubigers geltend machen oder in entsprechende Vermögenswerte vollstrecken.
Aktuelle Gerichtsurteile zur Herausgabevollstreckung
In der jüngsten Rechtsprechung sind einige interessante und relevante Entscheidungen zur Herausgabevollstreckung ergangen. Im Folgenden werden diese Urteile kurz dargestellt:
- Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. April 2019, VII ZR 315/18: In dieser Entscheidung hat der BGH klargestellt, dass der Gläubiger im Rahmen eines Herausgabeverfahrens auch die Sicherstellung und Verwahrung der herauszugebenden Gegenstände verlangen kann. Der Gerichtsvollzieher hatte dies zunächst abgelehnt, da der Gläubiger keine ausreichende Lagerstätte bereitgestellt hatte.
- Oberlandesgericht München, Beschluss vom 19.12.2017, 34 Wx 300/17: Hier entschied das OLG München, dass bei der Vollstreckung in Forderungen keine Fristsetzung zur Herausgabe erforderlich ist, da die Vollstreckung sofort vollzogen werden kann. Diese Entscheidung ist von praktischer Relevanz, da sie darauf hinweist, dass bei einzelnen Arten der Herausgabevollstreckung auf bestimmte Verfahrensschritte (wie z. B. den Ablauf einer Räumungsfrist) verzichtet werden kann.
- Amtsgericht Hamburg-Altona, Urteil vom 18.09.2018, 316a C 245/17: Dieser Fall betraf die Frage, ob ein Gläubiger einen Herausgabeanspruch aufgrund von Reparatur- und Modernisierungsarbeiten in einer Mietwohnung geltend machen kann. Das Gericht entschied, dass ein solcher Anspruch nicht gegeben ist, wenn der Mieter zuvor zur Vornahme der Arbeiten aufgefordert wurde und diese auch zugesichert hatte. Letztendlich wurde damit der Herausgabevollstreckung teilweise entgegengewirkt.
FAQs zur Herausgabevollstreckung
Im Folgenden finden Sie häufig gestellte Fragen rund um das Thema Herausgabevollstreckung und die darauf bezogenen Antworten:
In welchen Fällen ist eine Herausgabevollstreckung möglich?
Eine Herausgabevollstreckung ist dann möglich, wenn der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel besitzt, der einen Herausgabeanspruch gegen den Schuldner beinhaltet. Dies kann beispielsweise bei Räumungsansprüchen, Ansprüchen auf Herausgabe von beweglichen Sachen oder Ansprüchen auf Abtretung von Rechten/Forderungen der Fall sein.
Wie setzt man die Herausgabevollstreckung durch?
Der Gläubiger muss zunächst einen vollstreckbaren Titel erlangen, der seinen Herausgabeanspruch umfasst. Anschließend muss er eine Vollstreckungsklausel beantragen. Schließlich kann er den zuständigen Gerichtsvollzieher mit der Durchführung der Vollstreckungsmaßnahmen beauftragen, um den Anspruch gegen den Schuldner durchzusetzen.
Wie lange dauert eine Herausgabevollstreckung?
Die Dauer einer Herausgabevollstreckung lässt sich für den einzelnen Fall nicht pauschal bestimmen. Sie hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie beispielsweise der Art des zu vollstreckenden Anspruchs, dem Umfang des Vollstreckungsverfahrens sowie der Kooperation des Schuldners. In einfach gelagerten Fällen kann die Vollstreckung binnen weniger Wochen oder Monate abgeschlossen sein, in komplexeren Fällen kann sie jedoch auch länger dauern.
Wer trägt die Kosten einer Herausgabevollstreckung?
Die Kosten der Herausgabevollstreckung trägt in der Regel der Schuldner. Dazu zählen insbesondere die Vergütung des Gerichtsvollziehers (gemäß GvKostG), die Auslagen für die Lagerung von Gegenständen sowie ggf. Anwalts- und Gerichtskosten. Sollte der Schuldner jedoch nicht in der Lage sein, die Kosten zu tragen, können sie teilweise oder vollständig auf den Gläubiger umgelegt werden.
Kann die Herausgabevollstreckung abgewendet werden?
Die Herausgabevollstreckung kann grundsätzlich abgewendet werden, indem der Schuldner den zugrundeliegenden Anspruch freiwillig erfüllt oder mit dem Gläubiger eine einvernehmliche Regelung (z. B. einen Ratenzahlungsvergleich) trifft. Auch eine erfolgreiche Vollstreckungsgegenklage kann die Vollstreckung abwenden, wenn dadurch der zugrundeliegende Titel aufgehoben oder geändert wird.
Fazit
Die Herausgabevollstreckung ist ein effektives Instrument zur Durchsetzung von Herausgabeansprüchen aus unterschiedlichen Rechtsverhältnissen. Sie unterliegt dem Regelungsrahmen der Zivilprozessordnung und des Gerichtsvollzieherkostengesetzes, die für das Verfahren der Herausgabevollstreckung maßgeblich sind. Um erfolgreich eine Herausgabevollstreckung durchzuführen, sind verschiedene Schritte erforderlich: Die Titelbeschaffung, die Erteilung der Vollstreckungsklausel und die Beauftragung des Gerichtsvollziehers mit der Durchführung der Vollstreckungsmaßnahmen. Durch die Kenntnis der gesetzlichen Grundlagen, des Verfahrensablaufs sowie der aktuellen Rechtsprechung und der Praxisfragen können sowohl Gläubiger als auch Schuldner ihre Interessen im Zusammenhang mit der Herausgabevollstreckung besser wahren und durchsetzen.
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Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
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