Das Thema Scheidung ist sowohl emotional als auch rechtlich oft komplex und schwierig. In diesem Beitrag erläutern wir die rechtlichen Aspekte von Immobilienbesitz vor Ehe und Scheidungsvermögen. Wir verbinden prägnante juristische Erläuterungen mit aktuellen Gerichtsurteilen und beantworten häufig gestellte Fragen.

Scheidung: Allgemeiner rechtlicher Rahmen

Ein Scheidungsverfahren kann eingeleitet werden, wenn eine Ehe nachweislich gescheitert ist. Gemäß § 1565 BGB sind die Voraussetzungen für eine gescheiterte Ehe:

  • Getrenntleben von mindestens einem Jahr und beide Ehepartner sind einverstanden (§ 1566 BGB);
  • Getrenntleben von mindestens drei Jahren, auch wenn einer der Ehepartner nicht zustimmt (§ 1566 BGB);
  • Härtefallscheidung (§ 1565 Abs. 2 BGB), wenn die Fortsetzung der Ehe für einen der Ehepartner unzumutbar ist.

Scheidungsfolgen

Folgen einer Scheidung können unter anderem sein:

Vermögensaufteilung

Nach einer Scheidung findet grundsätzlich ein Zugewinnausgleich statt, bei dem das während der Ehe gemeinsam erworbene Vermögen aufgeteilt wird.

Prinzip des Zugewinnausgleichs

Das deutsche Scheidungsrecht ist grundsätzlich auf den Grundsatz der Güterstandsvereinbarung ausgerichtet, wenn vor der Eheschließung keine anderen Regelungen getroffen wurden, z. B. mittels eines Ehevertrags. Die Güterstand ist der Status quo, der zwischen Ehepartnern über ihr Vermögen besteht. Im Rahmen des Zugewinnausgleichs haben Ehepartner Anspruch auf die Hälfte des während der Ehe gemeinsam erworbenen Vermögens. Die individuelle Vermögenslage der Ehepartner vor der Eheschließung bleibt dabei prinzipiell unangetastet.

Berechnung des Zugewinns

Nach § 1373 BGB handelt es sich beim Zugewinn um die Differenz zwischen Anfangs- und Endvermögen eines jeden Ehepartners. Um den Zugewinn zu berechnen, müssen die entsprechenden Vermögenswerte vor und nach der Ehe eruieren:

  • Anfangsvermögen: Das Vermögen, das ein Ehepartner bei der Eheschließung besitzt;
  • Endvermögen: Das Vermögen, das ein Ehepartner hat, wenn die Scheidung eingereicht wird.

Der Zugewinnausgleich besteht dann aus der Hälfte des Wertes der Differenz zwischen beider Ehepartner Zugewinn.

Immobilienbesitz vor Ehe und Scheidungsvermögen: Schutz vor der Ehe

In diesem Abschnitt geht es konkret um den Schutz des Hausbesitzes, der bereits vor der Ehe von einem der Ehepartner erworben wurde.

Hausbesitz als Anfangsvermögen

Nach § 1374 Abs. 2 BGB gehört der Hausbesitz zum Anfangsvermögen des jeweiligen Ehepartners, der das Haus vor der Ehe erworben hat. Dies bedeutet, dass der Wert des zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Hausbesitzes grundsätzlich von der Vermögensaufteilung bei einer Scheidung ausgeschlossen ist.

Wertzuwachs während der Ehe

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Wertzuwächse, die während der Ehe entstanden sind, prinzipiell in den Zugewinn einbezogen werden könnten. Ein Beispiel:

  • A erwirbt vor der Ehe ein Haus im Wert von 300.000 Euro.
  • Nach der Eheschließung steigt der Wert des Hauses auf 500.000 Euro.
  • Der Wertzuwachs von 200.000 Euro ist grundsätzlich in den Zugewinn einbezogen.

Es können aber Faktoren zur Anwendung kommen, die einen Zugewinnausgleich für den Wertzuwachs verhindern oder reduzieren:

  • Vereinbarung eines Ehevertrags;
  • Gesetzliche Regelungen bezüglich des Ausgleichsanspruchs;
  • Gerichtliche Anordnungen wegen grober Unbilligkeit (§ 1381 BGB) oder wenn eine teilweise oder vollständige Kompensation für voreheliches Vermögen beantragt wurde.

Immobilienbesitz vor Ehe und Scheidungsvermögen: Aktuelle Gerichtsurteile

Schutz des Hausbesitzes und Härtefall (BGH, Urteil vom 13.12.2017 – XII ZB 530/16)

Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 13. Dezember 2017 eine Entscheidung zur Frage des Hausbesitzes vor der Ehe und der Wertentwicklung während einer Ehe gefällt. In diesem Fall hatte das Oberlandesgericht Hamm die Wertentwicklung des Hauses, das ein Ehepartner vor der Ehe erworben hatte, zunächst als ausgleichspflichtig angesehen. Das Haus hatte vor der Ehe einen Wert von 180.000 Euro, während der Ehe stieg der Wert auf 230.000 Euro.

Der Bundesgerichtshof hob jedoch diese Entscheidung auf und stellte fest, dass in diesem Fall eine solche Wertentwicklung keinen ausgleichspflichtigen Zugewinn darstelle, da das Haus von Anfang an für die Ehepartner als Ehewohnung bestimmt war. Das bedeutet, dass eine Wertentwicklung während der Ehe nicht unbedingt in den Zugewinn einfließen muss.

Verzicht auf Zugewinnausgleich (BGH, Urteil vom 07.05.2008 – XII ZR 35/06)

In einem weiteren Fall hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Ehepartner, der im Rahmen eines Ehevertrags auf seinen gesetzlichen Anspruch auf Zugewinngemeinschaft verzichtet hat, auch den Anspruch auf Wertzuwächse von vor der Ehe erworbenem Vermögen während der Ehe verliert (Urteil vom 7. Mai 2008, XII ZR 35/06).

Immobilienbesitz vor Ehe und Scheidungsvermögen: FAQs

Gilt der Schutz des Hausbesitzes auch für Schulden?

Ja. Schulden, die vor einer Eheschließung entstanden sind, werden ebenfalls grundsätzlich nicht bei einer Scheidung aufgeteilt.

Was ist, wenn einer der Ehepartner in das Haus des anderen Ehepartners investiert hat?

Ein solcher Fall ist rechtlich komplex und hängt von den individuellen Umständen ab. Generell greifen bei gemeinsamen Investitionen in ein vor der Ehe erworbenes Haus die normalen Zugewinnregelungen. Es kann aber Ausnahmen geben, z. B. wenn Vereinbarungen über die Rückzahlung der Investitionen vorab getroffen wurden. Es ist ratsam, in solchen Fällen anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

Sind Eheverträge immer wirksam?

Eheverträge können grundsätzlich die Vermögensaufteilung bei einer Scheidung regeln. Allerdings müssen sie notariell beurkundet sein, um wirksam zu sein. Zudem können Eheverträge unter bestimmten Umständen unwirksam sein, z. B. bei Sittenwidrigkeit, schwerwiegender Benachteiligung eines Ehepartners oder Formfehlern.

Was passiert, wenn der Wert des Hauses während der Ehe abnimmt?

Ein Wertverfall des Hauses während der Ehe wirkt sich negativ auf den Zugewinn und damit auf den Zugewinnausgleich aus. Im Rahmen des Zugewinns kann es in solchen Fällen zu keiner Vermögensaufteilung kommen. Allerdings kann ein solcher Wertverfall auch steuerliche Folgen haben.

Was ist mit gemeinsam erworbenen Immobilien während der Ehe?

Grundsätzlich gehören gemeinsam während der Ehe erworbene Immobilien zum gemeinsamen Vermögen und unterliegen dem Zugewinnausgleich. Die genaue Aufteilung hängt jedoch von den individuellen Umständen, wie Eigentumsanteilen und finanziellen Beiträgen zur Immobilie, ab.

Gilt der Schutz des Hausbesitzes vor der Ehe auch für Leibrente?

Ja. Eine vor der Ehe begonnene Leibrente ist prinzipiell als Anfangsvermögen anzusehen und damit vom Zugewinnausgleich ausgeschlossen. Allerdings können während der Ehe erworbene Rechte aus der Leibrente unter Umständen als Zugewinn bewertet werden.

Immobilienbesitz vor Ehe und Scheidungsvermögen: Fazit und Handlungsempfehlungen

Der Schutz des Hausbesitzes vor der Ehe bei Vermögensauseinandersetzung im Rahmen einer Scheidung ist grundsätzlich durch den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gewährleistet. Allerdings ist zu beachten, dass Wertzuwächse während der Ehe prinzipiell in den Zugewinn einbezogen sein könnten.

Um mögliche Unklarheiten oder Streitigkeiten im Falle einer Scheidung zu vermeiden, ist es ratsam, sich rechtzeitig über die Vermögensaufteilung im Rahmen eines Ehevertrags zu einigen. Dabei sollte in jedem Fall anwaltlicher Rat hinzugezogen werden, um sowohl den eigenen Schutz als auch eine faire und rechtlich einwandfreie Regelung zu gewährleisten.

Wir hoffen, dieser Beitrag hat Ihnen einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Aspekte der Scheidung und Vermögensaufteilung, insbesondere im Zusammenhang mit dem Schutz des Hausbesitzes vor der Ehe, gegeben. Bei Fragen oder spezifischen Anliegen stehen wir Ihnen selbstverständlich zur Verfügung, um Sie bestmöglich zu unterstützen und zu beraten.

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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

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