
Sie setzen sich auf Social Media für Gleichberechtigung, gegen Diskriminierung oder für den Schutz von Kindern ein? Dann kennen Sie vermutlich nicht nur positives Feedback, sondern auch das Gegenteil: Hasskommentare, persönliche Angriffe, Beleidigungen oder sogar Drohungen.
Wer sich als Influencer:in klar positioniert, ist leider häufig mit Hate Speech im Netz konfrontiert – und steht vor der Frage: Wie darf ich rechtlich darauf reagieren?
Dürfen Sie solche Kommentare öffentlich machen – etwa per Screenshot in Ihrer Story? Müssen Sie dabei Namen unkenntlich machen, auch wenn die Kommentare öffentlich einsehbar sind?
Und wie sieht es mit dem Datenschutz aus – gilt die DSGVO auch für Hater? Darf man bei besonders problematischen Kommentaren sogar den Arbeitgeber oder das persönliche Umfeld der betreffenden Person informieren?
In diesem Beitrag geben wir Ihnen einen fundierten Überblick über Ihre rechtlichen Möglichkeiten bei Hasskommentaren – speziell für Influencer:innen, die sich gegen Cybermobbing und digitale Gewalt zur Wehr setzen wollen.
Wir zeigen, wann Sie Hate Speech anzeigen sollten, was datenschutzrechtlich erlaubt ist, und wo die Grenzen zwischen legitimer Aufklärung und rechtlich riskanter Bloßstellung liegen. Damit Sie sich schützen – und Ihre Reichweite weiterhin mutig und verantwortungsvoll nutzen können.
Was ist strafbar? Wo endet Meinungsfreiheit?
Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut – auch im Internet. Doch sie hat dort ihre rechtlichen Grenzen, wo Persönlichkeitsrechte verletzt oder strafbare Inhalte verbreitet werden. Für Sie als Influencer:in ist es wichtig zu wissen, wann ein Hasskommentar tatsächlich strafbar ist – und wann nicht.
Folgende Straftatbestände sind besonders relevant:
-
Beleidigung (§ 185 StGB): Persönliche Herabsetzungen wie „Du bist dumm“, „ekelhaft“ oder sexistische, rassistische oder menschenverachtende Aussagen können strafbar sein – auch im Netz.
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Üble Nachrede (§ 186 StGB): Wenn falsche Tatsachen über Sie verbreitet werden, ohne dass bewiesen werden kann, dass sie wahr sind.
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Verleumdung (§ 187 StGB): Hier werden vorsätzlich falsche Tatsachen behauptet, um Ihren Ruf zu schädigen – z. B. „Diese Influencerin ist pädophil“, obwohl es keinerlei Grundlage dafür gibt.
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Bedrohung (§ 241 StGB): Aussagen wie „Ich weiß, wo du wohnst“ oder „Ich komme vorbei und kläre das“ stellen eine konkrete Bedrohung dar – und sind strafbar.
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Volksverhetzung (§ 130 StGB): Besonders schwerwiegende Fälle, wenn gegen Gruppen gehetzt oder die Menschenwürde anderer verletzt wird.
Wenn Sie mit Kommentaren konfrontiert sind, die unter diese Kategorien fallen, haben Sie rechtliche Möglichkeiten, sich zu wehren – z. B. durch Anzeige oder Unterlassungsklagen.
Dürfen Sie Hasskommentare öffentlich machen?
Eine der häufigsten Fragen: Darf ich einen Hasskommentar per Screenshot in meiner Story teilen – und dabei den Namen zeigen? Schließlich steht der Kommentar öffentlich unter Ihrem Post.
Grundsätzlich gilt:
Auch wenn ein Kommentar öffentlich sichtbar ist, dürfen Sie ihn nicht automatisch beliebig weiterverbreiten. Sobald Sie ihn außerhalb des ursprünglichen Kontexts (z. B. in einer Story, Collage oder als Teil eines Posts mit Reichweite) erneut veröffentlichen, greifen Persönlichkeitsrechte und gegebenenfalls auch das Datenschutzrecht.
Muss der Name unkenntlich gemacht werden?
In vielen Fällen: ja. Selbst wenn der Nutzername öffentlich sichtbar ist, kann durch die zusätzliche Verbreitung eine Prangerwirkung entstehen. Die Rechtsprechung bewertet dies kritisch – vor allem dann, wenn mit dem Posting keine sachliche Auseinandersetzung, sondern eine Bloßstellung erfolgt. Sicherer ist es, den Namen und das Profilbild zu verpixeln oder abzudecken.
Rechtlich entscheidend ist die Abwägung zwischen:
-
Ihrem berechtigten Interesse, sich zu schützen, auf Hass aufmerksam zu machen oder Missstände sichtbar zu machen, und
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dem Schutz der Person, die den Kommentar verfasst hat – auch wenn deren Verhalten inakzeptabel war.
Es kann hilfreich sein, auf ähnliche Gerichtsurteile zu achten – oder im Zweifel juristischen Rat einzuholen.
Kontaktaufnahme mit Arbeitgeber oder Umfeld – zulässig oder riskant?
Viele Influencer:innen fragen sich: Darf ich den Arbeitgeber eines Haters über dessen Verhalten informieren?
Auch hier bewegen Sie sich in einem sensiblen Bereich – rechtlich wie moralisch.
Grundsätzlich gilt:
Wenn Sie nachvollziehbar darlegen können, dass die Person sich z. B. rassistisch, gewaltverherrlichend oder extrem beleidigend geäußert hat – und dies mit Screenshots dokumentieren können –, kann eine Information an den Arbeitgeber zulässig sein. Das gilt besonders, wenn das Verhalten öffentlich sichtbar war und im beruflichen Umfeld nicht tragbar ist (z. B. bei Lehrkräften, Pflegekräften, Polizeibeamt:innen).
Aber Achtung:
Die Kontaktaufnahme darf nicht willkürlich, rufschädigend oder verleumderisch sein. Wo beginnt Rufschädigung? Genau dann, wenn Sie mit unbewiesenen Behauptungen oder in emotionalisierter Weise Dritte über das Verhalten informieren, ohne sicherzustellen, dass es rechtlich haltbar ist.
Relevante Urteile zeigen: Die Gerichte achten auf:
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Ton und Absicht Ihrer Nachricht
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Ob Sie sachlich oder bloßstellend agieren
-
Ob das Verhalten des Haters eindeutig nachgewiesen werden kann
Tipp: Wenn Sie überlegen, einen Arbeitgeber zu informieren, dokumentieren Sie den gesamten Verlauf – und ziehen Sie einen Juristin hinzu.
Datenschutz und DSGVO: Gilt der auch für Hater?
Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schützt grundsätzlich auch Personen, die sich im Netz falsch oder beleidigend verhalten. Das bedeutet: Auch Hater haben einen Anspruch auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten – zum Beispiel Namen, E-Mail-Adressen oder Profilbilder.
Darf man personenbezogene Daten veröffentlichen, wenn diese im Zusammenhang mit einem strafbaren Kommentar stehen?
Ja, unter bestimmten Voraussetzungen. Wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht – etwa zur Aufklärung oder Prävention –, kann die Veröffentlichung zulässig sein. Diese Ausnahmen müssen aber gut begründet werden.
Das bedeutet für Sie:
-
Screenshots mit unkenntlich gemachten Namen sind datenschutzrechtlich sicherer.
-
Die Veröffentlichung ganzer Accounts, Namen oder anderer Identifikationsmerkmale ist heikel – außer ein Gericht hat dies erlaubt oder ein Rechtsgutachten stützt das Vorgehen.
Fazit: Die DSGVO gilt auch für Hater – aber sie schließt die Wahrnehmung Ihrer Rechte nicht aus. Es kommt auf den Einzelfall und die Verhältnismäßigkeit an.
Welche Schritte Sie konkret gehen können
Wenn Sie mit Hasskommentaren oder Hate Speech konfrontiert sind, haben Sie mehrere Möglichkeiten – juristisch wie praktisch:
1. Dokumentation & Beweissicherung
-
Screenshots machen (mit Datum, Uhrzeit, Accountnamen)
-
Chatverläufe, E-Mails oder DMs sichern
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Zeugen benennen (falls vorhanden)
2. Anzeige erstatten
-
Bei schwerwiegenden Fällen (Beleidigung, Bedrohung etc.) können Sie online oder vor Ort bei der Polizei Anzeige erstatten – auf Wunsch auch anonym.
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Hinweis: Eine Anzeige ist auch dann möglich, wenn Sie den Täter nicht persönlich kennen – oft reicht ein Screenshot als Beweisgrundlage.
3. Plattformrichtlinien nutzen
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Melden Sie Hasskommentare direkt bei Instagram, TikTok oder YouTube.
-
Nutzen Sie vorhandene Blockier-, Filter- und Meldefunktionen, um sich präventiv zu schützen.
4. Unterstützung suchen
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Initiativen wie HateAid, Gesicht zeigen! oder Ich bin hier unterstützen Sie bei der juristischen Aufarbeitung oder emotionalen Belastung.
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Eine anwaltliche Erstberatung kann oft klären, welche Schritte sinnvoll und rechtssicher sind.
5. Digitale Schutzmaßnahmen
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Verwenden Sie Kommentarfilter und Moderationstools.
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Aktivieren Sie bei Bedarf eingeschränkte Sichtbarkeit für Beiträge oder Storys.
-
Blockieren Sie auffällige Profile frühzeitig.
Fazit: Sichtbar bleiben – trotz Hass. Ihre Rechte als Schutzschild.
Hass im Netz ist keine Ausnahmeerscheinung mehr – sondern leider Realität für viele Influencer:innen, die Haltung zeigen. Doch Sie sind dem nicht hilflos ausgeliefert. Rechtliche Möglichkeiten bei Hasskommentaren gibt es viele – von der Anzeige über das Melden bis hin zur Veröffentlichung mit Vorsicht.
Entscheidend ist, informiert und überlegt zu handeln: Nicht jeder Shitstorm muss zur Eskalation führen, aber auch nicht jeder Angriff sollte ignoriert werden. Ihre Community sieht, wie Sie mit Hass umgehen – und viele Menschen schöpfen Mut, wenn sie merken: Man darf sich wehren. Mit Haltung. Mit Klarheit. Mit rechtlichem Rückhalt.
Wenn Sie betroffen sind, gilt:
Dokumentieren Sie alles. Holen Sie sich Unterstützung. Und setzen Sie Grenzen – rechtlich wie emotional.
Denn: Wer sichtbar ist, muss sich schützen dürfen.
FAQs – Häufige Fragen von Influencer:innen zum Umgang mit Hate Speech
Muss ich jeden Hasskommentar rechtlich melden?
Nein, nicht jeder Kommentar ist strafbar. Es empfiehlt sich jedoch, besonders aggressive, beleidigende oder bedrohliche Inhalte zu dokumentieren und im Zweifel juristisch prüfen zu lassen.
Darf ich Screenshots von Beleidigungen veröffentlichen, wenn ich den Namen abdecke?
In der Regel: ja. Wenn Sie den Namen und das Profilbild unkenntlich machen und sachlich über den Vorfall berichten, ist die Veröffentlichung rechtlich meist zulässig.
Kann ich mich auch anonym gegen Hater wehren?
Ja. Sie können Anzeige erstatten, ohne Ihren Namen öffentlich preiszugeben – beispielsweise über einen Anwalt oder über Plattformen wie HateAid.
Darf ich eine Person öffentlich als „Hater“ bezeichnen?
Vorsicht: Solche Zuschreibungen können juristisch als Rufschädigung gewertet werden – vor allem, wenn Sie nicht gerichtsfest beweisen können, dass eine strafbare Handlung vorliegt. Bleiben Sie bei der Beschreibung des Sachverhalts, nicht bei der Bewertung der Person.
Was ist, wenn die Person ihren Kommentar löscht?
Deshalb ist Beweissicherung entscheidend. Machen Sie Screenshots direkt, speichern Sie Links und ggf. Chatverläufe – sonst fehlt die Grundlage für eine Anzeige oder rechtliche Schritte.
Wie ein Anwalt oder eine Anwältin Sie bei Hate Speech unterstützt
Rechtliche Einschätzung – Was ist strafbar, was nicht?
Nicht jeder Hasskommentar ist gleich eine Straftat. Eine spezialisierter Anwält*in (am besten für Medienrecht, IT-Recht oder Persönlichkeitsrecht) kann Ihnen klar sagen:
-
Ob eine Anzeige Erfolgsaussichten hätte
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Ob es sich um Beleidigung, Verleumdung, Bedrohung oder üble Nachrede handelt
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Ob Sie sich z. B. gegen Mobbingkampagnen juristisch wehren können
Tipp: Viele Kanzleien bieten eine erste Einschätzung zu einem Festpreis oder sogar kostenlos an.
Anzeige erstatten – auch ohne Gang zur Polizei
Eine Anwältin kann für Sie:
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Strafanzeige direkt bei der Staatsanwaltschaft stellen
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Anonyme Anzeige vorbereiten
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Alle Beweise sauber aufbereiten (Screenshots, Dokumentation etc.)
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Den Schriftverkehr mit Behörden übernehmen
Dadurch vermeiden Sie Fehler in der Formulierung, die zur Einstellung des Verfahrens führen könnten.
Abmahnungen und Unterlassungsklagen
Wenn jemand immer wieder öffentlich gegen Sie hetzt oder Unwahrheiten verbreitet, kann eine Anwältin:
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Eine Abmahnung mit Unterlassungserklärung verschicken
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Bei Wiederholung eine einstweilige Verfügung beantragen
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In besonders schweren Fällen eine Schadensersatzforderung prüfen
Das ist besonders wichtig, wenn die Person mit großer Reichweite Falschinformationen über Sie verbreitet.
Unterstützung bei Löschanträgen
Jurist*innen können Plattformen wie Instagram, YouTube oder TikTok schneller und wirksamer zur Löschung auffordern – durch professionell formulierte Schreiben, oft mit Hinweis auf rechtliche Konsequenzen.
Beratung bei öffentlicher Reaktion
Wenn Sie Hass öffentlich thematisieren möchten (z. B. über einen Screenshot), hilft Ihnen eine Anwältin:
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Die Risiken der Veröffentlichung abzuschätzen
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Zu entscheiden, ob der Name oder das Profilbild unkenntlich gemacht werden muss
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Eine Formulierung zu finden, die rechtlich sicher, aber trotzdem deutlich ist
Eine Anwältin schützt Sie nicht nur rechtlich, sondern auch emotional:
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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
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