In diesem Artikel setzen wir uns ausführlich mit dem Thema der innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfte auseinander. Darin informieren wir Sie über die Regelungen und Anforderungen, die bei solchen Geschäften notwendig sind. Zudem finden Sie eine detaillierte Liste von Beispielen, relevanten Gesetzen, aktuellen Gerichtsurteilen und häufig gestellten Fragen zur Veranschaulichung und zur vertieften Auseinandersetzung mit dieser Materie. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem deutschen Rechtsraum, aber auch auf den Handlungsrahmen im EU-Binnenmarkt.

Gliederung

  • Definition innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft
  • Die verschiedenen Rollen der beteiligten Unternehmer
  • Rechtliche Rahmenbedingungen
  • Anforderungen an diese Geschäfte
  • Umsatzsteuerliche Folgen
  • Aktuelle Gerichtsurteile
  • FAQs

Definition innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft

Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte betreffen den Handel von Gütern zwischen Unternehmen aus verschiedenen EU-Mitgliedstaaten. Es bezeichnet einen Geschäftsvorgang, bei dem drei Unternehmer aus drei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten beteiligt sind:

  • A verkauft an B,
  • B verkauft an C,
  • die Ware wird direkt von A an C geliefert.

Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Verkaufen von Waren von einem deutschen Lieferanten an einen französischen Unternehmer, der diese dann an einen Kunden in Spanien weiterverkauft. Dabei wird die Ware von Deutschland direkt nach Spanien geliefert, ohne dass sie zuvor von dem französischen Zwischenhändler B berührt wird.

Die verschiedenen Rollen der beteiligten Unternehmer

Bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften sind drei Parteien beteiligt:

  1. Der Lieferant (A) ist im ersten Mitgliedstaat ansässig (z.B. Deutschland) und hat den rechtlichen Vertrag zur Lieferung der Waren an den Zwischenhändler (B) abgeschlossen. Der Lieferant ist hierbei der erste Verkäufer.
  2. Der Zwischenhändler (B) agiert als Käufer gegenüber dem Lieferanten und als Verkäufer gegenüber dem Endkunden (C). Der Zwischenhändler ist in einem anderen Mitgliedstaat als A und C ansässig (z.B. Frankreich).
  3. Der Endkunde (C) ist in einem dritten Mitgliedstaat (z.B. Spanien) ansässig und erwirbt die Waren vom Zwischenhändler, ohne dabei selbst im direkten Vertragsverhältnis mit dem Lieferanten zu stehen.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte ergeben sich insbesondere aus folgenden Gesetzestexten:

  • Europäische Verordnung zur Umsatzsteuerharmonisierung (Richtlinie 2006/112/EG)
  • Deutsches Umsatzsteuergesetz (UStG)
  • Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV)
  • Verwaltungsanweisungen und Verlautbarungen der Finanzverwaltung

Im deutschen Recht findet sich die Regelung zu den innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften insbesondere in Paragraf 25b UStG und dazugehörigen Durchführungsverordnungen.

Anforderungen an innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte

Damit ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vorliegt, müssen eine Reihe von Anforderungen erfüllt sein:

  1. Die beteiligten Unternehmer müssen in drei verschiedenen EU-Mitgliedstaaten ansässig sein und über gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummern verfügen.
  2. Die Warenbewegung muss direkt vom ersten Lieferanten zum letzten Kunden erfolgen.
  3. Es muss sich um eine steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen handeln.
  4. Die Rechnungen über beide Verkäufe (A an B, B an C) sowie der Lieferschein müssen korrekt und lückenlos dokumentiert sein.
  5. Der Zwischenhändler darf nicht gleichzeitig zum ersten Lieferanten oder zum letzten Kunden (C) gehören.
  6. Es muss eine sogenannte „Zusammenfassende Meldung“ (ZM) seitens jedes beteiligten Unternehmers abgegeben werden.

Umsatzsteuerliche Folgen

Ein entscheidender Vorteil von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften ist die damit verbundene steuerliche Vereinfachung. Wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind, ist der Umsatz steuerfrei:

  • Der Lieferant A ist von der Umsatzsteuer in seinem Mitgliedstaat befreit, wenn er die Lieferung an den Zwischenhändler B als innergemeinschaftliche Lieferung gemäß Artikel 138 der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie und § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG behandelt.
  • Der Zwischenhändler B hat keine Umsatzsteuer im Mitgliedstaat des Lieferanten oder im Mitgliedstaat des Endkunden zu entrichten, wenn dieser das Geschäft nach Art. 141 der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie und § 25b UStG korrekt meldet.
  • Der Endkunde C muss die Umsatzsteuer im eigenen Mitgliedstaat abführen und kann diese unter Umständen als Vorsteuer geltend machen, wenn er selbst zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer ist.

Dabei ist zu beachten, dass die Steuervereinfachung nur greift, wenn die oben genannten Voraussetzungen und Rechtsgrundlagen im jeweiligen Rechtsraum korrekt zur Anwendung kommen. Im Falle von Fehlermeldungen oder Nichtbeachtung bestimmter Bedingungen können erhebliche steuerliche Konsequenzen entstehen.

Aktuelle Gerichtsurteile

Nachfolgend finden Sie eine Auswahl aktueller Gerichtsurteile, die sich mit innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften befassen:

  1. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 18. April 2019, C-677/17 – „Mailat“: In diesem Fall ging es um die Frage, ob eine Buch- und Belegnachprüfung nur dann zulässig ist, wenn die Prüfung aufgrund eines begründeten Verdachts erfolgt. Der EuGH entschied, dass eine solche Prüfung auch zur Überprüfung der Anwendung von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften erfolgen kann.
  2. EuGH, Urteil vom 21. Juni 2018, C-364/17 – „Kingstown“: In diesem Fall wurde entschieden, dass bei einer unzulässigen Verwendung eines Umsatzsteueridentifikationsnummers nicht automatisch das Recht auf Steuervergünstigungen bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften verwehrt werden darf. Allerdings muss konkret nachgewiesen werden, dass das Unternehmen alle Anforderungen für den Vorsteuerabzug korrekt erfüllt hat.
  3. Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juni 2021, Az. 1 V 2352/19: In diesem Fall hob das Finanzgericht eine Anrechnung von Vorsteuerbeträgen auf, da das beteiligte Unternehmen seinen Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte nicht vollständig nachgekommen war.

FAQs

Nachfolgend finden Sie eine Liste der häufigsten Fragen zum Thema innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte:

Wie wirken sich innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte auf den Umsatzsteueransatz aus?

Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte sind steuerlich begünstigt, wenn die erforderlichen Nachweise erbracht werden können und alle Voraussetzungen erfüllt sind. Die Umsatzsteuer fällt dabei entweder gar nicht oder nur im Endverbraucherland an, wodurch eine erhebliche Vereinfachung der steuerlichen Verpflichtungen und eine Reduzierung der Vorsteuerbelastung möglich ist.

Wie sollte ein Unternehmen seine Umsatzsteuererklärungen für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte gestalten?

Ein Unternehmen sollte für seine Umsatzsteuererklärungen innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte separat aufführen und eine getrennte Kontierung vornehmen. Dabei sind die jeweils gültigen Regeln und Gesetze des Heimatstaates des Unternehmens sowie die EU-Richtlinien zu beachten. Die Zusammenfassende Meldung (ZM) ist ein zentrales Instrument, um entsprechende Lieferungen korrekt und lückenlos zu deklarieren.

Wie und wann kann die unternehmerische Identität eines Lieferanten bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften verloren gehen?

Die unternehmerische Identität eines Lieferanten bei innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften kann verloren gehen, wenn dieser die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, fehlerhafte Angaben macht oder die Abwicklung nicht rechtskonform erfolgt. Im schlimmsten Fall kann dies zu erheblichen steuerlichen Nachforderungen oder Sanktionen führen.

Inwieweit ist das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts bei einer umsatzsteuerlichen Betriebsprüfung von Bedeutung?

Bei einer umsatzsteuerlichen Betriebsprüfung kann das Vorliegen innergemeinschaftlicher Dreiecksgeschäfte relevant sein, um Vereinfachungen und Steuervorteile zu identifizieren, die andernfalls nicht zur Anwendung kommen würden. Daher ist es wichtig, alle erforderlichen Nachweise für Inhalt, Umfang und Rechtsgrundlagen solcher Geschäfte lückenlos zu dokumentieren und aufzubewahren.

Welche Bedeutung haben innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte für die deutsche Wirtschaft?

Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte erleichtern und fördern den Handel innerhalb der Europäischen Union, indem sie bürokratische Hürden und steuerliche Belastungen reduzieren. Sie bieten insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit, grenzüberschreitend Geschäfte zu tätigen, ohne dass in jedem Mitgliedstaat eine umsatzsteuerliche Registrierung notwendig wird. Insofern sind sie ein wichtiger Bestandteil der europäischen Binnenmarktintegration und tragen maßgeblich zum Wirtschaftswachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei.

Fazit

Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte sind im europäischen Binnenmarkt ein bedeutendes Instrument zur Förderung des grenzüberschreitenden Handels. Durch die steuerlich begünstigte Behandlung und die damit einhergehende Vereinfachung der rechtlichen und buchhalterischen Vorgänge profitieren Unternehmen innerhalb der EU von einer erleichterten Abwicklung von Handelsgeschäften.

Allerdings geht diese Vereinfachung mit einer Reihe von Anforderungen und gesetzlichen Vorgaben einher, die eingehalten und korrekt dokumentiert werden müssen. Eine genaue Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen, der beteiligten Rollen und der umsatzsteuerlichen Auswirkungen ist daher essentiell, um die Chancen, die innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte bieten, bestmöglich zu nutzen und steuerliche Risiken zu minimieren.

Der Erfolg im Umgang mit innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften hängt somit maßgeblich von einer gründlichen Vorbereitung, einer sorgfältigen Dokumentation und einer guten rechtlichen Beratung ab, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen im betreffenden Rechtsraum erfüllt sind und die steuerlichen Vorteile bestmöglich zum Tragen kommen.

Unsere Rechtsanwälte stehen Ihnen bundesweit und im deutschsprachigen Ausland zur Verfügung.

Rechtsanwalt Arthur Wilms - Kanzlei Herfurtner

Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate

Philipp Franz Rechtsanwalt

Philipp Franz | Rechtsanwalt | Associate

Anwalt Wolfgang Herfurtner Hamburg - Wirtschaftsrecht

Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Herfurtner Rechtsanwälte. Mehr Infos anzeigen.

Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Gesellschaftsrecht