Die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) ist ein wichtiges Gremium innerhalb des Betriebs, das die Interessen der jugendlichen Beschäftigten und Auszubildenden vertritt. Sie ist ein unentbehrlicher Bestandteil des Betriebsrats und spielt eine entscheidende Rolle in der Betriebsverfassung. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie alles Wissenswerte über die JAV, ihre Rechte und Pflichten sowie relevante gesetzliche Grundlagen und aktuelle Gerichtsurteile.

Inhaltsverzeichnis

* Grundlagen der Jugend- und Auszubildendenvertretung: Wer wird vertreten und warum?
* Rechte der JAV: Von Anhörungs- bis Freistellungsrecht
* Pflichten der Jugend- und Auszubildendenvertretung: Von Beratungspflicht bis Sorgfaltspflicht
* Gesetzliche Grundlagen: Betriebsverfassungsgesetz und Jugendvertretungsgesetz
* Aktuelle Gerichtsurteile zur Jugend- und Auszubildendenvertretung
* FAQs zur Jugend- und Auszubildendenvertretung

Grundlagen der Jugend- und Auszubildendenvertretung: Wer wird vertreten und warum?

Die JAV vertritt die Interessen der jugendlichen Beschäftigten, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sowie der Auszubildenden, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Sie setzt sich für deren Belange in den Bereichen Ausbildung, Arbeitssicherheit und Beschäftigungsbedingungen ein.

Gründe für die Existenz der JAV sind unter anderem:

  • Spezifische Probleme junger Arbeitnehmer und Auszubildender, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen
  • Förderung von Jugendarbeitsschutz und jugendgerechten Arbeitsbedingungen
  • Stärkung der Mitbestimmung und Teilhabe junger Menschen am Arbeitsleben

Rechte der JAV: Von Anhörungs- bis Freistellungsrecht

Die JAV verfügt über eine Vielzahl von Rechten, die ihr eine wirkungsvolle Interessenvertretung ermöglichen. Einige der wichtigsten Rechte sind:

Anhörungsrecht

In Angelegenheiten, die die Jugendlichen und Auszubildenden betreffen, hat die JAV ein Anhörungsrecht gegenüber dem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die JAV rechtzeitig und umfassend über geplante Maßnahmen zu informieren und ihre Stellungnahme dazu einzuholen.

Initiativrecht

Die JAV hat das Recht, eigene Vorschläge zur Verbesserung der Arbeits- und Ausbildungsbedingungen sowie des Gesundheitsschutzes einzubringen.

Förderungsrecht

Die JAV hat das Recht, bestimmte Maßnahmen zur Förderung der Arbeits- und Ausbildungssituation in Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber durchzuführen. Dazu zählt beispielsweise die Verbesserung der betrieblichen Ausbildung.

Unterrichtungs- und Beratungsrecht

Die JAV hat das Recht, über wichtige betriebliche Angelegenheiten informiert zu werden und mit dem Betriebsrat oder dem Arbeitgeber über diese Angelegenheiten zu beraten.

Kontrollrecht

Die JAV hat das Recht, die Ausbildungseinrichtungen und Betriebsabläufe im Hinblick auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Jugendarbeitsschutz und zur Berufsausbildung sowie der betrieblichen Vereinbarungen zu überprüfen.

Freistellungsrecht

Die JAV-Mitglieder haben das Recht, von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt zu werden, um ihre Aufgaben als Vertretung wahrnehmen zu können. Darunter fallen auch Schulungs- und Bildungsmaßnahmen.

Pflichten der Jugend- und Auszubildendenvertretung: Von Beratungspflicht bis Sorgfaltspflicht

Die JAV hat nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit wahrnehmen muss. Einige der wichtigsten Pflichten sind:

Beratungspflicht

Die JAV hat die Pflicht, die Jugendlichen und Auszubildenden in ihren Angelegenheiten zu beraten und sie über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären.

Vertretungspflicht

Die JAV hat die Pflicht, die Interessen der Jugendlichen und Auszubildenden gegenüber dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat zu vertreten. Sie muss sich für die Umsetzung ihrer Vorschläge und Verbesserungsvorschläge einsetzen.

Mitwirkungspflicht

Die JAV hat die Pflicht, bei betrieblichen Entscheidungen, die die Interessen der Jugendlichen und Auszubildenden betreffen, aktiv mitzuwirken und ihre Stellungnahme abzugeben.

Sorgfaltspflicht

Die JAV hat die Pflicht, ihre Rechte und Pflichten gewissenhaft und nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben sowie ihre Aufgaben sorgfältig zu erfüllen.

Gesetzliche Grundlagen: Betriebsverfassungsgesetz und Jugendvertretungsgesetz

Die rechtlichen Grundlagen für die JAV sind im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sowie im Gesetz über die Jugendvertretung in den Betrieben und Verwaltungen (JugendVG) geregelt.

Die wichtigsten Regelungen im BetrVG sind:

  • §§ 58-71: Rechte und Pflichten der JAV
  • § 62: Freistellung von der beruflichen Tätigkeit für JAV-Mitglieder
  • § 78a: Unkündbarkeit der JAV-Mitglieder während ihrer Amtszeit
  • § 79: Anfechtung und Nichtigkeit von verhaltensbedingten Kündigungen gegen JAV-Mitglieder

Das JugendVG enthält insbesondere Regelungen zur Wahl der JAV, zur Zusammenarbeit zwischen JAV und Betriebsrat sowie zum Geltungsbereich des JugendVG selbst.

Aktuelle Gerichtsurteile zur Jugend- und Auszubildendenvertretung

Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile und deren Bedeutung für die JAV vorgestellt:

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. April 2016 – 7 ABR 29/14

In diesem Urteil entschied das Bundesarbeitsgericht, dass die JAV ein eigenes Initiativrecht zur Einführung einer betrieblichen Ausbildung hat, wenn der Betrieb bereits über einen Betriebsrat verfügt. Die JAV darf in diesem Fall ohne Zustimmung des Betriebsrats Vorschläge für die Einführung von Ausbildungsplätzen einbringen und verhandeln.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 7. März 2018 – 7 TaBV 25/17

Dieses Urteil befasste sich mit der Freistellungsentschädigung von JAV-Mitgliedern für die Dauer ihrer Funktion. Das Landesarbeitsgericht entschied, dass ein JAV-Mitglied, das aufgrund seiner Tätigkeit nur eine reduzierte Arbeitsleistung erbringen konnte, Anspruch auf eine angemessene Entschädigung hat. Die Entschädigung muss allerdings in Form von Freizeitausgleich für die entfallene Arbeitsleistung gewährt werden, nicht als finanzielle Entschädigung.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 9. Mai 2018 – 7 ABR 60/16

In diesem Urteil stellte das Bundesarbeitsgericht fest, dass JAV-Mitglieder auch in den Betriebsausschuss eines Betriebsrats gewählt werden können, auch wenn sie bereits ein Mitglied des Betriebsrats sind. Damit wurde klargestellt, dass JAV-Mitglieder auch weiterhin an der Bildungsarbeit des Betriebsrats teilnehmen und ihre Interessen dort einbringen können, ohne ihre eigene Funktion innerhalb der JAV aufgeben zu müssen.

FAQs zur Jugend- und Auszubildendenvertretung

Wer kann Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung werden?

Jedes Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung muss selbst jugendlicher Beschäftigter oder Auszubildender sein, der das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die Wahlberechtigten entsenden ihre Vertreter in die JAV im Rahmen einer gesetzlich vorgeschriebenen Wahl.

Wie wird die Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt?

Die Wahl zur JAV findet alle zwei Jahre statt und wird vom Betriebsrat organisiert. Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Betriebsverfassungswahlordnung (BetrVGWO).

Wie viele JAV-Mitglieder gibt es in einem Betrieb?

Die Anzahl der JAV-Mitglieder ist abhängig von der Anzahl der jugendlichen Beschäftigten und Auszubildenden im Betrieb. Je nach Betriebsgröße können dies ein oder mehrere Vertreter sein. Bei 5 bis 20 berechtigten Jugendlichen und Auszubildenden gibt es ein JAV-Mitglied, bei 21 bis 50 Berechtigten zwei, bei 51 bis 100 Berechtigten drei und so weiter.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt werden kann?

In einem Betrieb muss es mindestens fünf jugendliche Beschäftigte oder Auszubildende geben, damit eine JAV gewählt werden kann.

Wie kann ich Kontakt zur Jugend- und Auszubildendenvertretung aufnehmen?

Falls Sie als jugendlicher Arbeitnehmer oder Auszubildender Fragen oder Anliegen haben, die Sie mit der Jugend- und Auszubildendenvertretung besprechen möchten, können Sie sich an die Mitglieder der JAV wenden, die in der Regel durch Aushang oder auf der Betriebsratswebseite bekannt gemacht werden. Je nach Betrieb kann es auch einen festen Ansprechpartner geben oder regelmäßige Sprechstunden, bei denen die JAV-Mitglieder für Gespräche zur Verfügung stehen.

Fazit

Die Jugend- und Auszubildendenvertretung ist eine wichtige Institution innerhalb der betrieblichen Mitbestimmung und trägt entscheidend dazu bei, die Interessen jugendlicher Arbeitnehmer und Auszubildender zu vertreten und deren Arbeits- und Ausbildungsbedingungen zu verbessern. Kenntnisse über die Rechte und Pflichten der JAV sowie der relevanten gesetzlichen Grundlagen und Gerichtsurteile sind für JAV-Mitglieder, Betriebsräte und Arbeitgeber von großer Bedeutung, um eine effektive und rechtskonforme Interessenvertretung sicherzustellen.

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