In diesem Blog-Beitrag widmen wir uns einem spannenden und teilweise umstrittenen Thema im deutschen Musikrecht: Ist Musik arrangieren ohne Rechte an den Originalwerken zu besitzen legal in Deutschland? Wir nehmen Sie mit auf eine Reise durch die rechtlichen Grundlagen, verschiedene Urteile und fachkundige Meinungen, GEMA-Regelungen und beantworten die häufigsten Fragen zum Thema.
Grundlagen des Urheberrechts und der Verwertungsrechte
Bevor wir ins Thema einsteigen, sollten wir zunächst die Grundlagen des Urheberrechts und der Verwertungsrechte klären, um ein besseres Verständnis für das rechtliche Umfeld, in dem Musikarrangements stattfinden, zu bekommen.
- Das Urheberrecht schützt die Interessen der Urheber und ihrer Werke. Es schützt also kreative und intellektuelle Arbeiten wie Musikwerke, literarische oder wissenschaftliche Werke, Filmwerke und vieles mehr. In Deutschland ist das Urheberrecht gesetzlich im Urheberrechtsgesetz (UrhG) geregelt.
- Die Verwertungsrechte sind ein bedeutender Bestandteil des Urheberrechts. Sie gewähren Urhebern das ausschließliche Recht, ihre Werke wirtschaftlich zu nutzen und zu verwerten. Dazu gehören vor allem das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht, das öffentliche Wiedergaberecht und das Bearbeitungsrecht.
Das Bearbeitungsrecht und das Musik arrangieren ohne Rechte
Das Bearbeitungsrecht nach § 23 UrhG ist für das Musikarrangement von besonderer Bedeutung. Es besagt, dass Bearbeitungen oder Umgestaltungen eines Werkes nur mit der Zustimmung des Urhebers zulässig sind. Das bedeutet, dass das Arrangieren von Musikwerken ohne die Rechte im Grundsatz eine Urheberrechtsverletzung darstellt – es sei denn, es liegt eine Einwilligung des Rechteinhabers vor oder die Schutzfrist für das Originalwerk ist abgelaufen.
Musikarrangements können unterschiedliche Formen und Ausmaße annehmen. Dazu gehören:
- Veränderungen der Harmonik
- Veränderungen der Melodik
- Tempo- und Taktänderungen
- Verschiedenartige Instrumentationen und Orchestrierungen
- Kompilationen verschiedener Werke (Medleys)
Ausnahmen vom Bearbeitungsrecht: Freie Benutzung
Es gibt allerdings eine Ausnahme vom Bearbeitungsrecht: die freie Benutzung nach § 24 UrhG. Demnach sind bestimmte Bearbeitungen oder Umgestaltungen eines Werkes zulässig, wenn sie „selbständige Werke“ darstellen und sich „in freier Benutzung“ des Originalwerks befinden. Ein Arrangement würde dann als „selbständiges Werk“ gelten, wenn es ein gewisses „Mindestmaß an persönlicher Schöpfung“ erreicht hat, also eine eigene schöpferische Leistung darstellt, die über das bloße Kopieren hinausgeht. Hierbei kommt es auf eine Einzelfallprüfung an, die meist nicht leicht zu beurteilen ist und aufgrund der besonders strengen Anforderungen in der Praxis eher selten zum Erfolg führt.
GEMA und die Lizenzierung von Musikarrangements
Die GEMA ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte in Deutschland. Sie vertritt die Urheber und verwaltet ihre Verwertungsrechte im Auftrag der Mitglieder. Das bedeutet, dass Komponisten, Textdichter oder Musikverleger, die ihre Werke bei der GEMA anmelden, ihr aufgrund von Lizenzverträgen das Recht einräumen, die Verwendung und Verwertung ihrer Werke in ihrem Namen zu verwalten und entsprechende Vergütungen einzufordern.
Wenn Sie ein Musikstück arrangieren und veröffentlichen möchten, das bei der GEMA registriert ist, müssen Sie zunächst eine Lizenz von der GEMA einholen. Dafür gibt es spezielle Formulare für „arrangierte Werke“, bei denen Sie die genauen Umstände der Bearbeitung sowie die entsprechenden Rechteklärungen darlegen müssen.
Die GEMA übernimmt hierbei die Prüfung der Rechte und die Erteilung der notwendigen Genehmigungen der Rechteinhaber. Wenn die GEMA feststellt, dass ein Arrangement ohne die notwendigen Rechte erfolgte, kann sie zum Beispiel Schadensersatzforderungen oder Unterlassungsansprüche im Namen der betroffenen Urheber geltend machen.
Aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Musik arrangieren ohne Rechte
Es sind einige Fälle vor Gericht gegangen, in denen das Thema Musikarrangements ohne Rechte relevant war. Im Folgenden betrachten wir zwei exemplarische Urteile und deren Implikationen:
BGH-Urteil „Fernando“
Das Bundesgerichtshof (BGH) hat im Jahr 2013 unter dem Az. I ZR 27/12 ein Grundsatzurteil zum Thema Bearbeitungsrecht und musikalisches Arrangement gefällt. Darin ging es um den Schlager „Fernando“ von Abba und dessen Bearbeitung durch einen deutschen Komponisten. Die Frage war, ob das Arrangement des Musikwerks als „freie Benutzung“ im Sinne des § 24 UrhG gelten könnte oder ob hier eine Urheberrechtsverletzung vorliegt.
Der BGH hat in diesem Fall entschieden, dass das Arrangement als Urheberrechtsverletzung zu werten ist und die zivilrechtlichen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche der Abba-Mitglieder berechtigt sind. Damit bestätigte der BGH die bereits getroffenen Entscheidungen der Vorinstanzen und betonte nochmals die restriktive Handhabung der freien Benutzung in der Rechtsprechung.
OLG-Urteil „Kalkutta liegt am Ganges“
Ein weiterer interessanter Fall wurde 2015 vom Oberlandesgericht (OLG) München entschieden (Az. 6 U 3817/14). Es ging um den Schlager „Kalkutta liegt am Ganges“ und eine Bearbeitung durch ein bayerisches Gastwirtsehepaar, das die Melodie mit eigenen Versen und einem neuen Refrain kombinierte. Die Kläger waren die Verwertungsgesellschaften der ursprünglichen Komponisten, die Unterlassung und Schadensersatzansprüche geltend machen wollten.
Das OLG München hat in diesem Fall zwar festgestellt, dass grundsätzlich eine Bearbeitung und Umgestaltung im Sinne des § 23 UrhG vorliegt, hat jedoch aufgrund der besonderen Umstände und der „unerheblichen Beeinträchtigung“ des Originalwerks den Unterlassungsanspruch abgewiesen. Die Schadensersatzforderungen wurden demgegenüber zugesprochen und aufgrund der mittlerweile abgegoltenen Unterlassungserklärungen als beendet angesehen.
FAQ – Häufige Fragen zum Musik arrangieren ohne Rechte
Nachdem wir die rechtlichen Grundlagen, Gerichtsurteile und GEMA-Regelungen beleuchtet haben, möchten wir nun auf einige häufige Fragen zum Thema eingehen:
Ist Musik arrangieren ohne Rechte für den privaten Gebrauch legal?
Für den rein privaten Gebrauch können Sie Musikstücke arrangieren, solange Sie diese Bearbeitungen nicht veröffentlichen oder kommerziell verwerten. Deshalb ist es z. B. erlaubt, für den eigenen Musikunterricht oder für das Spielen in den eigenen vier Wänden Arrangements anzufertigen.
Muss ich die Erlaubnis des Urhebers einholen, bevor ich ein Arrangement vornehme?
Grundsätzlich ja, wenn das Originalwerk noch urheberrechtlich geschützt ist und das Arrangement nicht als „freie Benutzung“ eingestuft werden kann. In diesem Fall benötigen Sie die Zustimmung des Urhebers bzw. der Rechteinhaber. Wenn es sich um ein GEMA-geschütztes Werk handelt, können Sie die nötige Erlaubnis über die GEMA einholen.
Kann ich ein Arrangement erstellen, wenn das Originalwerk bereits gemeinfrei ist?
Ja, wenn die Schutzfrist von in der Regel 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers laut §§ 64, 65 UrhG abgelaufen ist und das Werk damit gemeinfrei geworden ist, können Sie ein Arrangement erstellen, ohne die Rechte am Originalwerk zu besitzen. Allerdings sollte beachtet werden, dass dies nur für das Originalwerk gilt und nicht für etwaige Neuinterpretationen oder bereits erstellte Arrangements, die eventuell selbst noch urheberrechtlich geschützt sein können.
Wann gilt ein Arrangement als „freie Benutzung“ und wie wahrscheinlich ist es, dass ein Arrangement als solche anerkannt wird?
Ein Arrangement gilt als „freie Benutzung“, wenn es sich um ein selbständiges Werk handelt, das ein gewisses Mindestmaß an persönlicher Schöpfung aufweist und sich in freier Benutzung des Originalwerks befindet. In der Praxis sind die Anforderungen der Rechtsprechung aufgrund der hohen Bedeutung des Urheberrechts jedoch sehr hoch. Es kommt immer auf eine Einzelfallprüfung an, die jedoch mehrheitlich zugunsten des Originalurhebers ausfällt.
Was passiert, wenn ich ein urheberrechtlich geschütztes Arrangement erstelle und veröffentliche?
Wenn Sie ohne erforderliche Erlaubnis ein urheberrechtlich geschütztes Arrangement erstellen und veröffentlichen bzw. kommerziell verwerten, kann dies als Urheberrechtsverletzung angesehen werden. Die Rechteinhaber können dann Unterlassungsansprüche, Schadensersatzforderungen und gegebenenfalls die Erstattung von Anwalts- und Gerichtskosten gegen Sie geltend machen. Wenn es sich um ein GEMA-geschütztes Werk handelt, kann die GEMA im Auftrag der Rechteinhaber entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Musik arrangieren ohne Rechte – Ein Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Arrangieren von Musikwerken ohne die Rechte an den Originalwerken in Deutschland in der Regel eine Urheberrechtsverletzung darstellt und rechtliche Konsequenzen mit sich bringen kann. Es gibt zwar Ausnahmen, wie die freie Benutzung oder gemeinfreie Werke, jedoch sind diese in der Praxis eher selten anzutreffen. Wenn Sie vorhaben, ein Musikarrangement zu erstellen und zu veröffentlichen, informieren Sie sich zunächst über die Rechtesituation und holen Sie gegebenenfalls die notwendigen Genehmigungen ein, um rechtliche Risiken zu vermeiden.
Wenn Sie Fragen zum Thema haben oder rechtliche Beratung benötigen, stehen Ihnen unsere erfahrenen Anwälte aus dem Bereich des Urheberrechts gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns einfach, um eine individuelle Betreuung und Beratung für Ihr Projekt zu erhalten.
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