Das Nachbarrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Grundstückseigentümern und dient dazu, ein friedliches Zusammenleben zu gewährleisten. In diesem Blog-Beitrag erfahren Sie alles Wissenswerte über nachbarrechtliche Einwendungen, Widerspruch und die möglichen Rechtsmittel, die Ihnen zur Verfügung stehen. Hier werden wir auf Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen eingehen, um Ihnen einen umfassenden Überblick über das Thema zu verschaffen.

Grundlagen des Nachbarrechts

Das Nachbarrecht ist in den Landesnachbarrechtsgesetzen der Bundesländer geregelt. Diese Gesetze enthalten Regelungen über die Nutzung von Grundstücken, Abstandsflächen, Grenzabstände, Grenzbebauung, Überbau, Überhang, Grenzbaum, Immissionen und vieles mehr. Im Folgenden erläutern wir die wichtigsten Begriffe und Regelungen, die für nachbarrechtliche Einwendungen relevant sind.

  • Abstandsflächen: Nach den Landesbauordnungen sind Abstandsflächen zwischen Gebäuden und den Grundstücksgrenzen einzuhalten. Die Größe der Abstandsflächen hängt von der jeweiligen Landesbauordnung und der Höhe des Gebäudes ab.
  • Grenzabstände: Grenzabstände betreffen Pflanzen und Bäume und sind in den Landesnachbarrechtsgesetzen geregelt. Sie dienen dazu, Beeinträchtigungen durch Wurzeln oder Überhang zu vermeiden.
  • Grenzbebauung: Eine Grenzbebauung liegt vor, wenn ein Gebäude unmittelbar an der Grundstücksgrenze errichtet wird. Hierfür gelten besondere Regelungen und Genehmigungsvoraussetzungen.
  • Überbau: Ein Überbau entsteht, wenn ein Gebäude oder Gebäudeteil über die Grundstücksgrenze hinausragt. Hier gelten besondere Regelungen und in einigen Fällen kann der betroffene Nachbar einen Überbau verlangen.
  • Immissionen: Immissionen sind Einwirkungen, die von einem Grundstück auf ein anderes übergreifen, z.B. Lärm, Gerüche, Rauch oder Erschütterungen. Die zulässigen Immissionswerte sind in den Landesnachbarrechtsgesetzen und im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelt.

Nachbarrechtliche Einwendungen: Wann und wie?

Nachbarrechtliche Einwendungen sind Beschwerden oder Widersprüche, die ein Nachbar gegen Maßnahmen oder Handlungen des anderen Nachbarn erhebt. Sie können sich auf verschiedenste Aspekte des Nachbarrechts beziehen, wie zum Beispiel auf Grenzabstände, Immissionen oder Überbauten. Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihr Nachbar gegen nachbarrechtliche Bestimmungen verstößt, haben Sie das Recht, nachbarrechtliche Einwendungen vorzubringen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten.

Vor der Erhebung von nachbarrechtlichen Einwendungen: Das Gespräch suchen

Bevor Sie nachbarrechtliche Einwendungen erheben, empfehlen wir Ihnen, das Gespräch mit Ihrem Nachbarn zu suchen. Oft lassen sich Unstimmigkeiten und Probleme bereits durch ein offenes und ehrliches Gespräch klären. Sollte dies jedoch zu keiner zufriedenstellenden Lösung führen, können Sie die nachfolgenden Schritte in Betracht ziehen.

Widerspruch gegen Baugenehmigungen und Bauvorhaben

Wenn Ihr Nachbar ein Bauvorhaben plant oder bereits eine Baugenehmigung erhalten hat, können Sie dagegen Widerspruch einlegen, sofern Ihre nachbarrechtlichen Interessen berührt werden. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das geplante Bauvorhaben gegen Abstandsflächen, Grenzabstände oder Immissionsgrenzwerte verstößt.

Der Widerspruch muss schriftlich bei der zuständigen Baubehörde eingereicht werden und sollte folgende Informationen enthalten:

  • Ihren Namen und Ihre Anschrift
  • Die Bezeichnung des Bauvorhabens (z.B. durch Angabe der Baugenehmigungsnummer)
  • Eine Begründung, warum Sie der Meinung sind, dass Ihre nachbarrechtlichen Interessen verletzt werden
  • Eventuelle Belege oder Beweismittel

Beachten Sie, dass für die Einlegung des Widerspruchs Fristen gelten können, die von Bundesland zu Bundesland variieren.

Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen

Wenn Sie mit einer gerichtlichen Entscheidung in einem nachbarrechtlichen Streit nicht einverstanden sind, können Sie verschiedene Rechtsmittel einlegen, je nachdem, in welchem Verfahrensstadium sich der Streit befindet. Diese Rechtsmittel sind im Wesentlichen:

  • Berufung: Die Berufung kann gegen Urteile der Amtsgerichte und Landgerichte eingelegt werden, sofern der Streitwert über einem bestimmten Betrag liegt (in der Regel 600 Euro) und das Gericht die Berufung zugelassen hat. Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Berufungsgericht (in der Regel ein Oberlandesgericht) eingelegt werden.
  • Revision: Die Revision kann gegen Urteile der Oberlandesgerichte eingelegt werden, sofern das Gericht die Revision zugelassen hat oder die Nichtzulassung der Revision erfolgreich angefochten wurde. Die Revision dient der Überprüfung des Urteils auf Rechtsfehler und muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.
  • Beschwerde: Die Beschwerde ist ein Rechtsmittel gegen bestimmte gerichtliche Entscheidungen, die keine Urteile sind (z.B. Beschlüsse oder Verfügungen). Die Beschwerde muss in der Regel innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung schriftlich beim zuständigen Gericht eingelegt werden.

Beachten Sie, dass für die Einlegung von Rechtsmitteln strenge Form- und Fristvorschriften gelten. Wir empfehlen Ihnen daher, sich in diesem Zusammenhang anwaltlich beraten zu lassen.

Aktuelle Gerichtsurteile zum Nachbarrecht

Im Folgenden stellen wir Ihnen einige aktuelle Gerichtsurteile zum Nachbarrecht vor, die für Ihre nachbarrechtlichen Einwendungen von Bedeutung sein können:

  • Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. September 2022, Az. V ZR 125/21: In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Nachbar unter bestimmten Voraussetzungen verlangen kann, dass der andere Nachbar einen Grenzbaum entfernt, der die zulässigen Grenzabstände nicht einhält.
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 12. Januar 2022, Az. 12 U 67/21: Das Oberlandesgericht Hamm hat in diesem Fall entschieden, dass ein Nachbar, der durch Lärmimmissionen unzumutbar gestört wird, einen Anspruch auf Unterlassung der Lärmquelle haben kann, selbst wenn die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden.
  • Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 3. Mai 2022, Az. 7 K 1125/21: In diesem Urteil hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden, dass ein Nachbar, der durch eine Baugenehmigung in seinen nachbarrechtlichen Interessen verletzt wird, diese Genehmigung erfolgreich anfechten kann, wenn die zuständige Baubehörde die nachbarrechtlichen Belange nicht ausreichend berücksichtigt hat.

Häufig gestellte Fragen zum Nachbarrecht

Kann ich gegen eine Baugenehmigung Widerspruch einlegen, wenn mein Nachbar seine Hecke zu hoch wachsen lässt?

Ein Widerspruch gegen eine Baugenehmigung ist nur dann möglich, wenn das Bauvorhaben selbst gegen nachbarrechtliche Bestimmungen verstößt. Eine zu hohe Hecke fällt in der Regel nicht unter diese Kategorie. In diesem Fall sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Nachbarn suchen oder sich anwaltlich beraten lassen, um mögliche Ansprüche auf Rückschnitt der Hecke geltend zu machen.

Mein Nachbar hat seine Garage ohne Genehmigung direkt an der Grundstücksgrenze gebaut. Was kann ich dagegen unternehmen?

Wenn Ihr Nachbar ohne die erforderliche Genehmigung eine Garage direkt an der Grundstücksgrenze errichtet hat, können Sie bei der zuständigen Baubehörde eine Überprüfung des Bauvorhabens beantragen. Die Baubehörde kann dann gegebenenfalls eine Beseitigungsanordnung erlassen, wenn das Bauvorhaben gegen geltendes Baurecht verstößt. Alternativ können Sie zivilrechtliche Ansprüche, wie zum Beispiel auf Beseitigung oder Schadensersatz, geltend machen. In diesem Fall empfehlen wir Ihnen, sich anwaltlich beraten zu lassen.

Mein Nachbar beschwert sich ständig über Lärm von meiner Terrasse. Welche Lärmgrenzwerte gelten hier und wie kann ich mich wehren?

Im privaten Bereich gelten die sogenannten „Ruhezeiten“, in denen Lärmemissionen besonders zu vermeiden sind. Diese Zeiten sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt, liegen aber meist zwischen 22:00 und 6:00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen. Außerhalb dieser Zeiten sind Lärmemissionen zulässig, solange sie sich im Rahmen des Zumutbaren bewegen.

Wenn Sie der Meinung sind, dass die Beschwerden Ihres Nachbarn unberechtigt sind, sollten Sie das Gespräch suchen und gegebenenfalls einen Mediator einschalten, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Sollte dies nicht zum Erfolg führen, können Sie sich anwaltlich beraten lassen, um Ihre Rechte zu wahren.

Fazit

Nachbarrechtliche Einwendungen sind ein wichtiges Instrument, um Ihre Interessen als Grundstückseigentümer zu wahren und für ein friedliches Zusammenleben in der Nachbarschaft zu sorgen. Ob Widerspruch gegen Baugenehmigungen oder Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen – es stehen Ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um Ihre Rechte durchzusetzen.

Da das Nachbarrecht in den Landesnachbarrechtsgesetzen und Landesbauordnungen der Bundesländer unterschiedlich geregelt ist und die Einlegung von Widersprüchen und Rechtsmitteln an strenge Form- und Fristvorschriften gebunden ist, empfehlen wir Ihnen, sich in nachbarrechtlichen Angelegenheiten stets anwaltlich beraten zu lassen.

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