Die Nebenintervention ist ein wenig bekanntes, aber wichtiges rechtliches Instrument, das in vielen Rechtsstreitigkeiten zum Tragen kommt. In diesem ausführlichen Blog-Beitrag erfahren Sie, was die Nebenintervention ist, welche Rechte und Pflichten Sie als Nebenintervenient haben und wie Sie sich wirksam an einem Gerichtsverfahren beteiligen können, um Ihre Interessen zu wahren.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine Nebenintervention?
- Die Rechtslage in Deutschland
- Die verschiedenen Arten der Nebenintervention
- Voraussetzungen und Verfahren der Nebenintervention
- Rechte und Pflichten des Nebenintervenienten
- Die Auswirkungen einer Nebenintervention auf das Hauptverfahren
- Aktuelle Gerichtsurteile zur Nebenintervention
- Häufig gestellte Fragen (FAQs) zur Nebenintervention
Was ist eine Nebenintervention?
Die Nebenintervention ist eine Beteiligung am Rechtsstreit zwischen anderen Parteien ohne eigene Ansprüche oder Forderungen geltend zu machen. Dabei unterstützt der Nebenintervenient eine der Hauptparteien (Kläger oder Beklagter) in deren Prozessführung mit dem Ziel, ein bestimmtes Urteil oder einen bestimmten Vergleich herbeizuführen.
Die Motivation für eine Nebenintervention kann vielfältig sein, z. B. können eigene rechtliche, wirtschaftliche oder moralische Interessen des Nebenintervenienten betroffen sein oder er möchte einer Prozesspartei helfen, die ihm aufgrund persönlicher, beruflicher oder politischer Beziehungen nahesteht.
Die Rechtslage in Deutschland
In Deutschland ist die Nebenintervention in den §§ 66-68 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt, wodurch auch bestimmt wird, unter welchen Bedingungen sie zulässig ist und welche Rechte und Pflichten Nebenintervenienten haben.
Neben der Regelung in der ZPO kann die Nebenintervention auch im Patentrecht, Wettbewerbsrecht oder Verwaltungsrecht eine Rolle spielen, wobei die jeweiligen Gesetze spezielle Bestimmungen zur Anwendbarkeit und Ausgestaltung der Nebenintervention enthalten können.
Die verschiedenen Arten der Nebenintervention
Man unterscheidet in Deutschland zwischen zwei Arten der Nebenintervention:
- Die einfache Nebenintervention (§ 66 ZPO): Hier tritt der Nebenintervenient als so genannter Streithelfer auf und unterstützt eine der Hauptparteien im Prozess aktiv mit seinen rechtlichen oder tatsächlichen Mitteln, ohne jedoch eigene schwerwiegende Rechte oder Pflichten zu übernehmen.
- Die notwendige Nebenintervention (§ 67 ZPO): Diese Form tritt ein, wenn dem Nebenintervenienten die rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit zur eigenen Klage- oder Verteidigungsform verwehrt wird und sich daher gezwungenermaßen dem Verfahren anschließen muss. Zudem muss das Interesse des Nebenintervenienten am Verfahren ein gesetzlich geschütztes Recht betreffen.
Voraussetzungen und Verfahren der Nebenintervention
Für die Zulässigkeit der Nebenintervention müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es muss ein rechtliches Interesse des Nebenintervenienten an der Unterstützung einer Partei bestehen.
- Es darf nicht gegen gesetzliche Verbote verstoßen, z. B. gegen das Anwaltsmonopol bei der Prozessvertretung oder die strikte Neutralität von Gerichtspersonen.
- Es muss eine rechtzeitige Antragstellung erfolgen, d. h. in der Regel vor Ablauf der letzten mündlichen Verhandlung.
Der Antrag auf Nebenintervention muss bei Gericht eingereicht werden und die Gründe für die beabsichtigte Intervention sowie die Identität des Nebenintervenienten enthalten. Wenn das Gericht den Antrag für zulässig hält, ergeht ein entsprechender Beschluss, der den Parteien und dem Nebenintervenienten zugestellt wird.
Rechte und Pflichten des Nebenintervenienten
Als Nebenintervenient haben Sie sowohl Rechte als auch Pflichten. Einige der wichtigsten Rechte und Pflichten sind:
Rechte:
- Information: Sie haben Anspruch darauf, über den Verlauf des Rechtsstreits informiert zu werden.
- Akteneinsicht: Sie haben das Recht, die Prozessakten einzusehen, um sich ausreichend über den Fortgang des Verfahrens zu informieren.
- Dokumentenvorlage: Sie können die Vorlage bestimmter Schriftstücke und Urkunden verlangen, die für Ihren eigenen Vortrag oder für Ihre Verteidigung relevant sind.
- Anwesenheit: Sie haben das Recht, an mündlichen Verhandlungen und Beweisaufnahmen teilzunehmen und sich dabei durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen.
- Prozesshandlungen: Sie können eigene Rügen, Einwendungen und Anträge stellen, sofern sie die unterstützte Partei nicht behindern und im Einklang mit deren Prozessführung stehen.
Pflichten:
- Kostenbeteiligung: Je nach Ausgang des Verfahrens und Ihrer Rolle als Nebenintervenient müssen Sie möglicherweise einen Teil der Prozesskosten tragen, etwa wenn Sie den Antrag des obsiegenden Gegners unterstützen und selbst keinen Kostenanspruch gegen diesen haben.
- Rücksichtnahme: Sie müssen die Interessen der von Ihnen unterstützten Partei im Auge behalten und diese nicht durch Ihr Handeln beeinträchtigen.
- Anpassung: Sie müssen Ihren Vortrag und Ihre Anträge im Einklang mit denen der unterstützten Partei halten, um eine einheitliche Prozessführung zu gewährleisten.
- Beachtung des Anwaltsmonopols: Wenn der Einsatz von Rechtsanwälten zwingend vorgeschrieben ist, dürfen Sie sich als Nebenintervenient nicht selbst vertreten, sondern müssen die Dienste eines Anwalts in Anspruch nehmen.
Die Auswirkungen einer Nebenintervention auf das Hauptverfahren
Die Nebenintervention kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf das Hauptverfahren haben, je nachdem, wie sie gestaltet ist und wie sie von den Hauptparteien und dem Gericht wahrgenommen wird:
- Positive Auswirkungen: Die Unterstützung durch einen Nebenintervenienten kann einer Partei zu einem erfolgreichen Prozessausgang verhelfen, z. B. indem er zusätzliche Argumente oder Beweismittel vorbringt, die über die von der Partei selbst angeführten hinausgehen.
- Negative Auswirkungen: Eine ungeschickte oder aggressiv geführte Nebenintervention kann jedoch auch die Position der unterstützten Partei schwächen, etwa indem sie den Richter verärgert oder andere Parteien veranlasst, die Sache härter anzugehen.
- Unmittelbare Auswirkungen auf den Verlauf des Verfahrens: Die Nebenintervention kann zu einer längeren Verfahrensdauer führen, da sie zusätzliche Verhandlungen, Anträge und Beweisaufnahmen erfordern kann, insbesondere wenn der Nebenintervenient eine aktive Rolle spielt.
- Rechtskraft und Bindungswirkung: Der Nebenintervenient ist an die Entscheidung im Hauptverfahren gebunden und kann diese grundsätzlich nicht anfechten, es sei denn, er kann eine eigene Rechtsverletzung oder einen Verfahrensfehler geltend machen.
Aktuelle Gerichtsurteile zur Nebenintervention
Im Folgenden werden einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die zur Nebenintervention ergangen sind und die Bedeutung dieses Rechtsinstruments in der Praxis verdeutlichen:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.09.2016, 7 AZR 142/15: Das BAG hat entschieden, dass auch eine Werkstudentin, die zwar formal nicht Mitglied des Personalrats ist, aber für diesen als Vertreterin der studentischen Hilfskräfte tätig ist, im Rahmen einer Nebenintervention ein Rechtsschutzinteresse hat, weil sie von einer Kündigungsschutzklage einer entlassenen Personalratsvorsitzenden betroffen sein kann.
- Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 20.05.2015 – I ZR 64/14: Der BGH hat klargestellt, dass eine notwendige Nebenintervention auch im Patentprozess zulässig sein kann, wenn der Nebenintervenient die Rechte an dem streitgegenständlichen Patent auf der Grundlage eines Lizenzvertrags wahrnimmt und sich somit einem Nichtigkeitsverfahren anschließen muss, um seine eigenen wirtschaftlichen Interessen zu schützen.
- Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Urteil vom 17.05.2017, 20 U 68/16: Dann OLG Hamm hatte über eine Nebenintervention im Rahmen einer Klage auf Unterlassung einer Werbeaussage zu entscheiden. Es stützte das Rechtschutzinteresse des Nebenintervenienten auf seine Geschäftsbeziehung zum Beklagten und seine eigene Betroffenheit als Marktteilnehmer, dessen wirtschaftliche Interessen durch die streitige Werbung direkt beeinträchtigt waren.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zur Nebenintervention
- Was ist der Unterschied zwischen einer Streitverkündung und einer Nebenintervention? Bei einer Streitverkündung ruft eine Partei einen Dritten in das Verfahren, indem sie ihm den Rechtsstreit förmlich verkündet und ihn dazu auffordert, sich auf ihrer Seite einzuschalten. Im Gegensatz dazu geht die Initiative bei der Nebenintervention vom Dritten selbst aus, der sich aus eigenem Antrieb in den Rechtsstreit einmischt, um eine der Hauptparteien zu unterstützen.
- Wie kann ich mein rechtliches Interesse an einer Nebenintervention nachweisen? Sie müssen darlegen, inwieweit das Ergebnis des Rechtsstreits Ihre eigenen Rechtspositionen oder wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigen kann, z. B. weil Sie mit einer der Hauptparteien in einer Geschäftsbeziehung stehen oder weil Sie von der Durchsetzung oder Abwehr bestimmter Ansprüche in gleich gelagerten Fällen profitieren können.
- Kann ich als juristische Person (z. B. GmbH) eine Nebenintervention beantragen? Ja, auch juristische Personen können als Nebenintervenienten auftreten, sofern sie ein rechtliches Interesse an der Unterstützung einer der Parteien haben und die sonstigen Voraussetzungen für eine Nebenintervention erfüllen.
- Wie wird das Nebeninterventionsverfahren in der Praxis durchgeführt? Die Durchführung der Nebenintervention richtet sich nach den allgemeinen Verfahrensregeln für die Hauptparteien, d. h. der Nebenintervenient muss wie die Hauptparteien alle für seinen Vortrag und seine Anträge erforderlichen Schriftsätze und sonstigen Dokumente einreichen, Fristen einhalten und Beweismittel angeben. Darüber hinaus muss er sich selbst oder durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, wenn dies für das konkrete Verfahren vorgeschrieben ist.
- Welche Kosten entstehen für die Nebenintervention? Die Kosten für eine Nebenintervention setzen sich aus den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten (z. B. Anwaltskosten) zusammen. Die Gerichtskosten richten sich nach dem Streitwert im Hauptverfahren und dem Kostentarif für Nebenintervenienten in der jeweiligen Prozessordnung (z. B. ZPO, FGO, VwGO). Die außergerichtlichen Kosten können je nach Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Einzelfall variieren.
Zusammenfassung
Die Nebenintervention ist ein komplexes Rechtsinstitut, das sowohl für rechtlich versierte Privatpersonen als auch für Unternehmen, Verbände oder Behörden von Bedeutung sein kann. Um eine erfolgreiche Nebenintervention durchzuführen, muss man die verschiedenen Voraussetzungen, Verfahren und Rechte und Pflichten des Nebenintervenienten kennen und sich auf die möglichen Auswirkungen einer solchen Intervention auf das Hauptverfahren vorbereiten. In vielen Fällen ist es ratsam, sich von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten und vertreten zu lassen, um das bestmögliche Ergebnis für die eigenen Interessen zu erzielen.
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