In diesem Blogbeitrag werden wir uns eingehend mit der Bedeutung, den Zuständigkeiten und der Verfahrensweise des Oberlandesgerichts (OLG) als Fortsetzung des Landgerichtsprozesses beschäftigen. Als erfahrener Rechtsanwalt bringe ich meine Expertise ein, um Ihnen ein umfassendes Verständnis über die rechtlichen Ausführungen, aktuelle Gerichtsurteile und strategische Ansätze sowie häufig gestellte Fragen zu vermitteln.
Gliederung:
- Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts
- Zivilrechtliche Verfahren am Oberlandesgericht
- Strafrechtliche Verfahren am Oberlandesgericht
- Oberlandesgerichtliche Beschwerdeverfahren
- Aktuelle Gerichtsurteile am Oberlandesgericht
- Strategische Ansätze für Anwälte
- Fragen und Antworten zum Oberlandesgericht
- Zusammenfassung und Fazit
Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts
Das Oberlandesgericht, kurz OLG, bildet in der deutschen Gerichtsstruktur die zweite Instanz nach dem Landgericht (LG). Es gibt insgesamt 24 Oberlandesgerichte in Deutschland, die in ihrer jeweiligen Zuständigkeit die Rechtsaufsicht über die Landgerichte innerhalb ihres OLG-Bezirks haben. Die Zuständigkeit des OLG ist sowohl im Zivilrecht als auch im Strafrecht gegeben, wobei es als Berufungs- oder Beschwerdeinstanz fungiert. Weitere Aufgaben des OLG können beispielsweise die Überprüfung von Kostenrechnungen betreffen.
Zivilrechtliche Verfahren am Oberlandesgericht
Im Zivilrecht sind die OLG hauptsächlich als Berufungsgerichte zuständig. Sie überprüfen in diesem Rahmen die erstinstanzlichen Entscheidungen der Landgerichte.
Zulässigkeit einer Berufung
Die Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts ist für eine Partei zulässig, wenn:
- Der Streitgegenstand einen Wert von mindestens 600 € hat, oder
- Das Landgericht aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Berufung zugelassen hat (§ 511 ZPO).
Die Berufung muss schriftlich innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat nach Zustellung des Urteils eingelegt werden und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung begründet sein (§§ 517, 520 ZPO). Die Begründung der Berufung erfolgt durch die Darlegung der Gründe, welche gemäß Auffassung des Berufungsführers die Entscheidung des Landgerichts falsch erscheinen lassen.
Rechtsmittelbeschränkung und Abhilfeverfahren
Die Berufung kann sich auf bestimmte, klar umrissene Teile des erstinstanzlichen Urteils beschränken (Rechtsmittelbeschränkung). Darüber hinaus gibt es das sogenannte Abhilfeverfahren, bei dem das Landgericht aufgrund der Berufungsbegründung seine Entscheidung nochmals überprüft und gegebenenfalls ändert (§ 572 ZPO).
Prüfungsumfang des Oberlandesgerichts
Das OLG prüft im Rahmen der Berufung nicht nur die Anwendung materiellen Rechts, sondern auch die Verfahrensweise des Landgerichts. Hierzu zählen beispielsweise:
- Ausschluss von Beweismitteln (z.B. Zeugen) durch das Landgericht;
- Verkennung von rechtlichen Grundsätzen;
- Fehlerhafte Anwendung von Gesetzesnormen.
Entscheidung des OLG im Berufungsverfahren
Je nachdem, wie die Berufungsprüfung ausfällt, kann das OLG das erstinstanzliche Urteil aufrechterhalten, ändern oder aufheben. Im Falle einer Aufhebung kann das OLG im berufungsgerichtlichen Verfahren selbst einen neuen Tatbestand feststellen (§ 529 ZPO) oder den Rechtsstreit zurück an das Landgericht verweisen (§ 538 ZPO).
Strafrechtliche Verfahren am Oberlandesgericht
Auch im Spezialgebiet des Strafrechts sind die OLG als Rechtsmittelgerichte tätig. Die Berufungen gegen Landgerichtsurteile können jedoch nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung (StPO) nur in Form der Revision zum OLG stattfinden (§§ 33 ff. StPO).
Umfang und Grenzen der Revision
Die Revision ist – anders als die Berufung im Zivilrecht – ein Rechtsbehelf, der sich ausschließlich auf die Verletzung von Verfahrens- oder materiellem Recht stützt. Klassische Revisionsgründe sind:
- Fehler bei der Beweiswürdigung;
- Fehlerhafte rechtliche Einordnung des Sachverhalts;
- Verletzung von Grundrechten.
Die Revision ist jedoch nicht darauf gerichtet, das erstinstanzliche Urteil in tatsächlicher Hinsicht neu zu bewerten.
Entscheidung des OLG im Revisionsverfahren
Je nach dem Ergebnis der Revisionsprüfung kann das OLG das angefochtene Urteil bestätigen, abändern oder aufheben. Eine Aufhebung des Urteils führt meistens dazu, dass der Strafprozess zurück an die Vorinstanz verwiesen wird, um erneut durchgeführt zu werden.
Oberlandesgerichtliche Beschwerdeverfahren
Neben Berufungs- und Revisionsverfahren sind die OLG auch für Beschwerdeverfahren zuständig. Dabei handelt es sich um Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen, die entweder im gerichtlichen Vor- und Nebenverfahren oder in erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren getroffen wurden. Beispiele für Beschwerdeverfahren sind:
- Beschwerde gegen die Ablehnung einer einstweiligen Verfügung;
- Beschwerde gegen die Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags;
- Beschwerde gegen die Anordnung eines Ordnungsgelds.
Der Beschwerdeführer hat grundsätzlich die Möglichkeit, direkt zum Oberlandesgericht zu gelangen, wenn in der angefochtenen Entscheidung eine Beschwerde zugelassen wurde. In diesem Fall ist die Beschwerde binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegen und innerhalb der gleichen Frist zu begründen (§§ 567 ff. ZPO; §§ 304 ff. StPO).
Aktuelle Gerichtsurteile am Oberlandesgericht
Die Oberlandesgerichte sind stets bemüht, herausfordernde und rechtlich komplexe Fragestellungen abzuwägen und zu entscheiden. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) als oberstes Gericht zeigen wir hier einige beispielhafte, prägende Urteile:
Urteil 1: Darlehenswiderruf wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung
In einem aktuellen Urteil hat ein OLG entschieden, dass ein Verbraucherdarlehensvertrag auch Jahre nach seinem Abschluss noch widerruflich ist, wenn die Widerrufsbelehrung des Vertrags fehlerhaft ist (Az. 1-5 U 32/16). Hierbei wurde aufgrund einer zahlreichen anderslautenden Urteile des BGH eingegangen.
Urteil 2: Haftung des Anschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen
Ein Oberlandesgericht hat kürzlich die Haftung eines Anschlussinhabers für Urheberrechtsverletzungen eingeschränkt, die über seinen Internetanschluss begangen wurden (Az. 15 U 105/17). Regelmäßig hat der BGH die Haftung des Anschlussinhabers bestätigt, jedoch wurden Voraussetzungen für eine tatsächliche Haftung präzisiert.
Urteil 3: Haftung des Händlers bei fehlerhafter Montageanleitung
In einem weiteren Urteil hat ein Oberlandesgericht die Haftung eines Händlers für Sachmängel bejaht, die auf die fehlerhafte Montageanleitung eines Herstellers zurückzuführen sind (Az. 4 U 72/16). Dazu hat das Gericht auch auf Rechtsprechung des BGH verwiesen, nach der der Händler für die Fehlerfreiheit des Produkts einzustehen hat.
Strategische Ansätze für Anwälte
Die Vertretung von Mandanten im Rahmen von OLG-Verfahren erfordert nicht nur eine sorgfältige Kenntnis der Materie und der Verfahrensvorschriften, sondern auch strategisches Geschick. Hier einige wichtige Punkte, die ein Anwalt bei der OLG-Vertretung beachten sollte:
- Der Anwalt sollte die Erfolgsaussichten einer Berufung bzw. Revision objektiv bewerten und seinen Mandanten entsprechend beraten;
- Die Einhaltung der gesetzlichen Fristen ist von entscheidender Bedeutung, um Rechtsmittel erfolgreich durchzuführen;
- In Berufungsverfahren ist der Anwalt gut beraten, sich eingehend mit den erstinstanzlichen Urteilsgründen auseinanderzusetzen und Angriffspunkte für die Berufung herauszuarbeiten;
- Sowohl im Berufungs- als auch im Revisionsverfahren sollte der Anwalt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs heranziehen, um seine Argumentation zu stützen und zu untermauern.
Fragen und Antworten zum Oberlandesgericht
Sind Anwälte verpflichtet, beim Oberlandesgericht aufzutreten?
Antwort: Ja, im OLG-Verfahren besteht Anwaltszwang, d.h. die Parteien müssen sich grundsätzlich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 ZPO – für Zivilsachen; § 140 StPO – für Strafsachen).
Können Oberlandesgerichte auch in Familiensachen entscheiden?
Antwort: Ja, im Rahmen von Beschwerdeverfahren können Oberlandesgerichte auch in Familiensachen entscheiden. Dabei handelt es sich jedoch um eine Ausnahme, da normalerweise das Familiengericht für Familiensachen zuständig ist.
Kann man gegen Entscheidungen des Oberlandesgerichts Rechtsmittel einlegen?
Antwort: Ja, gegen die Entscheidungen des OLG sind grundsätzlich Rechtsmittel – insbesondere die Revision – zulässig. Das Rechtsmittel richtet sich in diesem Falle an den Bundesgerichtshof (BGH) als letzte Instanz im Zivil- und Strafverfahren. Es sollten jedoch stets die Voraussetzungen und Erfolgsaussichten des jeweiligen Rechtsmittels genau geprüft und abgewogen werden.
Zusammenfassung und Fazit
Das Oberlandesgericht besitzt eine wichtige Rolle im deutschen Justizsystem und bietet sowohl im Zivil- als auch im Strafverfahren eine weitere Instanz der Rechtsprechung. Die Kenntnis der Zuständigkeiten, Verfahrensweisen und Rechtsprechung des OLG ist für Anwälte von großer Bedeutung, um Mandanten beim Gang durch das gerichtliche Verfahren optimal zu begleiten und ihre Rechte bestmöglich durchzusetzen.
Der umfangreiche und anspruchsvolle Bereich OLG-Verfahren erfordert sorgfältige rechtliche Ausführungen, gründliche Recherche und die Einbindung aktueller Gerichtsurteile. Erfolgreiche Anwälte müssen darüber hinaus die richtige Strategie wählen und ihre Mandanten objektiv über Erfolgsaussichten und möglicherweise anfallende Kosten aufklären.
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Arthur Wilms | Rechtsanwalt | Associate
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