In diesem Blog-Beitrag wollen wir uns ausführlich mit dem Thema Personenvereinigungen in Deutschland befassen. Wir werden uns insbesondere die rechtlichen Regelungen und Voraussetzungen anschauen und anhand von Beispielen und aktuellen Gerichtsurteilen erläutern.
Dabei werden wir uns einerseits darauf konzentrieren, was eine Personenvereinigung ist, welche unterschiedlichen Arten es gibt und wie sie rechtlich behandelt werden. Andererseits widmen wir uns auch den häufigsten Fragen und Problemen, die im Zusammenhang mit Personenvereinigungen auftreten können.
Definition von Personenvereinigungen
Im deutschen Recht versteht man unter einer Personenvereinigung eine Organisation von Personen, die sich gemeinsam zur Verfolgung eines bestimmten Zwecks zusammenschließen. Personenvereinigungen können dabei sowohl rechtlich selbständig sein, also eigene Rechte und Pflichten haben, als auch unselbständige Vereine, die im rechtlichen Sinne keine eigene Existenz besitzen.
Rechtliche Einordnung
Die rechtliche Einordnung und Anerkennung von Personenvereinigungen erfolgt in Deutschland vor allem nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und dem Vereinsgesetz (VereinsG). Eine Vielzahl von Personenvereinigungen werden dabei geregelt. Die wichtigsten sind:
- Eingetragene Vereine (e. V.) – § 21 BGB
- Nicht eingetragene Vereine / lose Vereinigungen – §§ 54, 55 BGB
- Parteien – § 2 Parteiengesetz (PartG)
- Stiftungen – §§ 80 ff. BGB
- Genossenschaften – § 1 Genossenschaftsgesetz (GenG)
- Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) – § 705 BGB
Wichtiger Hinweis: Im Falle einer direkten Anwendung von EU-Recht auf Personenvereinigungen gelten teils zusätzliche europarechtliche Vorschriften.
Gründung einer Personenvereinigung
Die Gründung von Personenvereinigungen unterliegt jeweils unterschiedlichen Voraussetzungen und Formalien, je nachdem welche Art von Organisation ins Leben gerufen werden soll. Im Folgenden werden die wichtigsten Regelungen für einige ausgewählte Formen von Personenvereinigungen erläutert:
Eingetragener Verein (e. V.)
- Mindestens 7 Mitglieder erforderlich (§ 56 BGB)
- Schriftliche Satzung, die den Zweck, den Namen und den Sitz des Vereins beinhalten muss (§ 57 BGB)
- Gründungsversammlung, Ernennung eines Vorstandes (§ 58 BGB)
- Anmeldung und Eintragung ins Vereinsregister beim zuständigen Amtsgericht (§ 59 BGB)
- Rechtsfähigkeit durch Eintragung ins Vereinsregister (§ 21 BGB)
Nicht eingetragener Verein / lose Vereinigung
- Keine Mindestmitgliederzahl erforderlich
- Keine formalen Voraussetzungen für die Satzung
- Keine Eintragung ins Vereinsregister
- Keine eigene Rechtsfähigkeit, daher handelt der Verein durch seine Mitglieder nach außen (außenrechtliche Vertretung)
Parteien
- Gründung durch eine Satzung (§ 6 PartG)
- Eintragung ins Parteienregister beim Bundeswahlleiter (§ 14 PartG)
- Verfolgung von politischen Zwecken (§ 1 PartG)
- Mindestens 2.000 Mitglieder oder in mindestens zwei Landesparlamenten vertreten (§ 2 PartG)
Stiftungen
- Errichtung durch letztwillige Verfügung, Vertrag oder Gesetz (§ 81 BGB)
- Schriftliche Satzung, die den Namen, den Sitz und den Zweck der Stiftung beinhaltet (§ 83 BGB)
- Mindestkapital von 50.000 Euro (je nach Bundesland)
- Anerkennung und Genehmigung durch die zuständige Stiftungsbehörde (§ 80 BGB)
Beachten Sie, dass es bei der Gründung einer Personenvereinigung zahlreiche Besonderheiten, steuerliche und rechtliche Vorgaben sowie Rahmenbedingungen zu beachten gilt. Eine sorgfältige Planung und frühzeitige anwaltliche Beratung ist in vielen Fällen empfehlenswert.
Auflösung einer Personenvereinigung
Auch für die Beendigung einer Personenvereinigung gelten je nach rechtlicher Form unterschiedliche Regelungen und Voraussetzungen. In den meisten Fällen sind dabei Zustimmungen der Mitglieder, Beschlüsse von Gremien oder behördliche Genehmigungen erforderlich:
Eingetragener Verein (e. V.)
- Auflösungsbeschluss der Mitgliederversammlung mit einer Mehrheit von mindestens 3/4 der abgegebenen Stimmen (§ 41 BGB)
- Abwicklung durch die im Vereinsregister eingetragenen Liquidatoren (§§ 48, 49 BGB)
- Löschung des Vereins im Vereinsregister
Nicht eingetragener Verein / lose Vereinigung
- Auflösung durch gemeinsamen Beschluss der Mitglieder oder Kündigung einzelner Mitglieder (§§ 54, 723 BGB)
- Keine behördlichen Genehmigungen erforderlich
Parteien
- Auflösung nach den Regelungen in der Satzung oder durch Gerichtsbeschluss bei Unvereinbarkeit mit den Grundsätzen der Bundesrepublik Deutschland (§ 46 PartG)
- Löschung im Parteienregister
Stiftungen
- Auflösung durch Aufhebung der Stiftung durch die Behörde bei Wegfall des Stiftungszwecks oder Unmöglichkeit der Erfüllung (§ 87 BGB)
- Umwidmung des Stiftungsvermögens zu anderen gemeinnützigen Zwecken
Die Auflösung von Personenvereinigungen sollte in jedem Fall sorgfältig geplant und rechtlich abgesichert werden, um Steuernachteile oder Haftungsrisiken zu vermeiden.
Aktuelle Gerichtsurteile und Rechtsprechung
In diesem Abschnitt werden wir einige exemplarisch ausgewählte, aktuelle Gerichtsurteile präsentieren, die im Bereich der Personenvereinigungen für Aufsehen gesorgt haben und möglicherweise wegweisend für zukünftige Entscheidungen sind.
Bundesgerichtshof: Mitgliederausschluss nur bei erheblichem Fehlverhalten
In einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 07.11.2018 (Az.: II ZR 7/18) wurde entschieden, dass ein Mitglied eines Vereins grundsätzlich nur dann ausgeschlossen werden kann, wenn sein Verhalten einen schwerwiegenden und erheblichen Verstoß gegen die Vereinsinteressen darstellt. Eine unangenehme innenpolitische Haltung oder Meinungsäußerungen allein reichen dafür nicht aus.
Oberlandesgericht Hamm: Haftung bei Schäden im Verein
Das Oberlandesgericht Hamm entschied in einem Urteil vom 24.04.2017 (Az.: 8 U 113/16), dass Vereinsmitglieder für Schäden, die durch ein fehlerhaftes Verhalten eines Vereinsverantwortlichen verursacht werden, subsidiär haften können. Das bedeutet, dass die Vereinsmitglieder als Gesamtschuldner für die Schäden aufkommen müssen, wenn der Schädiger nicht in der Lage ist, den Schaden selbst zu begleichen.
Bundesverwaltungsgericht: Untersagung von Extremismus im Verein
In einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.02.2015 (Az.: 6 C 50.13) wurde festgestellt, dass ein Verein, dessen Mitglieder radikale polizeifeindliche Ansichten vertreten, dem Gemeinwohlmaßstab nicht gerecht wird und keine Gemeinnützigkeit beanspruchen kann. Die Einstufung als extremistischer Verein führt somit zu steuerlichen Nachteilen und finanziellen Konsequenzen für die betroffene Personenvereinigung.
FAQs
Wir haben für Sie wichtige Fragen und passende Antworten zusammengefasst.
Kann jeder eine Personenvereinigung gründen?
Grundsätzlich kann jeder Volljährige in Deutschland eine Personenvereinigung gründen. Minderjährige können dies nur mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters tun. Es sind aber je nach Art der Personenvereinigung unterschiedliche Voraussetzungen zu erfüllen.
Unterscheidet sich das Vereinsrecht in den verschiedenen Bundesländern?
Das Vereinsrecht ist grundsätzlich in ganz Deutschland einheitlich, da es im Bürgerlichen Gesetzbuch und im Vereinsgesetz geregelt ist. Es gibt jedoch bei der Umsetzung auf Landesebene – etwa bei der Zuständigkeit der Vereinsregister oder den Regelungen für Stiftungen – teilweise länderspezifische Unterschiede.
Welche Vorteile hat ein eingetragener Verein gegenüber einem nicht eingetragenen Verein?
Ein eingetragener Verein hat den großen Vorteil der Rechtsfähigkeit. Dies bedeutet, dass er selbst Träger von Rechten und Pflichten werden kann. Ein e. V. kann somit Verträge abschließen, rechtliche Ansprüche geltend machen oder verklagt werden. Zudem ist ein e. V. meist gemeinnützig und somit von bestimmten Steuern befreit. Ein nicht eingetragener Verein hat hingegen keine eigene Rechtsfähigkeit und haftet stärker über die Mitglieder persönlich.
Wie kann ich meine Mitgliedschaft in einer Personenvereinigung beenden?
Die Mitgliedschaft in einer Personenvereinigung kann meist durch Kündigung, Austritt oder Tod des Mitglieds beendet werden. Die Kündigungsfristen und Bedingungen sind dabei von der jeweils geltenden Satzung der Personenvereinigung abhängig. In einigen Fällen kann auch ein Mitgliederausschluss erfolgen, etwa bei schwerwiegendem Fehlverhalten.
Wie sind Personenvereinigungen steuerrechtlich zu behandeln?
Steuerrechtlich gibt es sowohl für eingetragene als auch für nicht eingetragene Personenvereinigungen und andere Formen der Personenvereinigung unterschiedliche Regelungen. Während ein eingetragener Verein, der als gemeinnützig anerkannt ist, von der Körperschafts-, Gewerbe- und teilweise auch von der Umsatzsteuer befreit sein kann, unterliegen nicht eingetragene Vereine und andere Formen von Personenvereinigungen oft der Einkommen- und Umsatzsteuer.
Detailfragen sollten individuell mit einem Steuerberater oder Anwalt geklärt werden.
Abschlussbemerkung
In diesem ausführlichen Blog-Beitrag haben wir uns mit den verschiedenen Aspekten und rechtlichen Fragestellungen rund um das Thema Personenvereinigungen in Deutschland auseinandergesetzt. Wir konnten zeigen, dass das deutsche Personenvereinigungsrecht vielfältig und komplex ist und bei der Gründung, Führung oder Beendigung einer solchen Organisation zahlreiche rechtliche, steuerliche und organisatorische Aspekte zu beachten sind.
Da es in vielen Fällen wichtig ist, individuelle Lösungen zu finden und rechtssichere Entscheidungen zu treffen, empfiehlt es sich, bei Fragen und Problemen die Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwalts oder Steuerberaters in Anspruch zu nehmen.
„Unsere Kanzlei setzt auf Künstliche Intelligenz, um Ihnen hochwertige Rechtsberatung zu deutlich reduzierten Kosten anzubieten.
Mandanten profitieren in Einzelfällen von Kosteneinsparungen bis zu 90% – ohne Abstriche bei Qualität und individueller Betreuung.
Vertrauen Sie auf eine zukunftsweisende Kombination aus Innovation und juristischer Exzellenz.“
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
Aktuelle Beiträge aus dem Rechtsgebiet Gesellschaftsrecht
Wie können Sie Ihr Familienunternehmen rechtlich absichern?
Erfahren Sie, wie Sie Ihr Familienunternehmen durch optimierte Strategien für Unternehmensnachfolge und rechtlichen Schutz langfristig sichern können.
Einzelvertretungsvollmacht – Wann und wie sie sinnvoll ist
Erfahren Sie, wie die Einzelvertretungsvollmacht in Unternehmen Rechtsgeschäfte vereinfacht und wann ihr Einsatz besonders sinnvoll ist.
Kommanditbeteiligung: Konflikte und rechtliche Klärung
Erfahren Sie mehr über Kommanditbeteiligung, deren Vorteile als Kapitalanlage und wie Konflikte rechtssicher gelöst werden können.
Vertretungsregeln: Was gilt im Handels- und Gesellschaftsrecht?
Erfahren Sie alles über Vertretungsregeln Handels-und Gesellschaftsrecht, von Prokura bis Organschaft und Satzungsregelungen.
Gewerkschaft verhindern – So können Unternehmer reagieren
Entdecken Sie professionelle Ansätze, um effektiv auf Gewerkschaftsbildungen zu reagieren und Gewerkschaft verhindern in Ihrem Unternehmen.