In diesem Blog-Beitrag werden wir uns eingehend mit der Plausibilitätsprüfung im Recht beschäftigen. Dieser Begriff, der auf den ersten Blick eher technisch anmutet, spielt in vielen Bereichen des Rechts eine bedeutende Rolle und darf nicht unterschätzt werden. Auch in der täglichen Praxis einer Anwaltskanzlei treffen wir immer wieder auf Fälle, in denen die Plausibilitätsprüfung entscheidend ist. Daher haben wir uns dazu entschlossen, Ihnen in diesem umfangreichen Beitrag die rechtlichen Grundlagen und Anwendungen der Plausibilitätsprüfung näherzubringen, sodass Sie zum einen die Bedeutung dieser Prüfung besser verstehen und zum anderen erfahren, welche Schritte im Einzelnen bei einer solchen Prüfung ergriffen werden und wie sie konkret abläuft.

Inhaltsverzeichnis

  • Definition und rechtliche Grundlagen der Plausibilitätsprüfung
  • Anwendungsbeispiele der Plausibilitätsprüfung
  • Praktische Tipps und Strategien
  • FAQs zum Thema

Definition und rechtliche Grundlagen der Plausibilitätsprüfung

Die Plausibilitätsprüfung ist eine Prüfung, die auf die Ermittlung von Unstimmigkeiten, Unregelmäßigkeiten oder Widersprüchen in vorliegenden Informationen, Dokumenten oder Sachverhalten abzielt. Dabei geht es in erster Linie darum, die Glaubwürdigkeit, Stimmigkeit und Nachvollziehbarkeit von Daten, Fakten und Behauptungen zu überprüfen und gegebenenfalls entsprechende Rückschlüsse und Maßnahmen herzuleiten.

Die Plausibilitätsprüfung findet in den verschiedensten Rechtsgebieten Anwendung. Auch aufgrund des sich immer rasanter entwickelnden Technologie- und Digitalisierungsumfeldes gewinnt die Plausibilitätsprüfung insbesondere in den Bereichen des Datenschutzes, der Informationssicherheit und Compliance immer mehr an Bedeutung.

Bedeutung der Plausibilitätsprüfung im Zivilrecht

Im Zivilrecht spielt die Plausibilitätsprüfung in mehreren Bereichen eine Rolle. Zum einen fließt sie in die Beweiswürdigung ein, bei der das Gericht die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen oder schriftlichen Beweismitteln zu beurteilen hat. Dabei ist die Plausibilitätsprüfung ein Aspekt, der im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO zu berücksichtigen ist.

Zum anderen findet die Plausibilitätsprüfung Anwendung bei der Zug-um-Zug-Verurteilung. Hier müssen die Parteien eine plausible Behauptungslast erbringen, um glaubhaft zu machen, dass sie zur Erfüllung ihrer Leistung verpflichtet sind bzw. ihre Gegenleistung entsprechend erbracht haben. Auch in diesem Bereich basiert die Prüfung auf § 286 ZPO sowie auf weiteren ergänzenden Vorschriften wie §§ 320, 322 BGB.

Im Bereich der Miet- und Pachtrecht kann es ebenfalls zur Anwendung von Plausibilitätsprüfungen kommen. Beispielsweise, wenn es um die Berechnung von Mietminderungsansprüchen oder die Prüfung von Betriebskostenabrechnungen geht.

Relevante Gesetze und Vorschriften im Wirtschaftsrecht

Im Wirtschaftsrecht kommt der Plausibilitätsprüfung eine besondere Bedeutung zu, insbesondere bei Fragen rund um die Bilanzierung, Steuererklärungen und Geschäftsberichte. Hier gelten verschiedene gesetzliche Vorschriften und Normen, die Unternehmen verpflichten, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse plausibel darzustellen und für Transparenz und Glaubwürdigkeit zu sorgen.

So verlangt beispielsweise das Handelsrecht in § 243 Abs. 1 HGB, dass die Buchführung und die Bilanzierung so zu erfolgen hat, dass ein sachverständiger Dritter binnen angemessener Zeit einen klaren Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens erlangen kann. Die Plausibilitätsprüfung ist hier ein wichtiges Instrument, um diesem Anspruch gerecht zu werden.

Ebenso spielt die Plausibilitätsprüfung im Steuerrecht eine bedeutende Rolle, beispielsweise bei der Prüfung von Steuererklärungen durch das Finanzamt gemäß § 155 Abs. 2 AO. Hier muss das Finanzamt bei offensichtlichen Unrichtigkeiten oder Unplausibilitäten in den angegebenen Daten und Fakten aktiv werden und kann ggf. eine förmliche Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vornehmen.

Im Arbeitsrecht spielt die Plausibilität von Zeugenaussagen und Beweismitteln eine wichtige Rolle. Hier findet beispielsweise das „Augenscheinsprinzip“ Anwendung, nach dem das Gericht die Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen und Beweismitteln selbst beurteilt. Auch bei Streitigkeiten über die Anwendung von Arbeitsverträgen können Plausibilitätsprüfungen zum Einsatz kommen, um festzustellen, ob die einzelnen Vertragsbestandteile tatsächlich eingehalten wurden.

Plausibilitätsprüfung im Strafrecht

Auch im Strafrecht findet die Plausibilitätsprüfung Anwendung, insbesondere im Rahmen der Beweiswürdigung. Hier ist es Aufgabe des Gerichts, die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen und Beweismitteln zu beurteilen und auf dieser Basis über Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu entscheiden. Dabei ist die Plausibilitätsprüfung ein wichtiger Gesichtspunkt, den das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen hat.

Außerdem spielt die Plausibilitätsprüfung eine Rolle bei der Beurteilung von Geständnissen, insbesondere wenn ein Angeklagter bereits in der Hauptverhandlung ein Geständnis abgelegt hat und später wieder zurückzieht. In solchen Fällen muss das Gericht die Plausibilität des ursprünglichen Geständnisses prüfen und entscheiden, ob es weiterhin als Beweismittel in Betracht kommt.

Anwendungsbeispiele der Plausibilitätsprüfung

In der Praxis gibt es zahlreiche Beispiele für Situationen, in denen die Plausibilitätsprüfung zum Einsatz kommt. Im Folgenden wollen wir auf zwei dieser Anwendungsbeispiele vertiefend eingehen.

Plausibilitätsprüfung in der Buchhaltung

Die Buchhaltung ist ein herausragendes Beispiel für die Anwendung der Plausibilitätsprüfung. Hier müssen Unternehmen, Sozialversicherungen und Steuerbehörden sicherstellen, dass die jeweils erstellten Rechnungswerke nicht nur den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, sondern auch die tatsächlichen Geschäftsvorfälle korrekt und nachvollziehbar abbilden.

Hierzu gehört einerseits die eigentliche Plausibilitätsprüfung der erhobenen Daten, die beispielsweise im Rahmen von internen Kontrollen oder steuerlichen Betriebsprüfungen stattfindet. Andererseits gehören auch systematische Plausibilitätskontrollen zum Standardrepertoire einer ordnungsgemäßen Buchführung. Beispielhaft seien hier die Überprüfung von Eingangs- und Ausgangsrechnungen auf Vollständigkeit oder die Kontrolle von Umsatzsteuervoranmeldungen genannt.

Auch die Erfassung und Prüfung von internen Kontrollen und Risikomanagementprozessen ist Teil der Plausibilitätsprüfung. Hierzu gehört beispielsweise die Überprüfung von internen Prozessen, um sicherzustellen, dass diese den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und effektiv sind. Diese Maßnahmen sollen vor allem dazu beitragen, Fehler oder Unregelmäßigkeiten in der Buchführung frühzeitig aufzudecken und entsprechende Korrekturmaßnahmen einzuleiten.

Insofern kommt der Plausibilitätsprüfung auch in der Buchhaltung eine essenzielle Bedeutung zu. Denn sie trägt dazu bei, Vertrauen in die Richtigkeit und Integrität der finanziellen Berichterstattung aufzubauen und ist damit entscheidend für das Verhältnis von Unternehmen, Sozialversicherungen und Finanzämtern.

Prüfung von Steuererklärungen durch das Finanzamt

Ein weiteres Anwendungsbeispiel für die Plausibilitätsprüfung ist die Prüfung von Steuererklärungen durch das Finanzamt. Dabei geht es darum, die Angaben der Steuerpflichtigen auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen und gegebenenfalls bei offensichtlichen Unrichtigkeiten oder Widersprüchen tätig zu werden.

Die Finanzämter sind gemäß § 155 Abs. 2 AO dazu verpflichtet, Steuererklärungen auf Plausibilität zu prüfen. Dazu bedienen sie sich unterschiedlicher Prüfmethoden. Beispielsweise können EDV-gestützte Risikomanagementsysteme oder Kennzahlenvergleiche herangezogen werden, um Steuererklärungen automatisch auf Auffälligkeiten hin zu untersuchen.

Fällt eine Steuererklärung bei der Plausibilitätsprüfung durch, kann das Finanzamt im Rahmen seines Ermessens weitere Maßnahmen ergreifen. Hierzu zählt beispielsweise die Aufforderung zur Nachbesserung oder Ergänzung von Unterlagen und Angaben oder die Einleitung einer steuerlichen Betriebsprüfung.

In besonders gravierenden Fällen kann das Finanzamt auch eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO vornehmen. Dies erfolgt in der Regel dann, wenn die Angaben des Steuerpflichtigen so unplausibel erscheinen, dass sie als Grundlage für die Besteuerung nicht mehr dienen können.

Die Plausibilitätsprüfung ist also auch im Bereich der Steuerprüfung ein wichtiges Instrumentarium, um die Richtigkeit und Vollständigkeit von Steuererklärungen sicherzustellen und Steuerehrlichkeit zu fördern.

Praktische Tipps und Strategien

Nachdem wir einen ersten Überblick über die rechtlichen Grundlagen und Anwendungsfelder der Plausibilitätsprüfung gegeben haben, wollen wir nun einige praktische Tipps und Strategien vorstellen, die helfen können, im Umgang mit Plausibilitätsprüfungen erfolgreich zu agieren und auf sie vorbereitet zu sein.

Herangehensweise bei der Plausibilitätsprüfung

Grundsätzlich ist es wichtig, bei der Plausibilitätsprüfung systematisch und strukturiert vorzugehen. Dazu gehört zunächst das Erfassen und Ordnen der zu prüfenden Informationen, Dokumente oder Sachverhalte. Anschließend sollten mögliche Plausibilitätsindikatoren identifiziert und definiert werden, die im jeweiligen Zusammenhang relevant sind.

Einige Beispiele für solche Indikatoren im betriebswirtschaftlichen Kontext sind:

  • Schlüssigkeitskontrollen
  • Zeitreihenanalysen
  • Vergleich von relativen Größen oder Kennzahlen
  • Verhältnismäßigkeitsüberlegungen
  • Überprüfung von Kausalzusammenhängen

Je nach Sachverhalt können aber auch andere oder zusätzliche Indikatoren relevant sein.

Nach der Identifikation von Plausibilitätsindikatoren sollte eine sorgfältige Überprüfung der vorliegenden Informationen, Dokumente oder Sachverhalte im Hinblick auf die genannten Indikatoren erfolgen. Dabei gilt es, die jeweilige Rechtsprechung, Gesetzgebung oder betriebswirtschaftliche Normen und Standards zu berücksichtigen.

Zuletzt kommt es darauf an, Ergebnisse der Plausibilitätsprüfung zu dokumentieren und gegebenenfalls Rückschlüsse und Maßnahmen daraus abzuleiten. An dieser Stelle kann es wichtig sein, auch rechtliche Expertise oder fachliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um die korrekte Vorgehensweise zu gewährleisten.

Ergreifen geeigneter Maßnahmen zur Sicherstellung der Plausibilität

Um Plausibilitätsprüfungen erfolgreich zu bestehen und mögliche Risiken oder Rechtsfolgen zu vermeiden, ist es ratsam, in verschiedensten Bereichen des Unternehmens oder der Organisation entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung der Plausibilität zu ergreifen.

Einige der möglichen Maßnahmen sind:

  • Implementierung von internen Kontroll- und Risikomanagementsystemen
  • Aufbau und Pflege einer transparenten und nachvollziehbaren Dokumentation von Geschäftsprozessen und Entscheidungen
  • Einsatz von EDV-gestützten Prüfungssystemen oder Softwarelösungen für die automatische Überprüfung von Daten und Fakten
  • Regelmäßige Schulung und Sensibilisierung von Mitarbeitern hinsichtlich der Bedeutung der Plausibilität
  • Zusammenarbeit mit externen Experten, Beratern oder Prüfern für spezifische Plausibilitätsfragen

Je nach Branche und Sachverhalt können auch andere oder zusätzliche Maßnahmen erforderlich sein, um die Plausibilität effektiv sicherzustellen.

FAQs zum Thema

Im Folgenden beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zum Thema Plausibilitätsprüfung im Recht.

Warum ist die Plausibilitätsprüfung im Recht so wichtig?

Die Plausibilitätsprüfung ist im Recht deshalb so wichtig, weil sie dazu dient, Fehler, Unstimmigkeiten oder Unregelmäßigkeiten in Informationen, Dokumenten oder Sachverhalten aufzudecken und damit Rechtssicherheit, Transparenz und Glaubwürdigkeit zu gewährleisten. Dies ist nicht nur für den Rechtsstaat, sondern auch für Unternehmen, Institutionen und Privatpersonen von grundlegender Bedeutung.

Welche rechtlichen Konsequenzen können sich aus einer fehlgeschlagenen Plausibilitätsprüfung ergeben?

Die rechtlichen Konsequenzen einer fehlgeschlagenen Plausibilitätsprüfung können je nach Sachverhalt und Rechtsgebiet unterschiedlich sein. Sie können z.B. die Anfechtung von Verträgen, Schadensersatzforderungen, behördliche Bußgelder oder strafrechtliche Sanktionen beinhalten. Daher ist es wichtig, die Plausibilität bei rechtlichen Fragestellungen sorgfältig zu prüfen und ggf. entsprechende Expertise oder Beratung in Anspruch zu nehmen.

Kann ich als Laie eine Plausibilitätsprüfung durchführen?

Grundsätzlich kann jeder eine Plausibilitätsprüfung durchführen, indem er Informationen, Dokumente oder Sachverhalte auf ihre Stimmigkeit, Glaubwürdigkeit und Nachvollziehbarkeit hin überprüft. Für Privatpersonen kann dies in einfacheren Fällen ausreichend sein, etwa um die Glaubwürdigkeit einer Darstellung oder einen Sachverhalt im Alltag zu beurteilen. Im Falle von komplizierten rechtlichen Fragestellungen oder unternehmerischen Entscheidungen ist es jedoch ratsam, sich von Experten wie Anwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern beraten und unterstützen zu lassen.

Welche Fehler können bei der Plausibilitätsprüfung vermieden werden?

Um Fehler bei der Plausibilitätsprüfung zu vermeiden, sollten folgende Punkte beachtet werden:

  • Systematisches und strukturiertes Vorgehen bei der Überprüfung
  • Identifikation und Berücksichtigung relevanter Plausibilitätsindikatoren
  • Einhaltung rechtlicher und fachlicher Vorgaben
  • Dokumentation der Ergebnisse und Begründung von Rückschlüssen und Maßnahmen
  • Inanspruchnahme von Expertise oder Beratung bei komplexen Sachverhalten oder Rechtsfragen

Brauche ich für eine Plausibilitätsprüfung zwingend rechtlichen Beistand?

Für eine Plausibilitätsprüfung ist im einfachen Alltag grundsätzlich kein rechtlicher Beistand erforderlich. In komplizierteren Fällen, in denen die rechtlichen Konsequenzen einer fehlgeschlagenen Plausibilitätsprüfung gravierend sein können, ist es jedoch ratsam, einen auf den jeweiligen Rechtsbereich spezialisierten Anwalt oder Experten zu Rate zu ziehen.

Fazit

Die Plausibilitätsprüfung ist ein wesentlicher Bestandteil vieler Rechtsbereiche und hat daher auch für die tägliche Arbeit einer Anwaltskanzlei große Bedeutung. Sie dient dazu, die Richtigkeit und Glaubwürdigkeit von Informationen und Sachverhalten sicherzustellen und trägt dadurch zur Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit bei. Darüber hinaus ermöglicht sie mehr Transparenz und Vertrauen im Umgang zwischen Bürgern, Unternehmen und Institutionen.

Mit einer systematischen und strukturierten Herangehensweise sowie der Berücksichtigung wichtiger Plausibilitätsindikatoren und rechtlicher Vorgaben kann eine Plausibilitätsprüfung erfolgreich durchgeführt werden. Um mögliche rechtliche Konsequenzen einer fehlgeschlagenen Plausibilitätsprüfung zu vermeiden, ist es jedoch empfehlenswert, sich bei komplexen Rechtsfragen oder unternehmerischen Entscheidungen von Experten beraten und unterstützen zu lassen.

Wir hoffen, dass Ihnen dieser umfassende Artikel zum Thema Plausibilitätsprüfung im Recht einen guten Überblick über die rechtlichen Grundlagen und Anwendungen dieses wichtigen Prüfverfahrens vermittelt hat. Bei Fragen oder Unsicherheiten stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne beratend zur Seite. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie im Bereich der Plausibilitätsprüfung Unterstützung benötigen oder Fragen zu Ihrer individuellen Situation haben.

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Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter

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