Das postmortale Persönlichkeitsrecht ist ein komplexes, aber wesentliches Konzept im Rechtswesen. Es betrifft nicht nur Prominente und öffentliche Persönlichkeiten, sondern jedermann, indem es sicherstellt, dass die Würde und das Ansehen eines Verstorbenen über dessen Tod hinaus geschützt sind. Dieser Artikel wird die vielen Facetten dieses Konzepts erforschen, einschließlich seiner Rechtsgrundlagen, der Anwendungsfälle und wichtigen Gerichtsentscheidungen.

Was ist das postmortale Persönlichkeitsrecht?

Das postmortale Persönlichkeitsrecht ist das Recht einer Person, die Kontrolle über bestimmte Aspekte ihrer Persönlichkeit, ihres Namens, ihres Bildes oder ihrer Werke nach ihrem Tod aufrechtzuerhalten. Es ist eng mit dem Persönlichkeitsrecht zu Lebzeiten verbunden und leitet sich aus dem Grundgesetz ab, insbesondere aus Art. 1 Abs. 1 (Würde des Menschen) und Art. 2 Abs. 1 (Allgemeines Persönlichkeitsrecht).

Rechtsgrundlagen

In Deutschland ist das Postmortale Persönlichkeitsrecht durch eine Kombination von Verfassungs- und Zivilrecht geregelt. Hauptgesetzliche Grundlage ist das BGB. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht auch Urteile gefällt, die das Recht auf postmortale Persönlichkeit durch das Grundgesetz untermauern.

  • § 22 KunstUrhG: „Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt.“
  • § 12 BGB: „Wer das Recht am eigenen Bild, insbesondere das Recht zur Veröffentlichung und Verbreitung, in einer Weise ausübt, die das Ansehen des Betroffenen verletzt, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden.“

Die Rechtslage in anderen Ländern

Das postmortale Persönlichkeitsrecht ist nicht nur in Deutschland anerkannt. Auch andere Länder haben Regelungen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte Verstorbener. Es ist jedoch interessant zu bemerken, dass die genauen Bestimmungen und deren Umsetzung von Land zu Land variieren können.

Die Vereinigten Staaten von Amerika

In den USA ist das postmortale Persönlichkeitsrecht je nach Bundesstaat unterschiedlich geregelt. Einige Staaten wie Kalifornien und Tennessee haben spezifische Gesetze, die das postmortale Persönlichkeitsrecht anerkennen und schützen. Diese Rechte beziehen sich häufig auf den kommerziellen Gebrauch von Name, Bild oder ähnlichen Persönlichkeitsmerkmalen eines Verstorbenen. Im Allgemeinen können diese Rechte von den Erben oder Nachlassverwaltern des Verstorbenen ausgeübt werden.

Das Vereinigte Königreich

Im Vereinigten Königreich gibt es kein explizites postmortales Persönlichkeitsrecht. Allerdings kann der Missbrauch von Bildern und Namen Verstorbener unter Umständen durch andere rechtliche Bestimmungen wie Verleumdung, Urheberrecht und Datenschutzrecht eingeschränkt werden. Darüber hinaus können Prominente und andere Personen des öffentlichen Lebens ihre Rechte und die ihrer Erben durch ausdrückliche Verträge schützen.

Frankreich

In Frankreich ist das postmortale Persönlichkeitsrecht explizit anerkannt und geschützt. Das französische Zivilgesetzbuch sieht vor, dass das Persönlichkeitsrecht, einschließlich des Rechts auf Privatsphäre und des Rechts am eigenen Bild, nach dem Tod des Einzelnen fortbesteht. Diese Rechte können von den Erben des Verstorbenen ausgeübt werden.

Urteile und Beispiele

Es gibt zahlreiche Beispiele für die Anwendung des postmortalen Persönlichkeitsrechts, die meist in Zusammenhang mit Prominenten stehen. Diese helfen, das Konzept zu verdeutlichen und seine Reichweite zu verstehen.

Der Fall Marlene Dietrich

Ein klassischer Fall ist der von Marlene Dietrich. Nach ihrem Tod wollte ein Unternehmen eine Puppe herstellen, die sie repräsentiert. Die Tochter und Erbin Dietrichs klagte dagegen und das Gericht gab ihr Recht (OLG Köln, 15 U 256/95). Das Gericht urteilte, dass das Recht am eigenen Bild und der Name von Marlene Dietrich zu den vermögenswerten Bestandteilen ihres Nachlasses gehören und deshalb von der Tochter als Erbin geschützt werden können.

Der Fall John Lennon

In einem ähnlichen Fall ging es um die Verwendung des Liedes „Imagine“ von John Lennon in einem Werbespot (LG Hamburg, 310 O 221/94). Yoko Ono als Alleinerbin war dagegen und das Gericht entschied, dass die kommerzielle Nutzung des Liedes ohne Zustimmung der Erben eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts darstellt.

Häufig gestellte Fragen

Wer kann das postmortale Persönlichkeitsrecht durchsetzen?

Nach dem Tod einer Person können in erster Linie die Erben dieses Recht durchsetzen. Dabei ist zu beachten, dass nicht nur Personen, die kraft Gesetzes erben, sondern auch testamentarisch eingesetzte Erben berechtigt sein können, dieses Recht geltend zu machen.

Wie lange besteht das postmortale Persönlichkeitsrecht nach dem Tod einer Person?

Das Recht besteht grundsätzlich unbegrenzt fort. Allerdings kann es im Laufe der Zeit an Bedeutung verlieren, insbesondere wenn der Verstorbene in Vergessenheit gerät. In einigen Fällen hat die Rechtsprechung eine zeitliche Begrenzung von 10 Jahren nach dem Tod festgelegt.

Kann das postmortale Persönlichkeitsrecht vererbt werden?

Ja, das postmortale Persönlichkeitsrecht kann vererbt werden. Es wird als Teil des Vermögens des Verstorbenen betrachtet und geht auf die Erben über.

Ein Ausblick in die Zukunft

Das postmortale Persönlichkeitsrecht, obwohl in vielen Ländern anerkannt und geschützt, bleibt ein umstrittenes und sich ständig weiterentwickelndes Gebiet des Rechts. Mit der Weiterentwicklung von Technologien und Medien wird dieses Recht zunehmend in den Fokus rücken und wird möglicherweise mehr Rechtsprechung und Gesetzgebung erfordern.

Digitaler Nachlass und Social Media

In unserer heutigen digitalen Welt, in der viele Menschen einen großen Teil ihres Lebens online führen, werden Fragen zum digitalen Nachlass und zur Rolle des postmortalen Persönlichkeitsrechts immer dringlicher. Der Umgang mit Social-Media-Profilen und digitalen Inhalten von Verstorbenen ist ein wachsendes Anliegen und erfordert eine genaue Überlegung der rechtlichen Auswirkungen.

Deepfakes und künstliche Intelligenz

Neue Technologien wie Deepfakes und Künstliche Intelligenz werfen weitere Fragen zum postmortalen Persönlichkeitsrecht auf. Die Möglichkeit, überzeugende, künstlich generierte Bilder oder Videos von Verstorbenen zu erstellen, stellt neue Herausforderungen für den Schutz des Ansehens und der Persönlichkeit der Verstorbenen dar.

Postmortales Persönlichkeitsrecht wahren und Andenken bewahren

Das postmortale Persönlichkeitsrecht spielt eine wichtige Rolle im Schutz der Persönlichkeit und der Würde Verstorbener. Es unterliegt jedoch auch Einschränkungen und stellt sowohl für Anwälte als auch für Gerichte immer wieder eine Herausforderung dar. Es ist wichtig, dieses Konzept zu verstehen und bewusst damit umzugehen, um die Rechte und Interessen sowohl der Lebenden als auch der Verstorbenen zu wahren.

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