In der facettenreichen Welt des Rechts spielt eine essenzielle Frage eine besondere Rolle: Darf ein Rechtsanwalt gewerblich tätig sein? Die Bedeutung dieser Frage liegt in der grundlegenden Verflechtung von Lehre, Praxis und Ethik, die die juristische Berufsausübung als solche ausmacht. Unsere Aufgabe ist es, Licht in dieses scheinbar nebulöse Thema zu bringen und Klarheit in Bezug auf die gewerblichen Aktivitäten eines Rechtsanwalts zu schaffen.
Das Berufsbild des Rechtsanwalts und die Bedingungen der Mandatstätigkeit
Der Rechtsanwalt ist primär ein unabhängiges Organ der Rechtspflege. Er vertritt die Interessen seiner Mandanten und handelt als Vermittler zwischen diesen und den Gerichten. Seine Hauptaufgabe ist es, seinem Mandanten durch rechtliche Beratung und Vertretung zur Seite zu stehen. Darüber hinaus trägt der Rechtsanwalt die Verantwortung, das Recht zu schützen und zu wahren sowie die Gerechtigkeit und die Rechte seiner Mandanten zu verteidigen.
Zu den grundlegenden Pflichten eines Rechtsanwalts gehört daher das Verbot der Ausübung von nicht mit dem Anwaltsberuf vereinbaren Berufen und Tätigkeiten. Dazu zählt insbesondere das Verbot der gewerblichen Tätigkeit.
Gewerbliche Tätigkeit im rechtlichen Kontext
Unter einer gewerblichen Tätigkeit wird die selbständige, auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Erzielung von Gewinnen verstanden, die keiner speziellen beruflichen Qualifikation bedarf und am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.
Die rechtlichen Einschränkungen für Rechtsanwälte
Rechtsanwälte unterliegen bestimmten berufsrechtlichen Regelungen. Hierzu zählen insbesondere das Rechtsanwaltsgesetz (Bundesrepublik Deutschland) und die Berufsordnung für Rechtsanwälte. In § 43b BRAO wird festgehalten, dass Anwälte ihren Beruf grundsätzlich frei und unabhängig ausüben. Sie dürfen insbesondere keine anderen Berufe ausüben. Und § 7 BORA bestätigt, dass der Anwalt keine gewerbliche Tätigkeit ausüben darf.
Die Begründung dafür ist, dass die Tätigkeit als Anwalt besondere Pflichten mit sich bringt, darunter das Verbot von Interessenkonflikten, die Verschwiegenheitspflicht und die Pflicht zur unabhängigen Berufsausübung. Interessenkonflikte sind möglich, wenn ein Anwalt gewerblich tätig ist und dadurch möglicherweise die Interessen seiner Mandanten nicht mehr im Vordergrund stehen.
Was bedeutet dies für die Praxis?
In der Praxis bedeutet dies, dass Rechtsanwälte keine Tätigkeiten ausüben dürfen, welche gewerblichen Charakter haben. So dürfte ein Anwalt zum Beispiel keinen Handel mit Waren oder die gewerbliche Vermittlung von Geschäften betrieben. Er dürfte auch nicht Geschäftsführer in einem gewerblich orientierten Unternehmen sein oder sich an einem solchen beteiligen. Hierbei ist es unerheblich, ob diese Tätigkeiten in zeitlichem Zusammenhang mit der anwaltlichen Tätigkeit stehen oder nicht.
Ausnahmen von der Regel
Allerdings gibt es Ausnahmen zu diesen Regelungen. Der § 7 BORA sieht vor, dass Anwälte Tätigkeiten ausüben dürfen, welche den Anwaltsberuf ergänzen oder ihm sachlich nahestehen. So dürfen Anwälte beispielsweise als Mediator, Schiedsrichter oder Datenschutzbeauftragter tätig werden. Sie dürfen zudem im Rahmen ihrer anwaltlichen Tätigkeit Gutachten erstellen oder Fortbildungsveranstaltungen durchführen. Auch die Übernahme von Aufsichtsrats- oder Beiratsmandaten in Unternehmen ist grundsätzlich erlaubt.
Was ist eine Rechtsanwalts GmbH?
Die Rechtsanwalts GmbH ist eine spezielle Form der GmbH, die ausschließlich von Rechtsanwälten gegründet und betrieben werden kann. Sie wurde in Deutschland in Folge einer EU-Dienstleistungsrichtlinie als Alternative zur herkömmlichen Anwaltssozietät eingeführt. Die Rechtsanwalts GmbH erlaubt den beteiligten Anwälten, gemeinsam und auf vertraglicher Basis ihre anwaltlichen Dienstleistungen zu erbringen und gleichzeitig die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen zu beschränken.
Die Gründung einer Rechtsanwalts GmbH
Die Gründung einer Rechtsanwalts GmbH läuft im Wesentlichen ähnlich ab wie die Gründung einer regulären GmbH. Dazu gehören die Erstellung eines Gesellschaftsvertrages, die Festlegung des Stammkapitals (mindestens 25.000 Euro), die Bestellung eines Geschäftsführers und die notarielle Beurkundung der Gründung.
Allerdings sind darüber hinaus einige besondere Regelungen zu beachten, die sich im Rahmen des Berufsrechts für Rechtsanwälte ergeben. So müssen beispielsweise alle Gesellschafter und Geschäftsführer der Rechtsanwalts GmbH selbst Rechtsanwälte sein und einer Rechtsanwaltskammer angehören.
Gesetzliche und berufsrechtliche Voraussetzungen
Die Rechtsanwalts GmbH unterliegt – wie alle Anwaltskanzleien – nicht nur den gesetzlichen Regelungen des GmbH-Gesetzes (GmbHG), sondern auch dem Berufsrecht der Rechtsanwälte, das sich im wesentlichen aus der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) ergibt.
Sowohl die Anteile der Rechtsanwalts GmbH als auch das Stimmrecht der Gesellschafter müssen in jedem Fall den Berufsträgern gehören. Fremdbeteiligungen sind also nicht zulässig. Zu beachten ist zudem, dass eine Rechtsanwalts GmbH nicht mehrere Berufszweige unter einem Dach vereinen darf. Das bedeutet, dass beispielsweise Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer nicht in derselben GmbH tätig sein dürfen.
Berufsausübungsregeln für Rechtsanwalts GmbHs
- Alle Gesellschafter und Geschäftsführer müssen zugelassene Rechtsanwälte sein.
- Die Rechtsanwalts GmbH darf nur Anwaltsdienstleistungen erbringen (keine multidisziplinäre Zusammenarbeit).
- Die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen ist zwar möglich, jedoch müssen dafür gesonderte Gesellschaften gegründet werden.
- Die Rechtsanwalts GmbH muss sich bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer anmelden und die satzungsgemäßen Kammervorgaben beachten.
- Die Berufspflichten der Rechtsanwälte gelten auch innerhalb der Rechtsanwalts GmbH.
Anonymisierte Mandantengeschichten zur Veranschaulichung
Um die praktischen Auswirkungen der oben genannten Regelungen zu verdeutlichen, betrachten wir zwei anonymisierte Mandantengeschichten.
Fall A: Ein Anwalt wurde von einem Mandanten beauftragt, ihn in einem Rechtsstreit zu vertreten. Während der Mandatsübernahme teilte der Anwalt dem Mandanten mit, dass er neben seiner anwaltlichen Tätigkeit auch eine Handelsagentur betreibt und ihm vorschlug, dass sein Unternehmen die Produkte des Mandanten vermarktet. Der Mandant fühlte sich durch das Angebot des Anwalts unter Druck gesetzt und beendete das Mandatsverhältnis.
Fall B: Ein Rechtsanwalt war gleichzeitig Geschäftsführer einer gewerblich tätigen GmbH. Dieser Fall wurde von der Rechtsanwaltskammer als Verstoß gegen die Berufsordnung für Rechtsanwälte gewertet. Der Anwalt wurde aufgefordert, entweder die Geschäftsführung der GmbH niederzulegen oder seine Zulassung als Anwalt ruhen zu lassen.
Beide Fälle illustrieren, wie wichtig es ist, dass Anwälte keine gewerblichen Tätigkeiten ausüben, um ihre Unabhängigkeit und die Interessen ihrer Mandanten zu wahren.
Praxisbeispiel zur Vertiefung des Themas
Im Folgenden wird ein Praxisbeispiel veranschaulicht: Ein Rechtsanwalt möchte als Berater in einem Unternehmen tätig werden, das Dienstleistungen für insolvente Unternehmen anbietet. Ob diese Tätigkeit gewerblichen Charakter hat, hängt von der Form der Ausführung ab. Wenn der Anwalt in seiner Rolle als Berater lediglich rechtliche Beratung leistet, ist dies wahrscheinlich keine gewerbliche Tätigkeit.
Er beteiligt sich jedoch am Betrieb des Unternehmens oder führt die Geschäfte selbst, kann dies als gewerbliche Tätigkeit angesehen werden. Auch hier gilt das Verbot der vermischten Tätigkeit: Legal-Tech Dienstleistungen, bei denen anwaltliche Tätigkeit und Technologiedienstleistungen vermischt werden, sind nicht erlaubt, da sie als gewerblich gelten.
Ausklang und Fazit
Nach unserer eingehenden Betrachtung der Frage „Darf ein Rechtsanwalt gewerblich tätig sein?“, lässt sich festhalten, dass das Berufsbild des Rechtsanwalts mit gewissen Werten und ethischen Grundsätzen verbunden ist, die sich in den rechtlichen Bestimmungen, wie dem Rechtsanwaltsgesetz und der Berufsordnung für Rechtsanwälte, widerspiegeln. Diese Bestimmungen bewahren die Unabhängigkeit und Integrität des Anwaltsberufes und sind daher von essenzieller Bedeutung.
Unserer Ansicht nach ist somit klar, dass gewerbliche Tätigkeiten, die mit dem Anwaltsberuf nicht vereinbar sind, von Rechtsanwälten nicht ausgeübt werden dürfen. Ausnahmen bilden Tätigkeiten, die den Anwaltsberuf ergänzen oder ihm sachlich nahestehen, wie zum Beispiel die Tätigkeit als Mediator oder Datenschutzbeauftragter. Im Zweifelsfall sollten Rechtsanwälte jedoch professionellen Rat einholen, um sicherzustellen, dass sie sich im Einklang mit den berufsrechtlichen Regelungen bewegen.
„Unsere Kanzlei setzt auf Künstliche Intelligenz, um Ihnen hochwertige Rechtsberatung zu deutlich reduzierten Kosten anzubieten.
Mandanten profitieren in Einzelfällen von Kosteneinsparungen bis zu 90% – ohne Abstriche bei Qualität und individueller Betreuung.
Vertrauen Sie auf eine zukunftsweisende Kombination aus Innovation und juristischer Exzellenz.“
Wolfgang Herfurtner | Rechtsanwalt | Geschäftsführer | Gesellschafter
Aktuelle Beiträge zum Thema Anwalt
Anscheinsvollmacht? Wenn Unterschriften zur Falle werden!
Entdecken Sie die rechtlichen Risiken der Anscheinsvollmacht und wie sie Vertragsbindungen trotz fehlender Berechtigung schafft. Vorsicht ist geboten!
Legal Tech: BGH-Entscheidung und ihre Auswirkungen
Erfahren Sie, wie die Legal Tech BGH Entscheidung den Markt für Online-Rechtsdienste revolutioniert und rechtliche Innovationen vorantreibt.
Honorarrecht: Gestaltung und Durchsetzung von Vergütungsansprüchen
Erfahren Sie mehr über Honorarrecht, die Gestaltung von Honorarvereinbarungen und wie Sie Ihre Vergütungsansprüche effektiv durchsetzen können.
Doppelvertretung: Unterstützung bei Konflikten und Interessensfragen
Professionelle Unterstützung bei Doppelvertretung für faire Konfliktlösung und Balance zwischen widerstreitenden Interessen.
Vergütungsbeschränkung: Rechtliche Rahmenbedingungen und Umsetzung
Erfahren Sie alles über Vergütungsbeschränkungen, deren rechtliche Grundlagen in Deutschland und Tipps für die effektive Umsetzung in Unternehmen.