Die Rechtspflegererinnerung ist ein Rechtsbehelf, der in bestimmten Fällen angewandt werden kann, um eine Entscheidung des Rechtspflegers, welcher nicht immer eine Richterin oder ein Richter ist, überprüfen und eventuell abändern zu lassen. Dieser Blog-Beitrag gibt Ihnen einen umfassenden Einblick in die Rechtspflegererinnerung, ihre gesetzliche Grundlage, Anwendungsbereiche, das Verfahren und die Zuständigkeit sowie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Einlegung einer solchen Erinnerung. Darüber hinaus werden aktuelle Gerichtsurteile und häufig gestellte Fragen besprochen, um Ihnen ein vollständiges Bild über die Rechtspflegererinnerung zu bieten.

Gesetzliche Grundlage und Funktion der Rechtspflegererinnerung

Die gesetzliche Grundlage der Rechtspflegererinnerung ergibt sich aus § 11 des Rechtspflegergesetzes (RpflG). Dieser Paragraph regelt die Funktion der Rechtspflegererinnerung als Rechtsbehelf zur Überprüfung von Entscheidungen, die von Rechtspflegern getroffen wurden. Ein Rechtspfleger ist dabei eine juristische Fachkraft, die in einigen Bereichen anstelle von Richtern tätig ist und vor allem verwaltungsrechtliche, aber auch bestimmte gerichtliche Aufgaben wahrnimmt.

Die Rechtspflegererinnerung kann demnach gegen Verfügungen und Entscheidungen eingelegt werden, die durch einen Rechtspfleger erlassen wurden und nach einer Missbilligung solcher Entscheidungen verlangen. Ziel der Rechtspflegererinnerung ist es, eine unabhängige und objektive Prüfung der Entscheidung durch das zuständige Gericht oder den zuständigen Richter zu erwirken, um eventuelle Fehler oder Rechtsverletzungen aufzudecken und zu korrigieren.

Anwendungsbereiche der Rechtspflegererinnerung

Die Rechtspflegererinnerung kann in verschiedenen Bereichen und bei unterschiedlichen Fragestellungen eingesetzt werden. Dazu gehören unter anderem:

  • Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren
  • Grundbuch- und Registerangelegenheiten
  • Hinterlegungs- und Nachlasssachen
  • Betreuungs- und Unterbringungssachen
  • Familien- und Unterhaltsangelegenheiten

Es ist wichtig, zu beachten, dass die Rechtspflegererinnerung nicht nur gegen ablehnende Entscheidungen, sondern auch gegen andere, die Partei benachteiligende Verfügungen eingelegt werden kann, sofern Rechte oder Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

Verfahren bei der Rechtspflegererinnerung

Das Verfahren bei der Rechtspflegererinnerung gliedert sich in mehrere Schritte und kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen. Hier finden Sie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Einlegung einer Rechtspflegererinnerung:

  1. Die betroffene Person muss innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung die Rechtspflegererinnerung einlegen. In begründeten Fällen kann diese Frist verlängert werden.
  2. Die Rechtspflegererinnerung muss eine ausführliche Begründung enthalten, aus der hervorgeht, welche Rechte oder Interessen die Person verletzt sieht.
  3. Die Rechtspflegererin oder der Rechtspfleger hat zunächst die Möglichkeit, der Erinnerung abzuhelfen und die Entscheidung zu ändern. Geschieht dies nicht, wird die Erinnerung derjenigen Richterin oder demjenigen Richter bzw. dem zuständigen Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
  4. Das zuständige Gericht oder der zuständige Richter prüft die Erinnerung und trifft daraufhin eine Entscheidung. Dazu kann das Gericht auf mündliche Verhandlung oder schriftliches Vorbringen zurückgreifen. In einigen Bereichen ist die Rechtsweggarantie aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes (GG) zu beachten, die die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung sachlicher Entscheidungen sicherstellen muss.
  5. Die Entscheidung des Gerichts bzw. der Richterin oder des Richters ist abschließend und unanfechtbar. Es findet keine weitere Instanz statt.

Zuständigkeit und Vertretung in der Rechtspflegererinnerung

Jeder, der von einer Entscheidung eines Rechtspflegers unmittelbar betroffen ist, hat das Recht, eine Rechtspflegererinnerung einzulegen. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Erinnerung liegt grundsätzlich beim Gericht oder der Richterin bzw. dem Richter, der oder dem die Rechtspflegerin oder der Rechtspfleger untersteht. Eine Ausnahme hiervon ist bei Rechtspflegern in der freiwilligen Gerichtsbarkeit, bei denen das Gericht erste und einzige Tatsacheninstanz ist.

Im Hinblick auf die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin ist festzuhalten, dass eine solche im Verfahren der Rechtspflegererinnerung grundsätzlich nicht zwingend erforderlich ist. Allerdings kann es in komplexen Fällen oder wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, sinnvoll sein, sich durch einen erfahrenen Rechtsanwalt oder eine erfahrene Rechtsanwältin vertreten zu lassen.

Aktuelle Gerichtsurteile

Die Rechtspflegererinnerung ist in der Rechtsprechung ein wiederkehrendes und relevantes Thema. Im Folgenden werden daher einige aktuelle Gerichtsurteile vorgestellt, die die Reichweite und Grenzen der Rechtspflegererinnerung verdeutlichen.

  • Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 3. Februar 2020, Az. XII ZB 20/20: In diesem Fall hat der BGH entschieden, dass eine Rechtspflegererinnerung zulässig ist, auch wenn die eigentliche Entscheidung des Rechtspflegers auf der Grundlage richterlicher Vorgaben getroffen wurde. Damit erweitert der BGH die Anwendungsmöglichkeiten der Rechtspflegererinnerung.
  • Oberlandesgericht (OLG) Köln, Beschluss vom 28. Januar 2019, Az. 2 Wx 776/18: In dieser Entscheidung wurde klargestellt, dass die Erinnerung gegen eine Rechtspflegeentscheidung nur dann Erfolg haben kann, wenn sie binnen der 14-tägigen Frist eingelegt und ausreichend begründet wurde. Eine bloße Abänderungserklärung ohne ausführliche Begründung ist demnach unzureichend und führt zur Unzulässigkeit der Erinnerung.
  • Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Beschluss vom 17. Dezember 2015, Az. I-3 Wx 249/15: Hier entschied das OLG, dass die Rechtspflegererinnerung gegen die Ablehnung einer wichtigen Änderung im Grundbuch zulässig ist. Insbesondere betonte das Gericht die grundsätzliche Zuständigkeit des im Grundbuchverfahren entscheidenden Rechtspflegers für die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Rechtspflegererinnerung.
  • Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 4. Dezember 2014, Az. V ZB 135/14: In diesem Fall entschied der BGH, dass eine Rechtspflegererinnerung, die sich gegen die Ablehnung einer Wohnungseigentumsverteilung richtet, zulässig und begründet sein kann, wenn die Verteilung angesichts des Wertes der Immobilie angemessen ist und ein berechtigtes Interesse von mindestens einem Wohnungseigentümer besteht.

FAQ

Wann ist die Rechtspflegererinnerung zulässig?

Eine Rechtspflegererinnerung ist zulässig, wenn sie sich gegen eine Entscheidung oder Verfügung eines Rechtspflegers richtet, die Rechte oder Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt, und wenn sie innerhalb der vorgeschriebenen Frist von 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

Was muss ich bei der Begründung der Rechtspflegererinnerung beachten?

Die Begründung der Rechtspflegererinnerung sollte ausführlich und nachvollziehbar darlegen, welche Rechte oder Interessen durch die angegriffene Entscheidung oder Verfügung verletzt wurden und warum die Entscheidung fehlerhaft erscheint. Eine bloße Abänderungserklärung ohne ausführliche Begründung ist unzureichend und führt zur Unzulässigkeit der Erinnerung.

Wann liegt eine Rechtspflegererinnerung vor und wann handelt es sich um ein anderes Rechtsmittel?

Eine Rechtspflegererinnerung liegt vor, wenn sie gegen eine Entscheidung oder Verfügung eines Rechtspflegers gerichtet ist, die Rechtspflegerin oder der Rechtspfleger innerhalb der 14-tägigen Frist über den Widerspruch informiert wurde und die betroffene Person die Erinnerung ausführlich begründet hat. Handelt es sich um eine richterliche Entscheidung, muss ein anderes Rechtsmittel wie z. B. eine Berufung, Revision oder eine Beschwerde eingelegt werden.

Bin ich verpflichtet, zur Einlegung der Rechtspflegererinnerung einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin zu beauftragen?

Nein, grundsätzlich ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder einer Rechtsanwältin für die Einlegung der Rechtspflegererinnerung nicht zwingend erforderlich. Allerdings kann es in komplexen Fällen oder wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, sinnvoll sein, sich durch einen erfahrenen Rechtsanwalt oder eine erfahrene Rechtsanwältin vertreten zu lassen.

Was erwartet mich, wenn ich eine Rechtspflegererinnerung erfolgreich einlege?

Wenn eine Rechtspflegererinnerung erfolgreich ist, wird die angegriffene Entscheidung oder Verfügung in der Regel abgeändert oder aufgehoben. Dabei hängt die konkrete Ausgestaltung der Entscheidung vom jeweiligen Einzelfall ab. In jedem Fall wird eine unabhängige und objektive Prüfung der Entscheidung durch das zuständige Gericht oder den zuständigen Richter gewährleistet, um eventuelle Fehler oder Rechtsverletzungen aufzudecken und zu korrigieren.

Fazit

Die Rechtspflegererinnerung ist ein wichtiges Rechtsmittel, um Entscheidungen und Verfügungen von Rechtspflegern überprüfen und gegebenenfalls abändern zu lassen. Durch eine fristgerechte Einlegung und ausführliche Begründung der Rechtspflegererinnerung können Betroffene eine objektive Prüfung ihrer Angelegenheit durch das zuständige Gericht oder den zuständigen Richter erreichen und eventuelle Fehler oder Rechtsverletzungen korrigieren lassen. Bei Unklarheiten oder Komplexität des Falles kann die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder einer Rechtsanwältin ratsam sein, um die bestmögliche Vertretung im Verfahren sicherzustellen.

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