In vielen Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) gibt es neben den geschäftsführenden Gesellschaftern auch Minderheitsgesellschafter. Letztere beteiligen sich in der Regel finanziell am Unternehmen, haben jedoch oft keine operationalen oder geschäftsführerischen Pflichten. In den meisten Fällen sind Minderheitsgesellschafter auch nur an einem verhältnismäßig geringen Anteil am Stammkapital der GmbH beteiligt.

Obwohl Minderheitsgesellschafter viele Vorteile genießen, wie z.B. den Haftungsschutz einer GmbH oder mögliche Gewinnausschüttungen, stehen sie auch vor diversen Risiken und Herausforderungen. In diesem umfassenden Beitrag möchten wir Ihnen alle relevanten rechtlichen Aspekte, aktuelle Gerichtsurteile, Beispiele und häufig gestellte Fragen (FAQ) rund um das Thema „Minderheitsgesellschafter in der GmbH“ aufzeigen und erläutern.

Definition und Stellung von Minderheitsgesellschaftern in der GmbH

Minderheitsgesellschafter sind solche Gesellschafter, die an einem Unternehmen in Form einer GmbH beteiligt sind, jedoch keine Mehrheitsbeteiligung am Gesellschaftskapital oder an der Gesellschafterstimme besitzen. Im Gegensatz dazu haben Mehrheitsgesellschafter die Möglichkeit, das Unternehmen durch weitreichende Entscheidungskompetenzen aktiv zu steuern.

Minderheitsgesellschafter sind in vielen Fällen passive Investoren, die von Profitbeteiligungen profitieren möchten, aber keine direkten Verantwortlichkeiten tragen wollen. Sie haben bestimmte Rechte, aber auch Pflichten, denen sie in ihrer Stellung als Minderheitsgesellschafter nachkommen müssen. Das deutsche GmbH-Gesetz (GmbHG) gewährt diesen Gesellschaftern gesetzliche Regelungen zum Schutz ihrer Gesellschafterrechte, um eine Benachteiligung gegenüber Mehrheitsgesellschaftern zu verhindern.

Rechte von Minderheitsgesellschaftern

Obwohl Minderheitsgesellschafter nicht dieselbe Stimmgewalt wie Mehrheitsgesellschafter haben, sind sie dennoch berechtigt, sich an der Willensbildung innerhalb der Gesellschaft zu beteiligen und ihre Rechte auszuüben. Die wesentlichen Rechte von Minderheitsgesellschaftern in der GmbH sind:

  • Informations- und Kontrollrecht: Gemäß § 51a GmbHG haben Minderheitsgesellschafter das Recht, sich über die Angelegenheiten der GmbH zu informieren und die Geschäftsführung zu kontrollieren, jedoch in einem beschränkten Rahmen, um die Geschäftsführung nicht zu behindern.
  • Mitwirkung bei Gesellschafterbeschlüssen: Minderheitsgesellschafter sind berechtigt, an Gesellschafterversammlungen teilzunehmen, Fragen zu stellen und ihre Stimmrechte auszuüben, um so ihren Einfluss auf Gesellschafterbeschlüsse geltend zu machen (§§ 47, 48 GmbHG).
  • Gewinnbeteiligung: Gemäß § 29 GmbHG haben Minderheitsgesellschafter das Recht, am Gewinn der GmbH in angemessenem Verhältnis zu ihrem Geschäftsanteil beteiligt zu werden.
  • Anspruch auf Herausgabe einer Geschäftsanteilsurkunde: Minderheitsgesellschafter haben das Recht, von der Gesellschaft eine Geschäftsanteilsurkunde zu erhalten, die ihr Kapital und ihre Beteiligung an der GmbH bestätigt (§ 21 GmbHG).

Pflichten von Minderheitsgesellschaftern

Minderheitsgesellschafter sind neben ihren Rechten auch bestimmten Pflichten unterworfen. Dazu gehören insbesondere:

  • Einhaltung der vereinbarten Leistungspflichten: Jeder Gesellschafter, einschließlich Minderheitsgesellschafter, ist gemäß § 19 GmbHG verpflichtet, die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Leistung zur Gründung und Erhaltung der GmbH zu erfüllen. Dies kann die Einlage des vereinbarten Stammkapitals oder anderer vereinbarter Leistungen umfassen.
  • Mitarbeit bei der Willensbildung innerhalb der Gesellschaft: Minderheitsgesellschafter sind dazu verpflichtet, bei der Willensbildung innerhalb der Gesellschaft mitzuwirken und ihre Rechte und Pflichten im Rahmen der Gesellschafterversammlungen auszuüben.
  • Beachtung der gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen
  • Mitwirkung bei der Beschlussfähigkeit von Gesellschafterbeschlüssen: Minderheiten können erforderlich sein, um für wirksame Beschlüsse eine erforderliche Anwesenheitsquote zu erreichen (§ 51 GmbHG).
  • Beachtung von Treu und Glauben: Minderheitsgesellschafter sind verpflichtet, ihre Pflichten und Rechte in Abwägung des Grundsatzes von Treu und Glauben zum Wohle der Gesellschaft auszuüben (§ 43 Abs. 1 GmbHG).

Benachteiligung von Minderheitsgesellschaftern und Schutzmechanismen

Minderheitsgesellschafter können in der GmbH verschiedentlich benachteiligt werden – beispielsweise durch unzureichende Informationsvermittlung, undurchsichtige Geschäftspraktiken oder unangemessene Gewinnverteilung. Um Minderheitsgesellschafter zu schützen, gibt es folgende gesetzliche Schutzmechanismen:

  • Einstimmigkeitsregel: Gemäß § 53 GmbHG sind bestimmte Beschlüsse, wie z.B. Satzungsänderungen, nur wirksam, wenn sie einstimmig von allen Gesellschaftern angenommen werden. Dadurch erhalten Minderheitsgesellschafter ein Vetorecht bei besonders bedeutsamen Entscheidungen, die ihre Rechte und Pflichten betreffen könnten.
  • Sperrminorität: Es können auch vertragliche Regelungen getroffen werden, die sogenannte Sperrminorität vorsehen. Diese Regel bewirkt, dass einem Minderheitsgesellschafter ein Vetorecht bei bestimmten Beschlüssen zusteht, sofern sein Anteil eine bestimmte Schwelle (häufig 25%) überschreitet.
  • Anfechtung von unzulässigen Gesellschafterbeschlüssen: Minderheitsgesellschafter sind gemäß §§ 243, 246 AktG berechtigt, Gesellschafterbeschlüsse anzufechten, die ihre Rechte verletzen oder gegen das Gesetz verstoßen. Dabei gilt eine Anfechtungsfrist von einem Monat ab Beschlussfassung.
  • Sonderprüfungsrecht: Gemäß § 142 AktG können Minderheitsgesellschafter in bestimmten Situationen eine Sonderprüfung verlangen, um die Geschäftspraktiken der GmbH transparent zu machen.
  • Ausschlussausschüttungen: Minderheitsgesellschafter können auch auf vertraglicher Ebene Schutzmechanismen wie Ausschlussausschüttungen vorsehen, die verhindern, dass sie zu Unrecht von Gewinnausschüttungen ausgeschlossen werden.

Typische Konfliktfelder und deren Lösung

Minderheitsgesellschafter können aufgrund ihrer besonderen Stellung innerhalb einer GmbH in Konflikte mit Mehrheitsgesellschaftern oder der Geschäftsführung geraten. Typische Konfliktfelder können sein:

  • Ungerechte Gewinnverteilung.
  • Mangelnde Transparenz über Geschäftsaktivitäten.
  • Benachteiligung bei der Informationsversorgung.
  • Unangemessene Entlohnung oder Abfindung bei Ausscheiden aus der GmbH.
  • Eingriffe in die Geschäftsführung ohne Zustimmung der Minderheitsgesellschafter.

Um solche Konflikte zu lösen, sollten zunächst vertragliche Regelungen und gesetzliche Schutzmechanismen ausgeschöpft werden. Darüber hinaus können Mediation oder Schiedsverfahren hilfreich sein, um eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen. Im äußersten Fall bleibt immer noch die Möglichkeit, gerichtliche Schritte einzuleiten.

Rechtliche Schritte bei Verletzung von Gesellschafterrechten

Wenn Minderheitsgesellschafter in ihren Rechten verletzt werden und alle anderen Lösungsansätze nicht erfolgreich waren, bleiben noch rechtliche Schritte als letztes Mittel. Dazu gehört insbesondere:

  • Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen: Wie bereits erwähnt, können Minderheitsgesellschafter bestimmte Beschlüsse anfechten, sofern sie ihre Rechte verletzen oder gegen das Gesetz verstoßen (§§ 243, 246 AktG).
  • Klage auf Herausgabe von Informationen: Minderheitsgesellschafter können gemäß § 51a GmbHG die Geschäftsführung auf Herausgabe von Informationen verklagen, sofern ihnen das Informationsrecht verwehrt wurde.
  • Abberufung von Geschäftsführern: Bei groben Pflichtverletzungen oder Unfähigkeit eines Geschäftsführers kann ein Minderheitsgesellschafter auch dessen Abberufung beantragen (§ 38 GmbHG).
  • Ausschluss eines Gesellschafters: In extremen Fällen kann ein Minderheitsgesellschafter auch den Ausschluss eines anderen Gesellschafters (insbesondere Mehrheitsgesellschafter) bei Gericht beantragen, sofern dieser schwerwiegend gegen das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag verstoßen hat (§§ 133, 138 BGB).

Anwendung der „Treu und Glauben“-Regel bei Minderheitsgesellschaftern

Nach § 43 Abs. 1 GmbHG sind alle Gesellschafter, also auch die Minderheiten, zur Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns und zur unbeschränkten Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft verpflichtet. Diese Regelung findet insbesondere Anwendung, wenn Gesellschafter ihre Rechte und Pflichten ausüben und dient dazu, das Wohl der Gesellschaft zu wahren. Die „Treu und Glauben“-Regel schützt Minderheitsgesellschafter vor Benachteiligungen, aber verpflichtet sie auch zur Fairness gegenüber der GmbH und anderen Gesellschaftern.

Gerichtsurteile und ihre Bedeutung für Minderheitsgesellschafter

Im Laufe der deutschen Rechtsprechung gab es mehrere wegweisende Urteile, die das Schicksal von Minderheitsgesellschaftern maßgeblich beeinflusst haben. Hier sind einige wichtige Urteile zu nennen:

  • Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 29.04.2013 – II ZR 266/11: In diesem Urteil hat der BGH entschieden, dass die Einführung einer neengen Regelung in den GmbH-Gesellschaftsvertrag nur dann zulässig ist, wenn sämtliche Gesellschafter zugestimmt haben.
  • Oberlandesgericht (OLG) Köln, Urteil vom 27.05.2016 – 18 U 32/14: In diesem Verfahren wurde ein Minderheitsgesellschafter erfolgreich gegen seine Benachteiligung bei der Gewinnverteilung vorgegangen.
  • OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.05.2019 – I-6 U 104/18: Im Rahmen dieses Verfahrens wurde festgestellt, dass die Begrenzung der Aufklärungs-/Informationsansprüche eines Minderheitsgesellschafters seitens der Geschäftsführung unzulässig ist.

Die oben genannten Urteile zeigen, dass die Rechtsprechung durchaus zum Schutz der Minderheitsgesellschafter bereit ist und die gesetzlichen Schutzmechanismen greifen.

Häufig gestellte Fragen (FAQs)

Im Folgenden beantworten wir einige häufig gestellte Fragen zum Thema Minderheitsgesellschafter in einer GmbH:

  • Wie kann ich als Minderheitsgesellschafter verhindern, dass meine Rechte beschnitten werden? Achten Sie auf vertragliche Regelungen, die Ihre Rechte sichern, zum Beispiel die Sperrminorität. Zusätzlich sollten Sie sich über Ihre gesetzlich verbrieften Rechte und Pflichten im Klaren sein und diese aktiv wahrnehmen.
  • Kann ich als Minderheitsgesellschafter in einer GmbH Geschäftsführer werden? Grundsätzlich ist dies möglich. Ob ein Minderheitsgesellschafter zum Geschäftsführer berufen werden kann, richtet sich nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages und der Zustimmung der übrigen Gesellschafter.
  • Was passiert, wenn ein Minderheitsgesellschafter seinen Kapitalanteil nicht oder nur teilweise erbringt? In diesem Fall kann die Gesellschaft auf Erfüllung der Leistungspflicht klagen (§ 19 GmbHG) oder sogar den Ausschluss des Minderheitsgesellschafters anstreben (§§ 133, 138 BGB).

Fazit

Minderheitsgesellschafter in einer GmbH haben trotz ihrer eingeschränkten Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsleitung bestimmte Rechte, aber auch Pflichten. Durch vertragliche Regelungen und gesetzliche Schutzmechanismen können Minderheitsgesellschafter ihre Interessen wahren und einer möglichen Benachteiligung entgegenwirken. Kenntnis der relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen ist daher unerlässlich, ebenso wie kompetente juristische Beratung. In diesem Beitrag haben wir Ihnen alle wichtigen Informationen über die Risiken und Herausforderungen von Minderheitsgesellschaftern in einer GmbH zusammengestellt, um Ihnen bei der Wahrnehmung Ihrer Rechte und Pflichten zu helfen.

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